2000

In Vorbereitung - ich werde hier kontinuierlich aktuelle Verkostungsnotizen einstellen und diese schrittweise um ältere Notizen und um Jahrgangsbeurteilungen ergänzen

2000 ist ein grandioses Bordeaux-Jahr, für mich das letzte, große, klassische. Am Ende einer denkwürdigen Probe am 12.12.2012 (von der auch etliche der aktuellen Notizen stammen, stand für uns fest: nach diesem Jahrgang werden wir weiter die Augen offen halten. Bei den 2000ern stimmt das Verhältnis zwischen Frucht, Extrakt, Säure und Tannin. Sie sind in sich voll stimmig und zeigen, was in den letzten Jahrzehnten im Weinberg und im Keller dazugelernt wurde. Dazu haben sie im Gegensatz zu den Nachfolgejahrgängen einen moderateren Alkoholgrad. Auch ich werde weiter nach guten 2000ern suchen. Dabei fokussiere ich mich weniger auf die unsterblichen Granaten, die ich in dieser Probe genießen durfte. Deren Preise sind mir inzwischen zu hoch. Aber es gibt in 2000 noch großartige, einigermaßen bezahlbare Preis-/Leistungssieger. Zu meinen Favoriten gehören da Aiguilhe, Grand Puy Lacoste und Gruaud Larose.

Ein Riese auch der etwas verschlossene Latour, der von allem reichlich hat, Substanz, Kraft, Frucht und Fülle, verbunden mit einem perfekten Tanningerüst. Komplex und unglaublich lang im Abgang, aber auch das nicht fett oder plump, sondern einfach mit Grazie. Durfte ich jetzt zweimal kurz hintereinander mit identischen 98+/100 trinken. Für die 100/100 wird der Latour wohl noch 5, eher vielleicht 10 Jahre brauchen, also ebenfalls ein Legendenkandidat. Der hedonistisch elegante Mouton Rothschild war am 2012 einfach "tout Mouton", ein großer, typischer Mouton auf dem Wege zu etwas ganz großem. Klassisch die einfach nur süchtig machende Mouton-Nase mit Cassis, Minze, Bleistift und Leder, am Gaumen kräftig, mineralisch, aber auch mit süßem, opulentem Schmelz 97+/100 und da kommt mit den Jahren noch deutlich mehr. Pichon Baron war 2012 ein gewaltiger Brocken mit konzentrierter Frucht, Leder und Zedernholz, perfekt strukturiert mit enorm kraftvollem Auftritt am Gaumen und langem Abgang 98/100. Zuletzt 2013 wieder ein Riese und der vielleicht bisher beste Wein des Gutes, so dicht, so kräftig, sehr maskulin wirkend, aber auch fleischig und sehr lang am Gaumen 98/100.

Dichter, kräftiger Power Gruaud mit genügend Frucht für das viele, aber reife Tannin, und finessig, das wird mal der legitime Nachfolger des 61ers als Essence von Cabernet, hatte ich 2003 bei der Mövenpick Arrivage Probe notiert. Danach verschloss sich der Gruaud Larose für einige Jahre etwas, brillierte aber zuletzt 2013 wieder - WT96. im Vergleich zu Lynch Bages der eindeutige Sieger 95/100Leoville las Cases hatte 2012 eine dicke, üppige Neue Welt Nase mit reichlich Eukalyptus und auch Minze, süße, präsente, aber auch präzise Frucht, am Gaumen sehr fleischig mit immer noch massiven Tanninen 95+/100. Das ist ein großer Las Cases, aber mit völlig anderer Stilrichtung als z.B. 1982 und 1986, deren Klasse er wohl nie erreichen wird. Eine große Zukunft hat sicher der 2013 noch etwas verschlossene Leoville Poyferré, sehr dicht, kräftig und mit noch massivem Tannin- und Säuregerüst 96+/100.

Erste Trinkreife zeigte 2013 Giscours, reife, dunkle Früchte, Sattelleder, frischer Espresso, sehr mineralisch, Holzkohle, kräftig und animalisch, und das durchaus mit Grazie 93/100.Leider nicht rechtzeitig dekantiert war 2012 im Weggis Margaux ein dichter, konzentrierter Brocken mit Legendenpotential, der sich aber jetzt förmlich gegen das Trinken wehrte 93+/100. Hin und weg war ich dagegen Ende 2012 schon beim Dekantieren und vom kleinen Probeschluck. Das war sie wieder, diese berühmte Eisenfaust im Samthandschuh, traumhafte Nase, puristisch schöne, süße Frucht, Eleganz und Rasse, enorme, aber subtil rübergebrachte Kraft, bleibt ewig am Gaumen 100/100. Sehr weit entwickelt und schon gut trinkbar 2012 der Marquis de Terme, der aber auch etwas hohl und langweiligwirkte 86/100.

Sehr spannend 2012 wieder der ewige Vergleich zwischen Haut Brion und La Mission. Der erinnerte mich an 1961 und 1989, wo diese Weine auf Augenhöhe gegenüberstehen und sich am Tisch meist für jeden der beiden Weine 50% der Teilnehmer entschieden. Diesmal war Haut Brion der offenere, charmantere, süßere, ja geradezu verschwenderischere, aber auch mit enormem Druck am Gaumen 99/100. Ebenfalls mit dieser unwiderstehlichen Pessac-Aromatik der jünger wirkende, komplexere, komplettere, gewaltige La Mission Haut Brion, ein echter Jahrhundertwein mit gewaltiger Zukunft, auf unbeschreiblich hohem Niveau diesmal klar vor Haut Brion 100/100. Pape Clement war 2012 böser Stoff, sehr mineralisch, rauchig, mit süßer Frucht, sehr nachhaltig und lang am Gaumen. Zeigte sich trinkfertig, dürfte aber auf diesem Niveau noch gut zwei Jahrzehnte bleiben 96/100.

Angelus kam 2012 noch etwas ungestüm daher mit enormer Kraft und geprägt von den massiven Tanninen. Aber das wird sich in den nächsten Jahren legen, ein großer Wein mit enormem Entwicklungspotential 96+/100. Ausone war 2012 wie schon vor ein paar Wochen auf der großen Ausone-Probe in Bad Ragaz ein großer, rassiger, eleganter, zupackender, absolut stimmiger Wein. Blutjung violett noch die Farbe, das massive Tanningerüst überdeckt durch herrliche, süße Frucht, wodurch der Ausone erstaunlich offen wirkte. Enorm entwickelte sich dieser, für 50+ weiter Jahre gemachte Ausone im Glas, dreimal habe ich meine Bewertung hochgesetzt und landete schließlich bei voll gerechtfertigten 100/100. Cheval Blanc war 2012 ein Weltklassewein, der mit diesem perfekten Spagat aus seidiger Eleganz und dem kraftvollen Auftritt mit konzentrierte, süßer Frucht einfach nur sprachlos machte. Ein absolut stimmiger Wein, noch so jung und doch so faszinierend. Hätte Leonardo da Vinci einen Wein entworfen, das wäre er wohl gewesen. Erinnert deutlich an die 100/100 Legenden, die bei Cheval Blanc in 47, 48, 49, 50, 53, und 55 entstanden und ist die 100/100 vollwert. Ferrand Lartigue zeigte 2013 erste Reife, erstaunlich wenig Frucht, sehr mineralisch, gute Struktur und Länge - 89/100. Mit süßer, Frucht, hoher Mineralität, feiner Röstaromatik und reifen, weichen Tanninen punktete 2012 der Grand Murailles - 93/100. Pavie war 2012 ein großer, dichter Wein mit unglaublicher Präzision und sensationeller Struktur, der ewig lang am Gaumen bleibt. Erinnert mich an die unsterblichen Pavie-Legenden aus 1928 und 1929 100/100. Pavie Decesse war 2012 schon in der irren Nase ein gewaltiges, spannendes Konzentrat, das zur enorm dichten Farbe passte, am Gaumen ein gewaltiges, aber nicht überextrahiertes Kraftpaket mit minziger Frische und schöner Länge 97/100. Tertre Roteboeuf war 2012 mehrfach einfach ein unbeschreiblicher, süßer, hedonistischer Traum. Dekadente, explosive Traumnase mit reifer, süßer Frucht und reichlich Röstaromatik, was sich nahtlos am Gaumen fortsetzte. Dabei ist der Tertre Roteboeuf, der beste, je auf dem Gut erzeugte, keineswegs simpel gestrickt. Unter dieser Geschmacks- und Geruchsorgie verbergen sich immer noch präsente Tannine und eine sehr gute Struktur. Ich habe diesen Wein in seiner ersten Fruchtphase mehrfach mit perfekten 100/100 bewertet und bin mir sicher, dass er wieder auf dem Weg dahin ist 99+/100. Zuletzt 2013 etwas zu üppig in einer Flasche, die etwas die Struktur vermissen ließ 97/100. La Tour Figeac hatte 2012 auf einer Best Bottle im Balm herrliche Frucht, Schwarze Johannisbeere, Schwarzkirsche, einfach sexy mit hohem Spaßfaktor, aber alles andere als simpel, viel Druck am Gaumen und gute Struktur 92/100.

Ein schokoladig-dekadenter, sehr zugänglicher Traum war 2012 im Waldhaus in St. Moritz der Bon Pasteur - 93/100. Conseillante war zuletzt 2013 ein großer Wein mit enormem Potential, der sicher mal deutlich an die Qualität des 90ers rankommt 96+/100.Gewaltiges Langstreckenpotential zeigte 2012 l Eglise Clinet, ein großer, sehr konzentrierter Merlot, die Bitterschokolade derzeit noch mit 90% Kakaoanteil 97+/100.

Ein Spaßwein par Excellence auf sehr hohem Niveau ist der bereits über 50mal aus allen Flaschengrößen, zuletzt wieder mehrfach 2013, getrunkene d Aiguilhe mit sensationellem Preis-/Genussverhältnis, konstant 93-94/100. Jede Suche wert.

Pape Clement Blanc war 2013 wuchtig, viel Holz, brauchte Zeit, Luft und Karaffe, entwickelt schöne Kräuternote mit viel Anis, bleibt aber etwas schwierig. Solo kamen wir da über 92/100 nicht heraus. Doch mit Luft, Wärme und forderndem Essen explodierte der Pape Clement förmlich, wurde komplexer, länger. Da waren wir dann bei 94/100.

Ein Musigny von Mugnier zeigte sich 2012 geradezu luftig und erfrischend, ätherisch, tänzelnd mit sublimer, samtiger Eleganz 96/100.

Einfach saugut und saujung war 2012 die geniale Chateauneuf du Pape Cuvée Reservé der Domaine Vieille Julienne. Enorm reichhaltig, würzig, mineralisch, mit viel Lakritz, Veilchen und Kräutern, ein gewaltiges Konzentrat, das den Gaumen komplett mit Beschlag belegte, trotz der sicher deutlich mehr als 15% Alkohol aber nicht brandig oder überladen wirkend 96+/100.

Sehr dicht, konzentriert, kräuterig und mit enormer Länge 2012 die 2000 Kallstädter Saumagen Auslese trocken von Köhler-Rupprecht 93/100.

Wuchtig, kräftig, pfeffrig-würzig und fast etwas barock war 2013 der noch sehr junge Grüne Veltliner Smaragd Kellerberg von F.X. Pichler. Der gehört die nächsten 3-4 Jahre in dieser jugendlichen Form genossen. Wer kann, legt die Hälfte der Kiste danach für 10 Jahre weg und freut sich anschließend über einen gereiften Riesen, der in Blindproben große Montrachets auf die Plätze verweist 96/100. Der monumentale Grüne Veltliner M von F.X. Pichler war 2013 ein wuchtiges, komplexes Geschoss mit enormem Druck anm Gaumen, dass jetzt so langsam zur Hochform aufläuft - 96/100.

Cuvée Kerschbaum war 2012 ein netter, gefälliger Crowd Pleaser mit süßer, offener Beerenfrucht. Nicht sehr komplex und mit wenig Struktur. Viel Trinkspaß im Glas, aber nach den großen Bordeaux wirkte er doch etwas einfältig und simpel 92/100.

Mit modernem, gefälligem Stil und geprägt von süßer, wahrscheinlich amerikanischer Eiche zeigte sich 2012 der sehr gefällige Vega Sicilia Valbuena 5 mit feiner. Süßer Cassis-Nase und immer mehr Veilchen, am Gaumen erstaunlich schlank 95/100.

Voll trinkreif trotz seiner Jugend war 2012 der immer noch recht holzbetonte Chateau Montelena, der aber eine wunderbare, süße Frucht und reife Tannine zeigte 92/100.

Bei Dom Perignon war 2012 die erste Flasche jung, frisch, mit strammem Mousseux, floralen Aromen, guter Frucht, Aprikose und einem Hauch Minze, cremiger Textur 94/100. Die zweite Flasche mit eigentlich gleichem Inhalt, nur anderem Etikett als Andy Warhol Edition muss mal irgendwo unter Neon als Ausstellungsstück gedient haben. Sie war fast gülden in der Farbe und ziemlich oxidiert.
Pol Roger Blanc de Blancs aus der Magnum war 2012 ein großer Champagner mit gewaltiger Struktur und hoher, kalkiger Mineralität 94/100. Schlichtweg sensationell war 2012 aus der Magnum der Taittinger Prelude. Ein großer Champagner, frisch und gereift zugleich, sehr kräftig und doch elegant, mineralisch und nussig, aber auch schmelzig, machte einfach unglaublichen Trinkspaß und war mit das Beste, was ich in diesem Jahr als Champagner im Glas hatte 96/100.