50 Jahrgänge La Mission Haut Brion

Große Weine in großen Jahrgängen, das können viele. Große Weine auch in kleinen Jahrgängen, das können nur ganz wenige. Und von diesen Wenigen ist La Mission der beständigste. Sehr eindrucksvoll zeigte das René Gabriels große La Mission Probe auf Burg Staufeneck.

La Mission ist eines meiner Lieblings-Chateaus. So viele großartige Weinerlebnisse auch aus kleineren Jahrgängen hat mir dieses extrem beständige Chateau schon geschenkt. Da war die Vorfreude auf diese einmalige Probe natürlich riesig. Etwas von einem Déja Vu hatte sie, denn am gleichen Ort waren wir mit René Gabriel schon mal. Damals, 2006, war es die große Haut Brion Probe, die uns an diesen prächtigen Ort führte. Hoch über Saalach gelegen bietet Burg Staufeneck einen traumhaften Weitblick bis fast nach Stuttgart. Und da die Staudingers perfekte Gastgeber sind, arrangierten sie für uns natürlich als Willkommensgruß einen einzigartigen, sehr romantischen Sonnenuntergang. Ja, verwöhnt wurden wir an diesem Wochenende auf Burg Staufeneck nach Strich und Faden, nicht nur durch Rudolf Staudingers großartige Küche. René und Karin Gabriel, trugen ebenso wie der Magier der Flaschen, Patrick Bopp, das Ihrige dazu bei. Perfekte Wellness für Weinfreaks sind diese entspannten, wunderbaren Proben in schon fast familiärer Atmosphäre.

Zum Apero trafen wir uns an beiden Abenden an der Bar der Burg Staufeneck. Da gab es mehrere Jahrgänge "La Mission Haut Brion Blanc", wie der Laville Haut Brion in Urzeiten und seit 2009 wieder hieß. Mich hat von den gereichten Jahrgängen 80, 88, 94, 96 und 2002 nur der 2002er einigermaßen überzeugt. Da war ansonsten in jedem der Gläser Weißwein, aber nichts, was auch nur annähernd den Namen La Mission verdient.

Hell, aber brilliant die Farbe des 1966 La Mission. In der Nase ein deutlicher, fast korkig wirkender Kellerton, aber auch delikater Zedernduft, unharmonisch am Gaumen, fragil mit deutlicher Säure und grünen Noten, gehört eher auf den Salat als dazu 85/100. Hatte ich schon besser im Glas. Weich, gefällig, schmelzig, sogar üppig mit deutlichem Schokoladenton der wunderbar zu trinkende 1967 La Mission 90/100. Gehört sicher bald getrunken. Kaputt war leider 1968 La Mission. Erstaunlich trinkbar der kleine, reife 1969 La Mission, der mit seiner pikant-fragilen Frucht und der deutlichen, Frische vorgauckelnden Säure immer noch einen passablen Essensbegleiter abgibt 82/100. Der schönste Wein dieses ersten Flights war 1971 La Mission. Rauchig, ätherisch die Nase mit Teer, Tabak, Cigarbox und immer noch guter Frucht, am Gaumen schlank, sehr fein mit seidiger Eleganz und wunderbarer Aromatik 93/100. Hat noch genug Struktur und Substanz für lange Jahre. Nur ein Glas gab es pro Tisch von 1889 La Mission aus einer zur Hälfte ausgelaufenen Flasche. Eigentlich kein schlechtes Weinjahr, aber bei dem Flaschenzustand schafft auch ein La Mission keine Wunder mehr. Sehr helle, wässrige Farbe, schwierige Nase, die mit Wein wenig zu tun hatte. Da kann man alles mögliche Reininterpretiren oder es auch lassen. Der Gaumen eher an Essig erinnernd. Trotzdem habe ich aus Neugier und aus Ehrfurcht vor dem Alter einen Schluck genommen, aber der reichte dann auch.

Natürlich ist 1991 La Mission immer noch gut trinkbar. Aber er hat auch grüne Noten, wirkt gemüsig, hat eine markante Bitternote und viel Säure. Wer ihn noch hat, sollte ihn bevorzugt als Essensbegleiter nutzen, und das bald 84/100. Sehr gefällig die Nase des 1993 La Mission, wenn da nur dieser grausige Gaumen nicht wäre, wird mit Luft etwas besser 85/100. Ziemlich verschlossen wirkte der kompakte 1995 La Mission, der sicher noch 5-10 Jahre weggelegt gehört. Gute Frucht, aber für einen richtig großen wein fehlt hier das Fett 90+/100. Verschlossen auch der dichte 1996 La Mission, den ich insgesamt für größer und mit mehr Potential versehen halte. Nur hatte diese Flasche hier wohl einen schleichenden Kork, die dem Wein die Frucht raubte. An einen aromatisierten Sylter Rote Grütze Tee erinnerte mich die Nase des 1997 La Mission. Auch am Gaumen war das ein ganz netter, fruchtiger, aber simpler Wein mit wenig Zukunft 87/100.

Zwei Arbeitsflights zum Warmtrinken waren das, doch jetzt ging es los. Erstaunlich intakt noch die ziegelrote Farbe des 1973 La Mission aus der Magnum. Gut, das war jetzt nicht das größte Konzentrat dieser Erde, was schon am deutlichen Wasserrand zu erkennen war. Aber da war eine höchst erstaunliche Frische, immer noch delikate Frucht, Kräuternoten, eine feine Süße, Eleganz pur, was sich am schmelzigen Gaumen fortsetzte 90/100. Dürfte wohl zusammen mit dem ungleich teureren Petrus der heute beste Bordeaux aus 73 sein. Wer nächstes Jahr seinen 40er feiert, sollte da schleunigst auf die Suche gehen. Geradezu jung noch die tiefrote Farbe des 1976 La Mission aus der Magnum. Mit dem ersten Schluck konnte ich mich nicht anfreunden, der war bitter und medizinal. Guinness mag ich schon, aber nicht aus dem Weinglas. Doch dieser recht kompakte etwas rustikale La Mission glättete sich mit der Zeit und wurde gefälliger. Ein dichter, immer noch recht kräftiger Wein der neben der klassischen Cigarbox zunehmend Eukalyptus und Minze zeigte, dazu eine schöne kräuterige Süße 91/100. Auch hier ist noch kein rasches Ende in Sicht. Noch ganz am Anfang steht der gewaltige, zupackende 1978 La Mission, auch der aus der Magnum. Endlich ist er da, dieser ewige Potentialsieger. Alleine bei Jörg Müller auf Sylt habe ich davon seit 1991 sicher eine ganze Kiste leer getrunken, immer in der Hoffnung, dieser Riese möge endlich reif werden und alles zeigen, was er drauf hat. So ganz reif ist er, zumal aus der Magnum, immer noch nicht, aber was für ein Fest für die Sinne. Unbändige Kraft, immer noch mächtige Tannine, ein wilder Wein mit leicht exotischer Aromatik, Minze, Eukalyptus, Tabak, druckvoll und erdig am Gaumen, so eine Art Heitz Martha s Vineyard aus Pessac 96+/100. Wird weiter zulegen und hat sicher noch 20+ Jahre Zukunft. Der 78er La Mission erinnerte mich an die Fahrt durch ein Indianerreservat. Ich nahm dort einen älteren Häuptling mit. Der bemerkte eine Holzkiste auf dem Rücksitz und fragte, was da drin sei. Eine Flasche Wein, antwortete ich, die habe ich für meine Frau bekommen. Der weise, alte Indianer dachte einen Moment nach und meinte dann nur: ein guter Tausch. Großartig auch der immer noch so junge, ganz am Anfang stehende 1988 La Mission aus der Magnum. Was für ein gewaltiger mineralischer, teerig-tabakiger Riese mit erster Süße in der fülligen Frucht. Wirkt wie eine etwas modernere Variante des 78ers. Eine La Mission Legende im Werden, die sich vielleicht in 10 Jahren mal auf Augenhöhe mit 89 trinken wird 95+/100. Und dann war da noch dieser im Flight der schönen Weine etwas deplaziert und verloren wirkende 1994 La Mission aus der Magnum, auf hohem Niveau etwas nichtssagend und trivial mit immer noch astringierenden Tanninen 89+/100. Aber die Zeit mag es richten. Schließlich trinkt sich der früher ähnlich wirkende 94 Haut Brion inzwischen sehr schön.

Im positiven Sinne kalifornisch wirkte 1998 La Mission mit seiner satten, saftigen Frucht, reife Brombeere, Pflaume, Schwarzkirsche, ein fleischiger Wein, der die momentane Offenheit nur vortäuscht, sehr gute Struktur, immer noch mächtige Tannine und dazu eine dunkle, junge, dichte Farbe, diese Vorstellung fängt gerade erst an 94+/100. Jede Suche wert. Süßer, offener, aber auch schlanker war im direkten Vergleich der voll trinkreife 1999 La Mission, der mich mit seiner eleganten Art und der feinen Cigarbox-Aromatik an den 71er erinnert 93/100. Schlichtweg atemberaubend der außerweltliche 2000 La Mission, der mich mit seinem jugendlichen Purpur, in seiner Dramatik, seiner Dichte und seiner explosiven Aromatik an 1982 erinnert, eine moderne La Mission Legende, bei der von der sinnlichen Nase über den komplexen Gaumen bis zum endlosen Abgang einfach alles stimmt. Ein 100/100 Kandidat ohne Wenn und Aber. Wer ihn hat und nicht von der Sorge zerfressen ist, irgendwann von oben mit ansehen zu müssen, wie der Nachfolger sich über die Kiste hermacht, bleibt noch 5-10 Jahre davon. Und wer ihn nicht hat, gibt das Geld lieber für eine Gabriel-Probe mit 2000 La Mission aus, als für eine dieser inzwischen exorbitant teuren Flaschen. Sicher immer noch ein kluger Kauf ist der inzwischen offene, charmante 2001 La Mission, der in der eleganten Nase mit feiner Frucht, Teer, Tabak und Cigarbox überzeugt, am Gaumen sehr druckvoll und mit guter Struktur 93/100. Kaum höher habe ich den 2003 La Mission bewertet, mit dem ich auf hohem Niveau schon immer meine Probleme hatte. Offene pflaumige, dunkelbeerige Frucht mit kalifornisch anmutender Fülle und Fruchtsüße, Kaffee, Tabak, erstaunlich kräftig und dicht, aber gleichzeitig auch säurearm und mit Strukturdefizit, immerhin meine bisher mit Abstand beste Flasche 94/100.

Mit 1983 La Mission gab es einen meiner Lieblings-La Missions als Tischwein aus der Imperiale, zumindest für kurze Zeit, denn die Flasche leerte sich in affenartiger Geschwindigkeit. Ein unendlich schöner, feiner, reifer, aber aus der Impi immer noch jung wirkender La Mission, ätherisch die Nase mit einer faszinierenden Mischung aus Kräutern, Tabak, Teer Minze und einem Schuss Eukalyptus. Fleischig, dicht und lang am Gaumen, ein La Mission für Schlaue 96/100.

Wie schafft man es, auf einer hoffnungslos ausgebuchten Probe mit extrem langer Warteliste trotzdem zuverlässig einen Platz zu bekommen? Mein Weinfreund Jan Eric Paulson, Zahnarzt und Raritätenhändler, hatte darauf eine bestechende Antwort. Er kaufte sich mit zwei hochinteressanten La Missions aus dem vorletzten Jahrhundert in diese Probe ein. Und das war gut so, denn diese beiden Senioren im ersten Flight des zweiten Probenabends gehörten für mich zu den Highlights dieser ohnehin schon sehr hochkarätigen Probe. Gut trinkbar immer noch 1895 La Mission. Klar ging die recht helle Farbe schon deutlich ins Bräunliche. In der Nase war Liebstöckel, aber auch eine gute Portion Tabak, am Gaumen rangen deutliche Säure, eine schöne Süße und leicht oxidative Sherrynoten um die Vorherrschaft 88/100. Neue eine deutliche Spur besser war 1896 La Mission, dessen helle Farbe etwas Richtung Altrosa ging. Traumhaft schön die schmelzige, deutlich jünger wirkende Nase, burgundisch im besten Sinne, der säurebetonte Gaumen kam da nicht mit, insgesamt aber ein sehr balancierter, gut zu trinkender Wein 90/100. Enttäuschend leider
1916 La Mission aus einer nicht optimalen mid shoulder Flasche. Da überzeugte nur die für die sehr langlebigen 16er charakteristische, dichte Farbe. In der Nase eine seltsame Maggi-Balsamico Mischung, am Gaumen etwas säuerlich und over-the-top wirkend, schade, der geht sicher aus guten Flaschen noch deutlich besser 83/100. Das galt leider auch für 1928 La Mission aus einer äußerlich perfekten Vandermeulen-Flasche. Superfarbe zwar, aber etwas ältliche Nase und auch am Gaumen trotz Fülle deutlich auf dem Abstieg 84/100. Schade, hatte ich 2005 schon mal in der Sansibar als 100/100 Ausnahmewein im Glas. Großartig 1934 La Mission mit einer laktischen, an Actimel Fruchtyoghurt erinnernden Nase, sehr dichte Farbe, baute enorm aus mit wunderbarer, rotbeeriger Frucht, am Gaumen generöse Süße und gute Länge, die etwas kleinere, schlankere Version des 34 Haut Brion 96/100. Grenzwertig der erste Schluck des 1935 La Mission, der noch eine erstaunlich dichte, intakte Farbe hatte. Doch gerade, als ich diesen "Mottenkugelsaft" wegschütten wollte, bäumte sich dieser Wein aus einer 1979 reconditionierten Flasche noch mal auf, zeigte Herbstlaub, Soja und sogar noch eine verhaltene Süße 85/100.

Unsterbliche Weinlegenden

Unsterbliche Weinlegenden

Und dann kam ein absoluter Traumflight, der mit Abstand der beste der Probe. Hin und weg war ich von diesen einmaligen Weinen. Gleich dreimal habe ich die 100/100 für absolute Perfektion gezückt. Grandios schon der 1943 La Mission aus dem besten der schwierigen Kriegsjahre. Der hatte zwar nicht die Dichte der 100er, aber eine wunderbare Nase, Süße und Fülle am Gaumen und stand wie eine Eins im Glas 96/100. Und dann dieser unsterbliche 1945 La Mission, ein riesengroßer La Mission aus einem Guß, bei dem einfach alles stimmte, betörende Nase, sehr minzig, Zigarrenkiste, Zedernholz, Tabak, Teer, Mokka, am Gaumen generöse Süße, eine spannende Mischung aus Kraft und Eleganz, dazu eine großartige Länge 100/100. Das ist einer dieser einmaligen Weine, die ein tiefes, glückliches Lächeln auf das Gesicht eines Weintrinkers zaubern und sich tief und für immer in die Seele brennen. Vom reinen Hedonismus her setzte der deutlich üppigere 1947 La Mission auf den eher feinen, eleganten 45er sogar noch eins drauf. Was für ein geiles, vollbusiges Teil! Süchtig machende, explosive Nase mit immer noch fantastischer, süßer Frucht, mit Cigarbox, Minze, Kaffee und einem dicken Schuss Port, am Gaumen süß, üppig, mit gewaltigem, aromatischem Druck, aber auch mit großartiger Struktur, dazu ewige Länge 100/100. Der 1948 La Mission wäre einer dieser 48er gewesen, die gut mithalten können. Warum musste ausgerechnet der Kork haben, hier in diesem Jahrhundertflight. Schon diese wunderbare Farbe, die dichteste des Flights, hatte gezeigt, dass hier etwas Großes im Glas war. Klar habe ich nicht nur versucht, unterm Kork durch zu trinken. Ich habe auch keinen einzigen Tropfen im Glas gelassen. In der Nase kämpfte sich mit der zeit eine generöse Süße gegen den Kork durch, am Gaumen ließ sich eine gewaltige Struktur und Dichte erkennen. Keine Frage, dass ist ein 95+/100 Wein, den ich unbedingt noch mal ohne Kork ins Glas bekommen möchte. Der eleganteste, charmanteste und feinste Flight war 1949 La Mission, auch das einfach ein perfekter Wein, noch unglaublich jung und absolut stimmig, mit süßem, schokoladigem Schmelz am Gaumen, irre Länge und trotz enormer, gut verpackter Kraft in seiner tänzerischen Art an 49 Cheval Blanc erinnernd, auch das absolute Perfektion 100/100. Ich war im siebten Rotweinhimmel. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass sich der leider kaputte 1952 La Mission allenfalls als Werbematerial für Klebstoff eignete.

Gleich dreimal 100/100 im Flight der Probe

Gleich dreimal 100/100 im Flight der Probe

Auf sehr hohem Niveau ging es auch im nächsten Flight weiter. Dicht und voll intakt mit ersten Reifetönen die Farbe des 1953 La Mission, wunderbar die klassische La Mission Nase, rauchig, Minze, Eukalyptus, Tabak, Teer, Cigarbox, Leder da könnte ich stundenlang dran riechen. Betörende Aromatik auch am Gaumen, sehr elegant mit feiner Süße und unendlicher Länge - 98/100. Es gibt Weine, bei denen spürt man, was mal draus werden könnte. Beim 1955 La Mission dagegen spürt man eher leicht vergangene Größe. Die Farbe immer noch sehr dicht, aber auch mit Reifetönen. Kräuterig die Nase mit Kaffee und etwas Eukalyptus, am Gaumen kräftig mit deutlicher Säure 97/100. Das war mal ein 100/100 Wein, der aber zumindest aus Normalflaschen getrunken gehört, bevor er weiter abbaut. Unsauber die Nase des 1957 La Mission, der wohl einen Fehler hatte und fruchtlos wirkte. Schade, ich hatte diesen Wein aus kleinem Jahr schon groß im Glas und würde ihn ohne zu zögern nachkaufen. Wer wie René in 1957 geboren ist, würde in einer Großflasche davon den idealen Geburtstagswein für den 60. finden. Absolute Perfektion dann wieder bei 1959 La Mission, von dem wir eine perfekte Flasche erwischt hatten. Verschwenderische, süße Traumnase, rauchig, mineralisch mit allen zutaten eines großen La Mission, am Gaumen zwar reif, aber ohne spürbares Alter, seidige Eleganz, süß, sehr lang 100/100. Eigentlich hätte 1961 La Mission auch in dieser Liga sein müssen, aber der wollte auf unbestritten sehr hohem Niveau einfach nicht singen, wirkte etwas verschlossen in der Nase und spröde am Gaumen mit immerhin sehr langem Abgang 95/100. Schade, denn in guten Flaschen ist das eine La Mission-Legende. Schon bessere Zeiten hat wohl der 1964 La Mission gesehen, der aber aus dieser Flasche hier trotzdem überzeugen konnte, reif in Farbe und Nase, elegant, würzig und reif am Gaumen mit feiner Süße, ein echter Charmeur 94/100.

Großes Pech hatten wir am zweiten Abend mit den Tischweinen. 1990 La Mission ist normalerweise ein sehr eleganter, schmeichelnder Wein auf mindestens 94-95/100 Niveau, aus Großflaschen noch darüber. So notierte ich 2010 bei René Gabriels großer 90*90 Probe zu einer La Mission Jeroboam: Ein atemberaubender, gewaltiger La Mission auf dem Wege zur Perfektion. Spektakulär die typische Cigarbox-Nase, explosiv und immens druckvoll der Gaumen, wird dem 82er immer ähnlicher, der auch lange unterschätzt wurde. Die 97/100 dieser Flasche sind wohl noch nicht das Ende der Fahnenstange. Und um den GAU vollzumachen, präsentierte sich dann auch noch 1996 Pape Clement mit einem ganz üblen Kork. Die schnell als Ersatz gereichten Weine (1999 Monbousquet Jero und 2000 Mille Roses Impi) erfüllten zwar ihren Zweck als Tischweine, konnten aber qualitativ die Lücke nicht schließen.

Mit sechs La Mission Magnums ging es weiter. 1920 La Mission war ein feiner, leichter, reifer La Mission mit süßen Schokonoten, der seine besten Zeiten lange hinter sich hatte und trotz Magnum rasch im Glas abbaute, 88/100 für den ersten Schluck, 82/100 für den letzten. Noch recht jung die Farbe des 1962 La Mission, der mit einem großen, dampfenden Misthaufen in der Nase ins Glas kam. Da war wohl ein deutlicher Fehler im Spiel, den dieser sonst zwar nicht große, eher etwas leichtgewichtige, aber immer noch sehr schön zu trinkende La Mission wirkte aus dieser Magnum einfach nur eindimensional und langweilig 86/100. Auch bei 1970 La Mission half die Magnum nicht. Dieser in der Vinifikation total verunglückte Wein zeigte in der Nase und am Gaumen flüchtige Säure ohne Ende. Da hilft auch kein Schönreden, sondern nur ein großer Bogen drumherum, es sei denn, man ist Ehrenmitglied bei den Essigliebhabern. Sehr schwierig auch 1974 La Mission, bei dem nur die Farbe überzeugen konnte. Trinkbar zwar, aber ohne Freude, langweilig und monolithisch, wird sich auf diesem niedrigen Niveau noch länger halten, aber für wen? 82/100. Ein wildes, zupackendes, tanniniges Teil ist der 1975 La Mission, da tänzelt kein Lippizaner, hier bricht ein ausgewachsener Keiler durchs Unterholz. Den Stil muss man lieben, dann ist das ein potentiell riesengroßer, kerniger La Mission, bei dem gut 5-10 Jahre in der Normalflasche und 10+ Jahre in Magnum an weiterer Wartezeit angesagt und lohnend sind 92+/100. Derzeit der richtige Wein für Leute, die ihr Menü schon mit einem derben Montrose als Aperitif beginnen. Einziger echter Lichtblick in diesem Flight war die Magnum 1979 La Mission. Noch so jung, kräftig und fruchtig mit ätherischer Nase, baute enorm im Glas aus 94/100.

Jetzt war Endspurt angesagt mit 6 La Missions aus den 80ern. Zu den gelungensten Weinen seines Jahrgangs gehört 1981 La Mission, ein rustikaler, kerniger, würzig-pfeffriger, klassischer La Mission mit noch langem Leben 93/100. Ein gewaltiges, konzentriertes Kraftpaket ist 1982 La Mission, Cigarbox in der Nase, Trüffel, sogar angehende Opulenz, enorme Dichte und Länge, aber immer noch unglaublich jung. Mehrfach habe ich den schon mit 100/100 im Glas gehabt, aus dieser Flasche hier hatte ich wieder das Gefühl, dass er noch 5-10 Jahre braucht 96+/100. In jedem Fall ist hier ein legitimer Nachfolger von 59 und 61 in Sicht und eine weitere La Mission Legende. Im Preis ist er das leider heute schon. Wer es offener, reifer, leckerer und unkomplizierter sucht, greift zu 1985 La Mission, einem runden, saftigen Wein, der heute bereits alles zeigt, was er drauf hat 92/100. Deutlich mehr Zukunft hat 1986 La Mission, der sich nur zögerlich und stückweit im Glas öffnet, aber da kommt in den nächsten 20-30 Jahren etwas Großes auf uns zu 94+/100. Das ist immer noch einer der schlauesten La Mission Käufe. Seit ewigen Zeiten ist 1987 La Mission reif, ein wunderbar balancierter, zugänglicher, sehr aromatischer Wein, der immer noch enormen Spaß macht und das auch ohne Rückrat sicher noch 5-10 Jahre tun wird 90/100. Der letzte Wein der Probe wieder eine dieser unsterblichen La Mission Legenden. Nur zehrte ich beim Genuss des 1989 La Mission von der Erinnerung und von der Vorfreude auf die Zukunft. Dieser 89er war in seiner langen Fruchtphase ein absolut göttlicher Wein, die 100/100 stets locker wert. Da kommt er auch wieder hin. Aber ihn heute zu öffnen ist absolute Verschwendung, denn er trägt momentan das ungeschriebene Schild "wegen Winterschlaf geschlossen, besucht mich in 10 Jahren wieder". Das wäre eigentlich ein guter Grund für René Gabriel, dann wieder eine La Mission-Probe zu machen. Der 82er wäre in 10 Jahren sicher soweit, ebenso der 2000er, der 89er wäre wieder voll da, der 59er immer noch, der 86er würde sich weit nach vorne schieben und mit dem 88er am Lack der Großen kratzen und aus dem 75er würde der völlig überraschende Shooting Star. Übrigens gerne wieder in der gastfreundlichen Burg Staufeneck, lieber René.

See you in 10 years for La Mission reloaded!

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