Dominus 1983 bis 1997

Mit Petrus entsteht im Moueix-Imperium einer der größten Bordeaux Weine überhaupt. Da war klar, dass Christian Moueix mit seinem zunächst als Joint Venture gegründeten Dominus Projekt auf großes Interesse stoßen würde. Dominus ist ein kalifornischer Wein. Seine Trauben stammen vom historischen Napanook Vineyard, der schon Mitte des vorletzten Jahrhunderts bepflanzt wurde. Und doch wirkt Dominus, im Gegensatz zum Merlot-betonten Petrus ein Cabernet, eher wie ein Bordeaux. Er könnte von der Aromatik und Stilistik her durchaus vom linken Ufer der Gironde stammen. Moueix hat beim Dominus eine ganz klare, eigene Handschrift. Es gibt noch einen weiteren Unterschied zu anderen kalifornischen Gütern. Der Napanook Vineyard war bereits mit reblaus-resistenten Rebstöcken bepflanzt. So konnte sich Moueix das aufwändige Neubepflanzen ersparen und kann im Gegensatz zu vielen seiner kalifornischen Kollegen auf Traubenmaterial von entsprechend alten Rebstöcken zurückgreifen.

Ich habe alle Dominus Weine schon mehrfach getrunken, je nach Stadium des Weines begeistert, oft aber auch ratlos. Eine sehr interessante Vertikalprobe im April 2005 stellte alle bisher erzeugten Dominus Weine von 1983 bis 1997 gegenüber und gab die Möglichkeit, diese Weine in einer Momentaufnahme zu vergleichen. Alle Flaschen waren in tadellosem Zustand.

Im ersten Flight standen sich die Jahrgänge 1983, 1984 und 1985 gegenüber, drei Weine, die sich sehr ähnlich waren. Alle drei hatten eine dichte Farbe ohne Alter, ein kräftiges Dunkelrot. Alle drei hatten noch massives Tannin, wirkten sehr kompakt, monolithisch mit etwas kurzem Abgang. Minze und vor allem Eukalyptus tauchten weder bei den ersten drei Weinen noch bei den folgenden auf. Da fanden sich dann neben der typischen Zedernholznote eher Töne wie Bleistift, Tabak, Lakritz, Kräuter und schwarze Oliven. Alle drei hatten überhaupt nichts kalifornisches an sich und wiesen eine klare Bordeaux-Stilistik auf. Wenn man allerdings sieht, wie schön sich heute 83er und 85er Bordeaux trinken, dann fragt man sich schon, was aus diesen holzbetonten Tanninmonstern einmal werden soll.
1983 Dominus hatte die schönste Nase des Flights, feine rote Johannisbeere, Zedernholz, am Gaumen etwas schlank, ungenerös, guter Abgang 91/100
1984 Dominus war sehr gewöhnungsbedürftig mit einer holzbetonten, metallischen Nase, auch etwas vegetale, kräuterige Noten, am Gaumen ungenerös und geprägt von massivem austrocknendem Tannin und zeigte erst im langen Abgang sein mögliches Potential 88/100
1985 Dominus war trotz etwas verhaltener Nase der derzeit am schönsten zu trinkende, offenste Wein dieses Trios, am Gaumen füllig mit massiv Bitterschokolade 92+/100

Das nächste Trio mit 1986, 1987 und 1988 unterschied sich nur unwesentlich von den Vorgängern. Die gleiche, dichte Farbe, die selbe Stilistik, etwas weniger, aber immer noch reichlich Tannin.
1986 Dominus wirkte etwas dürr und ungenerös mit wenig Frucht, war aber lang am Gaumen 90/100
1987 Dominus war der mit Abstand größte Wein des Flights mit guter Frucht, aber auch tanninig, sehr kräftig, konzentriert, Bitterstoffe, Tabak, Schokolade mit 90% Kakaoanteil, staubige Tannine 93+/100
1988 Dominus wirkte etwas flach, massive Tannine, zuwenig Frucht, etwas Bitterschokolade, Ledertöne, Tabak, für den in Kalifornien relativ schlechten Jahrgang(auch vom Dominus wurde die Hälfte der Ernte deklassiert) noch gut gelungen, erinnerte etwas an die ja auch nicht gerade schmeichlerischen 88er Medocs 88/100

Im nächsten Flight war 1989 Dominus das letzte überholzte Tanninmonster mit wieder zuwenig Frucht 89/100.
Mit dem 90er begann dann an diesem Abend eigentlich erst das richtige Trinkvergnügen. 1990 Dominus hatte in der Nase den klassischen Cordier-Stinker, war dicht, lang, komplex, wirkte füllig und offen, bisher meine schönste Flasche dieses lange Jahre frustrierend verschlossenen Weines 95/100
1991 Dominus wirkte etwas verschlossener, hat aber das größere Potential. Verhaltene Nase, aber am Gaumen geht die Post ab, gute Frucht, ein Turbo-Bordeaux, irre konzentriert und lang, braucht viel Zeit und Luft 95+/100

Im Jahr 1993 wurde kein Dominus erzeugt. Qualitätsfanatiker Moueix deklassierte in diesem Jahr, in dem viele andere kalifornische Güter recht gute Weine erzeugten, die gesamte Ernte. Wir machten weiter mit 1992, 1993 und 1994.
1992 Dominus war sehr kräftig, dicht und lang mit Zedernholz und deutlicher Bitternote, wieder klassische Bordeaux Stilistik, sehr konzentriert, jung, mit irrer Länge 95/100
Auch 1994 Dominus war in der Stilistik ein typischer Dominus, sehr konzentriert und dicht, aber endlich mal ein Wein mit einem deutlichen Schuß Hedonismus, wirkte sexy und füllig 97/100
Im Vergleich zu diesen beiden Weinen wirkte 1995 Dominus etwas dünn. Das war beileibe kein schlechter Wein, schöne, rotbeerige Frucht, aber im Vergleich zu 92 und 94 fehlt etwas Fett 92/100

Erst mit den beiden folgenden Weinen deutete sich ein stärkerer Stilwechsel bei Dominus an, hin zu üppigeren, fruchtbetonteren Weinen.
1996 Dominus war der erste Wein des Abends mit intensiverer Frucht und deutlicher Fruchtsüße. Er zeigte einen klaren Stilwechsel an. Auch wurde beim 96er, der in seinen ersten Jahren trotzdem sehr verschlossen wirkte, weniger neues Holz als üblich eingesetzt. Ein Klassewein mit tollem Abgang 95/100
1997 Dominus hatte in der Farbe noch junges Purpur, in der süßen, üppigen Frucht jetzt eher etwas in Richtung Kalifornien gehend, sehr fleischig, ein irre konzentrierter Wein mit toller Länge am Gaumen 96/100

Fazit? Dominus ist zweifelsohne ein großer, sehr langlebiger Wein, der viel Geduld erfordert. Wie große Bordeaux, aber untypisch für kalifornische Weine, macht er jung in seiner Fruchtphase Spaß und verschließt sich dann für eine Weile. Die hölzernen Tanninmonster aus den 80ern machen mich etwas ratlos und erinnern mich an Ausone. Großer Name, großes Terroir, da müsste doch eigentlich irgendwann etwas kommen, aber wann? Übrigens passt aus der jüngeren Zeit der 1999 Dominus auch in diese Reihe.
Die anderen Weine aus den 90ern kann man bedenkenlos kaufen und ohne Eile die nächsten 15-20 Jahre trinken.