Grosse Weine der Welt

Zu den spannensten Mövenpick-Verkostungen gehört jedes Jahr im November "Grosse Weine der Welt", so auch 2004. Gute Gelegenheit, mal querbeet durch diverse Anbaugebiete zu trinken.

Von den zahlreich angebotenen "Grossen Gewächsen" aus Deutschland habe ich nur 2 probiert. Ich gehöre nicht zu den Fans dieses vorschnell als Jahrhundertjahrgang apostrophierten Jahres, schon gar nicht bei den trockenen Weinen. Probiert habe ich den inzwischen hochdekorierten 2003 Weißburgunder Im Sonnenschein von Rebholz. Feine mineralische Nase, Zitrustöne, am Gaumen schön definiert, eher schlank, aber eine bissige, aufgesetzt und unnatürlich wirkende Säure. Ob da, wie bei so vielen Winzern, künstlich nachgesäuert wurde? Mehr als 88/100 waren da an diesem Abend bei mir nicht drin.
Sehr überzeugend fand ich hingegen von Wittmann den 2003 Riesling Morstein. Der hatte eine üppige, reife Pfirsichnase, schöne Mineralität, gute Säure, baute sehr schön im Glas aus und hatte einen langen Abgang. Einer der wenigen 2003er, die man ein paar Jahre liegen lassen sollte und die sich noch verbessern werden 92/100. Da werde ich mir in jedem Fall ein paar Flaschen von hinlegen.

Niedergemacht habe ich die 2001er Bordeaux bei der Mövenpick-Arrivage. Dazu stehe ich nach wie vor, doch gibt es in 2001 auch ein paar Ausnahmeweine, die uns Mövenpick damals vorenthielt. Bei Haut Brion gefiel mir am besten die wunderbare, klassische Graves-Nase mit Tabak, Leder und guter Frucht. Am Gaumen war er etwas astringierend. Den würde ich noch gut 5 Jahre liegen lassen, dann wird er viel Spass machen 93/100. Mit einer Superfarbe kam Ausone daher, wirkte aber verdammt zugenagelt. In der Nase feine Vanilletöne, Kaffee, etwas Cassis, am Gaumen massive Tannine. Finessiger und eleganter als 2000 und mit Potential für 94+/100, wenn man die sicher nötigen 10 Jahre Geduld mitbringt. Mörderfarbe auch bei Pavie, dazu Röstaromen ohne Ende, Lakritz, Teer, Graphit, die Kraft des 200ers ohne dessen Generösität, trotzdem ein großer Wein 96/100. In derselben Liga Leoville-las-Cases, nicht ganz so dichte Farbe, süße, konzentrierte Frucht, Zedernholznote, Kraft ohne Ende. Wirkte zu Anfang offen und machte richtig an, ging dann aber im Glas zu. Ein toller Stoff, auf dessen Genussreife man aber auch noch etliche Jahre warten muss 96/100.

Also doch noch schnell bei 2001 zuschlagen? Nein, da ist keine Eile geboten. 2001er gibt es genug, da steigt der Preis so schnell nicht. Damit muss man sich nicht den Keller zuballern. Da kann man in Ruhe die weitere Reifeentwicklung abwarten. Vergessen Sie bitte nicht, dass mit 2004 nicht nur ein weiterer, guter Jahrgang droht, sondern auch eine riesige Ernte. Das erhöht den Druck auf die Preise.

Im Vergleich zu den Bordeaux habe ich dann den von Parker mit 97/100 sehr hochgelobten 2001 Ramey Jericho Canyon Vineyard getrunken. Da wahr ich dann doch etwas enttäuscht. Ein konzentrierter, vanilliger, rauchiger Wein, der mit den oben erwähnten vier Bordeaux auch nicht ansatzweise mitkonnte. Da reichen 91/100 allemal. Maßlos enttäuscht war ich auch von 2001 Vigna d Alceo. Der kam mit einem derartigen Stinker daher, einer Mischung aus Maggi und Cloaka Maxima, dass man gar keine Lust hatte, ihn überhaupt zu trinken. Richtig schön fand ich bisher nur den 96er d Alceo, knapp gefolgt vom 97er. Alle Jahrgänge danach fand ich hoffnungslos überbewertet und vor allem auch überteuert. Ich kann mich bei diesen Weinen des Eindrucks nicht erwehren, das da nach Anfangserfolgen einfach zuviel produziert wird. Von dieser Sorte gab es bei Mövenpick gleich noch einen Kandidaten, 1995 Pesquera Janus Gran Reserva. Betörende, süße Nase, dominiert von stark getoasteter amerikanischer Eiche, am Gaumen eher flach und enttäuschend, Kraft und Konzentration eines großen Pesquera fehlen, da hat das "schlaue Bäuerchen" mal wieder zuviel geerntet 89/100. Pesquera fand ich bis 1994 sehr gut. Danach konnten mich die Weine nicht mehr überzeugen.

Wo wir gerade beim Thema überteuert sind. Mövenpick bot auch 1999 Petrus an, zum Freundschaftspreis von 699,- pro Flasche bzw. 60,- für den Probeschluck. Klar, das ist ein sehr feiner Wein, finessig mit schöner Frucht, nicht mit der Konzentration großer Petrus-Jahre, aber doch mit gutem Rückrat und viel Entwicklungspotential. Ob er das Zeug zum zweiten 71er hat, ist heute schwer abzuschätzen. Sicher braucht der noch etwas verschlossen wirkende Petrus noch gut 5 Jahre bis zur ersten Genussreife. Dann mag auch etwas mehr als die heutigen 93/100 drin sein. Wenn Sie unbedingt eine Flasche Petrus als Kellerschmuck und Renommierobjekt brauchen, mag das sogar noch ein interessantes Angebot sein, vom Preis-/Genussverhältnis her sollte man aber bedenken, dass man dafür 28 Flaschen 2002 Trilogia bekommt.

Nachverkostet habe ich auch zwei 2000er. Sehr zugänglich mit schöner Frucht war der nicht sonderlich konzentrierte 2000 Petit Cheval, der aber nicht auf dem Niveau des schönen 98ers la 88/100. Für einen Zweitwein ist er außerdem verdammt teuer. Hier geht leider auch ein Großteil des Geldes für den berühmten Namen drauf. Gut gelungen ist 2000 Figeac. Dort scheint man inzwischen die Kellerprobleme besser im Griff zu haben, denn die typische kork-ähnliche Figeac-Nase ("entweder der Wein hat Kork oder es ist ein Figeac") taucht hier nicht mehr auf. Fruchtige, kräuterige Nase, baut sehr schön im Glas aus, am Gaumen kräftige, etwas austrocknende Tannine 92/100. Noch eine Ecke darüber 2000 Grand Puy Lacoste. Sehr dichte, tiefe Farbe, trotz aller Konzentration wunderbar finessig und elegant, im derzeitigen Stadium schon gut (an)trinkbar mit wunderbarer Frucht 93/100. Ein noch bezahlbarer Pauillac-Klassiker mit großer Zukunft.
Von den 2000er Guigals aus diesem an der nördlichen Rhone schwierigen Jahr habe ich nur 2000 La Mouline probiert. Der war deutlich konzentrierter als der ein paar Wochen vorher verkostete 2000er La Turque mit der klassischen würzig-parfümierten La Mouline-Nase, am Gaumen hohe Säure 92/100. Nach meinen sehr positiven Erfahrungen mit den 87er LaLa s aus einem ebenso schwierigen Jahr, bin ich mir sicher, das da nach 5-8 Jahren Lagerung noch deutlich mehr kommt.

Auch zwei ältere Weine offerierte Mövenpick. Die stammten aber wohl beide nicht aus bester Lagerung. 1947 Pontet Canet hatte schon eine dunkelbraune Farbe, war in der Nase und am Gaumen deutlich gezehrt, ein immer noch trinkbarer, kleiner, alter Wein 82/100. Eine tolle Farbe hatte der 1961 Lynch Bages, aber das war auch alles. Deutlicher Essigstich, flüchtige Säure ohne Ende. Nicht trinkbar. Leider kein Einzelfall, mir ist das bei diesem Wein schon häufiger passiert.

Als Abschluss haben wir uns dann aus Mövenpick-Beständen noch eine Flasche 1997 Ridge Monte Bello gegönnt, ein gewaltiges Teil mit viel Druck und Länge, bereits erstaunlich schön trinkbar mit verschwenderischer, kalifornischer Frucht und der Struktur und dem niedrigeren Alkohol eines Top-Bordeaux 95/100.