Kräftig eingeHeitzt

Heitz hat in Deutschland eine neue Heimat. Das wurde mit einem spektakulären Einstand gefeiert. Zu einer fantastischen, zweitägigen Heitz-Probe war der Wineterminator am ersten Aprilwochenende bei den Ungers in Aschau, sicher die umfassenste, kompletteste Heitz-Probe, die je auf diesem Planeten stattfefunden hat. Alle Martha s Vineyard von 1966 bis 2005, dazu rare Erstlingswerke ab 1961, ein paar Fay Vinyards, wunderbare Heitz Pinots, Bella Oaks und Trailside Vineyard. Hier vorab meine Notizen des ersten Abends.

Die schönste Probentafel der Republik

Die schönste Probentafel der Republik

Unter einem guten Stern stand diese Probe, nicht nur unter dem von AMG/Mercedes. Grosse Weine verkosten sich einfach noch besser bei Hochdruckeinfluss, und den hatten wir. Ein traumhafter Frühlingstag mit sehr angenehmen, schon frühsommerlichen Temperaturen. Da fand der Empfang kurzerhand draußen statt, rund um den spektakulären neuen Flügeltürer von Daimler. 2008 Heitz Chardonnay bekamen wir ins Glas. Der wirkte noch recht jung und dadurch etwas rustikal und eckig mit einem dicken grünen Apfel drin und reichlich Zitrusfrüchten, kraftvoll, mineralisch, nicht der buttrige KaliChard, eher mit einem guten Stück Europa, wird sich noch entwickeln und ist für die $ 20, die er in den USA kostet, sehr preiswert 88/100. Da werde ich mir wohl einiges von zulegen.

Nicht mein Fall war der 2007 Heitz Chardonnay. Da ist wohl jemandem beim in Kalifornien erlaubten Zusatz von Säure der ganze Sack ins Fass gefallen. Deutlich mehr Säure als 2008, schlank, geradezu bissig mit stahliger Frucht, da hilft auch warten nicht 85/100. Ganz anders der sehr gut gelungene 2005 Heitz Chardonnay. Das war der generöseste, feinste und schmelzigste der drei mit präziser Frucht und feiner Süße, zeigt, dass die Heitz Chardonnays gut altern können 90/100.

Heitz, das ist nicht nur der legendäre Martha s Vineyard. So probierten wir auch drei Exemplare des Pinot Noir von Heitz, dessen Produktion allerdings vor längerer Zeit eingestellt wurde. Der 1994 Heitz Pinot Noir war ein schlanker, feiner Vertreter seiner Art mit delikater Frucht und generöser Süße, schlank und recht kurz auch am Gaumen 89/100. Viel Luft brauchte der 1990 Heitz Pinot Noir, der dann eine wunderbare, klassische Burgundernase entwickelte und auch am Gaumen burgundische Pracht und Fülle zeigte mit Süße und Länge 93/100. Zu alt und gezehrt inzwischen der 1966 Heitz Pinot Noir, bei dem die störenden Nebentöne Oberhand gewannen 81/100.

In den 70ern produzierte Heitz auch einen großartigen Cabernet aus dem Fay Vineyard, der heute zu Stag s Leap gehört. Fantastisch die jugendlich-dichte Farbe des 1978 Heitz Fay Vineyard, animalisch und ledrig in der Nase, nur ein Hauch von Eukalyptus und Minze, noch so jung, so kraftvoll und lang am Gaumen, ein Wein für zwei weitere Jahrzehnte 96/100. Schlanker und reifer der 1975 Heitz Fay Vineyard, sehr minzig, aber auch mit viel Leder und etwas Tabak, sehr komplex am Gaumen 93/100.

Heitz Fay Vineyard 1975 und 1978

Heitz Fay Vineyard 1975 und 1978

Zu den Heitz Klassikern gehört der Bella Oaks, der seit 1976 aus Trauben des Bella Oaks Vineyard im Rutherford District erzeugt wird. Ich habe schon viele, großartige ältere Bella Oaks getrunken. Weniger klar kam ich mit dem 1994 Heitz Bella Oaks. Der wirkte sehr schlank, "austere" mit trockenen Tanninen, wenig Frucht und noch weniger Freude 87/100. Sehr dicht noch die Farbe des 1985 Heitz Bella Oaks, laktisch und auch etwas staubig die Nase, am Gaumen kräftig, rustikal, viel Minze, etwas Süße, ein kerniger Charakterstoff 91/100.

Was ich an Heitz so liebe ist die klassische, eigenständige, an große Bordeaux erinnernde Art, Weine, die altern können und auch müssen. Da wirkt der Trailside schon wie eine Art Kulturschock. Das ist für mich der Versuch, endlich auch mal einen modernen, früh trinkreifen, üppigen Heitz zu machen, willkommen im Marmeladen-Land! Dick, süß, ausladend und auch sättigend der 2004 Heitz Trailside, Lindt Amarenakirsche in Marzipan, ein Glas ist da für mich ok, aber bitte nicht mehr 91/100. Aber Geschmäcker sind verschieden. Wer diese Stilrichtung liebt, wird Trailside groß finden. Etwas feiner, nicht ganz so aufdringlich der 2002 Heitz Trailside, aber auch der sehr konzentriert, dicht und dick mit viel reifer Schwarzkirsche 92/100. Balancierter, harmonischer der 2001 Heitz Trailside aus einer großen Ernte 92/100.

Als dann im nächsten Flight drei gereiftere Trailsides ins Glas kamen, brachte es ein Kölner Weinfreund und Medizinprofessor auf den Punkt. Das ist jetzt der große Wick Medinait Flight. An diese Aromatik erinnerten einfach alle drei Weine. Sehr gut trank sich 1994 Heitz Trailside, sehr kraftvoll mit guter Struktur, viel Tabak, Minze und Eukalyptus, die dominierende Minze blieb ewig am Gaumen, trotzdem ein recht balancierter Wein 93/100. Etwas weich und breit mit wenig Struktur der 1992 Heitz Trailside 90/100. Grenzwertig 1991 Heitz Trailside, sehr medizinal wirkend und die Wick Medinait-Nase schon sehr ins Jodige gehend, am Gaumen viel Säure und wenig Freude, dafür viel Soyasauce und Maggi, wurde mit zunehmender Luft immer schlimmer 86/100. Aber da muss es unterschiedliche Flaschen geben. 2008 auf der American Beauty wirkte dieser Wein ebenfalls völlig daneben um ein Jahr später im Adler in Hurden als warm-würziger, gut gereifter Trailside auf 94/100 Niveau zu überzeugen. Ähnlich gut viele Flaschen aus eigenen Beständen. Der ausgewogenste und schönste Wein des Flights war für mich 1989 Heitz Trailside 93/100.

Erstaunlich bei Heitz selbst die Qualität der "normalen" Cabernets, aber was ist bei einem solchen Ausnahme-Weingut schon normal. Sicher ein absoluter Kauftipp ist der 2005 Heitz Cabernet Sauvignon. Wunderbare Frucht, feine Süße, bei aller Kraft erstaunlich balanciert und elegant. Der ideale Wein, um auf den grandiosen 2005er Martha s zu warten und sich dabei etwas Vorgeschmack zu holen 92/100. Schon fast auf Martha s Niveau lag der 1991 Heitz Cabernet Sauvignon, mit viel Minze und Eukalyptus, immer noch recht jung wirkend mit sehr guter Struktur, jede Suche wert 94/100. Überrascht hat mich auch der 1986 Heitz Cabernet Sauvignon aus diesem eigentlich eher schwächeren Kalifornien-Jahrgang. Auch der noch voll da mit guter Struktur und viel Zukunft, in der Nase altes Sattelleder, Minze und Zedernholz, am Gaumen sehr ausgewogen, passt gut als Pirat in eine 86er Bordeaux-Probe 91/100. Jede Suche wert ist auch der 1980 Heitz Cabernet Sauvignon, der als kleiner, feiner, reifer Wein ins Glas kam, dort enorm ausbaute schon fast im Sekundentakt zulegte. Hat ihn guten Flaschen wie unseren immer noch etliche Jahre vor sich 92/100.

Und dann gab es diesen 1975 Heitz MC1, der eigentlich ein 1975 abgefüllter, kleiner, feiner Heitz Martha s Vineyard aus dem überhaupt nicht prickelnden Jahrgang 1971 mit viel Säure war 89/100. Der 1973 Heitz Cabernet Sauvignon startete sehr vielversprechend mit der dichtesten Farbe des Flights und einer überzeugenden Statur. Doch dann machte sich ein zunächst leichter Kork immer deutlich bemerkbar und verdarb den so sicher geglaubten Spaß. Der wein wurde zunehmend strenger und auch etwas pilzig. Aus besseren Flaschen müssten da locker 91/100 oder mehr drin sein. Altersfrei mit sensationeller Farbe der 1970 Heitz Cabernet Sauvignon, ein gewaltiger, sehr präsenter Wein, erstaunlich frisch mit viel Minze, am Gaumen kräftig, aber auch schlank, ging als großer Bordeaux vom linken Ufer durch 95/100. Und auch der fand noch seinen Meister in einem schier unglaublichen 1968 Heitz Cabernet Sauvignon. "Stunning" sagt der Amerikaner wenn der Mund offen stehen bleibt und man nicht fassen kann, was da ab geht. Ein großer, kompletter Wein ohne jedes Alter, bei dem von der dichten Farbe über die After Eight Nase mit reichlich Minze, aber auch Schokolade(!!, habe ich bei Heitz in der Form noch nie erlebt), den Gaumen mit Süße und viel aromatischem Druck und den langen Abgang einfach alles stimmte. Konservative 96/100 für einen Wein, bei dem ich mich in Zukunft auf Auktionen weit aus dem Fenster lehnen werde.

Und diese unglaubliche Geschichte ging noch einen Flight lang weiter. Wobei anzumerken ist, das es sich beim Heitz Cabernet Sauvignon eben nicht um eine Art Zweitwein handelt. Er stammt nur von anderen Weinbergen. Bei 1966 Heitz Cabernet Sauvignon musste ich spontan an meine besten Flaschen des 66er Lynch Bages denken. Das hier war der amerikanische Zwilling, perfekt gereift, minzig, wunderbare Struktur, eigentlich waren auch hier 92/100 viel zu geizig. Und dann erst dieser außerirdische 1965 Heitz Cabernet Sauvignon, das grenzte schon an eine Unverschämtheit, wie jung, wie vibrierend, wie fruchtig, exotisch und frisch der daher kam 95/100. Und auch Joe Heitz Erstlingswerk, der 1961 Heitz Cabernet Sauvignon, zeigte keinerlei Spur von Alter oder gar Gebrechen. Ein perfekt gereifter Pauillac aus einem Guss, großer Bordeaux in Reinkultur, bei dem nichts auf Kalifornien hindeutete 94/100.

Die sensationellen Heitz Erstlingswerke

Die sensationellen Heitz Erstlingswerke

Als Absacker gab es noch eine Kuriosität. Aus der Mission-Traube, die damals mit den spanischen Missionaren nach Kalifornien gelangt war, produzierte Heitz in den 70ern einen Wein namens Angelica. 17 Jahre verbrachte der 1974 Angelica im Holzfass, spritig, süss, mit dichter Farbe und nicht uninteressant 88/100. Etwas heller in der Farbe, noch süßer, aber auch spritiger der 1976 Angelica 86/100.

Ein unglaublicher Auftakt, dieses Cabernet-Feuerwerk. Was muss Heitz für ein großartiges Terroir haben. Und was war dieser Joe Heitz für ein begnadeter Winzer. Gerade mal ein knappes Dutzend Familien machten im Napa Valley Wein, als dieser Joe Heitz 1961 mit einem kleinen, gerade mal 3 Hektar großen Weingut anfing.

Spektakulär - der neue Mercedes Flügeltürer

Spektakulär - der neue Mercedes Flügeltürer

Und was machte der neue Mercedes SLS auf dieser Probe? Den konnte Mann/Frau probefahren, auch das eine Degustation der ganz besonderen Art.

Kathleen Heitz gab sich persönlich die Ehre

Kathleen Heitz gab sich persönlich die Ehre

Ein sehr strammes Programm stand uns am zweiten Probenabend bevor, alle Jahrgänge Martha s Vineyard von 1966 bis 2006. Wer da schon mittags irgendwo getankt hatte, war an diesem Abend chancenlos. So hielt ich mich auch beim Aperitiv zurück, was nicht sonderlich schwer fiel. Den 2009 Heitz Sauvignon Blanc fand ich einfach nur klein, dünn und säuerlich 84/100.

Wunderschön dann gleich der erste Rote, 1980 Heitz Martha s Vineyard. Ein sehr harmonischer, ausgeglichener Wein mit guter Tanninstruktur für ein längeres Leben 93/100. 1981 Heitz Martha s Vineyard war ein Martha s, wie er im Buche steht, kräftig, rustikal, animalisch, mit viel Biss, Minze und Eukalyptus ohne Ende, ein echter Charakterstoff mit all den Ecken und Kanten, die diesen Wein so sympathisch macht und sehr guter Länge - 95/100. Erstaunlich reif, weich und beinahe harmlos der 1982 Heitz Martha s Vineyard, den ich im vorletzten Sommer aus der Magnum(97/100) deutlich konzentrierter im Glas hatte 92/100. Da gefiel mir an diesem Abend der 1983 Heitz Martha s Vineyard mit seiner explosiven Eukalyptus- und Minznase deutlich besser. Ein noch sehr frischer, lebendiger, vibrierender Wein, sehr nachhaltig am Gaumen und mit noch reichlich Zukunft 95/100.

Sehr variable ist 1984 Heitz Martha s Vineyard, den ich von schlimm bis großartig in allen Schattierungen kenne. Dieser hier lag mit einer leichten Schärfe dazwischen 91/100. Leuchtende Augen nicht nur bei mir, als 1985 Heitz Martha s Vineyard ins Glas gab. Dieser Wein trägt das Sonderetikett, das vorher nur einmal der 74er hatte, zurecht. Was für ein fantastisches, jugendlich wirkendes Konzentrat, Minze, Eukalyputus, Jod, reife Beerenfrüchte, sehr mineralisch und komplex, knallte förmlich am Gaumen, die Wiedergeburt des 74ers 98/100. Leider hat auch diese Rose ein paar Dornen. Vom 85er haben viele Flaschen einen an Figeac erinnernden, korkähnlichen Fehlton. Für das eher schwierige Jahr war auch 1986 Heitz Martha s Vineyard ein noch erstaunlich frischer, gut zu trinkender Wein 92/100. Deutlich größer nicht nur das nachfolgende Jahr, sondern auch der nachfolgende Wein, 1987 Heitz Martha s Vineyard, ein großartiger, im besten Sinne kerniger Wein, sehr minzig mit guter Säurestruktur und immer noch deutlichen Tanninen. Ein echter Heitz-Klassiker, der sehr lange zur Entfaltung gebraucht hat und erst ganz am Anfang einer sehr langen Karriere steht 95/100. Jede Suche wert.

Ein sehr feiner, kleinerer Martha s, aber auch mit erstaunlichem Rückrat der minzige 1988 Heitz Martha s Vineyard 91/100. Habe ich schon deutlich schlechter im Glas gehabt. Für Martha s erstaunlich süß, generös, weich, reif und mit viel Schmelz der 1989 Heitz Martha s Vineyard, ein Martha s als Schmusewein, mal was ganz Neues 92/100. Ebenfalls weich, geradezu seidig und elegant wirkte 1990 Heitz Martha s Vineyard, der aber am Gaumen sehr viel druckvoller war und mit seiner süßen Fülle und viel Eukalyptus und Minze einen hohen Suchtfaktor hatte 95/100. Ganz großes Kino dann 1991 Heitz Martha s Vineyard, den ich auf keiner Auktion liegen lasse. Das ist immer noch ein Riese im werden, der sehr viel, aber längst noch nicht alles zeigt, ein noch jugendlich wirkender, enorm kräftiger, intensiver, hoch aromatisch wirkender Wein 96/100.

Immer noch sehr jung mit pikanter Frucht 1979 Heitz Martha s Vineyard, die Frische hatte dieser kraftvolle Wein durch das gute Säuregerüst, wobei ihn die hohe Säure gleichzeitig auch etwas ungenerös erscheinen ließ, Jammern auf hohem Niveau 93/100. Erstaunlich reif mit generöser Süße präsentierte sich der komplexe 1978 Heitz Martha s Vineyard, der auch am Gaumen atypisch weich und süß war 95/100. Das mögen aber auch Flaschen aus einem wärmeren Keller gewesen sein. Ich kann mich noch gut erinnern, wie dieses "Tier von 78 Heitz" 2009 einen 78er La Mission mit links niedermachte. Würde ich aus guter Lagerung ohne zu zögern kaufen. Ziemlich daneben leider 1977 Heitz Martha s Vineyard mit viel Brett und Stinkernase 81/100. Aber das war wohl ein Flaschenproblem. Sehr gut hingegen 1976 Heitz Martha s Vineyard aus diesem heißen, trockenen Jahrgang, in dem es nur 1000 Kisten Martha s gab. Besaß immer noch eine sehr schöne Frucht, viel Minze, Leder, die klassische Eukalyptusnote und war am Gaumen mit viel Finesse sehr balanciert und lang, kein Zeichen von Alter 94/100.

Rücksturz in die Neuzeit. Natürlich hatte der 2006 Heitz Martha s Vineyard noch reichlich Babyspeck, aber er trank sich einfach verdammt gut, sehr süß, sehr reichhaltig mit toller Frucht und der typischen Coca Cola Note junger Heitz, erinnert etwas an 2002, besitzt aber gutes Rückrat und dürfte gut altern. In diesem Stadium sicher nichts für Puristen, einfach Dekadenz pur 95/100. Ganz anders gestrickt 2005 Heitz Martha s Vineyard der mit traumhaft präziser Frucht, enormer Kraft, gewaltiger Statur und deutlichem Tanningerüst nach längerer Lagerung schreit. Der hat so enormes Potential, das ist für mich die logische Fortsetzung von 74 und 85. 95/100 waren da heute schon im Glas, 3-5 könnten da über die Jahre locker noch hinzukommen. Kaufen was die Ungers hergeben! Da fiel im direkten Vergleich der 2004 Heitz Martha s Vineyard doch etwas ab, dunkle, etwas gekocht wirkende Frucht, gut zu trinken, aber es fehlte etwas die Rasse und Exotik großer Marthas 93/100. An 2003 Bordeaux musste ich bei 2003 Heitz Martha s Vineyard denken, marmeladig und strukturlos, nicht ohne Charme, sehr süß und schmelzig, ein Heitz für den schnellen Genuss, bei dem man auf nichts warten muss, was ja auch seine Vorteile hat 93/100.

Viel Babyspeck und Coca Cola auch beim dekadent leckeren 2002 Heitz Martha s Vineyard, der aber auch Kraft und eine enorme Struktur hat. Nur schmeckt dieses Zeugs einfach derzeit so geil, der hat gar keine Chance zu altern 97+/100. Meine Eigenen zuhause habe ich schon längst verputzt. Ich kaufe nach und verstecke eine 6er Kiste vor mir selbst. Auch vom atemberaubenden, sehr viel feineren, klassischeren 2001 Heitz Martha s Vineyard konnte ich bisher schwer fernbleiben. Mehrfach hatte ich diesen Giganten mit 98-99/100 im Glas. In dieser Probe hier jetzt wieder ein großer wein mit gewaltigem Potential, der sich aber derzeit stückweit verschließt 95+/100. Einfach 5 Jahre und mehr vergessen. Deutlich offener 2000 Heitz Martha s Vineyard, dem natürlich Dichte, Rasse und Klasse von 2001/2 fehlen. Der 2000er ist jetzt trinkreif, sehr aromatisch und überzeugt mit süßer Fülle 92/100. Auf die Suche gehen werde ich in jedem Fall auch bei 1999 Heitz Martha s Vineyard, einem Langstreckenläufer mit großem Potential, sehr kraftvoll mit dicht gewobener, dunkler Frucht 94/100. Hat sich bei Heitz nach 1999 der Stil geändert. Das meinten zumindest einige meiner Schweizer Weinfreunde nach einer Probe in der Schweiz. Ich meine nein. Natürlich geht die Klimaerwärmung auch am Napa Valley und an Heitz nicht spurlos vorüber. Aber Martha s ist ein Wein, der altern kann und altern muss. Auch die neueren Weine werden nach entsprechender Lagerung die Struktur und Klasse der älteren zeigen. Da ist halt Geduld gefragt, oder man genießt halt die jugendliche Babyspeck-Coca Cola Phase. Nur mittendrin sind Heitz Martha s manchmal schwierig und geben Rätsel auf, da sie sich wie große Bordeaux auch stückweit verschließen.

Und dann kommt endlich der Flight, auf den alle gewartet hatten. Noch so unglaublich jung, so dicht und konzentriert dieser 1975 Heitz Martha s Vineyard. Kommt in der Nase als großes Ledergeschäft ins Glas, aber auch rauchig und hat mit seiner teerigen, tabakigen Note etwas von La Mission, entwickelt sich enorm, immer mehr kommt Eukalyptus und Minze, am Gaumen ein enorm komplexes, vielschichtiges Kraftpaket mit gewaltiger Länge, Potential für lange Jahre 97/100. In Stilistik und Aromatik ähnlich der feinere, balanciertere, unglaublich harmonische 1974 Heitz Martha s Vineyard, ein Monument, das im Glas viel Zeit und Luft braucht, erinnert an die besten Flaschen von 45 Mouton Rothschild, baute enorm aus, so unglaublich lang, Potential für sicher noch 1-2 Jahrzehnte 99/100. Wie schön, wenn man den aus so perfekten Flaschen trinken darf, und wie schade, wenn man den mit so vielen Menschen teilen muss. In diesem Hammerflight hatte eigentlich 1973 Heitz Martha s Vineyard nichts zu suchen. Der wirkte anfangs schon verdammt gebrechlich mit viel Champignons. Doch auch hier geschah mit der Zeit noch ein Wunder, der Wein blühte noch mal auf, wurde sehr viel schöner, feiner und süßer 91/100.

1997 - der dritte Heitz mit Special Label

1997 - der dritte Heitz mit Special Label

Weiter ging es mit dem letzten Heitz vor der Neubepflanzung des Rebberges und den ersten Weinen danach. Für den 1992 Heitz Martha s Vineyard konnte ich mich noch nie so richtig begeistern. Böse habe ich einmal notiert "danach hätte ich auch die Reben rausgerissen". Ganz so schlimm war er nun auch nicht, aber es fehlte ihm halt die aromatische Dichte eines großen Martha s. Dazu hatte man im Abgang das Gefühl, dass dieser Wein langsam austrocknet 90/100. Und dann dieser 1996 Heitz Martha s Vineyard von mal gerade knapp vier Jahre alten Reben. Da muss es auf dem Weingut finanziell ordentlich gezwickt haben, denn eigentlich hätte dieser Wein deklassiert werden müssen. Nicht, dass er schlecht gewesen wäre, aber mit dem Namen verbinden sich Erwartungshaltungen, die dieser eher feine, elegante Tropfen nicht erfüllen konnte 89/100. Ganz anders der großartige 1997 Heitz Martha s Vineyard mit seiner explosiven Aromatik, das war die echte Heitz-Wiedergeburt, die zu Recht das Sonderetikett verdiente 96/100. Ein fantastischer Wein, der jede Suche lohnt. Dicht, dick, konzentriert, aber ohne Finesse der fast schon schwermütig wirkende 1998 Heitz Martha s Vineyard 87/100. Auch das natürlich eine Momentaufnahme. Viele Martha s habe (nicht nur) ich schon in der Jugend unterschätzt. Da kommt dann oft mit den Jahren noch deutlich mehr.

Schade, dass viele der großartigen Heitz-Klassiker erst zum Schluss kamen und auf übermüdete Gaumen trafen. Mir tat es in der Seele weh, wenn ich sah, was da teilweise notgedrungen von diesen großartigen Weinen in den Gläsern blieb. Für Nachahmer hier ein sehr ernst gemeinter Rat von meiner Seite. Eine solche Vertikale sollte man stets von alt nach jung trinken, nicht umgekehrt. Das junge Zeugs gehört stets an den Schluss. Was für ein Traumstoff war dieser 1972 Heitz Martha s Vineyard, erstaunlich viel Kraft, aber auch Eleganz, feine Süße, Minze pur, langer Abgang, kein Alter 95/100. Noch kräftiger, dichter mit viel Minze und Eukalyptus aber nicht mit der Finesse des 72ers der 1970 Heitz Martha s Vineyard, auch hier kein spürbares Alter 94/100. Gewöhnungsbedürftig die Nase des 1969 Heitz Martha s Vineyard mit Jodtinktur und Eukalyptus, dafür der Gaumen um so schöner mit generöser Süße und viel Schmelz 94/100. Deutlich weicher und nicht so druckvoll war der 1969 MC, eine Cuvée aus Martha s und Napa, aber auch der sehr aromatisch und gut gelungen 92/100.

Und dann kam im letzten Flight noch ein Kandidat für den Titel WOTN (Wine of the night), der überragende 1968 Heitz Martha s Vineyard. Was für eine geniale Ikone kalifornischer Weinbaukunst. Was für eine perfekte, gewaltige Struktur hatte dieser praktisch altersfreie Wein, war für eine ungemein druckvolle Aromatik, immer noch reichlich reife Kirschfrucht, massig Minze und Eukalyptus, ein alter Ledersattel, so unglaublich lang am Gaumen mit reifen, aber immer noch präsenten Tanninen 98/100. Weich reif, süß und wunderbar zu trinken der 1967 Heitz Martha s Vineyard - 93/100. Und dann war da noch der erste Martha s, der 1966 Heitz Martha s Vineyard, das perfekte Gegenstück zum 61er Cabernet des Vortages, ein großartiger Bordeaux mit klassischer Pauillac-Stilistik und toller Struktur 96/100.

Soooviel Heitz macht einfach glücklich!

Soooviel Heitz macht einfach glücklich!

Auf sehr hohem Niveau haben wir an beiden Tagen getrunken. Überragend natürlich die Martha s Vertikale vom zweiten Tag. Es gibt nur ganz wenige Weine auf der Welt, mit denen man eine derartige Probe auf solch gleichmäßig hohem Niveau durchführen kann. Martha s Vineyard gehört zu Recht zur absoluten Weltspitze. Und das schreibt, das sei hier offen gesagt, jemand, der Heitz und speziell Martha s seit über 30 Jahren liebt und sammelt. (wt 04/2011)