Schorn´s Große Magnum-Probe

Über 500 verschiedene Positionen verzeichnet die Weinkarte des Düsseldorfers Restaurant Schorn. Doch das ist längst nicht alles, was im Keller liegt. Franz Josef Schorn ist nicht nur begnadeter Koch, sondern auch rastloser Gourmet und Weinfan. Seine freie Zeit verbringt er stets in irgendwelchen Weingegenden, sei es an der Ahr(da fährt er mit dem Rad hin!), am Kaiserstuhl oder bei Christos Kokkalis in Griechenland. Da bringt er natürlich immer wieder interessante Neuentdeckungen und Musterflaschen mit, die dann manchmal im Keller einfach in Vergessenheit geraten.

Bei einer kürzlich durchgeführten Aufräumaktion sortierte Schorn 16 solcher "Weinwaisen", alles Magnums, aus. Die wollte er dann 16 Gästen im Rahmen eines Menüs anbieten. Schnell waren die limitierten Plätze ausverkauft. Das Angebot konnte sich schließlich sehen lassen. 16 Magnums zu einem 5-Gang-Menü für gästefreundliche 120 Euro. Als mich Schorn dann fragte, ob ich auch teilnehmen und ihn dabei als Sommelier und Moderator unterstützen könnte, sagte ich spontan zu.

Die 16 Magnums hatten eigentlich nur eins gemeinsam, es waren Einzelflaschen. So unterschiedlich wie die Weine war auch die Gästeschar. Vom jungen Nachwuchs-Weinfan bis zu Gastronomieprofi Jochen Slaby(Piemont-Express) war alles vertreten. Gerade das aber machte den Reiz der Probe aus. Selten habe ich in einer so harmonischen Runde netter Menschen gesessen. Wir hatten unglaublich viel Spaß miteinander.

Startpunkt der Probe war ein 1985 Pol Roger Champagner. Der hatte zwar inwischen auch schon 19 Jahre auf dem Buckel, zeigte aber keinerlei Schächen. Die klassische Cuvée, die zu jeweils einem Drittel aus allen drei verfügbaren Rebsorten bestand, zeigte immer noch ein tadelloses Mousseux. Verhaltene Nase, am Gaumen viel Kraft, leicht metallischer Nachgeschmack 87/100.
Hat Ihnen schon einmal ein Engel auf die Zunge gepinkelt? Diese Beschreibung habe ich einmal zu Wilhelm Haags Weinen gehört und auf seine 1999 Brauneberger Juffer Sonnenuhr Auslese traf sie perfekt zu. Klare Rieslingfrucht, hohe Mineralität, feine, unaufdringliche Süße und gute Säure. Das alles perfekt ausbalanciert und bei aller Kraft mit einer traumhaften Leichtigkeit 92/100.
Sehr positiv überrascht waren wir von der 1986 Forster Kirchenstück Riesling Spätlese von Bürklin-Wolf. Die 80er gehörten nicht gerade zur starken Zeit dieses Gutes. Mit der güldenen Farbe einer 50 Jahre alten TBA, immer noch guter Frucht, aber auch leicht rosinigen Tönen passte der lediglich im Abgang leicht gezehrte Wein perfekt Zu Schorns Crème Brulée von der Gänseleber 88/100
Ungemein kräftig und eher halbtrocken wirkte die 1998 Ihringer Winklerberg Riesling Spätlese von Heger. Starke Mineralität, bei der man fast meinte, die Vulkanböden der Paradelage vom Kaiserstuhl zu schmecken und darunter ein reifer Pfirsich machten diesen Wein zum perfekten Speisebegleiter 92/100
Mit der 1999 Hochheimer Hölle Riesling Auslese trocken hat das Weingut Franz Künstler zahlreiche internationale Auszeichnungen, so z.B. als bester deutscher Winzer, errungen. In der Magnum war dieser große Wein noch fast zu jung. Er gehört unbedingt dekantiert und dann in große Burgundergläser. Tolle Struktur, exotische Früchte und reife Williamsbirne, sehr mineralisch mit etwas Restsüße und ganz dezenter Boytritis 93/100
Auf den Boden der Tatsachen holte uns dann ganz schnell eine 1997 Pinot Connection zurück. Diese unter Mitwirkung des Feinschmecker entstandene Cuvée der Winzer Heger, Philippi, Meyer-Näkel, Knipser und Fürst hatte eine schöne Pinot-Nase, aber das war s auch schon. Am Gaumen brachte der Wein nicht viel und Abgang was ist das? 83/100.
Die 1998 Spätburgunder JS Recher Herrenberg Auslese trocken von Jean Stodden hätte ich blind nie an die Ahr gesteckt. Ungemein stoffiger, toller Spätburgunder mit viel Kraft und Länge 91/100.
Ein Klasse Pinot war der 1997 Pinot Noir von Philippi. In der Nase frisch gemahlener schwarzer Pfeffer und leicht animalische Töne, am Gaumen kräftig und etwas rustikal, Frankreich pur 92/100.
Für echte Burgunderfans muss der 1997 Pinot Nero #13 der Agricola Vignano, einer der hochbewertetsten Burgunder Italiens, so etwas wie ein Kulturschock sein. Im italienischen Ausnahmeweinjahr 1997 entstand hier aus der Hand des damaligen Besitzers und Weinmachers Croissant ein noch sehr ungestümer, jugendlicher Kraftprotz. Blind serviert ging er am Tisch eher als Bordeaux durch 93/100.
Wer bei Parker unter Manso de Velasco nachsucht, findet als einzigen Kommentar ohne Bewertung zum Jahrgang 1993 die Aussage "a widely known wine that is not recommended". Da sollte Onkel Robert vielleicht mal seine Nase in den 98er stecken. Was Torres dort in Chile mit der klassischen Torres-Handschrift erzeugt hat, kann sich sehen lassen. Ich hatte diesen Wein schon einmal, 2001 auf dem Weingipfel, probiert. Damals wirkte er mit süßlicher Frucht relativ einfach gestrickt. Inzwischen hat er deutlich zugelegt und präsentiert sich aus der Magnum als sehr finessiger Wein, der positiv aus dem chilenischen Einheitsbrei herausragt. In der Nase reife Pflaumen, aber auch Bleistift und etwas Vanille, Kaffee und grüne Paprika. Insgesamt sehr elegant mit langem Abgang - 93/100.
Grosse Probleme hatte ich zum wiederholten Mal mit dem hochgelobten 1994 Ramirez de Ganuza Reserva. Verschlossen, tanninig, wenig Frucht, staubige Nase. Wer den im Keller hat, sollte ihn über die nächste Auktion entsorgen oder mindestens 10 Jahre wegschließen und ein Wunder hoffen. Natürlich können sie ihn auch Parker zu Weihnachten schenken. Dem ist der Wein 94 Punkte wert. Ich kann mich zu mehr als 85/100 nicht durchringen.
Es sollte noch schlimmer kommen. Der viel zu früh gestorbene Monte Vertine Eigner Sergio Manetti hatte als ausgesprochener Gegner der mit internationalen Rebsorten wie Cabernet und Merlot produzierten Supertoskaner unter dem Namen Pergole Torte seine eigene Version aus 100% Sangiovese produziert. Unsere 1988 Pergole Torte Doppelmagnum war bereits weit über das Genussstadium hinaus und zeigte viel Maggi und oxidative Töne 82/100. Damit hatte die DM genau 18 Punkte weniger als Schorns legendäre Hohe Rippe, an diesem Abend perfekt zubereitet aus einem 6 Wochen speziell abgehangenen Stück Fleisch.

Nach dem Pergole Torte war dann der noch viel zu junge, aber wunderbare 1998 Chateau de Beaucastel eine richtige Erholung. Für einen jungen Beaucastel war der 98er schon erstaunlich zugänglich. Die Cuvée aus insgesamt 13(!) Rebsorten hatte eine schöne, beerige Nase mit Ledertönen, etwas Lakritz und Trüffen, kleidete voll den Gaumen aus und hatte einen würzig-pfeffgrigen Abgang. Toller Stoff 95/100.
Den Abschluß bildete eine Magnum 1985 Domaine de Trevallon aus der Provence. Voll da, aber noch längst nicht am Ende, vollreifer, leckerer Kirschkompott 91/100.
Mein Nachbar reichte mir dann noch ein Glas 1990 Taittinger Comte de Champagne. Wie schön, dass sein Lieblingschampagner auch meiner ist. Im Gegensatz zu mir zeigte dieser inzwischen 14 Jahre alte kräftig-finessige Weltklassechampagner noch keinerlei Ermüdungserscheinungen..