Bordeaux 1997 und 2007

Alle Welt schielt derzeit auf die wahrscheinlich astronomisch teuren 2009er, die Kalifornier aus Bordeaux. Dazu werde ich demnächst auch noch Stellung nehmen. Aber befassen wir uns doch jetzt erst mal mit dem Zeugs, das weg muss.

Mit den 7er Jahrgängen in Bordeaux ist das so eine Sache. Bis auf den Ausnahmejahrgang 1947 waren sie im letzten Jahrhundert eher unterdurchschnittlich. Das ist eigentlich nichts schlimmes, können doch auch kleinere Jahrgänge viel Trinkspaß bereiten. Dafür muss dann aber das Preis-/Leistungsverhältnis stimmen. Und genau das war 1997 und 2007 nicht der Fall. Wer 1997 subskribierte, musste sich später fühlen wie ein Telekom-Aktionär der ersten Stunde. Der spätere Marktpreis fast aller Weine lag deutlich unter dem Subskriptionspreis. Bei den 2007ern wird wohl eine ähnliche Entwicklung eintreten.

Ausgerechnet der kleine Jahrgang 1987 war meine erste Subskription. Hemmungslos zugeschlagen habe ich damals aus lauter Freude am Subskribieren. Aber ich habe verdammtes Glück gehabt. Nicht nur waren die Preise extrem niedrig. Ein La Mission für € 21, einen Mouton Rothschild für € 26 oder eine Comtesse für € 15 konnte man einfach nicht ablehnen. Auch ließ man den Jahrgang in Ruhe klein und fein werden. Weder gab es Konzentratoren, noch versuchte man mit übermäßigem Holzeinsatz, wie bei etlichen 2007ern, aus mickrigen Weinen große Geschosse zu machen. So war denn dieser Jahrgang 1987 auch einer, der 10 Jahre lang großen Trinkspaß bereitete. La Mission und Mouton sind in gut gelagerten Flaschen immer noch eine Suche wert.

1997 war das alles anders. Der Jahrgang war klein, die Preise waren hoch. Ich hatte inzwischen dazugelernt und machte um die Subskription einen Bogen. 2007 habe ich das wiederholt. Habe ich da einen Fehler gemacht? Eine spannende Verkostung von 97ern und 2007ern im April 2010 bei den netten Mädels von FUB in Düsseldorf gab darauf eine deutliche Antwort. Soweit verfügbar, waren dort 97er und 2007er zu Pärchen zusammengestellt.

1997 Haut-Beauséjour, ein Cru Bougeois aus St. Estephe, war sehr reif, kaum noch Frucht, erdig, Leder, Waldboden, pilzig, wirkte aber auch leicht faulig und war deutlich auf dem Abschwung 80/100. 2007 Haut-Beauséjour war ein klassisches Beispiel für so einen vergewaltigten 2007er, viel zuviel Holz, zuwenig Frucht, wirkte bissig und hatte wenig Substanz 84/100.
Wie schön, dass Geschmäcker verschieden sind. So fand die Imperiale 1997 Cantemerle, die rein optisch eine Menge hermachte, durchaus Liebhaber. Der Inhalt war eher furchterregend, sehr reife, bräunliche Farbe, etwas Kaffee, alter Pappkarton, Schuhcreme 76/100. 2007 Cantemerle zeigte Holz und Tannin ohne Ende, nur von der Eleganz und der feinen Frucht, die diesen Wein sonst auszeichnen keine Spur 81/100.
Überraschend schön 1997 Haut Bailly, ein feiner, kleiner Wein, der sich im Stile der damaligen 87er immer noch sehr gut trinkt 88/100. Da fiel im Vergleich der doch recht magere 2007 Haut Bailly deutlich ab 83/100.
1997 Grand Puy Lacoste wirkte alt und muffig, der hat sich weitgehend verabschiedet 75/100. 2007 Grand Puy Lacoste hatte eine Traumnase mit viel Röstaromatik, am Gaumen fehlte etwas die Substanz 86/100.
1997 Gruaud Larose war ein weicher, harmloser, aber gut trinkbarer Schlabberwein, dürfte sich noch ein paar Jahre halten 85/100. Auch 2007 Gruaud Larose wirkte zugänglich, weich, elegant mit feiner Frucht und wohltuend dosiert eingesetztem Holz 86/100.
Gut trinkbar war auch 1997 Montrose mit guter Struktur und sicher noch längerem Leben 87/100. 2007 Montrose gehört zu den besseren Weinen des Jahrgangs, wiederum mit guter Struktur und genügend Substanz 89/100.
1997 Pavie-Macquin roch muffig und nach altem Faß, wird auf niedrigem Niveau noch ein paar Jahre überdauern 83/100. Ganz passabel war 2007 Pavie-Macquin, dem es aber außer am reichlich vorhandenen Holz so ziemlich an allem fehlte 85/100.
Schon erstaunlich, dass 1997 Latour-à-Pomerol ohne Stock den Weg ins Glas fand. Der wirkte schon verdammt gebrechlich und machte nicht an 81/100. 2007 Latour-à-Pomerol wirkte grün in der Nase mit Paprika und vegetabilen Noten, am Gaumen war er weich, sogar mit einem Hauch Schokolade, aber auch harmlos mit wenig Rückrat 86/100.

Probiert habe ich danach noch einzelne 2007er. Ok, ich hatte gewissen Nachholbedarf. Vor der großen 2007er Verkostung auf der Prowein habe ich mich nämlich in diesem Jahr gedrückt. Dazu hat mich dieser Jahrgang einfach zuwenig angemacht. Schließlich bekomme ich ja für meine Schreibe im Gegensatz zu den bezahlten Verkostungsknechten kein Geld. Deshalb finden Sie auf meiner Seite auch so wenige niedrig bepunktete Weine. Arbeitsproben brauche ich nicht. Bevor ich etwas an meine Leber lasse, möchte ich schon wissen, ob es auch lohnt.

Ein 2007 Moulin-Haut-Laroque aus Fronsac eignete sich trotz des kleinen Preises mit übermäßigem Holz eher für den Kamin als für den Gaumen 80/100. Gut gelungen der 2007 Confession aus St. Emilion, ein gefälliger, runder, feiner, nachhaltiger Wein 87/100.
2007 Pontet Canet hatte eine sehr dichte, konzentrierte Farbe, ein drahtiger, sehniger Wein, der an einen austrainierten Marathonläufer erinnerte, wirkte etwas ernst, da fehlt zum Spaß einfach das Fett 87/100.
Die 2007 Pichon Comtesse de Lalande erinnerte mich an 87(nur der Preis leider nicht). Feine, von Röstaromen und guter Frucht geprägte Nase, am Gaumen elegant, gefällig mit feinem Schmelz 90/100.
Sehr modern die Stilistik des 2007 Lascombes, kräftige, konzentrierte Farbe, röstige, vielversprechende Nase, am Gaumen Kraft, viel Holz, durchaus auch Potential für eine längere Entwicklung 91/100. Im direkten Vergleich dazu war 2007 Rausan-Ségla feiner, eleganter, Margaux-typischer, ebenfalls ein gut gelungener Wein 91/100. Die drei Letztgenannten könnten bei entsprechenden Preisen durchaus den Weg in meinen Keller finden.

Und das Fazit? Wer 1997er im Keller hat, sollte sich sofort an die Arbeit machen. Bis auf Lafite gehören die Weine rasch ausgetrunken. Der Lafite gehört mit prächtigem Spekulationsgewinn nach China. Bei 2007 ist keine Eile geboten. In den nächsten Jahren werden da immer wieder Angebote mit wahrscheinlich kaum steigenden Preisen kommen. In Frankreich werden derzeit 2007er zu Preisen verramscht, die deutlich unter den Subskriptionspreisen liegen. Wer im grenznahen Raum wohnt, kann da sicher in der Metro, bei Carrefour oder anderen Großmärkten das ein oder andere Schnäppchen machen. Und 2009? Lassen Sie sich nicht verrückt machen. Meine Strategie für diesen ja nun bereits 4. Jahrhundertjahrgang innerhalb kürzester Zeit (nach 2000, 2003 und 2005) verrate ich Ihnen in ein paar Tagen.