Grosse Weine der Welt?

Große Weine der Welt mit "?" ? Leider ja. Traditionell konnte man bei dieser Veranstaltung auch Ikonen der Weinwelt glasweise verkosten, die außerhalb des eigenen Budgets lagen. Da gab es vor Jahr und Tag noch Petrus, Cheval Blanc und reichlich andere Trouvaillen. Doch damit war wohl nicht nur für diesmal Schluss. Im Weinmarkt ist in der letzten Zeit viel passiert. Nicht nur an den Tankstellen sind die Preise explodiert, auch an der "Weintanke" wird inzwischen gnadenlos abgezockt. Die Preise für die begehrten Namen, insbesondere aus Bordeaux, stiegen und steigen weiter ins Uferlose. Vierstellige Preise für Premier Crus aus guten Jahren sind inzwischen die Norm, und ein Ende ist nicht abzusehen. Von Spekulation wurde viel gemunkelt, von einer Blase, die bald platzt. Leider sieht die Rechnung ganz anders aus.
Machen wir doch eine stark vereinfachte Rechnung auf. Deutschland macht mal gerade etwas über 1% der Weltbevölkerung aus. Und Wein ist inzwischen weltweit in. Selbst in Ländern, in denen sich noch keine richtige Massenkaufkraft ausgebildet hat, z.B. Indien und China, gibt es eine sehr zahlungskräftige Elite, die sich zunehmend für Wein interessiert und preislich absolut schmerzfrei zu sein scheint. Und jetzt teilen wir mal eine Mouton-Ernte ok, das ist eine sehr vereinfachende Milchmädchenrechnung nach der Bevölkerung auf. Dann entfielen von 200.000 Flaschen auf Deutschland 1%, also 2000 Flaschen. Heute mögen es noch deutlich mehr sein, aber der Trend geht dorthin. Was das für die zukünftigen Preise bedeutet, liegt wohl auf der Hand. Von noch deutlich knapperen Weinen, wie Petrus, Lafleur oder Le Pin wollen wir besser gar nicht reden. Kann man es den Chateaus verdenken, dass sie nehmen, was sie kriegen können?
Trübe Aussichten also für Weinfreaks. Wir werden vielleicht die letzte Generation in unserem Land sein, die derartige, große Weine in etlichen Jahrgängen verkosten durfte. Später, wenn die Lafites dieser Erde einzeln in samtbeschlagenen Holzkisten streng selektierten Kunden zugeteilt werden, erzählen wir dann staunenden, ungläubigen Enkeln, dass wir solche Weine in großen Proben gleich aus dutzenden von Jahrgängen getrunken haben.
Wenig Verständnis habe ich derzeit für zahlreiche meiner Weinfreunde, die ohne Not ihre Keller plündern und rare Weine verkaufen. Gut, ein 86 Mouton bringt heute locker 7-800 Euro und wird vom Handel für über 1000 Euro angeboten. Nur ist gerade dieser Wein für mich der legitime Nachfolger des 45er Mouton. In 10 Jahren, wenn er dessen Standard erreicht, wird er wohl deutlich über 10.000 Euro liegen. Einen solchen Wein heute zu verkaufen, nur weil das schnelle Geld lockt, halte ich für total bekloppt.
Gut, mein Großvater mütterlicherseits hat seinerzeit auch seine komplette, sehr wertvolle Briefmarkensammlung gegen Kartoffeln, Eier und Milch getauscht. Aber das war nach dem Krieg. Da ging es um das nackte Überleben. Doch heute ohne Not die letzten, noch erreichbaren Topweine aus dem eigenen Keller zu verkaufen? Nein, meine verbliebenen Schätze gönne ich keinem Chinesen, keinem Araber und auch keinem russischen Milliardär. Die trinke ich irgendwann selbst mit Freunden und träume von alten Zeiten.

Zurück also in die Neuzeit. Otmane Khairat, der in Düsseldorf einen mustergültigen Mövenpick-Betrieb leitet, hatte alle besseren Weine zusammen gekratzt, deren er habhaft werden konnte. Wem das nicht gereicht hat, dem sei gesagt: im nächsten Jahr könnten es noch weniger sein. Also habe ich mich im Kreise lieber Weinfreunde zwei Abende lang über das hergemacht, was angeboten wurde. Meine Notizen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen. Normalerweise bin ich Herr der Flasche, bestimme, wann sie aufgemacht wird, ob und wie lange sie vorher dekantiert wird. Hier kamen die kleinen Probierschlucke aber aus Flaschen, denen man nicht unbedingt ansah, wann sie aufgemacht wurden.
Angefangen habe ich mit ein paar deutschen Weine aus 2006. Da kam mir leider spontan der überteuerte, weniger gute Bordeaux-Jahrgang 2006 in den Sinn. Auch der deutsche Jahrgang 2006 wurde über den Klee gelobt. Überraschend gute Weine seien gelungen und angesichts der kleinen Ernte müsse man sofort zuschlagen, so der Tenor des Weinhandels. Natürlich zu Preisen, die wie bei den Bordeaux meist auf Vorjahresniveau oder sogar darüber lagen. Mir geht dann bei Preisen für trockene, Große Gewächse die alte DM nicht aus dem Kopf. Über 60 Mark für einen trockenen, deutschen Wein? Schöne , neue Weinwelt.
Wenig anfangen konnte ich mit 2006 Frühlingsplätzen GG und 2006 Halenberg GG von Emrich-Schönleber, die in 2005 so gut waren. Auch 2006 Aulerde GG und 2006 Morstein GG von Wittmann waren für mich um Längen unter 2005 und machten mich nicht an. Deutlich besser der feine, finessige 2006 Kirchspiel GG und der etwas barockere 2006 Hubacker GG von Klaus Keller. Da werde ich mir wohl von beiden ein paar Flaschen in den Keller legen. Ausnahmslos gut gefielen mir 2006 Norheimer Dellchen GG und Niederhäuser Hermannshöhle GG von Dönnhoff. Da fehlt bei beiden nicht viel zum hohen Vorjahresniveau.
Auch zwei österreichische Weine habe ich mir gegönnt. Als überragend gilt dort der Jahrgang. Zumindest für den Alkoholgrad und für die Preise dürfte das stimmen. Einfach zu fett und irgendwo zuviel des Guten war für mich die 2006 Vinothekabfüllung Grüner Veltliner Smaragd von Knoll. Jammern auf hohem Niveau zwar, aber diesen Wein, der immer einer meiner österreichischen Favoriten war, habe ich aus anderen Jahren schon deutlich feiner und spannender getrunken. Ich würde diesen Jahrgang bei etwa 90/100 einordnen. Ein verdammt dickes, fettes Teil auch der 2006 Zöbinger Heiligenstein Riesling Alte Reben von Bründlmayer. Etwas irritierend die an Waldmeister aus den klassischen Frigeo-Brausetütchen erinnernde Nase. Die stammt wohl von den Reinzuchthefen, die eigentlich bei solch einem Wein nichts zu suchen haben sollten.
In spontan ausgewählten Pärchen habe ich dann am ersten Abend diverse Rotweine verkostet. Los ging es mit 2001 Vinatierri Merlot aus dem Tessin gegen 2000 Clinet. Clinet hatte die vielschichtigere, intensivere, leicht animalische Nase, der Vinattieri dagegen den deutlich schöneren, geschmeidigeren, schokoladigeren Gaumen. Da war der doch sehr enttäuschende Clinet einfach nur anstrengend. Beide habe ich am Tag danach noch mal nachverkostet. Der eigentlich sehr gelungene Vinattieri war aus der am Vortag geöffneten Flasche schon deutlich oxidativ. Also kein Wein für die lange Lagerung. Der Clinet, mit knapp € 200 nicht gerade ein Schnäppchen und gut dreimal so teuer wie der Vinattieri, brachte auch am zweiten Tag immer noch nicht mehr. Da dann doch lieber ein paar Flaschen Vinattieri.
Aus dem hochgelobten Burgunderjahrgang 2005 gab es die Weine von Nicola Potel. Probiert habe ich 2005 Mazis-Chambertin gegen 2005 Clos Vougeot. Beide Weine hatten eine für Burgund erstaunlich dichte Farbe. Der Mazis offen, spontan anmachend mit süßer Frucht, vom Stil eher Pinot aus der Neuen Welt. Der Clos Vougeot zwar auch mit hohem Extrakt und Fruchtsüße, aber erdiger, charakterstärker mit guter Struktur und mehr Zukunft. Letzterer wird wohl den Weg in meinen Keller finden. Die großen 2005er Weine aus Burgund, die wie Bordeaux inzwischen preislich Schwindel erregende Höhen erreicht haben, gab es nicht zu verkosten. Bei denen würde es mir aber auch zu Preisen von 500-1000 Euro und darüber an Interesse mangeln.
Spannend der Vergleich 2005 Clos des Papes gegen 2005 Clos du Caillou Reserve. Beides große Weine und für die hohe Qualität fair gepreist. Offen, fruchtig, himbeerig der spontan anmachende Clos des Papes. Ein Wein, der heute schon sehr viel Spaß macht und mit seinen, von der reifen Frucht geschickt maskierten Tanninen sicher gut altern dürfte. Konnte auch am zweiten Tag vollauf überzeugen 94/100. Deutlich konzentrierter, dichter und auch etwas komplexer wirkend der Caillou mit einer faszinierenden Nase nach lila Veilchenlakritz. Ein Parade-Chateauneuf mit großer Zukunft 95+/100. Deutlich darunter der ebenfalls gut gelungene, dichte 2005 Clos du Caillou Les Quartz 93/100. Am zweiten Tag aus der Flasche des Vortages etwas offener und mehr zeigend. Wer einen Bogen um die raren 100-Punkte-Teile macht, findet in Chateauneuf immer noch sehr viel Wein fürs Geld. Als großer Chateauneuf auf 94/100 Niveau ging auch der blind dazu gestellte 2004 Les Falaises der Domaines Gardies durch. Ein dichter, würziger, einfach leckerer, nachhaltiger Wein. Für einen Chateauneuf mit € 37 wäre das schon fast ein Schnäppchen. Als Côtes de Roussillon, der er nun mal ist, zeigte er nur, wie schnell auch die Winzer dort in der Preisgestaltung von ihren Kollegen lernen.
Erstaunlich fein, würzig und trotz hoher Säure sehr gut zu trinken 2001 Beaucastel 93+/100. Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass dieser hochinteressante Langstreckenläufer sich inzwischen längst wieder verschlossen hätte. Dem war aber nicht so. Völlig neben den Schuhen stand in dieser Probe 2001 Chateau d Ampuis von Guigal. Sehr seltsame Aromatik von Jod und frisch vergorenem Blut. Einfach nur fürchterlich, da kamen keine 80/100 ins Glas. Da ich diesen Wein an gleicher Stelle vor 2 Jahren mit 92+/100 bewertet habe, gehen ich einfach mal von einer unglücklichen, verschlossenen Phase aus. Mehr Tortur als Tourtine war an diesem Abend auch der 2005 Domaine Tempier La Tourtine aus Bandol. Sehr schwierig zu trinken mit hoher Säure und seltsamer, gärender Frucht.
Äpfel gegen Birnen der Vergleich 1989 Vega Sicilia Unico gegen 2004 Clos Mogador. Der Unico ein klassischer, feiner, delikat-würziger Unico mit fast überreifer Frucht und viel Nelke. Etwas kurz am Gaumen. Dieser Unico der kleineren Sorte hätte in diesem Jahr auch gut als preiswerterer Valbuena abgefüllt werden können 93/100. Schwer tat ich mich an beiden Tagen mit Clos Mogador. Klar, da prallten zwei Welten und zwei völlig unterschiedliche Stilrichtungen aufeinander. Überextrahiert, sehr süß, offensiv mit rumtopfiger Frucht wirkte der Clos Mogador. Auch am zweiten Tag kam er üppig, marmeladig und kalifornisch daher. Dafür wird es jede Menge Fans geben. Uns gefiel er am Tisch an beiden Abenden weniger gut.
Probleme hatte ich noch mit einem weiteren Spanier, dem 2005 Avan Cepas Centenarias. Das war in 2003 ein grandioser Wein, der 2004er kam da schon nicht ganz mit und 2005 war ein klarer Abstieg. Die Nase war ja noch ganz ok, aber am Gaumen kam verdammt wenig rüber, als ob der Wein auf der Zunge verdunstet. Wenn das nicht ein Flaschen-Problem war, was ich stark bezweifele, habe ich da ein Problem im Keller.
Aus den Bordeaux-Restbeständen, die für diese Probe zusammen gekratzt worden waren, verkostete ich auch einen 2000 Haut-Batailley aus Pauillac. Das war ein kleiner, feiner Wein, bei dem das Potential des Jahrgangs aber auch nicht annähernd ausgeschöpft worden war. Am zweiten Tag präsentierte er sich aus der Vortagsflasche deutlich schlechter, einfach nur dünn und säuerlich. Geradezu schrecklich an beiden Tagen 2002 La Mission Haut Brion, den wir spontan von "Haut" in "Bas" Brion umtauften. Verhalten die Nase, am Gaumen massive bittere Tannine. Da kam auch nicht ansatzweise Freude auf. Auch dieser Wein möchte wohl zur Zeit vor allem in Ruhe gelassen werden. Leider galt dies auch für einen 2001 l Eglise Clinet, der zwar nicht Teil der offiziellen Verkostung war, aber von einem edlen Spender angestellt wurde. Der wollte uns etwas Gutes tun, doch das ging leider daneben. Der l Eglise Clinet war zwar durchaus mit Genuss trinkbar, wirkte aber bei aller Struktur sehr schlank und verschlossen. Da sind ebenfalls einige Jahre Warten angesagt, bis aus den heutigen(immerhin!) 91/100 3-4 mehr werden.
Besser lagen wir mit den 2004ern, die jetzt durch die Bank noch in der ersten, zugänglichen Fruchtphase sind. Aus der bescheidenen Auswahl verbliebener 2004er gefiel mir zum jetzt und hier trinken 2004 Lagrange am besten. Ein sehr feiner, leckerer St. Julien mit ansprechender, von Röstaromatik geprägter Nase und sehr gutem Preis-/Genussverhältnis 90/100. 2004 Ducru Beaucaillou wirkte im direkten Vergleich eher mager und enttäuschend 86/100. Dicht, jung, kräftig mit viel Potential hingegen 2004 Léoville Poyferré 89+/100. Wunderschön zu riechen 2004 Smith Haut Lafite, der mit seiner opulenten Nase voller junger Röstaromen einem jungen Mouton ähnelte. Leider habe ich ihn auch getrunken, denn der Gaumen kam mit der wunderbaren Nase nicht mit 87/100. Und dann war da noch der sehr kompakte, verschlossene 2004 Vieux Chateau Certan, der aber gutes Potential andeutete und in ein paar Jahren zu einem 90-91/100 Wein heranreifen kann. Insgesamt schon eine sehr magere Ausbeute. Der setzte dann ein 1997 Ausone die Krone auf. Nein, hin war der noch nicht, wie so viele andere 97er. In der Nase wirkte er auch recht überzeugend, füllig, leicht erdig und animalisch. Doch am schlanken, kompakten Gaumen wuchs auch hier nicht viel rüber 89/100. Muss man für ein solches, doch eher bescheidenes Gewächs wirklich € 209 ausgeben, nur weil da Ausone auf dem Etikett steht. Ich brauche das nicht.
Ach ja, einen 2004 Salzberg von Heinrich aus dem österreichischen Burgenland habe ich noch unterschlagen. In der Nase laktisch mit weißem Pfeffer. Ein modern gemachter, fast etwas aufdringlicher Wein, erinnerte etwas an einen Emmi Haselnuss Yoghurt, nicht mein Fall.

Blieb zur Rettung der beiden, doch sehr enttäuschenden Abende noch Übersee. Sehr angetan war ich von 2001 Mondavi Cabernet Sauvignon Reserve. Ein wunderbarer Wein, der jede 2001er Bordeaux-Probe sprengen würde, ohne sich gleich als Kalifornier erkennen zu geben. Gute Frucht, rauchig, Zedernholz, perfekt strukturiert mit schöner Länge am Gaumen. Sicher gemacht für ein langes Leben und heute erst einen Teil dessen zeigend, was er drauf hat 92+/100. Warten muss man bei 2003 Caymus Special Select auch, aber nur, bis der Korken raus ist. Dieses satte, kalifornische Teil trinkt sich aus dem Stand heraus unverschämt gut mit überbordender, schmelziger Frucht, ohne dabei irgendwie marmeladig zu wirken 94/100. Mit € 135 auch nicht unbedingt billig, dieser Spaß, aber wenigstens macht dieser Wein uneingeschränkt Spaß. Leider konnte man das vom nur ganz knapp unter der Schallmauer von € 300 angesiedelten 2000 Penfolds Grange ganz und gar nicht behaupten. Immerhin 91/100 war mir dieser Wein 2005 an gleicher Stelle noch wert. Diesmal präsentierte er sich trotz sehr dichter Farbe völlig unmöglich. Aufdringlich süß mit leicht oxidativen Noten, Rumtopf mit Paprika, gekochte Aromen, total daneben 85/100. Selbst wenn er sich an diesen Abenden einfach nur unglücklich präsentierte und nicht im besten Trinkstadium war. Mit den großen Granges vergangener Zeiten hat dieses missglückte Edelteil nun wirklich nichts gemeinsam. Welch ein Glück, dass ich seinerzeit bei den vollmundigen Ankunftsofferten Nein gesagt habe. Den brauche ich nun wirklich nicht in meinem Keller.

Und die süße Abteilung? Wenigstens hier einige Lichtblicke. Nicht schlecht 2001 Coutet. Reife, gelbe, exotische Früchte, sehr aromatisch, aber mit zuviel Süße und zuwenig Säure, wirkte dadurch auf hohem Niveau etwas diffus und unstrukturiert 90/100. Deutlich schöner 1996 d Yquem, der allerdings auch gut 5mal soviel kostete. Erstaunlich, wie viel dieser Yquem im "zarten" Alter von 11 Jahren schon zeigte. Blütenhonig, Vanille, bittere Orangenmarmelade, Crême Brulée, wunderbar harmonisch und balanciert mit guter Säure, sehr gute Länge 94+/100. Ob es davon unterschiedliche Flaschen gibt? Bei René Gabriel wird dieser Yquem mit 13/20 abgewatscht, Parker hingegen gibt ihm 95/100. Ich meine, dass dieser Wein in der hier gebotenen Qualität in 10-20 Jahren durchaus 96/100 erreichen kann. Und im Gegensatz zu den gesuchten 97er und 2001er ist er auch noch erhältlich.
Gut gefiel mir auch ein 2005 Gelber Muskateller Eiswein von Bründlmayer. Sehr frisch, fruchtig und animierend mit knackiger Säure 93/100. Probleme hatte ich hingegen mit der 2006 Brauneberger Juffer Sonnenuhr Auslese Goldkapsel von Fritz Haag. Die war mir einfach zu süß mit zuwenig Säure und wirkte dadurch etwas diffus. Allerdings geht mir das mit Haagschen Auslesen in diesem frühen Stadium öfters so. Da sind einfach 2-3 Jahre Warten angesagt. Sehr jung auch noch die Wehlener Sonnenuhr Auslese Goldkapsel von Joh. Jos. Prüm. Zeigte immer noch den leichten Hefeton der (zu)jungen Prüm-Weine, aber auch eine wunderbare aromatische Fülle, deutliche Boytritis und ein gutes Süße-/Säurespiel. Ein großer Wein mit Potential für 95/100, der aber noch zu sich finden muss. Auf ähnlichem Niveau die 2005 Scharzhofberger Auslese von Egon Müller. Auch hier eine deutliche, feine Boytritis, hohe Mineralität, reife Säure und irre Länge am Gaumen. Eine danach getrunkene 2005 Graacher Domprobst Auslese Goldkapsel von Willi Schäfer fiel deutlich ab. Sie war zwar auch sehr mineralisch, wirkte aber im Vergleich deutlich schlanker ohne die aromatische Dichte der beiden vorherigen Weine 92/100.

Klar trinke ich derartige Weine auch schon mal jung, nicht nur in einer Verkostung. Für den vollen Genuss gerade restsüßer Moselweine nutze ich aber eine simple Faustformel. Jung schmecken besonders Kabinett und Spätlese gut, letztere bringen es von großen Erzeugern aus entsprechenden Jahren locker auf 20+ Jahre. Einfachen Auslesen gebe ich mindestens 5, besser 10 Jahre nach der Ernte. Nach 10-15 Jahren sind die hochkarätigeren Auslesen in voller Blüte, Ende je nach Jahrgang offen. Die raren BA s und TBA s sind eher gemacht für die Ewigkeit. Die kaufe ich, so ich sie bekomme und bezahlen kann, für meine Nachfahren und trinke heute die, die andere Leute vor Jahrzehnten gekauft haben.

Ach ja, dann war da noch der Spruch eines Weinfreundes, er habe kein Mitleid mit dem Liebhabern der raren, großen Weine, die bei dieser Probe nicht mehr zu ihrem Recht kamen. Er tränke ohnehin in einer anderen Liga, und die sei nicht betroffen. Da irrt der gute Mann leider. Mich erinnerte er fatal an die Leute, die der Benzinpreis nicht tangiert, weil sie ja ohnehin immer nur für € 20 tanken. Leider ziehen die Weinpreise in fast allen Segmenten immer mehr an. Wer heute von Latour auf Les Forts de Latour ausweicht, landet so in ein paar Jahren unweigerlich beim einfachen Pauillac dieses Gutes. Grosse Qualitäten zu akzeptablen Kursen gibt es immer noch, aber die Suche danach wird nicht einfacher.