September 2012

Mit Fritz Keller bei Franz Josef Schorn

Mit "seinem" FC Freiburg war er in Düsseldorf, wollte "unserer" Fortuna die Punkte klauen. Hat nicht geklappt, wir haben fair geteilt. Dafür hatten wir aber in kleiner, feiner Runde bei Franz Josef und Claudia im Marli einen wunderbaren Abend, den ich nach Kräften mit alten Burgundern aus meinem Keller unterfüttert habe. Die große Freude, Fritz Keller mal wiederzusehen, ließ ich mir durch Franz Josefs Begrüßungsschluck nicht verderben. In 2006 hatten Mosel und Saar wohl etwas wenig Säure. So wirkte die 2006 Ockfener Bockstein Spätlese des Weingutes von Othegraven leider pappig süß und diffus, nicht mein Ding 84+/100. Das "+"Zeichen steht für die Hoffnung, dass der in 20 Jahren vielleicht doch noch mal was wird. Dafür explodierte dann der sensationelle, sehr mineralische 2009 Pettenthal Riesling GG von Kühling-Guillot förmlich am Gaumen, was für ein gewaltiges, dichtes Teil mit messerscharfen Konturen 97/100. Sehr mineralisch auch die noch viel zu junge 2007 Wehlener Sonnenuhr Spätlese von Molitor. Man lutscht förmlich am Schiefer, gute Süße/Säure-Balance 90/100.

Eine tiefe, brilliante Farbe hatte der noch sehr lebendige, jünger wirkende 1971 Chambolle-Musigny von Thevenin, tolle Frucht, Zwetschge, etwas Schokolade, so frisch und animierend am Gaumen, viel Spiel, gute Säure 94/100. Ein gelungener, roter Auftakt, auf den dann sofort der erste, große Klassiker folgte, ein 1934 Corton von Albert Ponnelle. Auch der war mit seinen fast 80 Jahren noch so vital und vielschichtig mit präsenter Säure, wunderbarer Frucht und feiner Süße, baute enorm im Glas aus 96/100. Das war halt eine andere Epoche und großer, klassischer Burgunder, gegen den der 1976 Pommard Rugiens von Michel Pont, den uns einzufällig anwesender Weinfreund probieren ließ, nicht anstinken konnte. Der war typisch für das warme Jahr mit kirschiger Frucht, Fülle, Kraft, etwas Überreife, aber wenig Tiefgang. Blind schoben wir ihn eher an die Rhone 88/100.

Für eine Dorflage richtiggehend toll dann der 1947 Gevrey Chambertin Reserve de Monteclair von Marquis de Monteclaire, reif, weich füllig mit enorm druckvoller Aromatik am Gaumen, sehr expansiv und lang 94/100. Allein die Nase des 1937 Beaune Cuvée Etienne vom Hospice de Beaune, abgefüllt von Bouchard, machte schon süchtig. Diese einmalige Klasse aus einem der größten Burgunderjahre des letzten Jahrhunderts müssen die heutigen Weine erst mal erreichen, einfach ein riesengroßer, kompletter, noch enorm vitaler und lebendiger Wein, bei dem einfach alles stimmte, Süße, Kraft, Struktur, Säure und unglaubliche Länge 98/100. Das war eigentlich kaum noch zu toppen, und doch setzte der letzte Wein des Abends da noch eins drauf. Dieser 1959 Romanée St. Vivant Les Quattres Journaux von Louis Latour war schlichtweg Perfektion. So dicht, so lang, so vielschichtig, so verschwenderisch süß, hörte am Gaumen überhaupt nicht mehr auf. Zweifelsohne nicht nur ein großer Wein aus großer Lage und großem Jahr, sondern auch eine perfekt gelagerte Flasche 99/100.