Sylter (W)Eindrücke 2011

Eine unglaubliche, gastronomische Dichte bietet die Insel Sylt. Nicht mal ein vierwöchiger Urlaub würde ausreichen, die gesamte kulinarische Vielfalt Sylts auszuschöpfen. Und wo man gut essen kann, gibt es natürlich auch reichlich spannende Weine.

Mein eigener, diesjähriger Sylt-Urlaub steht erst noch für die zweite Augusthälfte an. Allerdings habe ich mir schon mal an zwei Wochenenden Appetit geholt. Durch die perfekten Flugverbindungen, von Düsseldorf sogar mehrmals täglich, ist Sylt auch für kulinarische Kurztrips leicht erreichbar. Im September werde ich hier berichten, was in diesem Jahr Spannendes ins Glas kam. Wer gerade auf Sylt ist, oder in den nächsten Wochen hinfährt, dem kann ich meine Sylter (W)Eindrücke 2008, 2009 und 2010 empfehlen. Und natürlich ein paar Tipps aus eigener Erfahrung.

Klare Nummer Eins unter den Weinkarten der Insel ist das Restaurant Jörg Müller in Westerland. Wer eine große Auswahl reifer Gewächse aus Bordeaux zu akzeptablen Kursen sucht, wird hier ebenso fündig wie Liebhaber von Burgundern, Italienern, alten Jahrgangschampagnern oder anderen spannenden Gewächsen. Bordeaux-Jahrgänge, die auf anderen Karten schon ausgetrunken sind, liegen hier noch Keller und kommen erst dann auf die Karte, wenn sie trinkreif sind. Die komplette Weinkarte, die zumindest in Deutschland kaum ihresgleichen finden dürfte, ist im Internet einsehbar. In Verbindung mit hochklassiger Küche ist das einfach "Winelover s Dream". Selbstverständlich steht die komplette Weinkarte nicht nur im kürzlich aufwendig umgestalteten Gourmet Restaurant des Hauses zur Verfügung, sondern auch im etwas einfacheren Pesel. Kleiner Insidertipp: Stammgäste buchen Ihren Platz gerne in der Bar. Hier kann man aus beiden Speisekarten auswählen und beliebig kombinieren.

Auch die anderen Sternetempel der Insel, das Fährhaus in Munkmarsch, der Sölringhof in Rantum und das Landhaus Stricker in Rantum verfügen über gepflegte, spannende Weinkarten mit jeweils gut 800 Positionen. Lediglich der neue, kulinarische Highflyer, das Arosa in List, muss bei den Weinen sicher noch nachlegen. Für alle angesagten Restaurants, nicht nur die Sternetempel, gilt: rechzeitige Reservierung unerlässlich. Wer zwei Wochen vorher nicht weiß, ob und worauf er Hunger hat ich gehöre auch zu dieser Spezies ruft einfach am Wunschtag in einem oder mehreren Restaurant seiner Wahl an und hinterlässt seine Handynummer. Mit etwas Glück geht dann immer was.

Ambitionierte Weinkarten haben z.B. auch das Budersand in Hörnum, Ivo s in Westerland, die Vogelkoje in List, das Stadt Hamburg in Westerland und das Coast in Rantum. Und dann ist da natürlich die legendäre Sansibar mit einer über 1000 Positionen starken Weinkarte. Wer noch nie in der Sansibar war, sollte dort unbedingt mal hin. Klar, die Sansibar ist immer voll und hoffnungslos ausgebucht. Und wer da blauäugig auf einen Tisch zur besten Zeit um acht Uhr abends hofft und nicht Kerner oder so ähnlich heißt, der ist chancenlos. Wer die Sansibar spontan genießen möchte, nutzt einen von drei Tipps: entweder ein später Lunch am frühen Nachmittag oder eine Tischreservierung für 18 Uhr. Bei letzterer muss man allerdings um 8 Uhr den Platz räumen. Risikofreudige erscheinen einfach abends um halb zehn. Da werden dann die ersten Tische schon wieder frei und es bleibt noch genügend Zeit für Sansibar-Feeling. Und dann gibt es noch eine Sansibar-Alternative, die Sturmhaube in Kampen in spektakulärer Lage am Kliff mit sensationellem Blick über den Norden der Insel und auf beide Meere. Auch hier sind Küche, Weinkarte und Atmosphäre vom Feinsten.

Sehr gerne gehe ich auch ins Wiin Kööv in Kampen, ins Weinhaus Schachner in Westerland und in das Pius in Keitum.

Auch abseits der genannten Lokale lassen sich auf Sylt reichlich Entdeckungen machen. Wer sich hierauf vorbereiten möchte, kauft sich direkt nach der Ankunft auf Sylt den Klassiker Sylt à la Carte aus dem Eiland-Verlag oder bestellt dieses Buch vorher. In diesem Buch, das jährlich aktuell zu Pfingsten erscheint, sind alle interessanten Lokale mit Original-Speisekarten vertreten.

Den ersten Sylter Sommer-Appetithappen habe ich mir Ende Juni geholt. Klaus von der Wiin Kööv hatte Geburtstag. Da war es Ehrensache, dass wir zu seinem 40. nach Sylt kamen. Und wenn wir schon mal hinfuhren, haben wir das natürlich ausgedehnt und ein paar unserer Stammlokale aufgesucht. Längst nicht alle empfehlenswerten Sylter Lokale sind in meinen (W)Eindrücken vertreten. Ich bin in Urlaub auf Sylt und nicht zum Arbeiten. Gourmetführer mit mehr oder weniger Anspruch auf Vollständigkeit sollen andere schreiben. Ich lande als Gewohnheitstier meist dort, wo ich weiß, dass ich genau das finde, was ich suche. Gerade abends sind mir mache Lokale einfach auch zu weit von meinem Kampener Domizil entfernt. Sylt erstreckt sich nun mal über mehr als 40km Länge. Das ergibt zwar einen schier unglaublichen Sandstrand, den man in einem Tag kaum abwandern kann und der es vom Ellenbeogen bis zum Hörnumer Hafen auf fast 50 km bringen dürfte, aber eben auch größere Entfernungen. Ins Fährhaus in Munkmarsch führte uns gleich nach der Landung der erste Abend. Zum großen Menü starteten wir mit einem 1996 Rauenthaler Nonnenberg von Breuer. Selten, dass man solche Weine auf deutschen Karten noch findet. Dabei brauchen gerade die Breuer-Weine lange, um richtig aufzublühen. Der hier präsentierte sich jetzt gerade richtig. Brilliantes Goldgelb, in der Nase Zitrusfrüchte, reife Ananas, rauchig, viel Feuerstein und eine dezente, reife Petrolnote, am Gaumen sehr mineralisch, strahlende Eleganz und eine fast explosive Aromatik mit immer noch prägnanter, aber reifer Säure und wunderbarer Länge, ein ganz großer, perfekt (an)gereifter Weißwein, einfach puristisch schön und immer noch mit gewaltigem Potential 96/100. Wer den vor 12 Jahren im Glas hatte oder jetzt als 2009er trinkt, wird das nicht nachvollziehen können. Ein 2004 Redoma Branco Reserva von Niepoort war unser zweiter Wein. Ziemlich oxidativ kam der zunächst ins Glas, blühte dann mit der Zeit auf, wurde cremiger mit Orangennoten und schöner Fülle, und als ich gerade dachte, jetzt kommt er, baute er schon wieder ab und wurde bitter, ein Achterbahnwein, der seine wahre Klasse erst zum göttlichen Sauerbraten vom Nordseeseeteufel zeigte. Da entpuppte er sich als perfekter, nachhaltiger Essensbegleiter. Von 88-93/100 ist bei diesem Wein alles drin, solo am unteren Ende, zu kräftigen, gut gewürzten Speisen am oberen Ende. Fruchtig, würzig, erstaunlich fein und elegant, die 14% Alkohol gut verpackt bei einem 1998 Torre Muga 93/100. Mineralisch, fruchtig mit wunderbarer Fruchtsüße und guter Säure, einfach lecker und derzeit ich bestechender Form ein 2008 Volz von van Volxem 92/100. Erheblich zu jung war die stoffige, kräftige, sehr mineralische 2002 Zeltinger Sonnenuhr Auslese trocken* von Molitor, die wohl erst in 5-10 Jahren zu richtig großer Form aufläuft 90+/100.
Schon fast Pflichtprogramm ist bei uns ein mittäglicher Besuch bei Karsten Wulff in Keitum, allerdings nur bei gutem Wetter und draußen. So schön die Terrasse ist, drinnen ist mir das Restaurant zu plüschig und altbacken, was allerdings zum vorherrschenden Publikum passt. Draußen aber bei Sonnenschein mit einer Portion der frisch gepulten Nordseekrabben vor uns oder einem der topfrischen Fische, das ist Lebensqualität pur. Dazu dann im Glas ein saftig-cremiger 2007 Idig GG von Christmann mit fruchtig-süßem Schmelz, viel Tiefgang und genügend Struktur und Rückrat für eine längere Entwicklung - 93/100. Da kam der 2004 Trimbach Riesling Cuvée Frederique Emile nicht mit. Der war schlank, rassig mit stahliger Frucht, aber auch mit erster Reife und feinem Petrolton, leicht austrocknend am Gaumen 90/100. Zur Dessertvariation genehmigten wir uns noch eine 2005 Welschriesling TBA von Paul Rittsteuer aus Rust. Die hatte eine sehr reif wirkende, dunkle Farbe wie ein alter Cognac, war sehr süß und karamellig mit wenig Säure, war weich, unkompliziert und wirkte etwas breit 87/100.
Sehr saftig mit fruchtiger Fülle und feiner Fruchtsüße am Abend bei Jörg Müller zu einem großartigen Menü ein 2005 Deidesheimer Hohenmorgen GG von Bürklin-Wolf, sehr mineralisch und edel-rustikal im langen Nachhall 92/100. Nach diesem Pfälzer Großbauern kam dann mit dem 2000 Riesling Hengst von Josmeyer ein Elsässer Aristokrat ins Glas, ein sehr edles, feines Gewächs, noch so jung wirkend mit guter, aber reifer Säure, nicht mal ein Hauch von Petrol, sehr feiner, süßer Schmelz, superbe Frucht, weißer Pfirsich 94/100. Beiden Weinen kam nicht nur die Lagerung unter idealen Bedingungen im Müllerschen Keller zugute, sondern auch das perfekte Weinhandling am Tisch. Große Weiweine brauchen große Gläser und Luft in der Karaffe. Nur so können sie zeigen, was wirklich in ihnen steckt. Kleinere und schwächere Weine werden bei solch einem Prozedere natürlich gnadenlos demaskiert.
Völlig daneben war leider ein glasweise ausgeschenkter 1991 Pinot-Cuvée Ausbruch von Feiler Artinger. Wenn der wirklich nach Mandeln schmeckte, dann waren die Vorher mit Nagellackentferner bepinselt worden, ein diffuses, grenzwertiges Zeugs, meine Damen hat es nur geschüttelt 76/100. Den schlechten Geschmack haben wir schnell mit einer 2003 Graacher Himmelreich Spätlese von JJ Prüm runtergespült. Die hatte wunderbare, präzise, aber auch süße, weiße Früchte, intensive Mineralität und die weiche Säure des Jahrgangs, wirkte frisch und reif zugleich 92/100. Mit fantastischer Küche waren wir verwöhnt worden. Nein keine Schäumchen, keine artifiziellen Konstruktionen, keine 17 verschiedenen Aromen auf dem Teller, die sich gegenseitig bekriegen. Jörg Müller kocht klassisch und damit wieder hochmodern. Die neue Einfachheit kommt ja gerade wieder in Mode, nachdem wir die molekulare Küche überlebt haben. Wenn ich zum Bespiel nur an diese perfekten Steinbuttbäckchen auf Salbeinudeln denke, läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Natürlich gab es auch wieder eine dieser famosen Dessertkreationen von Günther Schwarz. Aber die war an diesem Abend nur zweiter Sieger gegen einen unsterblichen Jörg Müller Klassiker, die gebackenen Kirschen auf Portwein Sabayon. Für die lohnt es, auf den Knien nach Sylt zu rutschen.
Bliebe noch der geniale 2000 Grand Puy Lacoste zu erwähnen, den wir später in der Bar tranken, ein klassischer, schon gut zu trinkender GPL, der sich jetzt so trinkt wie der große 82er des Gutes vor 20 Jahren. Und da der 82er immer noch fast taufrisch ist, dürfte sich dieser 2000er auf 95+/100 Niveau(für den 96. Punkt braucht es noch 5 Jahre) noch gut 30 Jahre halten, entsprechende Lagerung und nicht zu großen Durst vorausgesetzt. Habe gerade bei den Ungers für unter € 75 noch mal für meinen Sylter Handvorrat nachbestellt. Da brauche ich wirklich keine 2010er. Halt! Ich habe doch einen 2010er subskribiert, den unschlagbaren 2010 Ridge Monte Bello (bei Alpina), diesen genialen Bordeaux aus Kalifornien, der preislich immer noch im Rahmen ist. Meine 2010 Bordeaux-Abstinenz gilt übrigens nicht für meine Schweizer Freunde. Bei der aktuellen fast-Parität des Frankens zum Euro können die eigentlich alles kaufen, sogar Latour und Lafite. Ich hoffe, die denken dann noch an mich, wenn das Zeug mal reif ist.

Zurück nach Sylt. Nach deutlich größeren Krabben gelüstete es meine Damen an diesem Mittag. Die mussten sie sich bei strammem Gegewind aber erst mal auf dem Rad verdienen. Hummer Helgoländer Art ist die Spezialität des 200 Jahre Alten Gasthof in List. Gemütlich und ruhig sitzt man hier tagsüber in einem schönen Garten, während sich die Horden gegenseitig am Strand tot trampeln. Ein 2008 Riesling Selectionée von Henri Kieffer&Fils zeigte, was so ein bisschen gezielt eingesetzte Restsüße doch ausmacht, ein sehr süffiger, fruchtiger, einfach sauleckerer Saufriesling 85/100. Die große Holzoper hingegen war der 2008 Weissburgunder Selektion A von Franz Keller, ein sehr kräftiger Wein, der etwas polterig wirkte 86/100. Und dann war da noch ein warm-würziger, reifer Tempranillo mit guter Säure in Form eines 1998 Castillo YGAY von Marques de Murietta, moderner, früher zugänglich und nicht so komplex wie die alten YGAYs 90/100.

Grosses Fest mit viel Auftrieb und Stimmung abends in der prall gefüllten Wiin Kööv. Klaus und ein anderes Geburtstagskind feierten in den Geburtstag hinein. Die große Weinoper war an diesem Abend weniger angesagt. Ich habe es mir trotzdem nicht nehmen lassen, einen kleinen Tischwein mitzubringen, einen 1996 Providence Matanka in der Imperiale. Ruhig ist es in Europa um diesen neuseeländischen Highflyer geworden, der hier keinen Importeur mehr hat. Shr reif, deutlich reifer als vor zwei Jahren aus der Doppelmagnum, weich, weit, offen mit verschwenderischer Nase, die dem vom Winzer angestrebten, hypothetischen Blend aus Petrus und Cheval Blanc schon verdammt nahe kommt, am Gaumen feiner, süßer, reifer, nicht enden wollender Schmelz 95/100. Solch einen Wein aus großen, vollen Gläsern trinken zu dürfen, das hat schon was.

Am nächsten Tag trafen wir uns dann abends bei Ivo im Ivo s, einem sehr sympathischen Restaurant in Westerland mit wunderbarer Küche und sehr spannender Weinkarte. Kein Wunder, war doch Ivo nach Michael Hamanns Weggang jahrelang in der Sansibar für den Wein verantwortlich. Klaus hatte an diesem Abend ein paar Ebay-Funde aus 1971 mitgebracht, die ich mit ein paar Roten und einer Wehlener Sonnenuhr ergänzte. Erstaunlich gut trinkbar war noch ein güldener 1971 Wachenheimer Fuchsmantel Kabinett vom Weingut Karl Schäfer, weitgehend trocken wirkend, feine Karamell- und Bitternote am Gaumen und im Abgang 86/100. Noch so frisch die goldgelbe 1971 Kronenberg Auslese von Rautenstrauch, Fülle, Süße, Länge, kleidete den Gaumen voll aus 90/100. Sehr eit mit deutlichen Reifetönen in der Nase und am Gaumen die 1971 Rauenthaler Gehrn Versteigerungsauslese von den Staatsweingütern, wenig Süße, kaum mehr Säure, baute im Glas etwas aus, aber da hatte ich mehr erwartet. Bei einem 21er in der Form hätte ich wohl die Augen verdreht, als 71er müsste er aber frischer sein 85/100. Diese Frische besaß die 1971 Graacher Domprobst Auslese vom Friedrich Wilhelm Gymnasium, die ohne Kork wohl ein großer Wein gewesen wäre. Ein letztes Aufbäumen nur noch bei der 1971 Canzemer Altenberg Auslese vom Bischöflichen Priesterseminar, Eisbonbon, Waldmeisterbowle, hatte mit Wein nicht mehr viel zu tun. Einfach ein klassisches Ebay-Schicksal, denn der Flasche sieht man nicht unbedingt an, ob sie im kühlen Keller, oder wie wohl in diesem Fall auf dem Dachboden gelagert wurde. Ich muss immer schmunzeln, wenn Weine bei Ebay tatsächlich als Dachbodenfund angeboten werden, und trotzdem heftig darauf geboten wird. Manche Leute scheinen einfach schmerzfrei zu sein. Oder sie lieben Weine wie diese 1971 Hochheimer Domdechaney Spätlese von den Staatsweingütern, die einfach nur hin war. Fehlerhaft leider dann eine 1971 Scharzhofberger Auslese von Rautenstrauch, die im guten Zustand sicher ein Knaller gewesen wäre.
Nach diesen Pleiten konnte es nur noch aufwärts gehen. Das tat es dann auch mit einer 1971 Wachenheimer Rechbächel Auslese von Bürklin-Wolf. Bei der war nur die Farbe alt. Erstaunlich frisch in der Nase und am Gaumen mit dezenter Süße und guter Säure, sehr ausgewogen und harmonisch mit tollem Trinkfluss, so machen gereifte Auslesen Spaß 93/100. Ein Riese danach die 1971 Wehlener Sonnenuhr Auslese von JJ Prüm, brilliantes Goldgelb, in der Nase Zitrusfrüchte, Honig, am fruchtigen Gaumen taufrisch mit knackiger Säure, noch so jung, so aromatisch, knallte förmlich am Gaumen, ein Wein mit Potential für mindestens 30 weitere Jahre 96/100.
Weter ging es mit drei perfekt gelagerten Roten, bei denen wir enormes Flaschenglück hatten. Seidig, elegant, ätherisch mit der klassischen Cigarbox-Aromatik ein wunderbarer 1971 La Mission Haut Brion, der keinerlei Alter zeigte und noch lange Jahre Trinkvergnügen auf hohem Niveau bieten dürfte 95/100. Noch einen Tick drüber meine bisher beste Flasche 1971 Latour, ein geiler, dichter, großer Sauf-Latour 96/100. Den mal in kleinem Kreis aus der Doppelmagnum, das wär s. Dicht jung, kräftig, rustikal, animalisch ein 1971 Hermitage La Chapelle, der in dieser Form wohl noch locker bis zu Klaus 60. durchhalten könnte, viel Lakritz, Blut, rostiges Eisengeländer, Pferdestall und alter Ledersattel, ein wildes, eigenständiges Teil, sehr lang am Gaumen 94/100.
Zurück in den edelsüßen Bereich. Die 1971 Nackenheimer Rothenberg Riesling und Silvaner BA vom Gunderloch-Lange schen Gut roch nach alten, überlagerten Karamellen, wenig Säure am Gaumen, Süße-/Bitterspiel, gut trinkbar, aber nicht spannend 84/100. Eine Farbe wie ein junger Spätburgunder hatte die 1971 Dom Scharzhofberger BA von der Hohen Domkirche, viel Süße, unglaubliche Säure, mineralisch, noch so jung wirkend, einfach ein faszinierender Wein, aber nichts für Leute, die schon bei einem QbA Renni einwerfen, entwickelte sich enorm im Glas mit schonem Süße-/Säurespiel, Potential für lange Jahre 94+/100. Eine tiefe Farbe wie Coca Cola hatte die 1971 Gimmeldinger Meespinne Eiswein BA von Christmann, dickflüssig, Viskosität wie Motoröl, flüssige Karamelle, sehr süß, aber auch mit immenser, balancierender Säure, am Gaumen sehr cremig mit viel Kaffee, komplexer Faszinations- und Meditationsstoff pur 97/100. Eigentlich hätten wir nach einem solchen Wein keinen Reparaturschluck in Form der 1993 Saarburger Rausch Auslese von Geltz-Zilliken gebraucht. Die war noch so jung mit intensiver Säure und feinem Süße-/Säurespiel, ein Wein der wach macht und belebt 91/100.

Der zweite Sylter Appetithappen erfolgte am zweiten Augustwochenende. Bei und mit Pius Regli, Deutschlands nördlichstem Schweizer, verbrachten wir einen angeregten Abend in seinem Kampener Restaurant Manne Pahl.

---- wir fortgesetzt ----