1872

Gleich zweimal durfte ich 2010 einen Aßmannshäuser aus einem eigentlich recht schlechten Jahrgang trinken. Der hatte eine klare, brilliante Cognacfarbe und erinnert auch in der Nase spontan an einen weichen, alten Cognac mit etwas Süße. Die Nase wurde mit der Zeit offener, süßer, zeigte immer mehr Karamell und Rosinen. Am Gaumen Säure ohne Ende, hinter der sich ein Hauch Süße versteckte, wurde mit der Zeit weicher und schließlich kommt sogar noch etwas Schokolade. Ja, trinkbar war dieser Wein, sogar noch erstaunlich gut. Aber das war nicht entscheidend. Jenseits aller Geschmacksempfindungen war das ein gewaltiges, unbepunktbares Erlebnis, vielleicht Deutschlands ältester, noch existierender Rotwein. Dieser anscheinend „unkaputtbare“ Wein zeigte sich auch 2012 wieder von seiner besten Seite. Tiefes, reifes Braun, intensive Kaffeenase, hohe Säure am Gaumen, wirkte zu Anfang etwas gezehrt, baute aber enorm im Glas aus. Erstaunlich, wie viel Kraft dieser Wein noch hatte. Die immer noch hohe Säure, die diesen Wein in den ersten Jahrzehnten sicher untrinkbar gemacht hatte, hielt ihn am Leben. Das Depot schließlich zeigte sogar noch Frucht. Über Stunden entwickelte sich der Assmannshäuser im Glas weiter, und meine Bewertungen kletterten und kletterten, bis schließlich bei 91/100 nichts mehr im Glas war.