30 Jahrgänge Mouton Rothschild

Sie war das Highlight des diesjährigen Rheingau Gourmet Festivals. Begleitet von einem erlesenen Menü des Hongkonger **Kochs Richard Ekkebus vom Mandarin Oriental Landmark Hotel gab es eine große Mouton Rothschild Vertikale.

Mouton Rothschild ist einfach anders als die anderen Premier Crus aus Bordeaux. Mouton versprüht die Lebenslust seines damaligen Inhabers Baron Philippe de Rothschild. Mouton ist einfach sexy und bereitet auch in kleineren Jahrgängen enormen Trinkspaß. Aus dem Privatkeller von Kronenschlösschen-Inhaber H.B. Ulrich stammten die Flaschen für diese einmalige Probe, ergänzt durch einzelne Flaschen von Raritätenhändler Jan-Erik Paulson, der die Probe auch kommentierte.

Solche Proben sind nicht mehr einfach darzustellen. Nicht nur, weil solche Weine inzwischen auf Auktionen teils astronomische Preise erzielen. So war die Legende 1945 Mouton Rothschild auch nicht mit dabei. Sie hätte den Preis der noch halbwegs freundlich kalkulierten Probe unnötig in die Höhe getrieben. Auch ist Mouton leider ein begehrter Wanderpokal, der auf Auktionen häufig den Besitzer wechselt und dabei nicht nur Ländergrenzen überschreitet, sondern auch von Kontinent zu Kontinent wandert. Solche Flaschen braucht egal zu welchem Preis niemand, ebenso wenig wie die immer zahlreicher werdenden Fälschungen.

Einen perfekten Champagner für Rotweintrinker gab es als Einstieg in diesen schönen Abend. Der 1999 Bollinger Grande Année war kräftig, füllig, fruchtig, leicht barock und sehr weinig – WT94.

Höchst erstaunlich der 1978 Mouton Rothschild, den ich noch nie auch nur annähernd so gut im Glas hatte. Aber der hat sich verdammt gut gemacht, da besteht keine Eile. Kam etwas rustikal ins Glas und wurde dann immer zugänglicher und minziger. Sogar ein Hauch Eukalyptus stellte sich ein – WT92. Da kam 1979 Mouton Rothschild nicht mit, leicht animalisch die Nase, am Gaumen etwas sehnig, metallisch und bereits etwas gezehrt – WT85. So gar nicht zum Bild eines sexy Moutons passte der sehr brave, unspektakuläre 1981 Mouton Rothschild – WT87. 1982 Mouton Rothschild war wie schon öfters aus perfekt gelagerten Flaschen wie dieser Potentialsieger. Der hat noch so eine unglaubliche Kraft, so einen irren Druck am Gaumen, aber zur weiteren Entfaltung hätte ihm ein langes Bad in einer großen Karaffe gefehlt – WT96+. Ist das der Nachfolger des 45ers, oder doch der 86er? Vielleicht sind es beide. Immer besser wird derzeit 1983 Mouton Rothschild, ein erotischer Traum-Mouton mit Süße, Charme und gutem Rückrat – WT97.

Einige Umbesetzungen gab es im nächsten Flight. Der 48er Mouton war unauffindbar und wurde durch einen Lafite ersetzt. Der 49er war schlichtweg kaputt mit Farbausfällung. An seine Stelle trat der 52er. Und der 60er hatte einen ganz üblen Kork. Er wurde durch den 72er ersetzt. Immerhin gab es so keine Lücken. Die Zahl der Flaschen/Jahrgänge blieb gleich. Der mit einer Wachskapsel versehene 1900 Mouton Rothschild wirkte sowohl äußerlich mit dem unleserlichen Etikett als auch in der Flasche ziemlich morbide. Trüb die reife Farbe, insgesamt sehr reif mit lakritziger Süße, aber noch erstaunlich gut trinkbar – WT90. Die Flasche selbst stammte aus einem Schloss- bzw. Klosterkeller, aus dem z.B. bei der Munichwinecompany viele alte Flaschen versteigert wurden. Natürlich gehört zum Genuss einer solchen Legende auch immer etwas Demut. Wenn dieser Wein mit junger Farbe und explosiver Aromatik auftreten würde, wäre nur sicher, dass er nicht echt wäre. Diese Flasche hier schien authentisch. Prächtig schlug sich der 1948 Lafite Rothschild als Mouton-Vertreter. Sehr fein und gefällig mit burgundischer Eleganz und guter Mineralität – WT94. Recht kräftig noch die Farbe des 1950 Mouton Rothschild, sehr schöne, süße Frucht, aber auch etwas zu hohe Säure – WT92. Überraschend gut der 1952 Mouton Rothschild, der sich in der gesamten Anmutung, nicht nur in der Fabe, noch sehr jung und vital darstellte. Sehr gute Frucht, enorm druckvolle Armatik, toller Abgang und insgesamt einfach Mouton-sexy – WT95. Sehr krautig dann der 1972 Mouton Rothschild, für mich der erste Grünkohl mit Minze und feiner Süße, immerhin noch erstaunlich vital und gut trinkbar – WT84.

Glück hatten wir mit 1961 Mouton Rothschild, der sich in sehr guter Verfassung präsentierte und dankenswerterweise noch nicht viel von unserer Erde gesehen hatte. Ich habe hiervon leider schon diverse, weitgereiste Flaschen trinken müssen, bei denen der Genuß nur aus einem angestrengten Blick aufs Etikett bestand. Hier jetzt also ein Traum-Mouton mit superber Frucht und intensiver Minze, Sattelleder und einem Hauch Eukalyptus, sehr kraftvoller, absolut stimmiger Auftritt am Gaumen, wiederum sehr minzig, und großartige Länge – WT99. Was könnte der 1964 Mouton Rothschild für ein feiner, eleganter Wein sein. Damals hatte man dank reifer, gesunden Leseguts (auch dieser Mouton hatte keine grünen oder unreifen Noten) auf einen Jahrhundertwein gehofft. Und dann goss es zur Unzeit wie aus Kübeln. So wirkte dieser Mouton einfach nur wässrig und zu dünn. Meine erste Mouton-Schorle – WT83. Heute könnte das nicht mehr passieren. Mit den Konzentratoren, über die heute in Bordeaux jedes große Gut verfügt, würde das überschüssige Wasser einfach entfernt. Konzentratoren können bei sonst reifem Lesegut durchaus einen positiven Effekt haben. Geahnt hatte ich das schon, als ich vor die Probe die Flasche des 1966 Mouton Rothschild sah. Kaum noch Mid Shoulder zeugt für einen kaum 40 Jahre alten Wein nicht gerade von guter Lagerung. Und so floss dann in unsere Gläser auch nur eine ziemlich trübe, deutlich oxidative Brühe. Da verzichte ich auf eine Bewertung. Laktisch die Nase des 1969 Mouton Rothschild, der sich als harmloser Säuerling präsentierte, der immerhin noch gut trinkbar wart – WT82. Von 1970 Mouton Rothschild scheint es zwei Varianten zu geben. Eine wunderschöne, einfach klassischer, großer Mouton (habe ich im Keller) und die andere, metallisch, muffig, ziemlich nichtssagend. Die hatten wir hier im Glas – WT85.

„lovely and charming“ könnte man an den 1985 Mouton Rothschild dranschreiben, der mit Eleganz, feinem Schmelz und betörender Frucht den Gaumen verwöhnte – WT94. Völlig zugenagelt der leider zu kurz dekantierte 1986 Mouton Rothschild. Ein großer Wein mit gewaltiger Substanz, dem eigentlich nur eines fehlte: 10 weitere Jahre Lagerung. Irre dann, was beim 1988 Mouton Rothschild abging. Hatte der Kork oder hatte der keinen? Deutlich die korkige Note zu Anfang, doch dieser Weinriese kämpfte sich zurück. Die Frucht gewann wieder Oberhand und es blieb nur eine ganz leichte, unsaubere Note – WT94+. Potential hat dieser noch so unglaublich junge Mouton für deutlich mehr. Er könnte durchaus irgendwann Mitte des nächsten Jahrzehnts mit 82 und 86 auf Augenhöhe liegen. Wie viele, andere 89er auch scheint der 1989 Mouton Rothschild derzeit durch eine etwas verschlossene Phase zu laufen. Trotz schöner Frucht zeigte er sich etwas sperrig und verschlossen mit kräuterigen Noten – WT92+. Sehr offen dagegen der 1990 Mouton Rothschild mit herrlicher Frucht und wunderbarer Röstarmomatk, so eine Art modernere, intensivere Variante des 85ers – WT95.

Sehr mineralisch, schlank und elegant zeigte sich der 1971 Mouton Rothschild, der perfekt im Glas stand – WT90. Sehr balanciert aber auch ohne Höhepunkte der erstaunlich altersfreie, gut trinkbare 1973 Mouton Rothschild – WT84. Hat der 1975 Mouton Rothschild noch Zukunft, oder trocjknet er aus? Ich setze bei diesem Wein, der immer noch eine gute Frucht zeigt, trotz der deutlichen, etwas harschen Tannine auf Zukunft – WT91+. Sehr schön wieder der 1976 Mouton Rothschild, der eine erstaunliche Fülle und immer noch feine, Mouton-typische Röstaromatik zeigte – WT91. Erstaunlich gut zu trinken war auch der altersfreie, aber ansonsten eher belanglose 1977 Mouton Rothschild – WT85.

Eigentlich nur noch freudlos und im Abstieg kenne ich den 1991 Mouton Rothschild, aber hier gab er mit einer leicht animalischen, süßlichen Nase und durchaus noch guter Frucht noch mal eine vielleicht allerletzte, gelungene Abschiedsvorstellung – WT91. Es wurde langsam Zeit für noch mal zwei richtige Höhepunkte. Der erste davon kam jetzt mit dem ätherischen 1995 Mouton Rothschild. Der hatte nebst guter Frucht Fülle, Kraft, Minze und Eukalyptus und neben immer noch strammen Tanninen auch ein deutliches Säuregerüst – WT95. Drüber lag für mich noch der 1996 Mouton Rothschild mit besserer Struktur. Das ist so eine Art modernerer 86er mit reiferen Tanninen – WT96. 1997 Mouton Rothschild ist beileibe kein schlechter Wein, aber da ist wenig dahinter, er wirkt eher so wie sein eigener Zweitwein und dürfte keine lange Zukunft haben – WT90. Und dann kam als Abschluss noch mal eine moderne Variante des 85er ins Glas, der offene 1999 Mouton Rothschild mit dieser betörenden Frucht und den klassischen Mouton Zutaten von Cassis über Leder bis zum Bleistift mit schöner Röstaromatik. Ein Spaßwein auf hohem Niveau, eben einfach Mouton-sexy – WT94.

Als süßer Abschluss kamen zum Dessert noch zwei Rheingauer Raritäten ins Glas. Ein sehr balancierter Traum mit sehr guter Säure, Frische und feinem Süße-/Säurespiel die 1959 Riesling Beerenauslese von Schloss Vollrads – WT95. Ziemlich dick, sehr reif, süß und rosinig die 1959 Oestrich Räucherberg Riesling Beerenauslese vom Weingut Johannis Ohlig, wirkt im Gegensatz zur luftig-eleganten Vollrads BA eher klebrig am Gaumen – WT87.