Wineterminator liest Parker und ärgert sich

Mit deutschen Weinen hat es Robert Parker noch nie sonderlich gehabt. Das ist irgendwo auch verständlich, denn wer es gehäuft 100 Punkte auf alkoholische Konzentrate aus Chateauneuf regnen läßt, der merkt wahrscheinlich garnicht mehr, wenn ein filigraner Haag Wein seine Kehle runterläuft. Konsequenterweise übergibt Parker immer mehr Regionen an andere Verkoster ab. So stammt der aktuelle Bericht im Wine Advocate über die deutschen 2002er von seinem Mitstreiter Pierre-Antoine Rovani.

Dieser Herr Rovani hat sich anscheinend nicht etwa nach Deutschland begeben, wie das Robert Parker selbst ständig mit Bordeaux handhabt. Sein Überblick über den deutschen Weinmarkt umfaßt gerade das, was die größten amerikanischen Importeure im Programm haben. Da fehlen dann nicht nur namhafte Güter mit sehr gelungenen 2002ern, wie Christmann aus der Pfalz, Heymann-Löwenstein von der Mosel oder Gunderloch aus Rheinhessen. Auch die Weinauswahl bei den besprochenen Gütern mutet sehr seltsam an. Trockene Weine kommen, wenn überhaupt, nur in Fußnoten vor und werden meist unterirdisch bewertet. Von den zahlreichen trockenen Großen Gewächsen scheint der gute Mann noch nichts gehört zu haben. Wer da die Highlights von Buhl, Bassermann oder Rebholz sucht, der sucht vergeblich.

Sehr bedenklich finde ich auch die Bewertungen vieler Weine. Da werden grandiose Weine von Haag, JJ Prüm oder Tyrell mit 89 und 90 Punkten abgespeist. Selbst der knauserige Gault Millau ist hier erheblich großzügiger. Aufgefallen ist mir auch, daß bis auf Robert Weil alle von Rudi Wiest, einem der zwei großen US-Importeure für deutsche Weine, vertretenen Güter eher mäßig bewertet werden. Ganz anders sieht es da bei den Gütern aus, die von Terry Theise vertreten werden. Da muß man nur mal das Terry Theise Weingut Willi Schäfer nehmen. Im Gault Millau liegen die beiden Auslesen vom Graacher Domprobst bei 87 und 88 Punkten, bei Parker/Rovani bei 97 und 98+(!). Ganz anders das Rudi Wiest Weingut Eitelsbacher Karthäuserhofberg. Die vom Gault Millau mit 94 Punkten bewertete Lange Goldkapsel kommt bei Parker/Rovani nur mit 89/100 weg. Ähnlich fallen z.B. Vergleiche zwischen den Terry Theise Weingut Karlsmühle und dem Wiest Weingut Fritz Haag aus. Das kann eigentlich kein Zufall sein und stimmt sehr bedenklich.

Schade, dass das derzeit wieder hochspannende Thema Deutscher Wein hier einem zu mindest auf diesem Gebiet wohl völlig inkompetetentem Schreiberling anvertraut wurde. Was soll ein europäischer Abonnent des "Independent Consumer s Bimonthly Guide to Fine Wine" mit Artikeln, die ausschließlich auf den amerikanischen Markt und den amerikanischen Gaumen bezogen sind? Ärgerlich, sehr ärgerlich. (WT/März2004)