Best Bottle in Schloss Loersfeld

Zu einer vorweihnachtlichen Best Bottle trafen wir uns am Vorabend von Elke Dreschers großer Angelus&Figeac Probe im festlich geschmückten Schloss Loersfeld.

Wieviele Bernds darf man als Weinfreund kennen? Es können eigentlich nicht genug sein. Dieser hier, wie der Bernd aus Düsseldorf ein fröhlicher Genussmensch, lud uns zu einem großen Abendessen ins Schloss Loersfeld (17/20 GaultMillau, 1 Michelin Stern) ein. Für die Weine waren wir in Form einer Best Bottle zuständig. Da war es Ehrensache, dass auch der Wineterminator tief in seinen Keller stieg.

Zum Apero verwöhnte uns die Küche mit reichlich kleinen, sehr schmackhaften Ferkeleien. Eigentlich hätte man sich hieraus schon so eine Art Amuse Bouche Menü zusammenstellen können. Grosse Klasse, ich wollte schon immer mal ins Schloss Loersfeld, jetzt wird man sich hier an mein Gesicht gewöhnen müssen. Als Apero konnten wir zwischen Champagner und drei Weißweinen wählen. Ich entschied mich für einen vorzüglichen, erfrischenden 2010 Malterdinger Bienenberg Muskateller Kabinett von Bernhard Huber mit feiner Frucht, betörender, aber nicht aufdringlicher Muskatellernase, und gut eingebundener Restsüße 89/100. Eine gute Alternative zu den sonst von mir als Apero bevorzugten Kabinetten von der Mosel und mit 9,5% Alkohol erfreulich leicht.

Zur Sache ging es dann am Tisch gleich mit einem ersten, hochkarätigen Rotweinflight, zu dem auch bereits der Wein des Abends gehörte. 1934 Margaux habe ich schon in unzähligen Varianten getrunken. In den besseren davon, zu denen auch diese Flasche gehörte, ist das ein immer noch recht dichter, kräftiger, eher etwas maskuliner Wein, der noch etliche Jahre vor sich hat. Wer die Eleganz, die Finesse und das Feinduftige eines typischen Margaux sucht, muss hier vor allem riechen, denn die wunderbare, süße, feinduftige, leicht karamellige Nase ist Margaux pur 94/100. Dürfte in guten Flaschen wie dieser noch recht langlebig sein. Star nicht nur des Flights sondern auch des Abends war ein grandioser 1934 Certan de May, den ich mit viel Glück vor einigen Jahren aus Frankreich kaufen konnte. Alte Certans, die die wahre Klasse dieses Gutes zeigen, sind extrem schwer zu finden. Unglaublich, wie jung und kraftvoll dieser Wein war, und wie er im Glas ausbaute. Superb schon die druckvolle Nase, die mit der Zeit immer fruchtiger wurde. Zu Anfang waren da Teer, Tabak, dann kamen immer mehr Bitterschokolade und eine pflaumige Frucht. Enorme Power auch am durch eine gut eingebundene Säure gestützten Gaumen, wo sich mit der Zeit eine gewaltige, schokoladige Fülle entwickelte, Nougat, Schmelz, minutenlang der Abgang. Da werde ich nach einer Zwillingsflasche suchen, denn die irre Farbe zeigte, dass hier noch Musik für lange Jahre drin ist 99/100. Ein gewaltiges, einmaliges Weinerlebnis, das sehr eindrücklich nicht nur die Klasse älterer Certans zeigt, sondern auch deutlich illustriert, wie hervorragend große Pomerols altern können. Und sollte ich im Lotto demnächst mal den neuen Euro-Jackpot gewinnen, kaufe ich mir das Chateau und spiele den Prinzen, der dieses Dornröschen wach küßt. Das Terroir von Certan de May gibt sicher deutlich mehr her, als da derzeit in Flaschen gefüllt wird. Leicht über den Zenit dürfte 1934 Haut Bailly gewesen sein, der zu Anfang mit einer wunderbaren Pessac-Nase mit viel Tabak und Cigarbox punktete, am Gaumen etwas fragil mit feiner Kaffeenote, gehört sicher getrunken 90/100. Eigentlich schade für diesen feinen, reifen Wein, dass er in einem solchen Flight stand. Macht Solo sicher mehr Spaß.

Im nächsten Flight gleich noch eine Riesenüberraschung und eine herbe Enttäuschung. Fangen wir mit der Enttäuschung an. 1934 Latour war nie ein großer Wein, kein Vergleich mit den Boliden, die dort heute erzeugt werden. Dazu baut dieser eher kleine Latour inzwischen ab, woran auch der gute Flaschenzustand nichts ändern konnte. Eine gewisse Faszination verströmte zu Anfang noch die edelreife Nase, mineralisch mit Liebstöckel, doch am Gaumen wurde schon heftig geschwächelt und mit der Zeit entwickelte sich dieser Latour zu einem recht harmlosen Säuerling 85/100. Große Überraschung hingegen 1934 Troplong Mondot, das damals noch der Thienpoint-Sippe (Vieux Certan, Le Pin) gehörte. Die wussten schon immer, was gut war. Wahnsinnsfarbe, Wahnsinnsnase, portig, füllig, üppig, kraftvoll, dazu Finesse ohne Ende, fast ein Zwilling des Certan de May 97/100. Eigentlich aber hätte der Wein des Flights und vielleicht des ganzen Abends 1955 Cheval Blanc sein müssen. Auf diesem Gut wurden nicht nur 1947, sondern auch 1948, 1949, 1950, 1952, 1953 und eben 1955 Legenden erzeugt, Weine, die in perfekten Flaschen die berühmten 100/100 ins Glas bringen. Auch aus dieser Flasche hier mit allerdings nicht so gutem Füllstand hatte der Cheval eine Mörderfarbe. Nur trübten leider auf immer noch sehr hohem Niveau deutliche, oxidative Noten das Vergnügen 95/100. Zu einem großen wein aus großem Jahr gehört eben auch eine große Flasche.

Das mit der großen Flasche bekamen wir dann leider noch mal eindrucksvoll bei 1949 Nenin vorgeführt. Eigentlich ist das ein Riese und Geheimtipp. Nur aus unserer Flasche war daneben. Leicht vegetabile Nase, Spargel, nasses Schaffell, auch am Gaumen etwas dürftig und unsauber, Säure statt Schoko, wird immer gemüsiger. Mit 87/100 liegt diese Flasche gut 10 Punkten unter ihren Möglichkeiten. Nenin wurde damals weitgehend fassweise verkauft, wobei große Teile der ernte in Belgien landeten. Und bei dieser Charge hier wurden wohl gravierende, handwerkliche Fehler gemacht. Das problematische daran ist, dass man den Flaschen nicht ansieht, ob das ein 97/100 Knaller ist, oder ein 87/100 Rohrkrepierer. Großes Kino hingegen bei 1949 Gruaud Larose. Fantastische, füllige Nase, immer noch mit guter Frucht und mit Edelhölzern, am Gaumen sehr ausgewogen, rund und harmonisch, baute enorm im Glas aus und hat in dieser Form noch Reserven für etliche Jahre 95/100. Riesengroß kann auch 1949 Pavie sein, doch bei dieser französischen Händlerabfüllung von Philippe Raymond klemmte nicht nur die leicht seifige Nase. Auch am Gaumen konnte der Pavie, den wir leider nicht lang genug dekantiert hatten, mit seiner deutlichen Säure und den astringierenden Tanninen überhaupt nicht überzeugen. Man spürt das gewaltige Potential, aber es erschließt sich nicht 90/100. Damit blieb auch dieser Wein 10 Punkte unter dem, was ich schon mal im Glas hatte. Das lag hoffentlich nur an der Flasche und nicht an der Abfüllung, die nebst zwei anderen noch in meinem Keller schlummert.

Sehr schwierig der nächste Flight. 1990 Montrose hatte nicht nur eine superdichte Farbe. Stallig und animalisch die Nase, am Gaumen Kraft und Tannine ohne Ende, ein konzentriertes Monster, das jede Fruchtphase hinter sich gelassen hat und bis zur Trinkreife und den dann durchaus zu erwartenden 100/100 wohl noch 10 Jahre brauchen wird. Der einfache 1991 Tondonia von Lopez de Heredia wirkte immer noch sehr jung mit deutlicher Astringenz. Durch die diffuse, süßliche Frucht wirkte er künstlich und wie ein Wein von Haribo, nicht mein Fall 85/100.

Zum Niederknien schön im nächsten Flight der 1971 La Mission Haut Brion, ätherisch, tabakig, teerig, kräuterig, voll auf dem Punkt und reif, aber ohne Schwächen, einfach ein betörender, süßer, eleganter, sehr balancierter Wein 94/100. Von den beiden halben Flaschen 1989 Haut Brion hatte leider eine Kork. Aber auch die andere war kein ungetrübtes Vergnügen. Die nächste Vorstellung findet in frühestens 5 Jahren statt, hieß es da. Der Haut Brion hat nunmehr entgültig seine recht lange Fruchtphase verlassen und sich deutlich verschlossen. Zwar spürt man das deutlich Potential und der Wein verströmt immer noch eine Menge Faszination, man kann quasi das Fell des tief winterschlafenden Bären kraulen. Aber bis zur Trinkreife ist jetzt auch hier längeres Warten angesagt. Deutlich offener zeigte sich da der 1996 Haut Brion, ein noch sehr junger, puristisch schöner Haut Brion mit enormer Kraft, wunderschöner Frucht und viel Druck am Gaumen, ein sehniger, muskulöser Wein mit mehr Kraft als Finesse 96/100.

War das der Abend der 34er? Auch der 1934 Angelus aus einer Händlerabfüllung mit dänischer Banderole zeigte sich von seiner besten Seite. Sehr dichte Farbe, reifer, schokoladig und mit schöner Fülle die Nase, am Gaumen Kraft, gut eingebundene Säure und eorme Länge, entwickelt sich und wird dabei immer süßer 95/100. Wirkte in der gesamten Anmutung deutlich jünger und kräftiger als der 1959 Cap de Mourlin im anderen Glas, den ich schon deutlich komplexer erlebt habe. Der hier war reif, weich, gefällig, aber nicht aufregend 89/100. Und der Angelus war ein gutes Omen für Elke Dreschers große Angelus & Figeac Probe am nächsten Tag, wo auch die Zwillingsflasche aus gleicher Abfüllung vorgesehen war.

Abschluss dieser Best Bottle war ein 1952 Pommard von Boillot. Der hatte eine reife, helle Farbe, eine betörende Nase, immer noch mit schöner Frucht, und war am Gaumen seidig, elegant, weich mit Kaffee und generöser Süße 92/100.