Quinta Sardonia

Peter Sissek ist nun mal einfach ein begnadeter Weinmacher. Wenn der sich in einem neuen Projekt engagiert, dann macht das einfach neugierig. Vor wenigen Tagen erhielt ich einen Karton mit meinen ersten Flaschen 2003 Quinta Sardonia. Es ist der zweite Wein einer neuen Bodega, die knapp außerhalb der Grenzen von Ribera del Duero liegt. Während ein Großteil der neuen, spanischen Highflyer alte, zum Teil sogar uralte Tempranillo-Reben benutzt, ist Quinta Sardonia ein komplett neues Projekt. Auf 20 Hektar Grund wurden hier seit 1999 Tinto Fino(Tempranillo), Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Petit Verdot, Malbeck und Cabernet Franc angepflanzt. Eine gigantische Spielwiese also für engagierte, experimentierfreudige Weinmacher, übrigens komplett nach biodynamischen Prinzipien bewirtschaftet. Gerade mal 6000 Flaschen wurden vom allerersten Wein, dem 2002er, erzeugt, 2003 waren es 9000 Flaschen. In Spanien wurde Quinta Sardonia bereits reichlich mit Lobeshymnen und hohen Bewertungen überschüttet, und der Wein ist dort bereits sehr gesucht. Dazu trägt sicher auch der Name von Pingus-Macher Peter Sissek bei, der offiziell nur als Berater des Gutes auftritt, dessen Handschrift der Wein aber deutlich zeigt.
Ein neuer Topwein also, aus mal gerade fünf Jahre alten Reben, das soll möglich sein, wo doch bei den Top-Weingütern des Bordelais die Trauben der jungen Reben meist nur im Zweit- oder Drittwein landen? In einem anderen Gebiet, nämlich in Kalifornien, ist das seit einiger Zeit an der Tagesordnung. Da dort ein großer Teil der Weinberge wegen der Reblaus neu bepflanzt werden musste, stand für viele der hochbewerteten Edelkalifornier ebenfalls nur junges Traubenmaterial zur Verfügung. Und das die gut munden, steht wohl außer Frage. Bleibt nur die Frage der Alterung, wo Weine aus älteren Rebstöcken wohl im Vorteil sind.

Mit sattem, dichtem Kirschrot fließt der 2003 Quinta Sardonia ins Glas. Faszinierende, süße, üppige Nase. Ein Pfauenrad an Aromen schlägt einem da entgegen. Der Wein springt einen förmlich an. Überbordende Frucht, massig schwarze Johannisbeere, aber auch Lakritz, mineralische Töne, dazu Röstaromen ohne Ende, Kaffee, Kakao, Karamell, Vanille. Wo hört hier der Wein auf, wo fängt das neue Holz an? Saftige, reife, süße Tannine. Am Gaumen Kraft ohne Ende, aber alles wunderbar verpackt mit fast seidiger Struktur, Anklänge an Marzipan in Bitterschokolade, erinnert mich an junge Graham Vintage Ports aus großen Jahren. Doch bei aller Opulenz und dekadenter Fülle wirkt der Quinta Sardonia nicht marmeladig oder eindimensional wie so viele Überseeweine und macht auch nicht satt. Da ist jede Menge Spannung und Struktur. Jawohl, ich gebe zu, ich habe im Verlaufe eines Abends eine ganze Flasche alleine platt gemacht. Und dabei wurde mir die Nagelprobe für einen großen Wein nie langweilig. Das ist hammerharter Stoff bester Sissek scher Machart. Klar ist der noch sehr jung mit reichlich Babyspeck, aber trotzdem so zugänglich, einfach geil zu trinken 95/100. Ich bin eigentlich bekennender Altweintrinker. Aber wenn man einen solch faszinierenden Wein in diesem frühen Stadium genau zum richtigen Zeitpunkt erwischt, das hat schon was. Noch besser als jetzt in dieser unwiderstehlichen Fruchtphase wird der Quinta Sardonia sicher nicht, aber natürlich völlig anders. Es wird spannend sein, die weitere Entwicklung dieses Weines zu verfolgen. Nur werden das wohl andere tun müssen. Ich habe nur eine Handvoll Flaschen und wenn ich die nicht irgendwo sicher wegschließe, ist da bald nichts mehr von da.

Bekommen habe ich den Quinta Sardonia übrigens von Cielo-del-Vino aus München, einem Spezialisten für gute spanische Weine, nicht nur in den oberen Preisregionen. Kann ich unbedingt ebenso bedenkenlos empfehlen wie den Wein selbst.