Smith Haut Lafitte

In einer kleinen Vertikale präsentierte Mövenpick die roten und weißen Weine von Smith Haut Lafitte und des Schwestergutes Cantelys.

Eigentlich wollte Otmane Khairat, der umtriebige Leiter der Düsseldorfer Mövenpick Niederlassung, die Weine von Smith Haut Lafite am Vorabend der Prowein durch die Inhaberfamilie Cathiard höchstpersönlich präsentieren lassen. Doch Robert Parker machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Der hatte sich zur Verkostung der 2008er Weine in Bordeaux angesagt, und das ging für die Cathiards wie für alle anderen Chateaubesitzer in Bordeaux vor. Von denen traute sich praktisch keiner nach Düsseldorf zur Prowein. Immerhin kam mit Vertriebsleiter David Ornon ein würdiger Vertreter, der die Weine launig und kenntnisreich kommentierte. Ort der Probe war Düsseldorfs neue, angesagte Wein-Location, das D Vine. Eine vortreffliche Wahl. Trotz gewaltiger Teilnehmerzahl stimmten hier Glaskultur, der sehr kompetente Service und vor allem auch die exzellente Küche, die uns mit einem mehrgängigen Menü verwöhnte.

Begrüßt wurden wir mit einem Glas 2007 Chateau Cantelys Blanc. Ein etwas parfümiert wirkender, frisch-fruchtiger, würziger Wein mit viel Stachelbeere, Holunder und weißem Pfirsich. Viel Barrique und wenig Körper, auch im Abgang eher etwas dünn 85/100. Die Chathiards haben dieses Cru Bourgeois, das südlich von Martillac in Pessac liegt, 1994 erworben. Auf 25 Hektar produzieren sie dort zu 1/3 Weiß- und 2/3 Rotwein.

Deutliche Probleme hatten wir an unserem Tisch mit den beiden weißen Smith Haut Lafites im ersten Flight. Beide wirkten sehr holzlastig und müssen das doch sehr dominante Holz erst mal verdauen. Die sehr zurückhaltende Bewertung spiegelt das wieder, was wir an diesem Abend an Weingenuss im Glas hatten. Da dürfte in den nächsten Jahren mit zunehmender Reife noch mehr kommen. Eine ziemlich verhaltene Nase hatte der noch sehr junge, dichte, kompakte 2007 Smith Haut Lafitte Blanc. Auch am Gaumen zeigte dieser frische, stark vom Holz dominierte Wein nicht viel und wirkte etwas nichtssagend. Wirkte im jetzigen Stadium eher leichtgewichtig mit salziger Mineralität und wenig Körper 87+/100. Auch 2006 Smith Haut Lafitte Blanc zeigte viel Holz, gegen das die Frucht nur schwer ankam. Etwas cremiger und gefälliger als 2007 mit Trockenfrüchten und Mineralität 88+/100. Von beiden Weinen hatte ich mir deutlich mehr versprochen. Die hohen Parker-Bewertungen konnte ich auch nicht ansatzweise nachvollziehen. Die Zeit mag es richten. Wer diese Weine heute genießen möchte, sollte sie unbedingt 1-2Stunden vorher dekantieren. Ohnehin polarisieren die Weißen des Gutes stark. Ich habe Weinfreunde, die lieben die kernige, zupackende, rustikale Art dieser Weine. Andere wenden sich eher mit Grausen ab, weil sie deutlich lieber mehr Finesse und Eleganz statt der Holzoper hätten.

Und damit waren wir schon bei den Roten Weinen und leider wieder bei Cantelys, mit dem gut die Hälfte der Veranstaltung bestritten wurde. Sehr schade, denn davon war bei der Ausschreibung nicht die Rede gewesen. 2006 Cantelys zeigte viel jugendliche Röstaromatik, eine offene, fruchtige Nase, war etwas hohl am Gaumen mit kurzem Abgang 85/100. Noch eine Weile weggelegt gehört der gelungene 2005 Cantelys. Gekochte Früchte, viel Tannin und prägnante Säure, hat aber viel innere Dichte und eine wunderbare Harmonie 89/100. Sicher noch ein schlauer Kauf. Eher grenzwertig zumindest in dieser Probe 2003 Cantelys. Die erste Flasche mit muffiger, leicht korkig wirkender Nase, alte Socken statt Frucht. Die zweite Flasche total korkig. Die Dritte dann ok mit gekochter, leicht überreifer Frucht, am Gaumen breit und mit wenig Struktur 84/100. Erstaunlich schön und balanciert 2001 Cantelys, ein zwar kleiner, aber feiner und jetzt sehr gut zu trinkender Wein 87/100.

Blieben noch vier rote Smith Haut Lafittes, die in Zweierflights serviert wurden. 2006 Smith Haut Lafitte zeigte sich erstaunlich offen und zugänglich, gute, dunkle Frucht, viel jugendliche Röstaromatik, ein dicker Schuss Kaffee. Nicht sehr konzentriert, aber gefällig und gut zu trinken 90/100. Gefiel mir am nächsten Tag auf der 2006er Verkostung der Union des Grands Crus noch einen Tick besser. Leider bestätigte 2003 Smith Haut Lafitte wieder meine Vorurteile gegenüber diesem angeblichen Jahrhundertjahrgang. Wirkte karamellig-süß, marmeladig, vegetal, diffus und etwas schlabberig, alte, abgestandene Gemüsesuppe, am Gaumen breit und alkoholisch, entwickelte sich mit der Zeit etwas im Glas und wurde besser, aber groß ist anders 88/100. Da gefiel mir 2001 Smith Haut Lafitte deutlich besser. Der wirkte zwar mit seinem strammen Tanningerüst erst etwas monolithisch, entwickelte sich aber schnell im Glas und war sehr schön zu trinken. Ein gut gelungener Wein mit Zukunft 91+/100. Jede Menge Zukunft ist auch angesagt bei 2000 Smith Haut Lafitte, einem sehr dichten, konzentrierten Wein, der derzeit nur wenig raus lässt, aber gewaltiges Potential besitzt 90++/100. Vor sechs Jahren bei der Mövenpick-Arrivage habe ich diesen Wein mit 95/100 bewertet, die da in einigen Jahren auch wieder ins Glas kommen dürften.

Das war es denn leider auch schon, wobei gerechterweise angefügt werden muss, dass von den wenigen Weinen zumindest stets genügend ins Glas kam und jeweils mindestens einmal nachgeschenkt wurde. Von den nicht vertretenen Smith Haut Lafitte-Jahrgängen kann ich nicht nur den gewaltigen 2005er empfehlen, der mit 2000 in einer Liga spielt, sondern auch die gut gelungenen 2002 und 2004. Voll trinkreif sind derzeit mit jeweils etwa 89-90/100 die Jahrgänge 95, 96, 98 und 99. Bei Jahrgängen vor dieser Zeit wäre ich vorsichtig.

In kleinem Kreis probierten wir anschließend aus privaten Beständen noch ein paar ältere Weine des Gutes. Ein grandioses Jahr war 1937 in Burgund. Bei Bordeaux sah es da längst nicht so gut aus. Das merkte man auch dem 1937 Smith Haut Lafitte trotz sehr gutem Flaschenzustand an. Überzeugen konnte vor allem die Nase, die nur ganz zu Anfang etwas stichig und oxidativ war. Das gab sich jedoch rasch, und sie wurde süßer und malziger. Am Gaumen störte die hohe Säure 85/100. Etwas gemischte Freude auch beim ansonsten deutlich besseren 1928 Smith Haut Lafitte. Recht helle Farbe und etwas pilzig die Nase mit Penicillin und auch Paraffin-Tönen. Am Gaumen einfach ein Gedicht, sehr elegant, feine Süße und schöne Länge 92/100. Und dann war da noch der außerweltliche 1920 Smith Haut Lafitte. Hatte nicht nur die dichteste Farbe der drei. Das war auch ein schier unsterblicher Wein ohne Gebrechen, der als ganz großer La Mission aus den 50ern durchgehen könnte und die dazugehörige, faszinierende Cigarbox-Aromatik besaß. Da stimmte von der komplexen Nase bis zur unendlichen Länge am Gaumen einfach alles 100/100. Sicher der mit Abstand größte, jemals auf dem Gut erzeugte Wein und ein gutes Zeichen für das, was auf diesem Terroir möglich wäre.