November 2010

Silberhochzeit

Liebe Freunde aus Sylt gaben uns die Ehre. Sie wollten mit uns ihre Silberhochzeit feiern, kamen dafür nach Düsseldorf und luden uns zu einem großartigen Menü ins Berens am Kai ein. Ich revanchierte mich mit einer Auswahl an seit langer Zeit perfekt gelagerten 85ern aus meinem Keller.
Wunderbar gleich zu Anfang ein 1985 Laville Haut Brion aus der Magnum, der mich an die besten Fieuzals erinnerte. Noch so frisch, so fein und elegant, Limette, Bienenwachs, Mandeln, so harmonisch und einfach wunderschön zu trinken 93/100. Sehr positiv überrascht hat mich auch meine vorletzte Magnum 1985 Clerc Milon. Ein reifer und doch immer noch so jung wirkender Pauillac mit wunderbarer Frucht. Hatte ich schon 8 Jahre nicht mehr im Glas. Inzwischen ist er nicht nur reifer, sondern auch komplexer und auch etwas süßer geworden 91/100. Ende der 80er hatte ich für kleines Geld einen großen Schwung dieser Magnums gekauft, die stets einen famosen Tischwein auf 89-90/100 Niveau abgaben. Doch diese zusätzlichen Jahre im Keller haben diesem Wein alles andere als geschadet. Die perfekte Lagerung von Weinen lohnt also. Das galt auch für den 1985 Newton Cabernet Sauvignon aus der Magnum, der noch so jugendlich, so vibrierend war mit dekadent leckerer Frucht und viel Minze. Die hohe Säure, die diesen Wein wahrscheinlich in der Jugend etwas unnahbar machte, hatte ihn perfekt konserviert und zeigte sich jetzt etwas ziviler 94/100. Noch einen Tick drüber der großartige 1985 Gruaud Larose aus der Magnum, einfach die Essenz von Cabernet 95/100. Gruaud hatte damals eine Traumphase. Da waren nicht nur 82 und 86 groß. 83 und 85 stehen nur wenig dahinter, und selbst 79 und 81 sind, zumindest aus Großflaschen, immer noch jede Suche wert. Ein sehr feiner, eleganter, süßer Schmeichler, so eine Art Grand Puy Lacoste aus St. Emilion, war danach meine ebenfalls letzte Magnum 1985 l Arrosée 92/100. Stundenlang riechen hätte ich an 1985 Cheval Blanc können. Dieses Cheval-Parfüm ist einfach einmalig, dazu dann am Gaumen dieser feine, seidige Schmelz, diese burgundische Süße und Fülle, kein Hammer-Cheval wie 90, aber ein sehr feiner und für mich ganz großer 95/100. Und last not least kam dann noch der Wein des Abends, 1985 Penfolds Grange. Den habe ich früher häufiger mit Holger Berens in seinem damaligen Anne Bell getrunken. Damals war das ein faszinierendes, aber doch ziemlich brutales Fruchtkonzentrat. Jetzt zeigte sich dieser Grange aus einer 20 Jahre nicht bewegten Flasche deutlich harmonischer mit berauschender, süßer Frucht und fantastischer Länge am Gaumen 96/100.

Quer durch den Garten

Eine der vielen Proben im Düsseldorfer Weinbistro Wine Live gab die Gelegenheit, einfach mal quer durch den Garten ein paar Weine durchzuprobieren. Den Anfang machten deutsche Rieslinge. Nichts für Ahnungslose ist die 2009 Hermannshöhle GG von Dönnhoff, denn hier ist Ahnen angesagt. Ein noch unfertiger Wein, Hefe, Schwefel, ein kompletter, reingeriebener Felsen, massive Säure, wird viel Geduld in 5 Jahren mal mit 95+/100 belohnen. Stirnrunzeln an unserem Tisch bei der 2007 Halenberg Spätlese trocken von Emrich-Schönleber. Da sind wohl alle guten Teile in das Große Gewächs gewandert. Der Rest hätte besser in den QbA gepasst 88/100. Etwas voller, reifer, fruchtiger und süßer war das 2007 Frühlingsplätzchen GG von Emrich-Schönleber, riss uns aber auch nicht vom Hocker. Deutlich besser gefiel uns der 2007 Volz von Van Volxem, Schiefer ohne Ende, Kraft und Fülle, noch ganz am Anfang einer langen Trinkphase 92+/100. Toller Stoff dann der 2006 Chassagne Montrachet 1er Cru Morgeot von Ramonet, nussig, mineralisch, feiner Schmelz, Kraft und Länge, ein Klasse-Burgunder, der noch weiter zulegen kann 96+/100. Aus eigenen Beständen wagten wir uns zwischendurch an eine perfekte Flasche 1942 Hermitage von Malet-Faure heran. Dichte Farbe, in der Nase immer noch schöne Frucht, etwas Lakritz und animalische Noten, wirkte kernig, erstaunlich frisch, sehr fruchtig mit guter stützender Säure und insgesamt sehr stimmig und lang am Gaumen. Eigentlich kein Altweinerlebnis, denn dieser Senior war noch extrem vital 93/100.
Wie ein frisch geöffnetes Erdbeeryoghurt roch der laktisch wirkende 2008 Clos des Papes, jugendliche Frucht, nicht so dicht wie die Hammerjahre davor, aber gute Säure, hat sicher Zukunft 91/100. Sehr würzig, füllig, zugänglich wirkend der 2007 Chateauneuf-du-Pape Cuvée Reservée von Pegau, eine fleischige Kräuterorgie, die sicher in ein paar Jahren noch mehr zeigt 93+/100. Wie bei allen Pegaus fällt es aber auch im jetzigen, frühen Stadium schwer davon zu bleiben. Dazu ist dieses Zeugs einfach auch jung schon zu dekadent lecker. Lange muss man oft auf die Weine von Chave warten. Nicht so beim 2005 Hermitage, der sich in einer erstaunlichen Frühform zeigte, allerdings mit spürbaren Tanninen und einer sehr präzisen, geradlinigen Struktur. Ein sehr komplexer, großer Wein, der perfekt über Jahrzehnte altern wird 95+/100. Und dann landete noch unerwartet ein Glas 1982 Margaux vor mir. Den gab es hier tatsächlich im Offenausschank, zwar nicht zum Altbierpreis, aber immerhin. Ich wusste nicht, was es war und hielt ihn blind für 1986 Leoville las Cases, was ja für diesen immer noch jugendlichen, immens dichten Powerstoff keine Beleidigung war 98/100.
Natürlich führten wir uns auch noch ein paar edelsüße Weine zu Gemüte. Schiefer pur die extrem mineralische 2006 Graacher Himmelreich Auslese von JJ Prüm, im jetzigen Stadium mit viel Babyspeck sehr süß und etwas diffus, aber das wird sich mit den Jahren legen 90+/100. Eigentlich hätte die güldene 1983 Wehlener Sonnenuhr Auslese Lange Goldkapsel von JJ Prüm das Highlight des Abends sein müssen, doch roch dieser Wein seltsamerweise nicht nur nach Bienen- sondern auch nach Bohnerwachs, schade.
Mein Taxi stand vor der Tür, meine Mädels wollten nicht warten, aber ich hatte plötzlich ein Glas mit einem ordentlichen Schluck 1983 d Yquem in der Hand. Was tun? Ganz einfach. Schnell noch überall Tschüss sagen, dann dieses traumhafte Elixier in den Mund nehmen und weg. Im Taxi habe ich dann zwangsweise die Klappe gehalten und mich wie eine wiederkäuende Kuh länger intensiv mit dem Yquem befasst, der dabei tröpfchenweise meine Kehle runterlief. Deutlich zugänglicher als vor zwei Jahren in Basel auf der Cheval Blanc Probe war der, eine herrliche Komposition aus braunem Rohrzucker, bitterer Orangenmarmelade und Honig mit guter Säure, süß aber nicht klebrig, fr einen Yquem immer noch jung 95/100. Wird sicher über die Jahrzehnte(!) noch zulegen.