Montelena mit Bo Barrett

Wer kennt ihn nicht, den Film „Bottle Shock“ der in sehr amüsanter Form die Geschichte des legendären Paris Tastings nacherzählt (und wer den Film nicht kennt, sollte ihn sich unbedingt besorgen). Chateau Montelena und der damalige Juniorchef Bo Barrett spielen in diesem Film die Hauptrolle.

Auf dieser Probe 1976 in Paris, die damals von der Weinlegende Steven Spurrier ausgerichtet wurde, hatten die kalifornischen Weine sensationell und von der europäischen Fachwelt völlig unerwartet, den französischen Produzenten weiß wie rot die Rücklichter gezeigt. Chateau Montelena setzte sich damals mit dem 1973 Chardonnay bei den Weißweinen eindeutig an die Spitze. Heute ist dieser Wein im Smithonian Museum of American History. Eine der letzten, verbliebenen Flaschen wurde vor ein paar Jahren für über $ 11.000 versteigert. Ich selbst war in der glücklichen Lage, diesen noch sehr gut trinkbaren Wein 2010 auf dem Unger Weihnachtstasting verkosten zu dürfen.

Alpina hatte jetzt zu einer Verkostung aktueller Montelena-Jahrgänge nach Sylt ins Hotel Stadt Hamburg geladen. Klar habe ich mir das nicht entgehen lassen. Denn Montelena wurde präsentiert vom „echten“ Bo Barrett, einem charismatischen Charakterkopf. Und der kommentierte seine Weine sehr kenntnisreich.

Gleich der erste Wein als Apero eine faustdicke Überraschung. Riesling aus den USA? Aus einer kühlen Lage im Potter Valley, nordwestlich vom Napa Valley in Ozeannähe kommt dieses rare Teil, das es derzeit nur direkt auf dem Weingut zu kaufen gibt. Schöne Frucht hatte dieser 2015 Potter Valley Riesling reifer Pfirsich, Zitrusfrüchte, gute Mineralität, rassige Säure und großartige Struktur – WT93. Würde gut als Pirat in eine GG Probe passen.

Dann ging es los mit den ersten beiden Chardonnays, die in der Stilrichtung viel mit Burgund und wenig mit fetten Kaliforniern zu tun haben. Neues Holz sehen sie nur zu 10%. Schlank der 2014 Chateau Montelena Chardonnay, sehr frisch, leicht stahlige Frucht, Kiwi, Limette, florale Noten, wenig Körper, gute Säure, bleibt gut am Gaumen haften. Kann, muss und wird gut altern – WT90+. Etwas mehr Reife und Fülle zeigte der 2011 Chateau Montelena Chardonnay, der aber auch etwas auf der schlanken, sehr eleganten Seite bleibt, Pfirsich und Apfel in der Nase, gute Säure und etwas kalkige Mineralität am Gaumen, gute Länge – WT91+.

Deutlich älter ging es dann mit den Cabernets los. Die stammten übrigens ausnahmslos aus den Kellern von Alpina, perfekt gelagert und alle noch taufrisch. Alpina kauft die Weine jung und lagert sie, um stets auch ältere Jahrgänge aus perfekter Lagerung anbieten zu können. Mit diesem Fundus aus gut 1.000.000 Flaschen dürften die wenigsten Weinhändler auf dieser Erde mithalten können. Da staunte auch Bo Barrett, denn wie die meisten, amerikanischen Güter auch hat Chateau Montelena kaum Altbestände und verkauft derzeit den 2003 Montelena als ältesten Librarywine.

Chatea Montelena ist ein Single Vineyard Cabernet aus einem 1974 erstmals bepflanzten Weinberg. Sehr stimmige Weine, die perfekt kalifornische Frucht mit der Struktur eines großen Bordeaux verbinden. Nie laut oder überladen, nicht mal im sonst so üppigen Jahrgang 1997.

Traumhaft balanciert und immer noch so frisch der 1991 Chateau Montelena mit dichter, altersfreier Farbe, mit reifer, saftiger, aber auch präziser Frucht, dezente Fruchtsüße, viel Minze, gute Mineralität, immer noch präsente, aber reife Tannine – WT96. Hat sicher noch 10+ Jahre Zukunft. Die Bewertung, so in der Probe für den ersten Wein (der es immer am schersten hat) notiert, ist wohl etwas geizig. Ich habe diesen grandiosen Montelena, den ich – Alpina sei Dank – noch mal nachgekauft habe, mehrfach mit WT97 bewertet.

Ein sehr feiner, eleganter Wein war der 1995 Chateau Montelena, fast etwas schüchtern, zumindest für Kalifornien. Würde sich gut als Pirat in einer 95er Bordeaux-Probe machen – WT93.

In eine 97er Bordeauxprobe passt dieser 1997 Chateau Montelena aus der Magnum sicher nicht, denn die würde er wohl sicher sprengen. Das war Bella California at it´s best, füllig, üppig, sexy, hedonistisch. Traumhafte, aber nicht überladene Frucht und gewaltige Länge – WT97. Solch eine Magnum wäre der ideale Begleiter für den Film Bottle Shock.

Der 2002 Chateau Montelena ähnelt dem 97er und zeigt ähnliche Fülle, dabei aber viel mehr Finesse. Noch so unglaublich jung mit gewaltigem Potential – WT96+.

„Fruit driven“ kommentierte Bo Barrett den 2005 Chateau Montelena, und das trifft es genau. Ein großer, sehr stimmiger Cocktail von roten Beeren, bei aller Nachhaltigkeit sehr elegant und dank seidenweicher Tannine voll trinkbar – WT95.

Etwas ratlos machte der sehr verschlossen wirkende 2010 Chateau Montelena, der wenig Frucht zeigte. Scheint in einer etwas dumpfen Phase zu lieben, sollte aber später sicher deutlich über WT90 liegen.

Montelena scheint sich in den letzten Jahren wieder verstärkt auf alte Tugenden und das Vorbild des Old Style Californian Wine zu besinnen. So war dieser 2012 Chateau Montelena mit seiner wunderbaren Beerenfrucht alles andere als ein Blockbuster, eher der große Finessenmeister, könnte mit den Jahren durchaus noch zulegen – WT93+

Auch der noch verdammt junge 2013 Chateau Montelena, dem 5+ Jahre im Keller gut tun würden, bewegt sich eher auf der eleganten Seite mit wunderbarer Frucht, guter, stimmiger Struktur und deutlichen Tanninen. Hat reichlich Luft nach oben – WT93+.

Fazit: Montelena lohnt, vor allem dann, wenn man es nicht auf die dicken 100 Punkte Hämmer mit ihrer sattmachenden Dichte abgesehen hat, sondern kalifornische Frucht mit der Struktur eines großen Bordeaux schätzt. Dabei sind es oft auch die Weine aus kleineren Jahrgängen, in denen Montelena durchaus brilliert und die Weine aus den 80er Jahren. Mehr dazu in den Jahrgangsübersichten oder hier bei einer Montelena-Vertikale mit 30 Jahrgängen aus 2012.

Als Abschluss gab es dann noch einen 2009 Late Harvest Sauvignon Blanc, der eher halbtrocken wirkte und die Frucht auch als Trockenfrucht lieferte – WT87. Den braucht wirklich niemand.

Am Abend gab es dann – ich hatte Bo Barrett zum Abendessen mit Weinprobe bei Jörg Müller eingeladen – noch eine faustdicke Montelena Überraschung, diesmal allerdings aus meinem Keller. Der Bericht dazu steht in den WeinMomenten Mai 2017.