DRC 2010 Ankunftsprobe

Ultrarar und schon geradezu obszön teuer sind inzwischen die Weine von DRC. Da war diese Ankunftsprobe der 2010er von DRC in Helsinki wohl das erste, wahrscheinlich aber auch das letzte Mal, dass ich diese Weine ins Glas bekam.

Eine Ankunftsprobe der Weine von Romanée Conti in Helsinki? Man muss die Feste nicht nur feiern wie und wenn sie fallen, sondern auch wo. Aus einem ganz anderen Anlass war ich nach Helsinki gekommen, Pekka Nuikkis große 40er Probe. Den Vorabend dieser Probe hätte ich jetzt im Hotelzimmer vor der Glotze verbringen können oder in irgendeiner Bar. Kam beides für mich nicht in Frage. Ich war zum ersten Mal in Helsinki und wollte etwas von dieser Stadt sehen. Und natürlich interessierte mich die lokale Weinszene. Da kam diese Möglichkeit, als einziger Nichtfinne an der vom finnischen DRC-Importeur ausgerichteten Probe teilnehmen zu können, gerade recht. Ort des Geschehens war das Muru, eine geniale Mischung aus Bistro, Weinbar und Szenetrff mit ambitionierter Küche, spannender Weinkarte und sehr weinaffinem Personal. Wäre das Muru nicht soweit weg, hätte es gute Aussichten, eins meiner Lieblingslokale zu werden.

Da saß ich also jetzt unter lauter netten Finnen, die dankenswerterweise zwischendurch mal ins Englische wechselten. Vor mir 7 Gläser mit rotem Nektar. Die Flaschen waren 2 Stunden vor dem Event geöffnet und eine Stunde vorher eingeschenkt worden. Heimweh hatte ich keines, aber angesichts dieser Standard Verkostungsgläser überkam mich große Sehnsucht nach Gabriel-Gläsern. Muss man einen 10.000 Euro Wein wie den Romanée Conti aus 50 Cent Gläsern trinken? Egal, ich durfte mich glücklich schätzen, überhaupt hier sein zu dürfen. Und schon hatte ich ein Glas mit dem Apero in der Hand. 2000 Taittinger Comtes de Champagne entpuppte sich wieder als sehr reifer Champagne, voll da mit einer gewissen Opulenz, lässt sich wohl am Besten mit „Liquid Brioche“ beschreiben – WT93.

Und los ging es mit dem ersten Glas, in dem der 2010 DRC Corton war. Ein sehr junger Wein mit präziser, rotbeeriger Frucht und hoher, jahrgangstypischer Säure. Es war der zweite Jahrgang dieses Weines aus der ehemaligen Domaine Prince Florent de Merode unter DRC Regie. Und ganz offen gesagt, ich war enttäuscht. Klar war da eine noble Eleganz, die aber eher an einen arroganten Adligen erinnerte, der außer Titel nicht viel vorzuweisen hatte. Für einen Corton war mir dieser Wein zu leichtfüßig mit zuwenig Tiefgang, entwickelte sich zwar im Glas, aber konnte mich nicht richtig überzeugen – WT91. Und über so etwas wie Preis-/Leistungsverhältnis müssen wir uns bei so einem Wein nicht unterhalten. Wer bei DRC nach dem Preis fragen muss, gehört – wie ich – ohnehin nicht mehr zur Zielgruppe.

Eine Klasse über dem Corton der schon erstaunlich zugängliche, warm-würzige 2010 DRC Echezeaux, der den Tiefgang besaß, den ich beim Corton vermisste. Da stimmte einfach alles, Frucht, kräuterige Würze, Mineralität, Eleganz, Länge. Ein großer, einfach stimmiger Echezeaux mit schon gutem Trinkfluss – WT94+.

Kräftiger, dichter mit präsenteren, im jetzige Stadium bissigeren Tanninen und deutlicher Säure der 2010 DRC Grands Echezeaux. Gewaltiges Rückrat, viel Substanz und Tiefgang, wahrscheinlich in 10+ Jahren im Vergleich zum Echezeaux der größere Wein, aber da ist viel Geduld gefragt – WT92+ mit Potential für 95 und mehr.

Begeistern konnte ich mich dann wieder für den 2010 DRC Romanée St. Vivant. Einfach ein großer kompletter Burgunder, der durch seine absolut stimmige Erscheinung, seine Eleganz und Finesse begeistert. Sehr feine, rotbeerige Frucht, präzise Struktur, hohe Mineralität. Natürlich waren auch dort massive, mundbeschlagende Tannine, aber die waren gut verpackt. Den Anmut einer bezaubernden Prinzessin hatte dieser Romanée St. Vivant, in den ich mich spontan verlieben konnte – WT95+ mit Potential für 97, vielleicht sogar mehr.

Sehr gut gefiel mir auch der 2010 DRC Richebourg, ein breitschultriger Powerwein mit enormer Struktur, Länge Kraft und Tiefgang, aber auch mit Charme, für mich so eine art John Wayne aus Burgund. Superbe Frucht mit viel blauen Beeren und einem Hauch Minze, ebenfalls massive Tannine für ein langes Leben. Dürfte sich zügig für längere Zeit verschließen – WT94+ mit Potential für 96 und auch mehr.

Großes Kino der 2010 DRC La Tâche. Zeigt deutlich mehr Süße und Fülle als der Richebourg, sehr würzig, eine unbeschreibliche Eleganz, druckvolle Aromatik und trotz aller Kraft eine geradezu seidige Struktur, verbunden mit unendlichem Abgang – WT96+ mit Potential für 98-99

Und dann dieser 2010 DRC Romanée Conti. Finesse pur und fast schwerelose Eleganz, unglaublich diese süchtig machende Nase, die deutlich zeigt, dass hier eine Legende heranwächst, ein klarer WT100 Kandidat. Wie eine Essenz aller DRC Weine mit der femininen Elegant des Romanée St. Vivant, der Kraft des Richebourg und und der würzigen Süße des La Tâche. Und das alles eher mit leisen Tönen, aber so harmonisch, so unendlich stimmig. Auch ohne Blick aufs Etikett ein Riese.

Wohl als so eine Art Kontrastmittel wurde nach den roten DRC´s blind ein 2010 Felton Road Block 3 Pinot Noir aus Neuseeland ausgeschenkt, der sicher nicht zu den schlechtesten Pinots dieses Landes gehört. Der war süß, gefällig, animierend mit kirschiger Frucht und etwas Bitterschokolade, wirkte aber an einem Gaumen, der sich gerade an die Qualität der DRC´s gewöhnt hatte, doch verdammt simpel – WT90.

Last not least war da als Solitär natürlich auch noch der 2010 DRC Montrachet, eine von mal gerade 2028 Flaschen, ultrarar und sündhaft teuer. Für einen Etikettenttinker wäre das sicher ein Traum gewesen. Mich machte dieser Wein eher etwas ratlos. Zugenagelt mit massiver Säure, die beinahe ein Loch in die Zunge brannte, Zitrusfrüchte, auch die nicht von der reifsten Sorte. Klar könnte ich den jetzt schön schreiben mit balanciert und konzentriert, mit Mörderpotential. Bei den jetzt noch verbliebenen 2027 Flaschen wird das eh keiner rauskriegen. Aber ganz ehrlich: wenn ich den jetzt blind glasweise in einem Restaurant serviert bekäme, würde ich fragen, ob ich nicht was anderes haben dürfte.

Ungläubig blickte ich später auf den Nachbartisch, wo noch ein paar immer noch gut gefüllte Gläser Richebourg, La Tâche und vor allem auch Romanée Conti standen. Ja, da waren mir Herpes, Ebola und alle anderen Seuchen egal. Das Zeugs musste qualifiziert durch meine Kehle entsorgt werden.

Nein, ich habe weder den Romanée Conti noch die anderen DRC´s im Keller. Wer sie tatsächlich hat und nicht unter 50 ist, sollte sie jetzt in der immer noch andauernden Fruchtphase probieren. Sie werden sich rasch verschließen, und dann dauert es lange, sehr lange. Da ist dann schon eine 100-Punkte Gesundheit mit entsprechender Lebenserwartung von Nöten.

Für umgerechnet 14.000 US Dollar pro Flasche(!!!!) wurde gerade in Hongkong ein Superlot von 114 Flaschen DRC mit je 6 Flaschen vom Echezeaux bis zum Romanée Conti aus den Jahren 1992 bis 2010 versteigert. Die DRC´s sind gut, sogar verdammt gut. Aber da hört es für mich einfach auf. Das hat nichts mehr mit Wein und Weinqualität zu tun. Mir bleibt nur die Hoffnung, dass sich die Nabobs dieser Erde möglichst bald ein neues Hobby suchen.