November 2015

Die Müller Hochzeit

Was für eine Hochzeit! Nach Sylt waren wir eingeladen, zur Hochzeit unserer Freunde Jane und Ben. Heiraten auf Sylt und das im November? Für eingefleischte Gastronomen ist das völlig normal. Die heiraten nicht in der Hauptsaison, sondern dann, wenn wenig oder nichts los ist. Dafür wurden sie aber mit traumhaftem Wetter belohnt. Bei dem ging es in die alte Morsumer Kirche zur kirchlichen Trauung.

Anschließend großer Hochzeitsempfang im Restaurant Jörg Müller. Zu schlichtweg genialem Fingerfood gab es dort einen Champagner, der keiner war und auch nicht so heißen darf, aber so schmeckte wie ein ganz großer. H.O. Spanier hat diesen 2008 Cuvée Louis Blanc de Blancs von Battenfeld-Spanier auf Basis hochwertigen Chardonnays gemacht, zur Hochzeit mit gebracht und eben dort höchst selbst ausgeschenkt. Mal gerade gut 2000 Flaschen gibt es von diesem genialen, cremig-eleganten Stöffchen, das 5 Jahre auf der Hefe gelegen hatte und jetzt unsere Kehlen runter lief. Muss sich hinter großen Namen aus der Champagne nicht verstecken – WT94.

Großflaschen waren am Abend zum festlichen Menü angesagt. So stimmig und mineralisch die 2007 Zeltinger Sonnenuhr Auslese** trocken von Mosel Zauberer Markus Molitor(war mit dabei) aus 2 Doppelmagnums, die mit der reifen 2007er Säure schon sehr zugänglich wirkte, aber genügend Substanz für lange Jahre hat – WT96. Spielerisch elegant 2009 Kirchspiel GG von Klaus Peter Keller (auch mit dabei) aus der Imperiale. Der Name war hier Prgramm, feine Minznase, so fein, so verspielt, Eleganz pur, deutliche Extraktsüße und schöne Länge – WT93. Großartiger Charakterstoff der kernige, straffe, edelrustikale 2011 Frauenberg GG von Battenfeld Spanier (auch mit dabei) aus 2 Doppelmagnums. Ein Wein, der nicht mit Dir spricht, der will, dass Du zuhörst, viel Zukunftspotential – WT94+. Sehr süffig, gefällig und süß der 2012 Chardonnay R von Rebholz aus der Jeroboam, dem etwas Struktur und Mineralität fehlten – WT88. Sehr elegant der perfekt gereifte, aber immer noch frische 1983 Talbot aus der Jeroboam (Ben's Geburtsjahr, Wineterminators Keller, danke, dass ich dabei sein durfte) sehr fruchtig, Zedernholz, ein Hauch Paprika und gute Säure – WT95. Erstaunlich gut präsentierte sich auch der lakritzige, würzige 1999 Hermitage la Chapelle von Jaboulet-Ainé aus der Imperiale mit dunklen Früchten, der enorm ausbaute und immer mehr Kraft und feinen Schmelz entwickelte – WT93. Was für ein Fest, was für ein Abend! Der ging dann bis zum frühen Morgen mit Disco weiter. Unter anderem wurde noch eine Imperiale 2005 Phélan Ségur aufgemacht. Auch hier wirkte das große Format wie schon beim Hermitage la Chapelle Wunder. Etwas langweilig und eindimensional kam der Phélan Ségur undekantiert ins erste Glas, drehte dann aber enorm auf, zeigte aus der Karaffe immer mehr Frucht, Tiefgang und erdige Mineralität – WT92.

Die Müller Hochzeit

Der erste Advent

Mit großen Weinen zu einem großen Menü feierten wir den ersten Advent. Auf dem Punkt der häufig zu früh getrunkene 2006 Malterer von Huber, feine Vanillenote, großer, reifer Chardonnay mit einem Schuss Rhone – WT93. Sehr würzig und mineralisch mit deutlich Extrakt- und Restsüße der 2006 Dhroner Hofberg von Adam aus der Magnum – WT92.

Glück hatten wir (mal wieder) mit 1983 Lafite Rothschild. Von diesem Wein kursieren viele, schlechte Flaschen, die schon durch etliche Hände gegangen sind. Wo er aber die Chance hatte, über 30 Jahre perfekt zu reifen, da ist das ein großer, klassischer Bilderbuch-Lafite. Kein lauter, polternder Wein, eher mit leisen Tönen, aristokratische Noblesse, Minze, Bleistift, Zedernholz und erste, feine Süße, so stimmig und lang – WT95.

Und dann kam ein Quartett, das auf dieser Welt sicher nicht so oft in diesr Form getrunken wird. Vor uns die vielleicht vier größten Weine, die auf Harlan je erzeugt wurden, 1994, 1995, 1996 und 1997. Harlan ist für mich die Quadratur des Kreises, ein junger, reifer Latour. Da stimmt einfach alles. Großer Pauillac mit perfekter Struktur und kalifornischer Frucht. Jeder dieser Weine eine perfekte Verkörperung des jeweiligen Jahrgangs. Einfach der helle Wahnsinn. Der 1994 Harlan scheint reif, dabei riesengroß und druckvoll mit – was sich eigentlich widerspricht – präziser Opulenz. Der feinste, fruchtigste und eleganteste des Quartetts der immer noch so jugendliche 1995 Harlan, der kräftigste mit der größten Länge der 1996 Harlan und als Primus inter Pares der nach einem Durchhänger wieder auferstandene, schier unglaubliche, so frische, druckvolle 1997 Harlan. Viermal WT100 ohne Frage.

Gegenüber dem 83er war dieser 1998 Lafite Rothschild ein richtiger Kulturschock, aber nach den Harlans passte er gut. Eine sehr moderne Lafite-Variante, mit den klassischen Zutaten zwar, aber alles etwas größer, fülliger und üppiger – WT97.

Ein perfekt gereifter, sehr charmanter, feiner, eleganter Burgunder auf dem Punkt war der 1992 Charmes Chambertin von Alain Benadi – WT95. Das war halt klassische Burgund-Stilistik. Dagegen wirkte auf natürlich hohem Niveau der 2007 Romanée St. Vivant von Lucien Le Moine etwas aufgesetzt und etwas in die Stilrichtung Neuer Welt Pinots gehend. Auch das zweifelsohne ein großer Wein, dem man vielleicht die 15 Jahre Vorsprung des 92ers noch gönnen sollte – WT94+.

Spannendes Kopf an Kopf Rennen zum Schluss zwischen 1991 Heitz Martha´s Vineyard und 2002 Heitz Martha´s Vineyard. Der 91er ein Klassiker mit gewaltiger Struktur und riesigem Potential – WT96+. Der 2002er der opulentere mit immer noch reichlich Babyspeck und der Fülle des großen Kalifornien-Jahrgangs – WT95+. Beides große, faszinierende Martha´s, die sich über die nächsten 20Jahre spannende Duelle liefern werden.