1904
Nach drei eher grausamen Jahren endlich wieder ein gutes Weinjahr.
Als langlebig gelten die Bordeaux des Jahrgangs, und in ihrer Jugend haben sie mit mächtigen Tanninen wohl nicht viel Charme besessen. Doch die Suche nach gut erhaltenen Flaschen lohnt immer noch. Ein Leoville las Cases in einer Eschenauer-Abfüllung hatte 2009 eine relativ helle Farbe, zu Anfang leicht käsig die Nase, was schnell verschwand, stattdessen Trüffel, frische Waldpilze, Leder und Minze, vor allem aber eine filigrane, süße, betörende, reintönige Frucht, Himbeere und Erdbeere. An einen großen Burgunder erinnerte dieser Bordeaux, seidig, elegant, mit einer faszinierenden Leichtigkeit, blieb nicht nur absolut stabil im Glas, sondern baute sogar aus, ein unwiederbringliches, großartiges Weinerlebnis, dem die 97/100, die ich ihm gegeben habe, eigentlich nicht gerecht werden.
Certan de May aus einer alten Burgunderflasche hatte 2012 noch eine voll intakte, sogar brilliant wirkende Farbe, immer noch schöne, himbeerige Frucht, war pikant mit „süßer Säure“, noch so lebendig und aromatisch am Gaumen, machte Spaß ohne Ende und ging als großer Burgunder durch – 97/100.
Ein gutes Jahr war 1904 in jedem Fall in Burgund. Hiervon konnte ich mich im September 2004 überzeugen. Was da hundertjährig in einer Probe ins Glas kam, war außergewöhnlich. Ein Traumflight mit Weinen ohne Alterston, immer noch gewisse Frische zeigend, geprägt von toller Süße, unglaublicher Länge, dabei wunderbar seidig – irre! Der Richebourg von Chanson auf Wahnsinnsniveau der größere, etwas molligere – 100/100. Ein Corton von Bourdillat männlicher, kräftiger, ohne die Generösität des Richebourg – 97/100. Selbst die Zwillingsflasche dieses Weines mit immerhin 8 cm Schwund brachte 2008 mit absolut intakter Farbe großes Rotweinkino. Ein sehr komplexer, großer, reifer Burgunder mit feiner Süße und totaler Harmonie, der im Glas nicht abbaute – 95/100. Zuletzt dann 2009 ein perfekter Pommard Rugiens von George Guiffray. Dieser über 100jährige Senior war so fein und unendlich elegant mit schöner Süße, mit so purer, leicht süßer Himbeere, blieb ewig am Gaumen und tänzelte auf der Zunge, ein Weinerlebnis, das sprachlos und demütig zugleich macht – 100/100.
Auch Sauternes aus 1904 können noch viel Spaß machen. Dort wurden kräftige, langlebige Weine erzeugt. Dabei müssen es gar nicht mal die ganz großen Namen sein. 1993 habe ich einen sehr schönen, dichten, kraftvollen Rayne Vignaud getrunken, der lediglich am Gaumen etwas gezehrt war.
Hervorragender Jahrgang an der Rhone.
Sehr gutes Champagner-Jahr. Könnte als Stillwein bei entsprechendem Zustand immer noch eine gute Figur machen.
Riesengroß 2007 auf einer Tokayer-Verkostung ein Aszú Eszencia. Buttrig-karamellig, Orangennoten, ebenfalls mit sehr guter, harmonischer Säure und von der Anmutung her der vielleicht jugendlichste der Weine. Ging mit seinem faszinierenden Süße-/Säurespiel auch als große TBA durch – 97/100.
Bei Portweinen ein Vintage-Jahr.