Magnum Best Bottle

Was für eine geniale WeinWeihnachtsfeier. Eine erlesene Schar von 16 Weinnasen feierte mit ihren Lieblings-Magnums.

Geboren wurde die Idee zu dieser Probe 2012, als wir uns am 12.12.12 um 12 Uhr 12 zu zwölft trafen, um 12 große, 12 Jahre alte Bordeaux zu trinken, natürlich begleitet von 12 genialen Gängen aus Holger Berens Zauberküche. Das schrie nach Fortsetzung, am 11.12.13 um 14:15 mit 16 Teilnehmern und ihren Lieblingsmagnums. Die fand jetzt am 10.12.14 um 16 Uhr statt. Brauchen wir fürs nächste Jahr wieder so ein Zahlenspiel als Ausrede? Sicher nicht. Die Probe hat sich als Magnum Best Bottle und vorweihnachtlicher Event bestens etabliert. Die Warteliste war in diesem Jahr schon verdammt lang. Und diese Berens am Kai ist mit Küche und Ambiente einfach ein perfekter Ort für eine solche Probe.

16 Magnums sind ein strammes Programm. Trotzdem habe ich es mir auch in diesem Jahr nicht nehmen lassen, noch einen Tischwein dazu zu stellen. 1994 Cabernet Sauvignon Heritage Reserve Jeroboam von Walter Schug. Ein blutjunger Wahnsinnswein mit intensiver, Schwarzer Johannisbeere und großartiger Struktur und Länge. Ein intensiver, druckvoller Wein, dem aber jedes Überladene abgeht. Einfach ein großartiger Kalifornien-Klassiker, an dem sich viele der überzüchteten 100 Parker Monster ein Beispiel nehmen sollten. Und für unsere Probe ist dieser Wein eine gewaltige Messlatte WT97. Kein Wunder, dass in dieser Flasche kein Tropfen drin blieb. Wissen sollte man dabei, dass Walter Schug als Winemaker das Genie hinter den großen Phelps Legenden der 70er war. Der Mann kann einfach Cabernet, auch wenn er selbst Pinot liebt und vorzieht.

Perfekter Start unserer Probe war ein 1950 Lafaurie-Peraguey. Ich hatte mich in diesen Wein aus Wineterminators Geburtsjahr vor zwei Monaten auf der Farnsburg verliebt. Jetzt brachte Elke Drescher davon zwei perfekte Magnums mit. Eine verzauberte uns an diesem Nachmittag. Wohin die zweite ging, könnt Ihr Euch denken. Der Lafaurie war mit brillianter Bernsteinfarbe wieder so fein, so elegant, so balanciert und stimmig, nicht nur in der süchtig machenden Nase mit Toffee, getrockneten Aprikosen, bitterer Organgenmarmelade und Crême Brulée, sondern auch am Gaumen, wo er bei aller Eleganz einen irren Druck entfaltete,dabei sehr stimmig mit nicht überzogener Süße – WT97.

Noch etwas älter und reifer wurde es im ersten Rotweinflight. Beim 1945 Talbot lohnte das Warten. Der erste Schluck wirkte leicht oxidativ mit ersten Altersnoten. Doch das verflog rasch. Unglaublich, wie sich dieser Wein im Glas entwickelte, so seidig elegant, so finessig, da kam plötzlich wieder reichlich Frucht zum Vorschein und feiner, süßer Schmelz – WT97. Darf man solche Weine dekantieren? Der hier hätte gut 1-2 Stunden in der Karaffe vertragen. Auch der zu Anfang etwas ruppig erscheinende 1947 Grand Puy Lacoste aus einer perfekten Flasche (in) mit dichter, junger Farbe brauchte enorm viel Luft. Wirkte zu Anfang etwas austrocknend, glättete sich aber und wurde eleganter und zugänglicher mit pflaumiger Frucht und ganz verhaltener Süße – WT92.

Etwas rustikaler, kräftiger als der geniale 90er vom letzten Jahr wirkte der kernige 1988 Chambertin von Armand Rousseau, der immer noch ein gutes Tanningerüst und eine kräftige Säure besitzt. Ein klassischer 88er Burgunder halt, in der Jugend verkannt, jetzt langsam aufdrehend und mit viel Potential – WT95+. Vielleicht war es auch der Wein im anderen Glas, der ihn schier erdrückte. Dieser 1955 Clos de Tart in einer Vandermeulen Abfüllung ist einfach legendär. Ein unglaubliches, immer noch so jung wirkendes Konzentrat mit tiefer, altersfreier Farbe, unbändiger Kraft, Rasse und Klasse, geradezu explosiv am Gaumen, ein Wein der Marke „sprachlos“, klare WT100. Gibt es den in Magnums? Nein, Uwe Bende hatte nach vorheriger Absprache seine beiden besten, authentischen Flaschen dieses Weines zu einer Magnum vereint.

Schlichtweg ein Traum aus einer perfekten Flasche der immer noch so jugendlich und frisch wirkende 1961 Gruaud Larose, mineralisch, ledrig mit perfekter Struktur, erstem, feinem Schmelz, ewiger Länge und einem voll intakten Tannin- und Säuregerüst für eine längere Zukunft – WT98. Groß eigentlich auch der immer noch jung wirkende 1964 Pape Clement, den wir erst kürzlich bei Elke Drescher auf WT95 Niveau hatten. Aber aus dieser Flasche hier hatte er einen irritierenden Lackton, der das Vergnügen deutlich trübte.

Zweimal Mondavi war jetzt angesagt, zwar leider nicht als Reserve, aber doch schöne Flasche. Der 1970 Mondavi Cabernet Sauvignon Unfiltered kam aus einer bauchigen Burgunderflasche mit der Inhaltsangabe 2/5 Gallonen, was einer Magnum näher kommt. Mit nur 12 % Alkohol zeigte er, das guter Wein Alkohol als Geschmacksträger eigentlich nicht braucht. Ein starker Auftritt, mineralisch. Präzise mit schöner, kirschiger Frucht, baut mit der Zeit im Glas etwas ab und hätte sonst mehr verdient als WT93. Noch etwas drüber der 1978 Mondavi Cabernet Sauvignon, wiederum sehr mineralisch mit dem Bleistift von Mouton, minzig und mit einem Hauch Eukalyptus – WT95.

Sehr fein und elegant der 1991 Grace Family Vineyard mit dunklen Früchten, Minze, Sattelleder, schöner Fülle und guter Struktur – WT94. Lafite pur dann aus einer perfekten Magnum der 1976 Lafite Rothschild, altersfrei, sehr mineralisch, Zedernholz, feine Frucht mit der Eleganz eines großen Pinots, feingliedrig, ein absolut stimmiger Wein zum in kleinen Schlucken genießen und dabei Träumen – WT96.

Eher enttäuschend der sehr verhaltene, etwas laktisch wirkende 1986 La Mission, der einfach nicht in guter Form war und verschlossen wirkte – WT90. Der kann deutlich mehr, braucht aber wohl noch ein paar Jahre. Und dann der Wein des Abends, der am Tisch die meisten Stimmen bekam 1989 Haut Brion, einfach ein Mörderteil, so eine Art modernere Wiedergeburt des 91ers. Ein dichter, komplexer Powerstoff mit Tabak, Leder, Teer, Cigarbox, dunklen Früchte, sehr mineralisch mit süßem Schmelz, sehr langem Abgang. Ein großartiger Wein, dessen Bann man sich nicht entziehen kann – WT98+. Und warum habe ich Geizhals dem dann keine WT100 gegeben? Weil ich ihn noch besser kenne. Von den inzwischen über 30 Begegnungen mit dieser modernen Legende waren die schönsten in der schier unglaublichen Fruchtphase. Da kommt er wieder hin. Wie schön, wenn man auf diesem Niveau jammern kann.

Da war jemand verdammt nervös an diesem Abend. Vor einem Jahr hatte der liebe Bernd die Zwillingsflasche des 2000 Mouton Rothschild angestellt. Der schoss beim Dekantieren förmlich aus der Karaffe, machte Vorfreude ohne Ende und entwickelte dann einen üblen Kork. Doch diesmal machte dieser hedonistischste unter allen Premier Crus seinem Namen alle Ehre. Einfach großer Mouton, Cassis, Bleistift, Leder, aber auch dieser irre Röstaromen-Operette mit Kaffee, Pralinen und süßem Schmelz, macht von der süchtig machenden Nase bis zum langen Abgang einfach irren Spaß – WT97+. Und da kommt mit den Jahren noch mehr. Ja, es gibt Leute, denen ist der nicht geradlinig und ernsthaft genug. Ob ich die beneide? Im Gegenteil, ich freu mich über jeden, der dieses geile Zeugs nicht mag. Bleibt halt mehr für mich übrig. Potential für Perfektion hat auch der 1994 Dominus. Ich kann mich noch gut an 1998 erinnern, als der gegen den außerweltlichen 1994 Harlan nur ganz knapp auf der Zielgeraden verlor. Das war in der jugendlichen Fruchphase, in der dieser Dominus – schwer vorstellbar – sogar etwas opulenter und fülliger als der Harlan wirkte. Doch Dominus ist ein Langstreckenläufer. Aus dieser Magnum sehr dicht, kräftig und lang mit deutlichen Tanninen, aber längst nicht alles zeigend – WT95+. Sicher immer noch ein kluger Kauf für Geduldige.

Sehr gut gefallen hat mir auch der elegante, schmeichlerische 1990 La Conseillante, der aber auch etwas verhalten wirkte. Ob sich dieser Wein wieder etwas verschlossen hat? Immerhin hatte ich das bei diesem Wein in den letzten Jahren mehrfach – WT95. Ein Knaller im anderen Glas 1983 Margaux, sicher der Wein des Jahrgangs. Ein dichter, konzentrierter Margaux, ein kompletter Wein, der auf unnachahmliche Art Eleganz und unbändige Kraft miteinander verbindet, eben die klassische Eisenfaust im Samthandschuh, immer noch so jung mit Potential für Jahrzehnte – 98+/100.