Boxenstopp

Es ist der Abschluss und einer der Höhepunkte der jährlichen Probensaison, dieser Boxenstopp auf dem Weg ins Engadin bei den Gantenbeins und ihren Freunden im Rössli in Bad Ragaz. Zur großartigen Rössli-Küche trinken wir stets junge und alte Raritäten aus unseren Kellern. Solche Weine mit Freude unter Freunden teilen zu dürfen, das sind einfach die schönsten Proben.

Großartiger Start mit „Dönis bisher bestem“, der 2013 Hermannshöhle GG von Dönnhoff. Unglaublich, wie sich dieser Wein entwickelt hat, der sich jetzt in bestechender Frühform mit präziser Frucht, strammer Mineralität und Säure so brilliant zeigt – WT96. Geradezu bissig wirkte der 2007 Chablis 1er Cru Mont Mains von Raveneau, sehr mineralisch, Feuerstein, Zitrusfrucht, tolle Struktur und Präzision – WT94. Aber gegen die geniale Hermannshöhle blieb er nur zweiter Sieger. Und auch die Hermannshöhle hatte keine Chance mehr, als der dritte Wein ins Glas kam. Absolut sensationell und schlichtweg perfekt war der 1993 Corton Charlemagne von Coche-Dury. Immer noch so frisch, so unglaublich kräftig mit messerscharfer Präzision und gewaltiger Struktur, so mineralisch mit immer noch knackiger Säure, ein Wein, der sprachlos macht – WT99.

Nach diesem weißen Feuerwerk waren wir beim ersten Teil der reifen Burgunder. Viel Luft brauchte der 1934 Grands Echezeaux von Barrière Frères. Ein großer, kompletter Burgunder mit feiner, kräuteriger Note, mit Fülle, generöser Süße und sehr guter Länge am Gaumen war das – WT97. Erstaunlich jung noch die Farbe des 1934 Richebourg von Doudet-Naudin, die Nase reif mit viel Champignons, am Gaumen immer noch enorme Kraft, entwickelte sich im Glas – WT94. Richebourg vom Feinsten aus einem der großen Burgunderjahre des letzten Jahrhunderts der 1937 Richebourg von Mommesin, der sich so dicht, so kräftig, immer noch so jugendlich und mit irrer Länge am Gaumen präsentierte – WT97. Den haben wir wohl zu schnell getrunken. So, wie der im Glas ausbaute, wäre da wohl noch mehr gekommen. Ohne die Komplexität und den Druck dieses Riesen aus dem gleichen Jahr ein sehr feiner, eleganter, schmelziger 1937 Chambolle Musigny von Labouré Roi – WT93.

Eine Bank sind eigentlich die Burgunder aus Martha Gantenbeins Geburtsjahr, 1959. Absolut stimmige, große Burgunder mit wunderbarer Frucht, gemacht für die Ewigkeit. Es sei denn…..ja, das tat schon weh. Ausgerechnet dieser 1959 Latricieres Chambertin von Pierre Ponnelle mit seiner Superfarbe und dem perfekten Füllstand, von dem ich mir soviel versprochen hatte, der war korkig. Dafür entschädigte uns der 1959 Grands Echezeaux von Chanson mit einer absoluten Traumform. Dieser immer noch geradezu jugendlich wirkende Wein, würzig, komplex mit enormem Tiefgang und superber Frucht würde sich gut als Pirat in einer Probe mit jüngeren DRC´s machen – WT97. Mit Kraft, Fülle und dieser saftigen, präzisen 59er Frucht überzeugte auch der 1959 Vougeot 1er Cru von Ligeret – WT95. Und dann kam leider noch eine, ganz bittere Pleite. Bei Sylvies hatte ich vor ein paar Monaten eine äußerlich perfekte, authentische Charge des 1955 Clos de Tart Vandermeulen erwerben können. Ausgerechnet die Flasche, die ich dabei hatte, war komplett oxidiert und untrinkbar. Zum leidigen Thema Oxidation bei älteren Weinen und wie man sie erkennen kann werde ich mich demnächst in einem größeren Artikel dezidiert äußern.

Schon die Weine des Handelshauses Leroy (da steht S.A. Leroy auf dem Etikett, wird oft fälschlicherweise als Domaine Leroy bezeichnet) sind sehr teuer und schwer zu bekommen. Noch rarer und sündhaft teuer sind die Weine der Domaine Leroy, die aber in der Regel auch herausragende Qualität zeigen. So dieser großartige 1999 Clos Vougeot der Domaine Leroy. Das muss in seiner Jugend ein Monster gewesen sein. Jetzt, im zarten Teenie-Alter zeigte er sich etwas ziviler, aber immer noch mit Kraft ohne Ende. Dieser sehr balancierte Wein hat vom wunderbaren Fruchtspiel roter und blauer Beeren, der Fülle und erstem Schmelz, dem gewaltigen, aromatischem Druck bis zum langen Abgang einfach alles. Und die gewaltige, innere Substanz garantiert ein langes Leben – WT97. Absolut grandios auch der eigentlich noch viel zu jung erscheinende 2006 Chambertin von Armand Rousseau. Der zeigte sich so präzise, so klar uns so mineralisch mit wunderbarer Frucht, Eleganz pur. Wird sich weiter entwickeln und noch zulegen – WT95+. Und dann brachte Daniel Gantenbein noch den schlichtweg atemberaubenden 2013 Gantenbein Pinot Noir, der sich hinter keinem der Weine dieses Abends verstecken musste. Was hier durch den Dreiklang aus Terroir, Keller und massive, natürliche Erntebegrenzung durch Verrieselung der Blüte entstand, ist einfach ein Weltklassewein und eine Legende im Werden. Jetzt in bestechender Frühform, aber erst in 10+ Jahren wird dieses gewaltige Konzentrat mit dem gelungenen Spagat aus Kraft und Eleganz alles zeigen – WT97+. Und dann war da last not least noch ein genialer, immer noch so junger 1994 Ridge Monte Bello, den Ueli Kellnberger aus dem großen Rössli-Keller zauberte. Was da mit nur geradezu lächerlichen 12,5% Alkohol an druckvoller Aromatik ins Glas und an den Gaumen kam, das war schon irre. Präzise, kalifornische Frucht und die Struktur eines Latour sind einfach eine unschlagbare Kombination, in diesem Fall sicher noch mit 10-15 Jahren Zukunft – WT95.