1947 und 1950 auf der Farnsburg

Zu einer schönen Vergleichsprobe hatte Elke Drescher in die Schweiz auf die frühlingshafte Farnsburg eingeladen. Thema waren der hoch gelobte Bordeauxjahrgang 1947 und der teilweise überraschend gute Jahrgang 1950.

Mit zwei Weißweinen starteten wir in den spannenden Abend. Cognacfaben war der 1947 Carbonnieux Blanc, aber immer noch erstaunlich vital mit guter Mineralität und feiner Bitternote – WT90. Noch recht frisch wirkend durch die gute Säure der 1950 Laville Haut Brion, dem es aber etwas an Tiefgang fehlte – WT87.

Aus einer Magnum in gutem Zustand war der 1950 Talbot noch gut trinkbar und erstaunlich kräftig, aber auch etwas eindimensional. Dazu kamen leichte animalische und metallische Noten – WT88. Unglaublich schön der 1947 Gruaud Larose, den ich schon oft, aber noch nie so gut im Glas hatte. Das hier war eine Ausnahmeflasche, immer noch mit guter, feiner Frucht, Walderdbeeren, so finessig mit feiner Süße und absolut stimmig – WT95. Auch der 1950 Gruaud Larose mit seiner sehr dichten Farbe hatte noch eine feine, pikante Frucht, enorm kräftig der Auftritt, der anfängliche, leicht korkähnliche Fehlton verschwindet rasch – WT90.

Schlichtweg genial in der ersten Wahrnehmung die rauchige, speckige Kaffeenase Nase des 1947 Pape Clement mit süßem Tabak, die aber abbaute und sich immer mehr dem etwas gezehrten Gaumeneindruck näherte, wo der Pape Clement wirkte, als stammte er aus der Blechdose – WT84. Staubig, karg die Nase des 1950 Pape Clement, auch am Gaumen war das eher ein harmloser Säuerling – WT80.

Und damit kamen wir zu einem der beiden Höhepunkte des Abends. So unglaublich gut und geradezu jung wirkte dieser 1947 La Mission Haut Brion, der wie eine Eins im Glas stand. Großartige Nase mit der typischen Pessac Cigarbox Aromatik, am Gaumen sehr druckvoll, wiederum jung wirkend und irre lang – WT100. Sehr stimmig und ebenfalls jünger wirkend der 1950 La Mission Haut Brion, dem bei ähnlicher Aromatik etwas dieser Druck fehlte – WT98.

Und dann waren wir schon wieder in der „Jugendabteilung“. Schier unglaublich, aber dieser 1947 Latour mit seiner großartigen Tannin- und Säurestruktur, seiner wunderbaren Cabernet-Würze und seiner intensiven Mineralität strahlte noch Zukunft für 20-30 weitere Jahre aus und entwickelte mit viel Luft die für Latour so typische Walnuss-Aromatik – WT96+. Reifer, aber sehr gefällig mit feinem Schmelz der 1950 Latour – WT94.

Leider völlig daneben der sonst so zuverlässige 1950 La Fleur Petrus. Dicht, kräftig, edel-rustikal der 1950 Vieux Chateau Certan mit viel Kaffee und enormem Druck am Gaumen – WT96.

Ein gewaltiger, kräftiger, sehr dichter Wein war der 1947 Petrus in der Vandermeulen Abfüllung. Sehr dicht, Petrus als Powerhouse, entwickelte sich nur im Schneckentempo – WT98+. Hedonismus pur auf allerhöchstem Niveau im anderen Glas der 1950 Petrus aus einer Händlerabfüllung. Ein schlichtweg genialer Petrus mit verschwenderischer Süße, aber auch sehr guter Struktur – WT100.

Zwischen Genie und Wahnsinn der unglaublich konzentrierte 1950 Cheval Blanc, der diesmal eher etwas Richtung Wahnsinn neigte.

Sehr schwierig zu verkosten der 1947 Ausone, der schon deutlich oxidative Noten und Geraniol zeigte, aber auch schöne Süße. Da schwankte jeder Schluck zwischen gut und schrottig – WT88. Was übrigens kein Zufall war, denn wenige Wochen später auf dem Chateau in der großen Ausone-Vertikale war dieser Wein nur marginal besser – WT89. Dafür zeigte sich 1950 Ausone als wirklich großer, klassischer Ausone. So eine Art Edel-Fernet Menta war das, eine perfekte Kräuter-/Minzemischung, sehr druckvoll in der klassisch kräuterig-herben Ausone Art – WT97.

Und dann der süchtig machende Abschluss, der so feine, sehr elegante 1950 Climens (WT96) und die tiefdunkle Mokka-Karamell Oper 1947 Climens (WT97) mit eingelegten Rum-Zwetschgen aus dem unendlichen Sauternes-Keller des Farnsburg Hausherrn Jürg Richter.

Eine sehr gelungene Probe war das. Ausfälle sind bei solchen Altwein Raritätenproben völlig normal. Und natürlich gab es auch Pleiten, wie die garantiert unechten, wässrig-hellen, depotfreien 1947 Pavie und Cheval, die es überhaupt nicht erst auf den Tisch und ins Glas schafften. Aber Der außerirdische, hedonistische 1950 Petrus und sein blutjunger, irre druckvoller Zwilling aus 1947 alleine waren Probe und Reise wert.

Sicher wäre das Ergebnis noch etwas besser, wenn die liebe Elke 50 Jahre älter wäre, die Weine damals selbst in Subskription gekauft und perfekt gelagert hätte, und sie jetzt hier von ihrer Enkelin servieren ließe. Aber das sind halt nicht erfüllbare Wunschträume.