Kirchenstück Vertikale

Der helle Wahnsinn war das, diese spontan aus einer Laune heraus entstandene Kirchenstück-Vertikale im Berens am Kai, zu der der liebe Holger weltmeisterlich aufkochte.
Insgesamt 13 Jahrgänge dieses zu Recht von Bürklin-Wolf als Grand Cru (GC) bezeichneten Kirchenstücks hatte ich im Keller ausgegraben. Klares Fazit: dieser Montrachet unter den Rieslingen kann nicht nur gut altern, er muss es auch. Erst nach 10+ Jahren zeigt dieser Wein seine volle Komplexität und seine von kalkiger Mineralität geprägte burgundische Pracht und Fülle. So war es nicht verwunderlich, dass 1997 und 1999 Kirchenstück zwei altersfreie Stars dieser Probe auf WT97 Niveau waren. Noch darüber der schlichtweg perfekte 2005er. 2004, für mich eigentlich das beste Kirchenstück aller Zeiten, war mit einer leicht oxidativen Note der einzige Teilausfall. Selbst in schwierigern Jahren wie 1998 und 2006 stand das Kirchenstück wie eine Eins im Glas, so auch in 1998, 2001, 2002 und 2007. 2003 war leicht überreif und oxidativ. 2008, 2009 und 2011 zeigten gewaltiges Potential und sind die Stars von morgen.

Und hier jetzt die Notizen im einzelnen:

1997 Kirchenstück kam mit kräftigem, brilliantem Goldgelb ins Glas und stand dort ohne abzubauen wie eine Eins. Reife, gelbe Früchte, gute Säure, immer noch Frische und so viel Spannung, dazu kalkige Mineralität und feiner, burgundischer Schmelz. Eine beeindruckende, altersfreie Ikone, die noch eine längere Zukunft haben dürfte – WT97.

1998 Kirchenstück wirkte im direkten Vergleich zu 1997 deutlich reifer, nicht nur in der dunkleren Farbe. War aber sehr kräftig im Auftritt, aber auch mit etwas Boytritis. Baute enorm im Glas aus und entwickelte einen geilen Schmelz, die gute Säure sorgte für Frische – WT94.

So hell und jung noch die Farbe des 1999 Kirchenstück mit sehr feiner, würziger Frucht. Am Gaumen burgundische Pracht und Fülle, dabei betörende Eleganz und feinster Schmelz, ein so unglaublich stimmiger Wein, der seiner Eleganz an einen großen Chevalier-Montrachet erinnerte – WT97.

War das 2001 Kirchenstück überhaupt schon reif? Enorm kraftvoll der Auftritt dieses Weines mit großer Dichte, guter Säure und cremiger Textur, aber da scheint das Beste noch zu kommen – WT95+.

Voll da das 2002 Kirchenstück mit tiefer, reifer Farbe, fein und opulent zugleich mit interessanter Marzipannote, tiefe Mineralität, sehr cremige Textur und reif wirkend mit wunderbarem, burgundischem Schmelz – WT96.

Das schon sehr reife 2003 Kirchenstück mit seiner tiefen, schon fast güldenen, aber immer noch brillianten Farbe fiel in dieser Probe deutlich ab. Zeigte schon deutlich oxidative Noten und war bei barocker Fülle süß und karamellig – WT92. Es kann zum Teil auch an dieser, im letzten Jahr aus einem Privatkeller erworbenen Flasche gelegen haben. Zwei 2012 auf dem Gut erworbene Flaschen waren 2013 deutlich frischer.

Sehr verhalten kam das 2004 Kirchenstück mit kräftigem Goldgelb ins Glas, wo es dann nach einer Weile förmlich explodierte. Sehr mineralisch, cremige Textur, enormer Druck, aber immer wieder die etwas störende, leicht oxidative Note, die auf einen leichten Flaschenfehler hindeutete. Aber das war jammern auf verdammt hohem Niveau – WT96.

Der helle Wahnsinn dann das schlichtweg perfekte 2005 Kirchenstück, das ich in dieser einmaligen Klasse so noch nie im Glas hatte. Jung noch die Farbe, süchtig machend die Traumnase, am Gaumen eine einfach göttliche Kombination aus Schmelz und Struktur, so lang, so mineralisch mit unglaublichem Tiefgang – WT99.

Erstaunlich gut gelungen für das eher etwas schwierigere Jahr das 2006 Kirchenstück. Besaß eine großartige Struktur, straffe Mineralik und wunderbaren Schmelz – WT95.

Auch dem 2007 Kirchenstück merkte man das üppigere Jahr nicht an. Das war so erstaunlich fein und eher schlank, so elegant und stimmig, lang am Gaumen, ein großer Wurf – WT96.

So eine Art neuer 2004er dürfte das 2008 Kirchenstück aus diesem kühleren Jahrgang werden. Sehr mineralisch mit toller Struktur, zeigt in ein paar Jahren sicher deutlich mehr – WT95+.

Noch sehr jung, aber mit gewaltiger Struktur und großer Zukunft das 2009 Kirchenstück, sehr druckvoll, lässt sich schon gut (an)trinken, aber auch hier kommt noch mehr – WT95+.

Einen erstaunlich offenen Eindruck machte der jüngste wein dieser Runde, das 2011 Kirchenstück, mit wunderbarer, saftiger Frucht und guter Säure. Würde mich nicht wundern, wenn sich dieses Kirchenstück noch mal verschließt und dann erst in ein paar Jahren zur Hochform aufläuft – WT95+.

Erst im Herbst diesen Jahres liefert Bürklin-Wolf das 2015 Kirchenstück aus, von dem ich mir erhoffe, dass es ein zweiter 2005er wird. Nur werde ich die Kiste zu lassen und für lange Jahre tief vergraben.