Dicke Dinger

Ein fantastisches Geburtstagsfest war das, was der liebe Bernd da veranstaltete. Leckere Schweinereien aus der Küche von Gerd Dehnen und dazu großartige Weine aus großen Formaten am laufenden Band. So blieb kein Glas leer, und von jedem dieser Weine kam zumindest ein anständiger Schluck ins Glas.

Dreimal Weiß aus vier Magnums war als Start angesagt. Gleich zweimal war die 2011 Hermannshöhle GG von Dönnhoff angesagt. Zweimal deshalb, damit die nacheinander eintreffenden Gäste auch alle etwas abbekamen, eine sehr kluge Entscheidung. Ob man diese Hermannshöhle jetzt trinken sollte, darüber kann man natürlich streiten. Ein großartiger Wein mit großer Zukunft, der aber wie viele 2011er jetzt etwas im „11er-Loch“ hängt. So blieben die unerhörte Brillianz, die messerscharfe Präzision und die intensive Mineralität dieses Weines zumindest stückweit hinter einem dezenten Schleier verborgen. Wann sich das ändert, ob schon in einem halben Jahr, nächstes oder gar übernächstes Jahr, lässt sich schwer vorhersagen. Das hängt auch von der Lagerung ab. Bernds Keller ist wie meiner sehr kalt. Da dauert eine solche, verschlossene Phase etwas länger. Dafür altert der Wein besser und macht erheblich länger Freude. Deshalb Jammern auf hohem Niveau und nur WT93+. Di WT96 oder vielleicht mehr sind aber in Sichtweite. Das galt auch das noch etwas verschlossenere 2011 Felseneck GG von Schäfer-Fröhlich aus der DM, das sich in ein paar Jahren mit der Hermannshöhle einen faszinierenden Wettstreit mit der Hermannshöhle um den besten Wein des Jahrgangs liefern wird – WT92+. Deutlich offener mit schöner Frucht und feinem Schmelz der durch die sehr gut eingebundene Restsüße inzwischen harmonisch trocken wirkende 2011 Halenberg R von Emrich-Schönleber aus der Magnum – WT95.

Sehr hoch (WT97) habe ich immer den 2011 Saffredi von Le Puppille bewertet. Jetzt hier aus der aus der DM zeigte er sich deutlich ziviler und zahmer, blieb aber sehr elegant – WT94. Ein sehr schöner Wein, dem aber etwas die faszinierende, jugendliche Fruchtigkeit abging. Ob man Saffredi grundsätzlich besser jung trinken sollte? Da muss ich mich noch mal eingehend mit befassen. Kräftiger, druckvoller und auch stimmiger wirkte im direkten Vergleich mit superber, präziser, dunkler Kirschfrucht der 2007 Gabbro von Montepeloso aus der DM – WT96. Eigentlich schade, dass man in den letzten Jahren so wenig von den großartigen Weinen des sehr engagierten Winzers Fabio Chiarelotto hört. Ich habe dessen Weine noch runter bis zu seinem ersten Jahrgang 1998 im Keller, die alle perfekt altern.

Auf wenig Gegenliebe stieß ausgerechnet der 2006 Dominus aus der Imperiale. Der hatte zwar eine tiefe, jugendliche Farbe und eine schöne, fleischige Nase, wirkte aber am Gaumen unnahbar und etwas flach und verschlossen. Den konnte unser Star-Sommelier nur bei denen unterbringen, die mal gerade nicht aufpassten und plötzlich wieder ein volles Glas vor sich hatten. Ergab bei mir zunächst für einen Dominus mickrige WT92. Erst tief in der Nacht konnte ich dann zusammen mit Christoph das Dominus-Wunder bestaunen. Nach wohl weit über fünf Stunden in der großen Karaffe, in der sich noch ein paar Liter befanden, blühte dieser Dominus auf. Zur fantastischen Frucht aus Schwarzkirsche und Brombeere kam eine einfach geile Fruchtsüße, die jüngere, kalifornische Boliden oft so unwiderstehlich macht, die Tannine wirkten weicher, da kamen enormer Druck und Länge am Gaumen, locker WT96. Klar, das war nicht mehr der Dominus der 80er und 90er mit der klassischen Bordeaux-Stilistik. Dominus war inzwischen voll in Kalifornien angekommen, mehr Camus als Pauillac, aber sehr faszinierend. Da hätte ich jetzt mit Christoph und seinem Vater, diesem spendablen Gastgeber, die Nacht zum Tag mach sollen, um die Entwicklung dieses Dominus bis zum Frühstück weiter zu verfolgen. Aber ich muss wohl an meiner Kondition wieder etwas arbeiten.

Unkomplizierten Hedonismus brachte das nächste Pärchen ins Glas. Der 2000 Monbousquet, der sich aus der Eintel inzwischen schon recht reif zeigt, brachte hier aus der DM eine rauchige Nase mit vanilliger Holznote, verschwenderische Frucht und generöse, schokoladige Fülle mit feinem Schmelz, unkomplizierter Trinkgenuß auf hohem Niveau zum beidhändig trinken – WT94. Noch eine Ecke drüber der prächtige 2004 Caymus Special Selection, der sich aus der Magnum mit satter, dekadenter Frucht in bester, hedonistischer Caymus-Art zeigte – WT95.

Feinster Kirschlikör war danach angesagt. Üppig und würzig mit feiner Kräuternote und viel Garrigue, dem südfranzösischen Gegenstück der toskanischen Macchia, der 2010 Chateauneuf-du-Pape Cuvée Reservé von der Domaine Pegau aus der Doppelmagnum, der sich mit erstaunlicher Frische und Struktur alles andere als dick oder überladen zeigte – WT96. Etwas kompakter und kräftiger mit deutlichem Tanningerüst der 2005 Chateauneuf-du-Pape von Chateau Beaucastel aus der Magnum, der gut altern dürfte – WT95.

Grandioser Abschluss waren dann zwei Bordeaux-Klassiker. Ein gewaltiger Brocken mit immer noch mächtigen Tanninen der 1986 Gruaud Larose aus der Magnum, kräftig, kernig mit Cassis, Leder, Zedernholz und leicht animalischer Note – WT96+. Da ist für den vollen Genuss noch Warten angesagt. Während der 1982 Gruaud Larose mal der neue 1961er werden dürfte, entwickelt sich dieser 86er eher zum neuen 1928er. Sehr jung aus dieser Magnum auch der Wein des Abends der 1989 Lynch Bages aus der Magnum. Das war Pauillac in Reinkultur mit gewaltiger, Statur, präziser Cassis-Frucht und feiner Minze – WT97. Ich habe diesen Lynch Bages schon deutlich offener erlebt, auch geradezu sexy mit animierender Frucht. Aber die wirklich großen 89er aus Pauillac, du denen dieser Lynch Bages zweifelsohne gehört, sind echte Langstreckenläufer mit langer, großartiger Zukunft.

Schön war er, dieser Nachmittag/Abend, und der liebe Bernd dürfte gerne jede Woche Geburtstag haben.