Wenn der Wunderbrunnen richtig sprudelt

Was für ein genialer Abend im Wunderbrunnen in Opfikon, wo wir in feiner Runde mit Roger und seinen Freunden gezaubert haben, was das Zeug hält.

Nach einem „normalen“ Ruinart als Apero ging mit einem 1955 Ruinart Baron Philippe gleich in die Vollen. Der war sehr reif und stammte wohl aus etwas zu warmer Lagerung. Gülden die Farbe, Mousseux nicht mehr vorhanden. Aber er trank sich noch gut und erinnerte an einen Sherry Amontillado – WT85.

Wenn man heute Gantenbein sieht, dann gibt es nur noch Pinot Noir, Chardonnay und Riesling. Das war nicht immer so. In den Jahren seit 1982, in denen Martha und Daniel Gantenbein anfingen, haben sie auch andere Sachen ausprobiert. So diesen 1999 Riesling X Silvaner, den ich im schier unergründlichen Wunderbrunnen-Keller fand. Klar musste da der Korken raus. Erstaunlich, wie frisch der noch war mit schöner Fülle und dezenter, feiner Süße, saftig, Honigmelone, mit immer noch guter Säure – WT90. Schöne Trinkigkeit zeigte auch ein immer noch jung wirkender, dezent hefiger 2012 Silvaner Vom Mühlweg von Michael Teschke mit Quitte ohne Ende, milder Säure und guter Mineralität – WT90. Und dann kam aus der weißen Abteilung noch ein prächtiger 2009 Meursault Charmes von Mikuslski, straff, präzise, würzig mit intensiver Mineralität – WT95.

Weiter ging es mit vier Rotweinen von Léon Violland, einem 1844 gegründeten, renommierten Handelshaus aus Beaune. 1996 wurde Léon Violland von der Gruppe Boisset übernommen. Weine des Hauses Léon Violland, das seinerzeit über große Keller verfügte, tauchen häufig auf Auktionen auf und haben meist sehr gute Qualität. Einen schlechten Füllstand mit wohl nicht richtig schließendem Korken hatte wohl der 1969 Pommard Charmots 1er Cru. Dezent oxidativ die rosinige Nase, am Gaumen metallische Noten, immer noch gut trinkbar, aber weit von der Qualität die dieser Wein aus guter Flasche bringen müsste – WT86. Sehr fein und elegant mit feiner, betörender, rotbeeriger Frucht und feinem, süßem Schmelz der 1972 Pommard. Kräftig, kernig, druckvoll der deutlich jünger wirkende 1964 Beaune Avaux 1er Cru. Der sicher noch etliche Jahre vor sich hat und durchaus noch zulegen könnte – WT93+. Deutlich reifer mit feiner Kirschfrucht und Waldboden der elegante 1966 Echezeaux – WT93.

Erst zögerlich öffnete sich der 2005 Côte Rotie La Mordorée von Chapoutier, der derzeit noch dringend zur Entfaltung ein Vollbad im Dekanter braucht. Kernig, rustikal, fleischig, animalisch bringt der das gesamte Aromenpaket der Côte Rotie bis hin zum Blut ins Glas – WT95. Sensationell gut wieder der immer noch so frische 1989 Domaine de Chevalier, der die teerige Mineralität und die klassische Pessac Cigarbox der Big Boys in sehr eleganter Form mit viel Charme rüberbringt. Bekam blind am Tisch die WT95, die dieser Wein voll verdient. Diese Eleganz entwickelt hoffentlich in wohl erst 10 Jahren dann auch mal der immer noch von massiven Tanninen geprägte 1986 Gruad Larose, der gewaltiges Langstreckenpotential besitz – WT95+.

Für den Jahrgang erstaunlich kräftig und dicht mit dunkelbeeriger, leicht reduktiver Frucht ein 2003 Vosne Romanée 1er Cru En Orveaux von Guyon – WT93. Deutlich eleganter, feiner und „burgundischer“ war da im direkten Vergleich der 2008 Wildenstein Spätburgunder R von Bernhard Huber, der sich hier erstaunlich offenzeigte, aber sicher noch zulegen dürfte – WT93+. Erst wenige Tage vorher hatte ich den noch deutlich ausdrucksstärker und weiter bei Concept Riesling getrunken mit dieser feinen Beerenfrucht des kühleren Jahrgangs, der guten Mineralität, der enormen Tiefe und der exzellenten Struktur, bei aller Eleganz so nachhaltig – WT95.

Und dann kam ein unglaubliches, kurzes Bordeaux Trommelfeuer. 1990 La Mission Haut Brion war auf sehr hohem Niveau etwas verhaltener, als ich ihn kenne. Eigentlich ist der auf dem Wege zur Perfektion – WT97. Die klassische, berühmte Eisenfaust im Samthandschuh war dieser kraftvolle und gleichzeitig so elegante und charmante 1982 Margaux – WT98. Noch eine Ecke darüber der lange verkannte 1989 Margaux mit ähnlicher Stilistik, aber noch explosiverer Aromatik – WT99.

Und wenn nichts mehr geht, dann geht immer noch Batonnage? Dieser 2008 Batonnage aus Österreich von den Wild Boys of Batonnage ist sicher kein schlechter Wein, aber nach Chateau Margaux wirkt dieses dicke Zeugs nur noch zu dicht, bitter, überkonzentriert und gemacht – WT90.