Gantenbein & Friends
Ein wunderbarer Nachmittag und Abend in der Bündner Herrschaft bei und mit guten Freunden war das. In schöner, privater Runde auf einer traumhaften Terrasse wurden wir geradezu atemberaubend kulinarisch mit einem vielgängigen Menü verwöhnt, das locker auf **Niveau war. Dazu kam eine erlesene Batterie spannender Weine.
Sehr verschlossen zeigte sich zu Anfang die 2018 Hermannshöhle GG von Dönnhoff. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn dieser Gigant fährt häufig in der ersten Zeit Achterbahn. Auf der VDP Tour Anfang Februar war das für mich einer der besten Weine der Verkostung und der Top-Wein der Nahe. Da kommt die Hermannshöhle sicher wieder hin. Offener aber auch etwas (nicht unangenehm) reduktiv der 2018 Gantenbein Riesling, der 14 Monate auf der Feinhefe gelegen hatte. Sehr kräftig, trotz bescheidenen 2g Restzucker absolut trocken wirkend, sehr mineralisch, druckvoll mit guter Säure und animierender Frucht – WT95. Der ziemlich rare Gantenbein Riesling wächst auf einer kleinen Parzelle mit Schieferböden.
Drei große Namen aus Burgund kamen jetzt ins Glas. In erster Reife zeigte der 2005 Chablis Grand Cru Blanchots von Raveneau bei aller Frische eine erstaunliche Fülle und feinen, nussigen Schmelz. Mit Luft entwickelte er deutlich mehr Struktur und zeigte Kante. Ein großer Wein – WT96. Und noch einmal kam unerwartete Fülle ins Glas. Der 2009 Meursault Charmes von Roulot aus diesem warmen Burgunderjahr zeigte eine für Roulot, der es ja eher etwas karger mag, erstaunliche Fülle, blieb aber sehr präzise mit intensiver Mineralität. Im Abgang kam dazu ein dezent nussiger Schmelz – WT95. Eher enttäuschend der 2010 Chassagne-Montrachet Premier Cru Morgeot von der Domaine Ramonet, der zwar kräftig und füllig war, aber auch ohne Spannung und damit etwas belanglos wirkte – WT90.
Bei aller Jugend schon so betörend und animierend der 2018 Gantenbein Chardonnay mit feiner, leicht exotischer Frucht, so hoch elegant und balanciert mit sehr guter Mineralität und präziser Struktur, im positiven Sinne schlank mit dezentem Holz und in dieser Qualität auf Augenhöhe mit den größten, Weißen Burgundern. Hat enormes Potential, dürfte sehr gut altern, dabei zulegen und wird sehr nahe der Perfektion landen – WT97+. Ein für den Winzer eher zweifelhaftes Geschenk der Natur ist dieser sehr konzentrierte, immer noch so blutjunge 2013 Gantenbein Chardonnay. Durch Verrieselung der Blüte entstand hier eine natürliche Erntereduzierung von 80(!)%. In die verbliebenen Beeren, die teilweise einzeln gelesen wurden, packten die Reben alles nur Denkbare an Kraft und Konzentration. Dieses gewaltige Konzentrat kommt hier aber mit schier unglaublicher Präzision und Finesse ins Glas. Ein Mörderteil mit gewaltigem Potential für lange Jahre – WT97+. Diese herausragende, sehr beständige Qualität dieser sehr raren Gantenbein Chardonnays ist schon fast beängstigend.
Völlig anders, aber extrem beeindruckend danach der perfekt gereifte 1995 Hermitage Blanc von Chave, ein Gigant, der in sich ruhte. Tiefes Goldgelb, enorme Kraft und Druck, schöne Bitternote, großartige Fülle und Länge – WT97.
Zwei große Namen und ein eher sehr enttäuschendes Ergebnis beim 2000 Richebourg von Méo-Camuzet. 2000 war im Vergleich zum grandiosen Bordeauxjahrgang in Burgund ein eher schwieriges Jahr. Eine, wo nicht rigoros selektiert wurde, potentiell große Ernte und niedrige Säurewerte führten zu früh trinkreifen, aber nicht unbedingt sehr langlebigen Weinen. Dieser Richebourg hier wirkte geradezu weich und auf hohem Niveau schlabberig. Er hatte weder die Spannung, noch die Kraft und Struktur eines großen Richebourg. Selbst wenn das hier jetzt nicht die allerbeste Flasche war, enttäuschte das Ergebnis schon. Dieser Wein, der wohl schon bessere Zeiten gesehen hat, war deutlich auf dem Abstieg – WT90. Ganz anders der großartige 2002 Bonnes Mares von Comte de Vogüe, der eigentlich alles hatte, was dem Richebourg fehlte. Der hatte Struktur, Kraft, Spannung und Länge, dazu noch eine gute Zukunft – WT95. Dazu kommt natürlich, dass der Jahrgang 2002 in Burgund im Gegensatz zu Bordeaux groß war mit kräftigen Weinen, die sehr gut altern können.
Absolut großartig für den heißen Jahrgang der 2003 Clos Saint-Denis Grand Cru von Dujac. Der zeigte eine erstaunliche Frische, feine Kirschfrucht, florale und kräuterige Noten und dazu eine fantastische Präzision – WT94. Sehr würzig mit eher dunkler Frucht der 2005 Clos de Vougeot von Denis Mortet mit schöner Fülle und immer noch deutlicher Kraft – WT94.
Ein Deja Vu danach für mich der geniale 2013 Gantenbein Pinot Noir, den ich erst am Vorabend im Rössli in Bad Ragaz genossen hatte. Auch hier war es die Verrieselung der Blüte, die mit einer natürlichen Erntereduzierung von 2/3 zu einem gewaltigen, faszinierenden Konzentrat mit geradezu explosiver Aromatik führte. Etwas offener war er sehr rechtzeitig dekantiert am Vorabend, nicht mehr ganz so wild, mit deutlich mehr burgundischen Konturen, wobei er mit dem Vollmond um die Wette strahlte (WT98). Aus dieser Flasche hier, die direkt vom Gut kam, einen Tick jünger – WT97+. In jedem Fall hat dieser immer noch so jugendliche, grandiose Wein das Potential für Perfektion – WT97+. Geradezu sinnlich nicht nur die Nase dieses sehr feinen 2018 Pinot Noir von Gantenbein mit wunderbarem Spiel roter und blauer Beeren, mit Frische und Balance, so elegant und finessig mit der Pracht und Fülle eines großen Burgunders, dabei mit einer faszinierenden Leichtigkeit, dürfte sich erst in ein paar Jahren richtig öffnen, sehr gut altern und dabei deutlich zulegen – WT96+. Was mich an diesen Gantenbein Pinots immer wieder begeistert, ist einfach diese sinnliche, im besten Sinne erotische Note.
Nicht klar kam ich danach – mal wieder – mit dem 1986 Mouton Rothschild, der aus einer perfekten 1tel noch ziemlich verschlossen wirkte und als solcher eigentlich nicht zu erkennen war. Wunderbarer Abschluss dann ein immer noch so jugendlich frischer und sehr kräftiger 1995 Ridge Monte Bello. Die betörende, dunkelbeerige Frucht sehr viel präziser und nicht mehr so üppig wie in früheren Jahren. Dabei sehr elegant und stimmig, dieser Monte Bello, der mit seiner guten Tanninstruktur noch eine lange Zukunft haben dürfte – WT95.