Raritäten mit Damen

Eine sehr gute Verkosterin ist sie, meine liebe Gattin, und sehr gerne trinke ich mit ihr zusammen schöne Weine. Nur auf Weinproben hat sie keine allzu große Lust. Den ganzen Abend schöne Weine trinken – sehr gerne. Aber den ganzen Abend dazu nur über Wein reden – nein danke. So traf es sich gut, dass wir diese feine Adventsprobe im Berens am Kai zu großem Menü im Kreise guter Freunde mit Damen machen konnten.

Gelungener Start ein 1971 Dom Perignon. Deutlich reifer, aber immer noch bestechend schön zeigte er sich zweimal 2021, einmal aus der Magnum und zum Jahresende nochmal aus der 1tel. Gülden, noch dezentes Mousseux, viel Kaffee, buttriges Brioche, apfelige Frucht, gute Säure und schöne Fülle, feiner Schmelz – WT96.

Zwei Raritäten trafen in der nächsten Flasche aufeinander. Große Grüne Veltliner sind in der Reife locker auf Augenhöhe mit den besten Weißweinen dieses Planeten. Und wenn solch ein Wein dann noch als rare 1999 Grüner Veltliner Vinothekabfüllung von Knoll ins Glas kommt, dann passt einfach alles. So kräftig war dieser Traumstoff, so komplex mit enormem Tiefgang, mit intensiver Würze und herrlicher Marille, mit verschwenderischer Fülle und cremiger Textur, aber auch sehr guter Struktur und feiner, salziger Mineralität. Mit seiner erstaunlichen Frische dürfte er sicher noch 10 und mehr Jahre gut altern – WT98. Am Tisch wurde zunächst blind auf einen großen Chardonnay getippt. Das ist verständlich, denn reife Grüne Veltliner ähneln oft entsprechend gereiften Montrachets.

Und nach dem österreichischen Montrachet kam dann gleich noch einer aus der Schweiz ins Glas, ein perfekt gereifter, aber in keinem Falle alter 2004 Gantenbein Chardonnay. Kräftig, füllig, würzig und finessig war das Burgund vom feinsten mit schönem Schmelz und toller Länge – WT96.

Große Weine brauchen keine schönen Etiketten. Ganz schlicht und einfach war das Etikett dieses 1953 Haut Brion. Vermögende, belgische Familien erwarben damals jährlich „ihr“ Fass Haut Brion und ließen es vom Händler ihres Vertrauens abfüllen, und lagerten die Flaschen in ihrem Keller ein. Aus einem solchen Keller konnte ich vor langen Jahren mehrere, nie bewegte Flaschen kaufen. Eine davon hatten wir jetzt vor uns. Mit fantastischer, tiefer Farbe und perfektem Füllstand mit Original Kork war das Haut Brion vom Allerfeinsten. So unglaublich kräftig, praktisch altersfrei mit ätherischer, minziger Nase, viel Tabak und Zigarrenkiste, teeriger Mineralität und perfekter Struktur zeigte dieser einfach komplette, faszinierende Haut Brion enorme Komplexität und gewaltige Länge. Im zarten Alter von 68 Jahren war das einfach unglaubliche Perfektion – WT100.

Viele Burgunder werden heute viel zu jung getrunken. Dabei entfalten gerade die großen Burgunder ihre volle Magie erst nach Jahrzehnten. So, wie dieser wunderbare 1976 Clos St. Denis von Dujac, der jetzt in unsere Gläser kam. Der war noch so jung und lebhaft mit feiner Himbeere und roter Kirsche, einem Hauch Kaffee und Unterholz. Er zeigte sich so elegant und voller Finesse, aber auch enorm griffig mit Tiefe und Komplexität. Im langen Abgang kam dazu erster, süßer Schmelz. Ein beeindruckender Grand Cru, dessen gute Säure, Rückgrat und Tannine ihn sicherlich noch einige Dekaden gut altern lassen würden. Aber den jetzt hier in diesem Sweetspot trinken zu dürfen, wo er alles zeigte, das war schon magisch – WT97. Absolut giGantisch und mindestens auf Augenhöhe danach der 2013 Gantenbein Pinot Noir, eine Art Essenz von Gantenbein, mächtig, kräftig, röstig, auch etwas wild und verrückt, und doch gleichzeitig so fein und elegant, ein am Gaumen kaum endender Pinot Traum mit noch gewaltiger Zukunft – WT97+.

Weiter ging es mit einem meiner Lieblings-Moutons, dem 1988 Mouton Rothschild. Der schält sich immer mehr aus seinen immer noch ziemlich strammen Tanninen, so jugendlich frisch, dicht und zupackend mit der klassischen Mouton Aromatik. Wird sich mit 82 und 86 mal ein packendes Rennen um den besten Mouton aus den 80ern liefern, große Zukunft – WT97+.

Und auch der nächste Wein gehört zu meinen Lieblingsweinen. Dieser 1983 La Mission Haut Brion war mal wieder ein großer, kompletter La Mission, ätherisch die wunderbare Nase mit Minze und Eukalyptus, Tabak, Cigarbox und viel Kräutern, so elegant und seidig am Gaumen, voll trinkbar, aber auch noch mit gutem Rückgrat für noch lange Jahre – WT97.

War es diese Flasche? Erste Reifetöne und auch Oxidation zeigte dieser 1978 Mondavi Cabernet Sauvignon Reserve, den ich aus früheren Jahren deutlich besser kenne. Und so erzählte er nur mit leiser Stimme von der Zeit, als er noch voll im Saft stand mit in der Nase Cassis, Minze, Eukalyptus und Leder, dazu feine Süße, einfach ein sehr stimmiger, eleganter Wein, der in der Struktur an einen großen Bordeaux vom linken Ufer erinnert, statt früher WT96 jetzt noch gerade WT90.

Einfach ein Traum danach dieser 1999 Pride Mountain Claret Reserve, reife Kirschfrucht auf der einen Seite und dann dieses florale der Kirschblüte, einfach betörend, am Gaumen wunderbarer, hedonistischer, aber nicht überladener Schmelz und großartige Länge, so schmeckt großer, perfekt gereifter Kalifornier – WT96.

Einfach zeitlos schön und frisch mit jugendlicher, dunkle Frucht als letzter Wein des Abends der 1999 Newton Grand Vin, mit Minze, einem Hauch Eukalyptus und großartiger Struktur – WT96. Den Titel Grand Vin trägt er zurecht und dürfte noch eine längere Zukunft haben.

Ganz nahe der Perfektion dann noch als Abschluss zwei kalifornische Superstars. Einfach traumhafte, betörende und auch berührende Frucht, dahinter so eine gewaltige, druckvolle Struktur, altersfrei und aus einem Guss, der einfach atemberaubende 1999 Harlan– WT99. Und auch der unsterbliche 1991 Caymus Special Selection zeigte perfekt, wie man traumhafte, kalifornische Frucht mit Frische und Leichtigkeit rüber bringen kann, einfach sexy, dieser Wein und so elegant – WT99.