All in Magnums Vol. 2

Was für eine Probe! Die schönsten Weine Kaliforniens aus 28 perfekt gelagerten Großflaschen, wie sie eben nur aus Eugen Haefligers unerschöpflichem Keller kommen können. Anfang Februar bei Küchengott Werni Tobler in der Bacchus Genussmanufaktur in Hildisrieden.

Und wie es sich gehört, spielte auch der Wettergott mit, Apero auf der schönen Terrasse. Einen 2019 Sauvignon Blanc von Realm aus der Magnum gab es. Der war ganz nett, freundlich, fruchtig und schmelzig, aber es fehlte der Biss – WT89.

Und dann startete die große, rote Magnumparade mit einem furiosen Flight, für den ich auch auf den Knien in die Schweiz gerutscht wäre. Irritierend erst beim 1975 Mayacamas die reife Farbe mit deutlichen Brauntönen. Auch die feine Nase zeigte erst etwas Reifetöne, doch dann ging es los. Minzig, fein und elegant erst der Gaumen mit schöner Süße, aber da war auch noch enorme Kraft. Die ließ den Mayacamas, der immer mehr ausbaute, so druckvoll werden mit gewaltiger Länge, einfach wunderschön. So geht perfekt gereifter Old School Kalifornier – WT99. Auch beim 1975 Heitz Martha´s Vineyard irritierte die reife Farbe. Aber da war auch diese explosive Minze und Eukalyptus Aromatik, wild im besten Sinne mit einem Schuss Cola. Und bevor uns die Euphorie übermannte, setzte plötzlich diese eher aus den Martha´s der 90er bekannte Altfassstrenge ein, so schade, denn dieser Wein kann deutlich mehr – WT96. Auch beim 1984 Heitz Martha´s Vineyard war da zunächst diese Strenge, aber die ging weg. Und der Wein entwickelte sich zu einem richtig großen, faszinierenden Martha´s mit reichlich Minze, Eukalyptus und Spannung – WT97. Erstaunlich gefällig und ohne Fehltöne der perfekt gereifte 1987 Heitz Martha´s Vineyard mit glockenklarer Frucht und toller Länge – WT96. Jugendlich noch die wunderbare Frucht der jungen Reben des neu bepflanzten Rebberges beim 1997 Heitz Martha´s Vineyard, der sich zupackend, kräftig und mit großartiger Länge zeigte – WT97.

Etwas rätselhaft war der 1992 Stag´s Leap Cellars Cask 23. Die Nase war ziemlich korkig, doch am Gaumen zeigten sich Frische, feine Frucht und Balance. Da konnte man nur versuchen, die Nase zuzuhalten und unten durch zu trinken. Bewertung natürlich schwierig. Groß wie immer zeigte sich der 1994 Dominus, dieser fantastische Pauillac aus Kalifornien. Ein minziger, kräftiger Wein mit toller Struktur, der sich hier schon erstaunlich reif zeigte. Je nach Lagerung und Tagesform ist dieser Dominus perfekt oder auf dem Wege dorthin – WT97+. So fruchtig und jung zeigte sich dieser 1995 Pahlmeyer Proprietary Red mit toller, animierender Fülle und grandiosem Trinkfluss – WT96. Die Pahlmeyers aus der Mitte der Neunziger gehörten damals zu meinen Lieblingskaliforniern. Jetzt diesen 95er noch mal aus perfekter Magnum genießen zu dürfen, das hatte was. Etwas Pappkarton und nassen Hund zeigte der 1995 Togni Cabernet Sauvignon in der Nase. Am Gaumen war er dicht, kräftig und wehrte sich gegen das getrunken werden. Aber mit viel Luft wurde das etwas besser. Die Tognis sind sehr langlebig, möglich, dass das hier nur ein Übergangsstadium war – WT92+. Der 1995 Seavy hatte eine ziemlich penetrante, ungewöhnliche Vanille Nase. Am Gaumen war das ein gefälliger, weicher, zugänglicher Wein ohne viel Struktur – WT93.

Weiter ging es mit fünf Magnums aus dem großen Kalifornien Jahrgang 2001. Darf man so einen im besten Sinne kernigen Wein wie diesen 2001 Dunn Howell Mountain mögen? Oh ja, da war zwar Frucht im derzeitigen Zustand zumindest aus dieser Magnum hier (ich kenne diesen Wein aus Normalflaschen auch offener) weitgehend Fehlanzeige, aber dafür war das ein puristisches, konzentriertes Powerteil, dicht, komplex mit sehr geradliniger Struktur und deutlichen Tanninen für eine lange Zukunft – WT97. Völlig anders der 2001 Phelps Insignia, das war liquid sex. Der war so fruchtig und opulent, eine pralinige Schoko-Minze Mischung, aber auch elegant und sehr finessig – WT98. Ein Gigant der 2001 Ridge Monte Bello, den ich noch nie in dieser Perfektion im Glas hatte. Ziemlich opulent mit süßer Frucht und auch alkoholisch (14,1%) für Monte Bello, aber auch mit Präzision und genialer Struktur, aus dieser Magum hier einfach komplett und klare WT100. An beste Hillside Selects erinnert dieser 2001 Shafer Sunspot Vineyard 25th Anniversary, ein grandioser , minziger Wein mit feiner Opulenz – WT99. Ein genialer, charakterstarker Wein war dieser 2001 Togni Cabernet Sauvignon mit tiefer Farbe, puristischer, minziger Frucht, Cassis, Roter und Schwarze Johannisbeere, Lakritz und Bitterschokolade, enormer Kraft und großartiger Struktur, in erster Reife, aber da kommt noch mehr – WT96+. An Togni Notizen im Internet erkennt man übrigens leicht, wo die Leute ihre Weine lagern(z.B. unter dem Bett oder auf dem Dachboden, oder ob sie diese in den USA, wo tiefe, kalte Weinkeller ja nicht gerade die Regel sind, auf Internet Auktionen gekauft haben. Ich bin in den Neunzigern mal von Philip Togni persönlich beschimpft worden, weil ich gewagt hatte, einen seiner Weine zu früh zu öffnen. Gut gelagert altern die klassischen Tognis fast ewig.

Einfach ein Gedicht war dieser 2002 Les Pavots von Peter Michael. Traumhafte Frucht, Heidelbeere, so frisch, so animierend, dabei nur dezent opulent – WT97. Auf hohem Niveau ziemlich langweilig und mit leicht oxidativen Noten schon recht reif fand ich den 2005 David Arthur Estate Elevation 1147 – WT91. Der geht eigentlich besser. Ein Wahnsinnsteil dafür dieser großartige 2005 Heitz Martha´s Vineyard. Oft wird ja diskutiert, ob die neuen Martha´s nach der Neuanpflanzung so gut sein können, wie die alten, klassischen. Dieser atemberaubende, noch so jugendliche Wein, immer noch mit etwas Babyspeck, gibt die klare Antwort: Ja, sie können. Mit betörender Frische hat dieser Wein wunderbare, reintönige Frucht, viel Minze, einen ersten Hauch Eukalyptus, Süßholz, sehr druckvolle Aromatik, Spannung und Länge. Das ist heute schon irre und wird ein riesengroßer, langlebiger Martha´s – WT97+. Auch der 2005 Mayavcamas hat mich sehr überrascht. Das Gut scheint wohl eine Art Wiederauferstehung zu feiern. Coole, kirschige Mountainfrucht, gute Säure, Frische, noch etwas bissige Tannine und große Zukunft – WT95+. Natürlich nichts für Marmeladenfans. Das gilt auch für diesen wunderbaren 2005 Chateau Montelena Estate. Montelenas können nicht nur gut und lange altern, sie müssen es auch. Dieser hier machte schon enormen Spaß, sehr elegant mit betörender Kirschfrucht, perfekt balanciert, nicht überladen mit guter Tanninstruktur und großartiger Zukunft – WT95+. Erinnert an große Montelenas aus früheren Jahren und wirkt etwas so, als ob auf Montelena dankenswerterweise die Zeit etwas stehengeblieben ist.

Und dann kam als Abschluss dieser fantastischen Probe noch ein Flight mit fünf Magnums aus dem heute schon als legendär bezeichneten 2007er Jahrgang. Sehr fein, elegant und schmeichlerisch, aber auch sehr nachhaltig mit toller Länge zeigte sich der 2007 Araujo Eisele Vineyard, der mit seiner Finesse an die wunderbaren Eiseles früherer Jahre erinnerte – WT97+. Araujo Estate wurde 2013 von den Besitzern von Chateau Latour erworben und wurde 2016 in Eisele Vineyard Estate umbenannt. Der Qualität wird diese Übernahme durch Latour sicher keinen Abbruch tun. Aber preislich wird sich dieses Gut sicher immer mehr von den meisten von uns entfernen. Sehr dicht, kräftig und für meinen Geschmack zu konzentriert wirkte das 2007 Lewis Cellars Cuvée L – WT95+. Die Zeit mag es richten. Sehr modern auch der Stil des 2007 Ovid Red Wine vom berühmten Pritchard Hill, mit einem Spagat aus ziemlich dich und konzentriert auf der einen Seite und viel Finesse auf der anderen – WT96+. 2007 Kalifornien ist halt nicht gerade ein Jahrgang für Filigrantrinker. Da war es schön, dass jetzt mit dem 2007 Kelly Fleming die betörende, sanftere, schmusigere Version der 2007 Hämmer ins Glas kam – WT95. Würdiger Abschluss der 2007 Foley Claret, ein zwar enorm kräftiger, druckvoller Wein, der aber auch sehr balanciert war und die Eleganz früherer Foleys in den 2007er Jahrgang gerettet hat. Wunderbare, glockenklare Frucht, gute Mineralität, sehr gute Struktur mit präsenten, aber reifen Tanninen, wird sich gut weiternetwickeln und zeigt viel Potential – WT97+. Ob der in 5-10 Jahren so wie in diesem Jahr der 2001er die American Beauty gewinnt? Das Zeug dazu hat er.

Und woran erkennt man einen um das Wohl seiner Gäste und Freunde sehr besorgten Gastgeber? Aus Angst und Sorge, dass einige von uns nach dem Genuss einer ganzen Kalifornien Magnum pro Nase noch verdursten könnten, hatte der liebe Eugen Haefliger noch einen Tischwein angestellt, eine kleine, zarte 6 Liter 2007 Larkmead Vineyards LMV Salon Imperiale. Noch sehr jugendlich mit reifer Brombeere in Bitterschokolade war das Kraft und Freude in bester 2007er Art – WT96+. Da blieb dann wirklich kein Auge mehr trocken.