Boxenstopp in Bad Ragaz

Zum traditionellen Boxenstopp Tasting trafen wir uns kurz vor Weihnachten im Rössli in Bad Ragaz mit den Gantenbeins und weiteren, Schweizer Freunden. Mit dabei waren natürlich wieder reife Burgunder aus dem Wineterminator Keller, die auf großartige Gewächse unserer Freunde trafen.

Wir starteten in den Abend mit einem 2012 Bollinger Grande Année Champagner. Der war noch sehr jung, frisch und elegant, dabei sehr weinig. Zeigte sich jetzt in dieser immer noch jugendlichen Phase von seiner finessigen Seite mit erster, schöner Fülle. Wird mit seiner muskulösen Struktur über die nächsten 20+ Jahre sicher weiter zulegen – WT94+. Der dann folgende 2001 Chevalier Montrachet von der Domaine Leflaive zeigte sich weiter und reifer als vor vier Jahren in der Traube Trimbach, aber noch immer ohne jeden Hauch von Premox. Sehr ausdrucksstark mit kräftiger Farbe und immer noch deutlichem Holz, dabei ziemlich fett wirkend, in der Nase erste, feine Süße. Wie 2018 ein großer, absolut stimmiger Burgunder mit Frische statt Premox, so hoch elegant, sehr fein die leicht florale und von Zitrusfrucht geprägte Nase, so fein, elegant und tänzerisch am Gaumen mit feinem, mandeligem Schmelz und großartiger Länge – WT96.

So eine Art Filigran-Turbo war der 2018 Oberhäuser Brücke Riesling GG Versteigerungswein von Dönnhoff. So schlank, mineralisch und präzise, absolut brillant mit feiner Mirabelle, jugendlich frisch mit toller Säure, komplex und enorm druckvoll mit großer Länge, ein Wein mit Legendenpotential, der mal Perfektion erreichen dürfte – WT98+.

Damit kamen wir zu den reifen Burgundern. Grandios zeigte sich der perfekt gereifte 1934 Bonnes Mares von Seguin- Manuel mit wunderbarer Aromatik, sehr schöne, pikante, rotbeerige Frucht, sehr elegant mit feinster Seide, komplex und geschmeidig mit süßem Schmelz und schöner Länge. Stand wie eine Eins im Glas – WT98. Schwer hatte es dagegen der 1934 Musigny von den Caves Maxims aus Paris. Der hatte zu Anfang Kellermuff, etwas Liebstöckel und flüchtige Säure, nur die gute Säure am Gaumen schien ihn am Leben zu halten. Doch mit Luft entwickelte er sich erstaunlich schön im Glas mit feiner Frucht, immer mehr Tiefe und generöser Süße. Nach einer Stunde wurde aus der WT87 Enttäuschung ein WT93 Wein.

Roséfarben kam dann ein 1937 Corton Tête de Cuvée der Weinhandlung G.&H. Horcher aus Berlin ins Glas. Der zeigte eine erstaunliche Frische, immer noch animierende, pikante Frucht und gute Säure. Er war sehr elegant, perfekt balanciert und verwöhnte uns mit feiner, generöser Süße – WT96. Warum wir reife Burgunder eigentlich immer dekantieren? Es gibt gerde diesen Weinsenioren die Chance, sich deutlich besser zu entfalten. Wenn ein Wein kaputt ist, dann hilft Dekantieren nicht, kann aber auch nichts mehr kaputt machen. Aber bei diversen Keller- Reife- und Nebentönen hilft Dekantieren ungemein. So bei diesem 1945 Gevrey Chambertin von Jacques Bouchard aus einer optisch perfekten Flasche mit gutem (3cm) Füllstand. Sehr dicht und kräftig war der mit tiefer Farbe, die wenig Alter zeigte, aber zu Anfang mit etwas Jod und pilzig. Aber mit Luft kam immer mehr diese erstaunlich konzentrierte, pikante, rotbeerige Frucht in den Vordergrund. Mit seiner großartigen Struktur, dem kräftigen Rückgrat und der guten Säure könnte dieser Wein noch gut 20-30Jahre altern und zu seinem eigenen 100sten Geburtstag ein echter Knaller sein – WT95+.

Schlichtweg atemberaubend, absolute Perfektion und der Wein des Abends, zumindest unter den Burgundern, war ein 1949 Chambertin von Morin. N, damals ein sehr zuverlässiger, bekannter Negociant. Dieser traumhaft schöne Wein aus perfekter Flasche (2cm) mit voll intakter Farbe wirkte trotz aller Reife immer noch so jung. Absolut superb diese Balance aus Kraft und seidiger Eleganz, diese fantastische, reife, verführerische Frucht und dieser allerfeinste Schmelz in Verbindung mit der Pracht und Fülle eines großen Chambertin und der unendlichen Länge waren einfach einmalig. Es schien, als habe dieser göttliche, großartige und einfach komplette Burgunder 73 Jahre lang nur für uns auf diesen einmaligen Moment gewartet – WT100. Klar konnte da auf diesem unglaublichen Niveau der 1953 Pommard von Champeval & Bouillon nicht mit. Aber dieser einfachere Burgunder hätte in jeder anderen Burgunder mit seiner betörenden Eleganz, seiner Balance und seiner feinen Süße und sehr guter Länge für einen Höhepunkt gesorgt – WT96.

Immer wieder Höhepunkte sind Burgunder aus dem großen Jahrgang 1959. Aus dem hatten wir jetzt zwei Superstars. Der 1959 Hospice de Beaune Cuvée Dames Hospitalières, als Fass am 15. November auf der berühmten Versteigerung der Hospice Weine gekauft, ausgebaut und abgefüllt von Leroy war einfach göttlich mit superber Frucht und feinstem Schmelz, ein perfekt gereifter, balancierter Traum – WT98. Eigentlich ist das „nur“ ein Côte-de-Beaune Villages, aber in überragender immer zuverlässiger Qualität. Ich habe den schon z.B. als 1919er, abgefüllt von Bichot und als 1953er, abgefüllt von Patriarche, gehabt, beide jeweils auf WT97 Niveau. Diesmal hatte 1959 Leroy mit dem Kauf dieses Fasses das Goldene Händchen gehabt. Im anderen Glas war ein 1959 Clos Vougeot von Leroy. Den hatten wir hier an Ort und Stelle schon einmal, und die Zwillingsflasche zeigte sich jetzt praktisch unverändert auf gleichem Niveau. Ein absolut stimmiger, harmonischer, großer Burgunder, der mit guter Säure sehr viel Frische zeigt und immer noch am Anfang einer längeren Entwicklung steht. Sehr fein, sehr finessig, baut enorm im Glas aus, etwas kräftiger als der Hospice Wein, aber mit dessen einmaligem Schmelz kam er einfach auf hohem Niveau nicht mit - WT97.

Die großen Burgunder aus 1959 kommen natürlich immer zu Ehren von Martha Gantenbein ins Glas, denn die liebe Martha stammt aus 1959. Aber da übertrumpfte uns Daniel Gantenbein diesmal noch mit einem schlichtweg atemberaubenden 1974 Heitz Martha´s Vineyard. Der zeigte sich in absoluter Bestform. Ein unglaublich stimmiger Wein mit viel Minze und Eukalyptus, sehr würzig, pfeffrig, sehr lang am Gaumen, einfach alles in der totalen Harmonie eines Weltklasseweines – WT100.

Zwei weitere 59er Burgunder kamen noch in unsere Gläser, die es nach diesem Feuerwerk natürlich verdammt schwer hatten. Immer noch so jung mit sicher langer Zukunft war der kräftige, kernige 1959 Volnay 1er Cru Clos de la Pousse d´Or von Chavigne et Lavoreille mit feiner Süße und toller Länge – WT95+. Ein feiner, eleganter Schmeichler war der 1959 Corton von Comte de Moucheron, dem für einen großen Corton vielleicht etwas Kraft und Struktur fehlten – WT94.

Mit zwei weiteren Kaliforniern endete dieser famose Abend. Der immer noch so junge, enorm kräftige 1987 Ridge Monte Bello erinnerte an einen durchtrainierten Top Athleten, nur Muskeln, kein Fett und eine sehr gute Struktur. Sehr minzig mit präziser Kirschfrucht zeigte er sehr gute Länge, und die gute Säure lieferte die Frische – WT96. Sollte gut weiter altern. Der 1987 Diamond Creek Gravelly Meadow zeigte die typische, intensive Mineralität, wirkte zu Anfang etwas herb und hager, legte aber mit Luft zu – WT93.