Keller mit den Kellers

Ein grandioses Erlebnis war das Mitte November, mit Julia und Klaus Peter Keller in ganz kleiner Runde im Berens am Kai die aktuellen 2021er Keller Weine verkosten zu dürfen. Holger Berens verwöhnte uns dazu mit einem feinen Menü und dem legendären Backfisch.

2021 galt ja nicht als einfaches Jahr. Aber das was die Kellers da mit ihrem unermüdlichen Streben nach Perfektion auf die Flasche brachten, das war schlicht und einfach genial. Sehr elegant und vibrierend mit viel Energie und sehr guter Säure das Kirchspiel. Kräftiger und druckvoller der fantastische Obere Hubacker, beide sicher in der WT97+ Liga. Da liegt auch das Morstein GG mit kühler Eleganz, tiefer Mineralität, schöner Fülle und großartiger Länge. Traumhaft und auf dem besten Wege zur Perfektion wieder die Abtserde, mein Lieblings-Keller, Eleganz und Finesse pur, so nobel und geradezu aristokratisch, so dicht und trotzdem so fein mit perfekter Balance und toller Länge. Irre gut gefiel mir auch vom Roten Hang der sehr würzige Hipping mit einer geradezu unglaublichen Trinkigkeit. Und „Tante Pettie“, der Pettenthal, von dem es nur 550 Flaschen gibt, zeigte sich als Abtserde vom Roten Hang mit traumhafter, spielerischer Eleganz und mineralischer Präzision. Und natürlich kam ich beim GMax ins schwärmen, absolute Perfektion, fruchtige Fülle, Präzision und gewaltiger, aromatischer Druck, der Chambertin unter den Rieslingen. Machen Punkte in diesem Stadium Sinn? Wenn ich jetzt Punkten müsste, wäre ich bei WT97 für Kirchspiel und Hubacker, WT98 für Morstein, WT99 für Hipping und WT100 für Abtserde, Pettenthal und GMax. Man merkt diesen großartigen Weinen an, dass die Kellers ganz konsequent auf besser statt mehr setzen.

Frappierend an diesem Abend war auch, dass Weine deutlich mehr als noch vor zwei Monaten zeigten. Das Kirchspiel und den Oberen Hubacker hatte ich schon im September probiert, aber jetzt zeigten sie deutlich mehr. Die Weine scheinen auf eine einfach geile Fruchtphase für die nächsten 2-3 Jahre zusteuern, wonach sie sich aber wohl stückweit verschließen werden. Und in dieser jugendlichen Phase mit ihrer explosiven Aromatik werde ich sicher schon heftig an meine limitierten Bestände (ich heiße leider Achim und nicht Ingo) dran gehen, denn bis zur Hoch Zeit dieser Weine, die spielend 30+ Jahre altern können, in 15-20 Jahren ist es doch verdammt lang.

Der Erfolg, der natürlich auch Neider hat, sei den hart arbeitenden Kellers, die jede Rebe mit Vornahmen kennen, von ganzem Herzen gegönnt. Für den bekloppten Sekundärmarkt mit seinen abartigen Preisen können sie ebenso wenig etwas, wie für zockende Kunden.

Ich habe diesen Abend (ohne Laptop!) in vollen Zügen genossen, und diese großartigen Weine auf mich wirken lassen, was mir eine tiefe, innere Befriedigung verschafft hat.

Natürlich haben wir uns für diese großartigen Rieslinge mit feinen, gut gereiften Burgundern aus Wineterminators Keller revanchiert. Wir starteten mit einem 1973 Richebourg von der Domaine Romanée Conti aus Klaus Peter Kellers Geburtsjahr. 1973 war kein einfaches Jahr, aber diese Flasche hier aus bester Lagerung mit sehr gutem Füllstand war sehr vielversprechend und auch ich selbst sehr neugierig. Was dann mit altersfreier, brillianter Farbe ins Glas kam, das war beeindruckend. So frisch und lebendig war der Richebourg mit feinster, pikanter Waldhimbeere, so kräftig mit wunderbarer Fülle und intensiver Aromatik, so würzig und elegant mit guter Säure und einfach toller Länge. Er trank sich einfach verdammt gut und war ein perfektes Beispiel für den Mythos der Weine von Romanée Conti, der sich erst nach langer, perfekter Lagerung richtig erschließt – WT97. Weiter ging es mit einem 1959 Beaune 1er Cru in einer Bachmann Abfüllung, die 1964 zur Bremer Eiswette gereicht worden war. Ziemlich dunkel die Farbe, pflaumig die Frucht dieses dichten, kraftvollen Weines in erster Reife – WT94. Atemberaubend und einmalig wieder der kräftige, stoffige 1937 Bourgogne Reserve Privée von Colcombet Frères aus einer perfekten Flasche mit noch so scheinender, dichten Farbe und herrlicher Frucht, sehr dicht, aber perfekt balanciert mit toller Struktur, erster, feiner Süße und grandioser Länge . Macht in dieser Form sicher noch seinen eigenen 100sten voll – WT100. Wie kann so etwas sein? Da war sicher etwas ganz Großes drin. Die Händler saßen damals am längeren Hebel und konnten sich die besten Fässer leisten. Paradebeispiel für eine solche grandiose Händlerabfüllung war auch der 1971 Volnay von Lefort. Das war ein herausragender, einfacher Village Wein, der sich hier als großer, kompletter Burgunder in schon fast Grand Cru Qualität zeigte, und das aus diesem herausragenden Jahrgang – WT95. Die Kraft und die Herrlichkeit war dann als Abschluss ein schlichtweg atemberaubender 1955 Clos de Tart in einer Vandermeulen Abfüllung. Das war ein unglaubliches, immer noch so jung wirkendes Konzentrat mit tiefer, altersfreier Farbe, unbändiger Kraft, Rasse und Klasse, geradezu explosiv am Gaumen, ein Wein der den gesamten Gaumen mit Beschlag belegt – WT100. Sicher auf Augenhöhe mit dem legendären 1947 Chambertin Vandermeulen. Und wie dieser brauchte er lange Dekantierzeit, um sich voll zu entfalten und baute weiter enorm im Glas aus.

Und wer jetzt meint, ich hätte nur solche Granaten im Keller, den muss ich leider enttäuschen. Ich gehe beim Erwerb solcher Weine trotz aller Sorgfalt natürlich immer ins Risiko. Für Proben wie diese wähle ich nur die besten Flaschen mit der besten Farbe aus. Und selbst dann kann man noch Pleiten erleben, wie z.B. mit dem auch für diesen Abed vorgesehenen 1953 Pommard Cuvée Billardet vom Hospice de Beaune mit dichter Farbe und sehr gutem Füllstand. Da hatte wohl ein nicht ganz dichter Korken Luft gezogen. Amit wirkte der Pommard ziemlich grenzwertig und schaffte es nicht in unsere Gläser. No risk – no fun.