Lafleur, Margaux und Martha

Wunderbare Probe meines Freundes René mit dem Kölner Weinkreis.

Lafleur, Margaux und Martha heißen die drei bezaubernden Töchter meines Freundes René mit jeweiligem Zweitnamen. Und eben diese drei Weine sind auch seine Lieblingsweine, mit denen sein Keller gut bestückt ist, wovon ich schon öfter profitieren durfte. So war es auch eigentlich klar, dass diese drei Spitzenweine irgendwann in dieser wunderbaren Probe auftauchen würden, die René im Rahmen des Kölner Weinkreises veranstaltete.

Die Probe war wie ein zünftiger Kindergeburtstag für große Jungs ein tolles Ratespiel. Blind bekamen wir fünf großartige, spannende Flights mit Spitzenweinen vorgesetzt. Das macht nicht nur enormen, nicht zu unterschätzenden Spaß. Es schult bei Wahrnehmung und Verkostung. Letztendlich gibt es auch jedem Wein unabhängig vom Etikett die gleiche Chance.

Los ging es mit zwei großen Champagnern. Wunderschön und sehr trinkig der 2002 Pol Roger Cuvée Sir Winston Churchill mit tiefer, goldener Farbe, gutem Mousseux, reifer Fülle, gebuttertem Brioche und gerösteten Nüssen, so würzig mit reifem Fallobst und feinem Schmelz – WT94. Der 2002 Dom Perignon im anderen Glas war sehr frisch, schlank, sogar etwas karg mit heller Farbe, Zitrusfrüchten und kalkiger Mineralität. Der schien durch eine etwas verschlossene Phase zu gehen, ist aber ein großer Dom Perignon mit gutem Alterungspotential, der dem Pol Roger in einigen Jahren die Rücklichter zeigen könnte – WT91+.

Stevie Kimmig, der uns an diesem Abend vorzüglich bekochte, nagelte gleich den ersten Wein des nachfolgenden Flights, einen 2011 Sauvignon Blanc Zieregg STK von Tement. Ich kenne diesen begeisternden Wein noch von vielen Proben in den ersten Jahren dieses Jahrzehnts. Danach hat er sich wie so viele große Weine für ein paar Jahre etwas verschlossen, ist aber jetzt voll da. Er zeigte sich so jung und frisch mit delikater Frucht, Stachelbeere, Mirabelle und Holunder, war dabei sehr präzise und mineralisch mit der Eleganz und den Konturen eines großen, weißen Burgunders – WT97. Auf Sylt habe ich neben dem 2011er ein paar Tage vorher auch den genialen 2007er getrunken. Der präsentierte sich as hochklassiger Burgunder pur (WT98) und ist heute da, wo der 2011er in wenigen Jahren hinkommt. Was die Tements da abliefern ist einfach atemberaubend. Traumhaft schön und auch noch so jugendlich frisch der 2014 Gantenbein Chardonnay. Bei dem war ich blind voll im Burgund und verwechselte ihn mit einem großen Meursault von Roulot. Das war einfach Burgund vom Feinsten, so elegant, filigran, präzise und würzig mit floralen Noten und voller Finesse – WT97. Den einzigen, echten Burgunder in diesem Flight, einen 2009 Puligny Montrachet Les Combettes von der Domaine Leflaive, hielten wir am Tisch für einen Wein von der Nördlichen Rhone. Reife, goldene Farbe, kräftig und dicht mit Akazien Honig in der Nase, mit viel Kräutern und Garrigue, hatte der gute Säure, aber wenig Charme und wirkte auf hohem Niveau etwas herb – WT95.

Verdammt schwer taten wir uns mit dem nächsten Flight. Reife, ältere Weine korrekt einzuordnen ist schwierig und erfordert blind auch eine Menge Glück. Der 1929 Calon Ségur aus einer Händlerabfüllung zeigte eine noch überraschend schöne, rotbeerige Frucht, deutliche Säure und eine gute Struktur. Er wirkte insgesamt gut 40 Jahre jünger – WT94. Der 1934 Chambertin eines unbekannten Winzers bzw. Abfüllers zeigte eine enorme Substanz und Dichte, wollte aber nicht richtig singen. Er wirkte irgendwie fehlerhaft, vielleicht ein schleichender Kork. Schade, denn das hätte ein Gigant sein können. Überraschend schön aus diesem eher schwierigeren Jahr war der 1957 Chateauneuf-du-Pape von der Domaine de Cabrières. Der war so elegant, weich schmeichlerisch mit cremiger Textur, schöner Kirschfrucht, vielen Kräutern und verführerischem Schmelz – WT95. Einfach nur schön der 1959 Nuits-Cailles von Morin Père et Fils, immer noch so jung wirkend, frisch und elegant mit feiner, pikanter Frucht – WT96. Das war wieder so ein unsterblich wirkender Wein aus dem großen Burgunderjahr 1959.

Und dann kam der sehnsüchtig erhoffte, großartige Drei-Töchter-Flight mit Lafleur, Margaux und Martha. Der 1988 Lafleur ist einer dieser großen, lange verkannten 88er, die mit massivem Tanningerüst, aber auch enormer Substanz und erst später erkennbarem Potential lange brauchten, um sich schließlich doch noch immer mehr zu öffnen. Dieser sehr konzentrierte, enorm kräftige, kernige und etwas rustikale Lafleur mit seiner kühlen, kräuterig herben Eleganz und viel orientalischen Gewürzen wird weiter sehr langlebig sein, den Höhepunkt vielleicht in 10 Jahren erreichen und danach noch mehrere Jahrzehnte brillieren – WT97+. Absolut spektakulär war dieser 1989 Margaux. Wie viele der großen 89er in der Jugend total unterbewertet (Parker gab zwischen 1992 und 2003 immer wieder lausige 89 und 90 Punkte), hat sich dieser inzwischen sehr beeindruckende, sehr kräftige, elegante, großartige Wein inzwischen in die legendäre Eisenfaust im Samthandschuh entwickelt. Dieser Margaux, immer noch so jung und frisch, ist auf dem klaren Weg zur Perfektion. Während der perfekte und hochgelobte 1990er vielleicht derzeit noch einen Tick besser ist, wird der 1989er ihn bald einholen und sicher deutlich überleben – WT99+. Könnte sicher noch ein interessantes Auktionsschnäppchen sein. Viel Flaschenglück hatten wir auch mit dem prächtigen 1987 Heitz Martha´s Vineyard. Der zeigte eine kristallklare Frucht und war nicht von Altfass TCA verseucht, wie so viele Flaschen dieser Periode. Wunderbare Kirschfrucht mit viel Minze und Eukalyptus, wild, jung, ausdrucksstark und kräftig mit gewaltiger Länge – WT97.

Ein fantastischer Flight war das und der Höhepunkt der Probe. Schön, dass der liebe René diese drei Töchter mit den Namen Lafleur, Margaux und Martha hat. Noch schöner wäre es, er hätte auch noch drei Söhne mit den Namen Latour, Lafite und Petrus.

Mit einem kalifornischen Paukenschlag ging dann diese großartige Probe zu ende. Einer der berühmtesten, kalifornischen Weinberge, einer der ersten Single Vinyard Weine und eine echte Legende War Bonny´s Vineyard von Silver Oak. Er stammte aus einer kleinen 3 Acre Parzelle direkt vor dem Haus von Silver Oak Gründer Justin Meyer und seiner Frau Bonny. Dieser Bonny´s Vineyard Cabernet, den ich sehr verehrt und früher häufiger, aber schon lange nicht mehr im Glas hatte, wurde von 1979 bis 1991 erzeugt. Hier in dieser Probe hatten wir den dritten Jahrgang, 1981 und den letzten Jahrgang, 1991, im Glas. Der 1981 Bonny´s Vineyard war schlichtweg herausragend und nahe der Perfektion. So ein unheimlich eleganter, altersfreier Wein mit feiner, pikanter Brombeere, mit viel Minze, Eukalyptus, dabei so fantastisch balanciert mit feinem Schmelz, das war ganz großes Kino und nahe der Perfektion – WT99. Der 1991 Bonny´s Vineyard wirkte noch so jugendlich und brauchte viel Zeit im Glas, um sich zu entfalten. Sehr kräuterig zu Anfang mit etwas rustikal mit Speck öffnete er sich immer mehr mit feiner, purer, dunkler Frucht, wurde eleganter, aber auch druckvoller mit großartiger Länge – WT97. Ich hätte nie geglaubt, dass ich diese großartigen Bonny´s, noch dazu in dieser überragenden Qualität, noch mal ins Glas bekommen würde.

Ein weiterer meiner Favoriten aus Kalifornien und ein echter, eher Old School Kalifornien Klassiker ist Dunn. Dieser noch so junge, sehr konzentrierte, monumentale 1991 Dunn Howell Mountain ist eine Legende im werden. Puristische, dunkle Frucht, Schwarze Johannisbeere und Blaubeere, großartige Aromatik mit viel Kräutern, Lakritz, Tabak, etwas dunkle Schokolade und eine perfekte Struktur und immer noch deutliche Tannine, man könnte das auch einen California Mountain Latour nennen. Hat noch große Zukunft – WT97. Der vierte im Bunde, 1994 Dominus, hat sich eigentlich zu einem perfekten Wein entwickelt, ein großer Pauillac aus Kalifornien. Aus dieser Flasche trotz tiefer Farbe und immenser Farbe wirkte er auf hohem Niveau leicht fehlerhaft, was sich angesichts der vielen Stars dieses Abends verschmerzen ließ.

Danke meinen Kölner Freunden und unserem großartigen Gastgeber René für diese fantastische Probe.