Spontan - aber soetwas von!

Das sind echte Weinfreunde, die ganz spontan quasi auf Zuruf aus Frankfurt und Köln nach Düsseldorf kamen. Bei und mit Thomas Demske trafen wir uns im dörflichen Niederkassel in seiner kultigen D-Schänke zu einer kleinen Best Bottle vom Allerfeinsten.

Perfekter Start in unsere Spontanprobe war ein immer noch so frischer, rassiger, präziser 1992 Nonnenberg Chartawein vom Weingut Georg Breuer, mit brillianter, goldgelber Farbe, puristischer, junger Ananas, sehr mineralisch mit enormer Kraft, dabei sehr elegant und durch den niedrigen Alkohol auch eine faszinierende Leichtigkeit und Finesse ausstrahlend – WT97. Seinerzeit von Bernhard Breuer gemacht, setzte dieser Wein damals schon Maßstäbe für trockene, deutsche Rieslinge und würde auch heute noch in jeder GG Probe mit großen, jüngeren Gewächsen problemlos mithalten können. Die sehr talentierte Theresa Breuer setzt das Erbe ihres Vaters gekonnt fort. Ihre Weine sind sehr gesucht, im Sekundärmarkt enorm teuer, aber jeden Euro wert.

Eine meiner großen Leidenschaften sind gereifte Burgunder. So freute ich mich sehr über den nächsten Flight mit zwei gut gereiften Burgundern. Fast hundert Jahre war dieser 1926 Corton in einer Händlerabfüllung von Albert Brenot alt und dabei trotz aller Reife, die sich natürlich in der Farbe und auch leichten Geraniolnoten und etwas Bohnerwachs, aber auch Kaffee, zeigte immer noch getragen von guter Säure enorm lebendig – WT92. Fantastisch der 1947 Chambolle Musigny les Amoureuses von Grivelet, der das Amoureuses mit seiner dekadenten 47er Fülle zurecht trug. Enorm kraft- und druckvoll machte der sehr viel Spaß – WT96.

Ganz tief habe ich für diese Probe im eigenen Keller gegraben und zwei über sehr lange Zeit perfekt gelagerte Unikate mitgebracht, die schlichtweg sprachlos und glücklich machten. 1959 Lafleur war ein beeindruckendes Monster, immer noch so jung und fast altersfrei wirkend mit intensiver Frucht, vielen Kräutern, kräftiger Säure und intakter Tanninstruktur. Kombinierte Kraft mit generöser Fülle und feinem Schmelz und forderte alle Sinne, klare WT100. Auch der 1961 La Mission Haut Brion in einer Bordelaiser Nony Abfüllung war immer noch ein beeindruckendes Kraftpaket, so dicht und konzentriert, mit Minze, Tabak und Cigarbox, dazu mit gewaltiger Länge. Ein Paradebeispiel für den großen Jahrgang 1961 – WT100. Gibt es einen Grund, warum man solch legendäre Flaschen einfach so spontan aufmacht? Klar, gute Freunde am Tisch. Das sollte als Grund selbst für die rarste Flasche reichen.

Hardcore hatten wir als Motto dieser BB ausgegeben, und das war es wirklich. So blieben wir weiter auf sehr hohem Niveau. Die pralle Lust des Lebens dann ein bestechender 1998 La Mondotte. Mit betörender Fülle, explosiver Aromatik und dekadent süßer Frucht, mit Bitterschokolade und Espresso, aber auch mit guter Struktur und Mineralität war das flüssiger Trinkspaß allererster Güte – WT97. So eine Art großer Pomerol aus St. Emilion.

Auch nicht jeden Tag man 1989 und 1990 Lafite Rothschild nebeneinander in gut gefüllten Gläsern. Beide Weine, mit über 30 Jahren und noch so jung und vibrierend, zeigten deutlich, dass so ein Lafite aus großen Jahren altern kann und auch, um alles zu zeigen, altern muss. Der 1990 Lafite Rothschild hatte eine dichte, tiefe Farbe mit schöner, sogar leicht hedonistischer Schwarzer Johannisbeere und etwas zartem Schmelz. Dazu zeigte er eine noble, geradezu aristokratische Struktur voller Eleganz und Grazie, wohinter sich immer noch mächtige Tannine versteckten. Dieser 90er Lafite sollte sich über die nächsten 10+ Jahre weiterentwickeln und zulegen, bevor er dann lange Zeit auf dem erreichten Niveau bleibt – WT97+. Noch mehr Langstreckenpotential dürfte der geniale 1989 Lafite Rothschild haben. Von Anfang an war er lange verkannt, ähnlich dem 1989 Latour. Doch wie dieser geht dieser so lange schlafende Gigant jetzt langsam auf die Überholspur Richtung Perfektion. Was für ein großartiger, kräftiger, kompletter Pauillac mit perfekter Struktur, intensiver Bleistift Mineralität, massiven Tanninen, sehr langem Abgang, aber auch der für Lafite typischen Eleganz und Finesse – WT98+. Das war wirklich zweimal Premier Grand Cru Classé vom Feinsten, zwei fantastische Weine, die sich über sehr lange Zeit weiterverfolgen lassen. Vielleicht sollte ich jetzt auch mal meine eigenen, in der Subskription gekauften und perfekt gelagerten Kisten aufmachen. Sollte man solch langlebige Giganten, die altern können und müssen und die dann eher etwas für die Enkel sind, überhaupt subskribieren? Aber klar doch.

Ostern könnte man eigentlich perfekt mit dem jetzt folgenden 1982 Cheval Blanc feiern Ostern ist bei den Christen das Fest der Auferstehung. Und dieser Cheval Blanc ist ein Auferstehungswein par Excellence. Als der Anfang dieses Jahrtausends in den Tiefschlaf fiel, glaubten nur wenige daran, dass der noch mal wiederkommt. Aber er kam vor wenigen Jahren wieder, entwickelte sich rasch und zeigt jetzt wieder die alte Klasse und Perfektion. Ein enorm kräftiger und dabei so hoch eleganter Wein, in der Nase dieses einmalige, süchtig machende, leicht trüffelige Cheval Blanc Parfüm, am Gaumen seidig, harmonisch und elegant mit diesem gelungenen Spagat aus Kraft und Finesse, gewaltiger, aromatischer Druck und enorme Länge, immer noch voll intaktes Tannin- und Säuregerüst – WT100. Ich habe voller Hoffnung eine Kiste des 82ers aufgehoben und letztes Jahr begeistert geöffnet. Das hier war jetzt die zweite Flasche. Für die nächsten 10 ist keinerlei Eile geboten.

Waren da jetzt im nächsten Flight zwei Kalifornier im Glas? Dieser irre, immer noch so junge 1989 Hermitage von Chave ging mit seiner wilden, ausdrucksstarken Aromatik auch als großer Heitz Marthas durch. Mit seinem Pfauenrad roter Früchte, viel Minze, etwas Eukalyptus, gerösteten Kräutern und erdiger Mineralität hätte das gut auch ein Old School Kalifornier sein können – WT98. Aus einer perfekt gelagerten und 30 Jahre unbewegten Flasche zeigte er die Lagerfähigkeit der Chave weine. Kalifornien vom Feinsten natürlich im anderen Glas der immer noch so jugendlich dichte 1994 Bryant Family Vineyard. Superdicht die immer noch etwas rubinrote Farbe, sehr präzise die Brombeer- und Blaubeerfrucht, mentholige Frische, dieser kraftvolle und komplexe Gigant präsentierte sich gleichzeitig in totaler Harmonie, wo alle Elemente zusammenpassten – WT99. Auch das war eine perfekt gelagerte Flasche (leider meine letzte), die seit 1997 unbewegt bei 10-11 Grad in meinem Keller lag. Mit der Zwillingsflasche konnte ich übrigens 1999 mit einem sagenhaften Punkteschnitt von 99,1 bei 12 Teilnehmern die American Beauty gewinnen. Dass sich dieser großartige Wein seitdem kaum geändert hat zeigt, wie wichtig gute Lagerung ist.

Und als Abschluss kam noch „one for the road“, ein genialer, immer noch so jugendlicher 1991 Silver Oak Bonny‘s Vineyard, (nicht auf dem Foto) ins Glas. Sehr kräuterig mit der für Silver Oak so typischen Dill Note machte der mit superber, animierender dunkler Frucht und druckvoller Aromatik und Länge immensen Spaß und Lust auf die nächste Probe – WT97.

Ich liebe solche Spontanproben.