Trainingslager

Es war der Vorabend unseres legendären Cellar Devils Dinners. Das Wetter war gut und lockte nach draußen. Was lag also näher, als die Sinne für den nächsten Tag zu trainieren. Also ab in den Keller, gegriffen, was sich nicht schnell genug verstecken konnte und auf nach Alt Niederkassel. Wunderbarer Einstieg in diesen Abend bei und mit unserem Freund Thomas Demske auf der Terrasse seiner Düsseldorfer D-Schänke war ein 1998 Dürnsteiner Kellerberg Grüner Veltliner Smaragd von F.X. Pichler. Das war ein grandioser Wein mit brillantem, sattem Goldgelb, komplexe Nase mit reifer Ananas, die an gereifte, große Weiße Burgunder erinnerte, am Gaumen hohe aromatische Dichte mit würziger Frucht und viel Mineralität, die Süße der Botrytis kaum noch spürbar - 97/100. Noch etwas dichter und fülliger mit tieferer, schon fast güldener Farbe war der 1999 Loibner Grüner Veltliner Smaragd Vinothekfüllung von Knoll, Weich, sehr würzig mit salziger Mineralität, dezente Honignote, reife, gelbe Früchte, Marille, enorm kräftig und geradezu üppig mit süßem Schmelz ohne Ende, sehr kräuterig, hohe Extraktsüße und spürbare Botrytis – WT98. Etwas frischer mit hellerer Farbe der 2001 Loibner Grüner Veltliner Smaragd Vinothekfüllung von Knoll. Spektakulär schon die explosive Nase mit reifer Marille, weißem Pfeffer und intensiver Kräuterwürze, opulent aber nicht overdone. Am Gaumen bei aller Fülle erstaunlich finessig mit enormem Tiefgang - WT97. Immer noch so jung war die einfach großartige 2008 Abtserde GG von Keller. Ein echter Gigant mit hohem Extrakt, der in sich ruht. Rassige Säure, reifer Pfirsich, intensive Mineralität, enormer Tiefgang, Spannung und Länge und dazu noch Potential für lange Weiterentwicklung – WT97+. Als Zugabe bei den Weißen gab es dann noch ein 2016 Kiedricher Gräfenberg GG von Robert Weil. Den hatte am Vorabend ein Gast wegen angeblichen Korkfehlers zurückgehen lassen. Ob wir ihn mal probieren wollten, fragte uns der Wirt. Na klar. Und da er so gut und absolut fehlerfrei war in jugendlicher Frische, so finessig mit glockenklarer Frucht, guter Säure und intensiver Mineralität, haben wir ihn auch zügig ausgetrunken – WT95.

Mit einem druckvollen, kräftigen 2006 Hecklinger Schlossberg Spätburgunder R von Bernhard Huber starteten wir in die rote Abteilung. Ein kerniger Wein mit schöner Kirschfrucht, aber auch mit burgundischen Konturen, der nicht mal ansatzweise Alter zeigte – WT95. Sehr fein und elegant mit spielerischer, pikanter Frucht, mit Spannung und guter Länge zeigte sich der 1985 Bonnes Mares von Christian Confuron – WT94. Gewaltiger Stoff war dann der 1999 Chambertin Clos de Bèze von Jadot war, immer noch so jung mit großartigem Potential, enorm kräftig und druckvoll, aber auch elegant mit sehr feiner, frischer Frucht – WT96. Da legte dann der 2013 Gantenbein Pinot Noir noch eine Schippe drauf. Durch eine Verrieselung der Blüte konzenrierte sich damals die Kraft der Reben auf das verbliebene Drittel an Beeren. So entstand eine Art Essenz von Gantenbein, mächtig, kräftig, röstig, auch etwas wild und verrückt, mit unglaublich druckvoller Aromatik und unbändiger Kraft und doch gleichzeitig so fein und elegant, ein am Gaumen kaum endender Pinot Traum mit noch gewaltiger Zukunft – WT97+.

Grandios war auch der 1983 Hermitage La Chapelle von Jaboulet Ainé. Der wirkte in der ersten Anmutung erst reif, brauchte aber einfach viel Luft und gab dann Vollgas. Animalisch-kernig, sehr würzig, kräftig, großer Kräutergarten, aber auch burgundische Pracht und Fülle mit feinem Schmelz, immer noch gutes Rückgrat für lange Jahre, sehr lang am Gaumen – WT97. Der 1991 Groot Constantia Cabernet Sauvignon präsentierte sich als eine Art Silver Oak aus Südafrika mit Schwarzer Johannisbeere, Minzfrische, guter Säure und sogar dem Schuss Dill, dabei war er noch so präsent mit junger Farbe – WT93. Von seiner allerbesten Seite zeigte sich auch wieder der 1989 Tertre Roteboeuf. Der war so kräftig und füllig mit sehr guter Struktur, balanciert mit guter Säure, wirkte aber auch sehr hedonistisch mit saftiger, süßer Frucht, eingelegten Pflaumen - WT97

Noch so jung und absolut großartig zeigte sich der 1994 Araujo Eisele Vineyard Cabernet Sauvignon, sehr elegant, aber auch mit verschwenderisch süßer Frucht - WT99. Der hat mich in seiner Jugend schon sehr begeistert, da er in dieser Verbindung aus süßer Frucht und Eleganz wie so eine Art kalifornischer Cheval Blanc wirkte. Zwischenzeitlich hatte er mal eine Schwächeperiode und wirkte erstaunlich reif und etwas müde, ist jetzt aber wieder voll da. Gelungener Abschluss unserer spontanen Probe war ein 1998 Redigaffi von Tua Rita. Sehr dicht und jung noch die Farbe, irre Nase, jodig, ätherisch mit viel Minze und auch etwas Eukalyptus, am Gaumen so druckvoll mit enormem Tiefgang und gewaltiger Länge. Voll intakte, präsente Tannine zeigen, dass die Musik hier noch lange spielt – WT97.