Unboxing 2013 - Die Kellerkiste
„Ten years after“ gilt ja für Riesling als beliebtes Proben Thema. Wobei sich viele der besten, deutschen GGs so gut und langfristig entwickeln, dass 10 Jahre zu früh sind, um diese Weine auf dem Höhepunkt zu erleben. Aber dann gibt es ja noch die Neugier. Also war jetzt in der D-Schänke die 2013er Kellerkiste dran, natürlich mit entsprechendem Begleitprogramm.
Frisch, knackig und cremig mit extrem hohem Trinkfluss zeigte sich der 2013 Hubacker. Präzise, gelbe Steinfrucht, irres Aromenspektrum von Aprikose und Quitte bis hin zu Lakritz, leicht barocke Opulenz, die Säure war voll da, blieb aber vornehm im Hintergrund und ließ dem göttlichen Schmelz genügend Raum – WT97. Dürfte eine lange Zukunft haben, die in 10 Jahren durchaus zu WT98-99 führen könnte. Wobei bei dieser unglaublich schönen, momentanen Trinkigkeit fraglich ist, ob dem Hubacker diese Zukunft gegönnt wird.
Deutlich stärker und präsenter war die Säure bei diesem noch so unglaublich jugendlichen 2013 Kirchspiel. Das war so fein und animierend mit der typischen, spielerischen Eleganz. Sehr delikat zeigte sich die eher zitrische Frucht. Dazu kam eine tolle, salzige Mineralität. Bei diesem Kirchspiel kommt mit den Jahren noch deutlich mehr – WT96+.
Wenn ich unter den Keller Weinen einen Lieblingswein wählen müsste, wäre es wohl immer die Abtserde. Diese 2013 Abtserde zeigte eine enorme Substanz und Power, aber wohl dosiert und balanciert. Sie brauchte viel Luft und blieb doch stückweit verschlossen mit irrer Säure und Mega-Potential. Sehr elegant zeigte sich dieses Monument trotzdem mit gewaltiger Struktur, sehr würzig mit Granatapfel und einem Hauch Muskatnuss. Dürfte über die nächsten 10 bis 20(!) Jahre noch deutlich zulegen – WT97+.
Und schon kam der nächste Höhepunkt ins Glas. Göttlich war schon die Nase des 2013 Morstein, feinste Aprikose, Williamsbirne, Quitte und gelbe Stachelbeere. Am Gaumen war das ein präzises Monster, das trotz 1 ½ Stunden im Dekanter nach Luft schrie, sehr würzig mit feiner Bitternote. Die Präzision der Abtserde zeigte dieser Morstein, dazu die Fülle des Hubacker und eine tolle Länge am Gaumen – WT97+.
Schlank, sehr präzise und mineralisch mit einer Feuersteinnase kam der 2013 Hipping ins Glas, sehr pikant und animierend, gelbfruchtig, aber auch mit roter Johannisbeere und reifer Banane. Kräftige Säure, gute Tannine und tolle Länge, mit viel Luft wurde dieser Hipping weicher, aromatischer und fruchtiger – WT97.
Einfach geil war dieser sehr präzise und druckvolle 2013 Pettenthal. Das war roter Hang vom Feinsten, rassiger als der Hipping, ein großer, kompletter, messerscharfer Riesling mit Orangenzesten, Cumquats und reifer Ananas, steuert auf die Perfektion zu – WT98+.
Und dann war da noch mit sehr heller, klarer Farbe und traumhafter Nase dieser so unglaublich junge 2013 GMax, der trotzdem seinem Legendenstatus schon voll gerecht wurde. Der zeigte irre Konzentration und Tiefgang, enormen, aromatischen Druck, aber auch seidige Eleganz und gewaltige Länge. Für mich war das die legendäre Eisenfaust im Samthandschuh von Chateau Margaux in Weiß. Ein atemberaubender Wein, der aus vollem Glas, aber in winzigen Schlückchen genossen enorme Glücksgefühle erzeugte – WT100.
Ja, der Genuss dieser großartigen, trockenen 2013er Weine aus der Kellerkiste war in kleiner Runde genossen ein bewegendes Erlebnis. Da freue ich mich schon auf die 2014er Kiste, die wohl an gleicher Stelle im nächsten Jahr dran ist.
Perfekter Übergang und Startpunkt des roten Teils dieses Abends war ein 1997 Ridge Monte Bello aus der Magnum. Der war mit tiefer, altersfreier Farbe perfekt gereift und elegant ohne Alter, saftig und minzig mit Schwarzer Johannisbeere, Leder und Tabak, sexy mit mentholiger Frische und guter Mineralität. Dürfte mit seiner intakten Tanninstruktur und lange Jahre gut altern – WT97.
Deutlich besser kenne ich den 1967 Inglenook, der hier aus wohl nicht perfekter Flasche eine oxidative Nase zeigte, was sich am Gaumen fortsetzte – WT87. Da war der dichtere, kräftigere 1968 Inglenook deutlich jünger in der Anmutung – WT95.
Das enorme Alterungspotential einiger Weinriesen zeigte dann aus einer dieser zuverlässigen Vandermeulen Abfüllungen der 1926 Cheval Blanc VDM. Eigentlich wollte ich diese Flasche bis zu ihrem 100sten Geburtstag aufheben, aber die Neugier war stärker. Natürlich war dieser Cheval mit seinen zarten 97 Jahren und hatte eine reife Farbe. Aber nach kurzem Dekantieren entwickelte er sich wunderbar im Glas und zeigte dieses unnachahmliche Cheval Blanc Parfüm in der verführerischen Nase. Auch am Gaumen zeigte er sich gut gereift und immer noch voller Leben, sehr würzig mit feinen Kräutern und cremiger Textur. Dazu entwickelte sich immer mehr dezent portige Fülle mit dekadenter Süße, einfach ein großartig gereifter, eleganter Charmeur – WT97.
Zwei weitere Risikoflaschen hatte ich noch dabei. Der 1937 Musigny von Leon Laplane mit über 7cm Schwund war nicht mehr der frischeste. Sehr reif, weich und auch schmelzig war er auf hohem Niveau schon etwas müde – WT88. Sehr erstaunlich war dann der tiefdunkle 1926 Clos Vougeot von Vaudey-Laurendos. Solche Weine mit praktisch blickdichter Farbe sind eigentlich oxidiert und schlicht und einfach hin. Dieser hier bäumte sich aber noch mal auf, zeigte eine irre Kraft und Dichte und war weit mehr als nur „noch trinkbar“ – WT91. Gut, dass ich diese Flasche nicht entsorgt hatte.
Perfekter Schlusspunkt unserer Probe war dann der grandiose 1998 Sassicaia, der mit explosiver, jugendlicher Frucht und enormem Tiefgang immer mehr in die Fußstapfen des legendären 85ers tritt. Notiert habe ich hier nicht mehr viel. Aber diese Flasche war sicher auf gleichem Niveau wie eine, ein paar Monate vorher getrunkene und mit WT98 bewertete.