Fröhliche WeinNachten

Zu einer feinen Weihnachtsprobe mit Raritäten aus Wineterminators Keller trafen wir uns in schöner Runde im Passion du Vin. Für mich gehören zu so einer Probe neben den bekannten Granaten auch immer ein paar Risikoflaschen. Und natürlich der Weihnachtsflight, für den ich mir wieder etwas besonderes hab einfallen lassen. Kein großes Risiko war der 1978 Meursault Perrières von Camille Giroud. Der hatte eine immer noch so brillante, klare Farbe ohne Alter. Eine anfängliche, leichte Schärfe verschwand schnell. Irre, wie dieser Wein im Glas ausbaute. Er wurde immer feiner, würziger, schmelziger mit feiner Frucht, guter Säure, cremiger Textur und geröstetebn Haselnüssen – WT96. Aber was war mit diesem vor knapp dreißig Jahren erworbenem 1950 Gruaud Larose? Absolut grandios war der in einer Flasche mit absolut lausigem, zerflettertem Etikett, aber mit sehr gutem Füllstand und dichter, intakter Farbe. Zeigte immer noch Frucht, sogar Frische, feinen Schmelz, tolle Struktur und Länge. Wurde am Tisch eher in die 80er Jahre gesteckt – WT95. Als großer, sehr schön gereifter Rioja zeigte sich danach der 1954 Vina Tondonia von Lopez de Heredia, würzig mit schöner, fast etwas molliger Fülle, feiner Süße und guter Länge. Auch der immer noch ohne Alterstöne nach immerhin 70 Jahren – WT94.

Es ist immer ein gutes Gefühl, wenn in einer solchen Probe die ersten Weine schon singen. Aber es sollte noch besser kommen. Aus dem legendären Kalifornien Jahrgang hatte ich eine Flasche 1974 Buena Vista Cask 25 in perfektem Zustand mitgebracht. Immer noch jung die dichte Farbe, in der noch so herrlich frischen Nase war wunderbare Frucht, Cassis, Minze und etwas Eukalyptus. Enorme Kraft zeigte dieser sehr komplexe Wein am Gaumen und eine großartige Länge. Zeigte damit die große Klasse und Alterungsfähigkeit gut gelagerter Old School Kalifornier – WT97. Geradezu flüssige Wolust war danach ein „oberaffengeiler“ 1977 Zinfandel von Beringer. Der hatte eine sehr dichte, altersfreie Farbe und war sehr minzig, exotisch mit geradezu explosiver Aromatik, mit viel Lakritz, Kräutern und dunkler Schokolade – WT97. Eigentlich jammerschade, dass die in Kalifornien den Zinfandel weitgehend rausgerissen haben. Völlig anders, aber auf gleichem sehr hohem Niveau zeigte sich ein ebenfalls noch so jung und frisch wirkender 1990 Barbaresco Galina di Neive von Bruno Giacosa. Der war bei allem Druck so unglaublich fein und elegant mit schon fast burgundischen Konturen, mit betörender, rotbeeriger Frucht, mit Rosenblättern, teeriger Mineralität, enormer Kraft und sehr guter Länge – WT97. Ich habe für mich in diesem Jahr Barolo und Barbaresco wiederentdeckt. Da gibt es so viel spannende Weine, die wunderbar altern. Leider waren das hier jetzt alles Einzelflaschen, da hätte ich bei diesem geradezu unverschämten Flaschenglück gerne jeweils eine Kiste von.

Und dann kam der diesjährige Weihnachtsflight, 1990 Petrus und 1990 Lafleur. Beide Weine liegen seit der Arrivage unberührt in meinem Keller. Beide Weine durfte ich schon häufiger auf Proben genießen, aber das waren jetzt die ersten aus eigenem, sehr kühlem Keller und damit immer noch sehr jung. Über die heutigen Preise darf man nicht nachdenken, wenn man eine solche 6er OHK Petrus aufmacht. Ich habe damals in der Subskription €120 pro Flasche bezahlt. Petrus war Petrus war für mich der absolute Star damals bei den 90er Ankunftsproben, eindeutig WT100. Danach verschloss er sich stückweit, war zwar immer noch ein Gigant, aber eher so eine Art Potentialsieger. Erst 2018 zeigte er wieder seine große Klasse. Einmal, als der im direkten Vergleich zum 89er offenere, hedonistischere, etwas barockere Petrus mit traumhafter Pracht und Fülle den modernen 71er spielte. Auch hier klare WT100. Und weil es so schön war, gleich danach 2018 in einer 90er Probe noch einmal – WT100. Gestern war der Petrus der opulentere von beiden Weinen. Immer noch so unglaublich jung und dabei so ausdrucksstark mit traumhafter, dunkler auch etwas pflaumiger, süßer Frucht, mit Schwarzen Trüffeln und feinster, dunkler Schokolade, geradezu sexy, aber trotzdem präzise und mit sehr nobler Struktur, dazu einer Länge am Gaumen, die kaum aufhörte. Klare WT100 für ein absolutes, perfekt balanciertes und stimmiges Meisterstück mit immer noch deutlichen, aber einfach perfekten Tanninen, mit Potential für sicher noch 30 Jahre. Der Lafleur blitzte einmal 2009 auf unserer Lafleur Best Bottle auf. Da war er so dicht, so üppig, so lakritzig, kräuterig, hat reichlich Eukalyptus, Minze Süße, einfach alles von allem und noch viel mehr, ein dekadenter Wahnsinnsstoff, der am Gaumen nicht aufhörte und eine moderne Weinlegende – WT100. Dieses irre Aromenspiel zeigte er auch aus dieser Flasche, aber etwas verhaltener mit Wahnsinnspotential, gewaltigem Druck und unbändiger Kraft. Das waren wieder klare WT100, aber aus eigenem Keller werde ich mit der nächsten Flasche wohl wieder ein paar Jahre warten. Ich muss gestehen, dass ich zu beiden Weinen wenig notiert habe. Das einmalige Erlebnis, diese beiden Giganten nebeneinander in Bestzustand zu haben, war so berührend, so überwältigend. Das konnte man eigentlich nur schluckweise aufsaugen und dabei zeitweise die Augen schließen und träumen.

Großartig war ins besondere am rechten Ufer (St. Emilion und Pomerol) der Jahrgang 1998. Aus dem genossen wir jetzt zwei schöne Pomerols. Der 1998 L´Evangile war sehr elegant und fein, dabei immer noch so jung und dicht mit opulenter Fülle, aber auch mit viel Substanz für noch längere Zukunft – WT95+. Von allem noch etwas mehr hatte der hoch aromatische, enorm druckvolle 1998 Vieux Chateau Certan. Der begeisterte mit reifer Kirsche und pflaumiger Frucht, getrüffelt in dichter, dunkler Schokolade, dabei so kräftig mit erster Opulenz und Potential für Perfektion in 10 Jahren – WT97+. Passend zur rosa Kapsel des Vieux Certan hörten wir La Vie en Rose von Edith Piaf. Und weil das so schön war, machten wir weiter mit dem göttlichen 2000 La Conseillante. Der verwöhnte mit traumhafter, verführerischer Frucht und schmelziger Pracht und Fülle, war dabei aber auch noch so jung mit viel Potential - WT97+.

Kalifornien vom Allerfeinsten war dann 1994 Shafer Hillside Select, wieder mit großartiger Frucht, intensiver Minze und feinstem Schmelz hoch elegant, einfach perfekt balanciert und praktisch altersfrei, schon weit über ein Dutzend Mal getrunken und praktisch immer auf diesem atemberaubenden Niveau – WT100.

Wird fortgesetzt