Große Magnum Best Bottle 2024

Das war am Nikolausabend 2024 das schlichtweg atemberaubende Revival unserer legendären Magnum Best Bottles. 16 Weinliebhaber verwöhnten sich diesmal zu Holger Berens grandioser Küche an einer festlichen Tafel mit erlesenen Magnums aus ihren Kellern. Die liebe Barbara brachte diese Trouvaillen perfekt ins Glas und stellte sie zu sehr überraschenden, einmaligen Flights zusammen.

Prächtiger Start erfolgte mit einer stoffigen, dichten Doppelmagnum 1999 Ermitage de l’Orée von M. Chapoutier, kräftiges Goldgelb, reife, cremige Frucht, am Gaumen enorme Kraft und Fülle – WT95.

Ja, das war dann schon spannend, wenn als erste rote Magnum ein angeblich müder 1955 Ausone mit Luft wie Phönix aus der Asche stieg. Die anfänglich oxidativen Noten wurden ersetzt durch feine, rotbeerige Frucht, betörende Eleganz und feinen Schmelz. Dazu kamen immer mehr Kräuter und Lakritz. Der Ausone legte auch immer mehr in der Struktur zu und wirkte in seiner Aromatik wie ein Lafleur aus St. Emilion. Da waren dann WT96 voll gerechtfertigt.

Atemberaubend war ein grandioser 1947 Margaux in der Chateau Abfüllung. Mit tiefer, dichter Farbe, immer noch so viel Kraft, entwickelte auch der immer mehr rotbeerige Frucht mit etwas Minze, zeigte enormen Tiefgang und auch die generöse Süße eines perfekt gereiften, großen Weines. Damit erreichte diese Magnum die Klasse der legendären Vandermeulen Abfüllungen. Seinerzeit hatten die Vandermeulens die besten Fässer gekauft. Aber da muss noch ein sehr gutes Fass für die Großflaschen übrig gewesen sein. Der Weinbuchhalter in mir gibt WT98. Für den Weinliebhaber sind bei der Performance einer 77 Jahre alten Magnum eigentlich derer 100 fällig. Mit einem hoch eleganten 1949 Canon aus seinem Geburtsjahr konnten wir auf unseren, vor zwei Jahren viel zu früh von uns gegangenen Freund Bernd Wirtz anstoßen, der alle bisherigen Magnum Best Bottles mitgemacht hatte. Ein wunderschöner Wein mit guter, intakter Farbe und feiner Frucht, der mit seiner leicht rustikalen Eleganz immer noch Frische zeigte und jünger wirkte. Auch für dieses Monument sind WT97 fast eine Beleidigung.

Irre das folgende Duell, das sich 1983 Palmer und 1985 Dunn Howell Mountain auf sehr hohem Niveau auf Augenhöhe lieferten. Der 1983 Palmer aus einer top gelagerten und sicher in den 80ern erworbenen Magnum zeigte noch eine unglaubliche Frische und Vitalität mit superber, rotbeeriger Frucht, viel Minze, sogar etwas Eukalyptus, Trüffel und viel Zedernholz. Sehr balanciert mit guter Säure entwickelte sich mit der Zeit im sehr langen Abgang feinster Schmelz. Und natürlich war diese Palmer hoch elegant mit den für Palmer typischen, burgundischen Konturen. In diesem, einmaligen Zustand war dieser Palmer den Palmer Legenden aus 1928 und 1961 ebenbürtig – WT98. Der Palmer mag je nach Lagerung jetzt auf dem Höhepunkt sein. Aus perfekt gelagerten Flaschen wie dieser ist da noch Potential nicht nur für lange Jahre, sondern vielleicht sogar für Weiterentwicklung. Überragende Qualität zeigte auch der 1985 Dunn aus dieser ebenfalls perfekten Magnum. Mit voll intaktem Gerüst feiner Tannine wirkte der noch fast blutjung und so unglaublich dicht mit gewaltiger, druckvoller Aromatik, leicht rauchig die Nase mit dunklen Früchten, Lakritz, Sattelleder und Graphit. Einen solchen Kraftbolzen mit gleichzeitig faszinierender Eleganz und guter Bordeaux Stilistik zu schaffen, das war halt ein Meisterstück von Randy Dunn, das sicher noch Potential für Jahrzehnte hat – WT98. Hatte ich noch nie so gut im Glas.

Und weiter ging es mit dem nächsten Duell zweier noch so blutjung erscheinender, vermeintlicher Youngster. 1988 Mouton Rothschild aus diesem lange verkannten, großen Bordeaux Jahrgang zählt zu meinen persönlichen Lieblingen. Aber erst, seit mir dieser und andere 88er 2008 auf einer großen Probe die Augen öffneten. Seitdem habe ich nachgekauft, was ich kriegen konnte, bis hin zur Imperiale. Klar waren die Flaschen, die ich seitdem aus eigenen Beständen so unterschiedlich wie ihre vorherige Lagerung, mal offen und großartig, mal noch so jung und reichlich verschlossen, aber mit deutlich spürbarem Potential. Diese Magnum hier aus dem Keller eines erfahrenen Weinsammlers und Gastronomen gehörte zur jüngeren Sorte. Aber da war sie trotzdem wieder, die Kraft und die Herrlichkeit mit der typischen Mouton Aromatik. Mit seiner großartigen Struktur und seinem stabilen Tanningerüst wird sich dieser Mouton über lange Zeit noch länger weiterentwickeln – WT97+.

Ich liebe Cheval Blanc, aber dieser 1986 Cheval Blanc aus dem heftigen, tanninigen Jahrgang 1986 hat mich schon oft mit seiner ruppigen, störrigen Art zur Weißglut getrieben, so dass ich vor etlichen Jahren aufgegeben habe. Doch als jetzt einer aus unserer Runde eine perfekt gelagerte Magnum für unsere Best Bottle anbot, habe ich sofort zugesagt. Denn jetzt nach fast 40 Jahren sollte dieser verdammte Wein endlich mal aufwachen. Und er tat es. Klar war der zu Anfang noch sehr kraftvoll und dich mit spürbaren Tanninen. Aber mit Luft explodierte dieser Cheval Blanc förmlich in unseren Gläsern. Da war es plötzlich wieder, dieses unnachahmliche, sinnliche Cheval Blanc Parfüm in der Nase, da kamen Opulenz, Süße und ein gewaltiger Abgang. Sollte die nächsten 20-30 Jahre oder auch noch deutlich länger immensen Spaß machen, dieser Cheval Blanc – WT97+. Und wir waren quasi Life dabei, als dieser Gigant endlich aufwachte.

Nochmal kurz zur lieben Barbara. Die ist eine begnadete Verkosterin mit reichlich Erfahrung mit alten, sehr alten und auch jungen Weinen. Wenn wir ihr unsere Flaschen abliefern, haben wir natürlich immer wieder Wünsche, wie ein bestimmter Flight aussehen sollte. Aber Barbara macht das anders. Sie öffnet alle Weine, verkostet sie kurz und stellt dann mit unglaublichem Gespür die Weine so zu Paarungen zusammen, dass es perfekt passt, auch wenn die Papierform etwas anderes sagt. Daraus entsteht dann eine solche Probe quasi als beeindruckendes Gesamtkunstwerk. So auch hier wieder, wo spannende und überraschende Paarungen und Reihenfolgen entstanden, die in der blinden Verkostung einfach großartig waren.

Klar kann auch in einer solchen Probe mal was in die Hose gehen. So leider ausgerechnet beim 1989 Clinet, einem normal sicheren 100 Punkte Superstar. Man merkte deutlich, dass es ein großer, komplexer Wein sein müsste, aber ein deutlicher Korkton entwickelte sich und störte das Vergnügen. Das war sehr schade, denn auch hier stand ein formidabler Gegner auf Augenhöhe bereit. Auch dieser 1975 Heitz Martha´s Vineyard hatte zu Anfang diese korkähnliche Altfassnote, die man vor allem von den Heitz aus der ersten Hälfte der 80er kennt. Aber „Tante Martha“ setzte sich durch und bügelte diesen Ton, der dann rasch verschwand, einfach platt. Dieser 75er wird oft als Nachfolger des legendären 74ers gesehen. Mit etwas wilderer Aromatik, intensiver Minze und Eukalyptus zeigt dieser Heitz eine ätherische Frische, enorme Kraft, gewaltige Länge und eine erste, feine, betörende Süße – WT98+.

Oder ist dieser 1978 Heitz Martha´s Vineyard jetzt schon der Nachfolger des Nachfolgers? Das war mal wieder ein absolut gigantischer, riesengroßer und kompletter Martha´s mit der typischen Aromatik, aber so druckvoll mit irrer Dichte und gewaltiger Struktur, einfach perfekt und ohne jedes Alter – WT100. Aus einer perfekten Magnum stand daneben ein 1997 Penfolds Grange. Der schaffte es zwar (noch!) nicht ganz auf die Augenhöhe, war aber schlicht und einfach traumhaft und dabei noch so jung. Cremig süße, aber trotzdem präzise Cassis Frucht, sehr minzig, enorm druckvoll und kräftig mit irrer Dichte und Wahnsinnslänge, dabei aber auch sehr elegant und balanciert. Zeigte enormes Potential und könnte zumindest aus solchen Flaschen auf dem Weg zur (Grange)Legende sein – WT97+.

Und dann kamen noch zwei riesengroße, perfekte Weine aus dem Kalifornien Jahrgang 1978, der sich hier in dieser Probe von seiner besten Seite und als Überflieger zeigte. Ich bin bekennender Chateau Montelena Fan und liebe diese Weine, die bei aller Kraft so eine unglaubliche Leichtigkeit verströmen, so eine Vitalität und Lebensfreude. Der schon häufig mit Begeisterung getrunkene 1978 Chateau Montelena zeigte sich hier aus dieser Magnum absolut perfekt und war die beste Flasche, aus der ich ihn bisher probieren durfte. Wunderbare, ausdrucksstarke Nase mit feiner Kirschfrucht, Minze und etwas Eukalyptus, sehr elegant und finessig, perfekt balanciert und praktisch altersfrei, und doch noch frisch mit feinem, süßem Schmelz und mit irrer Länge, einfach ein riesengroßer, kompletter Montelena – WT100. Solche Weine in diesem Zustand trinken zu dürfen macht einfach glücklich. Das galt auch für den anderen Wein in diesem Flight, diesen überragenden 1978 Phelps Eisele Vineyard. Der war noch deutlich dichter und kräftiger als der Montelena, in der ätherischen Nase zu Schwarzer Johannisbeere viel Minze und auch Eukalyptus, feine Kräuternote, blieb trotz enorm druckvoller Aromatik und irrer Länge sehr elegant und finessig mit großartiger Struktur. Auch das einfach ein kompletter, großer, perfekt gereifter Wein – WT100. Ich konnte diese Flasche Ende der Neunziger aus der Personal Library des legendären, damaligen Phelps Winemakers Walter Schug, der uns seinerzeit hier in Düsseldorf besuchte, erwerben.

Eine sehr gute Figur machte aus der Magnum auch der 1978 Cabernet Sauvignon Reserve von Robert Mondavi. Wie schon aus zwei Magnums in den Jahren davor in der Schweiz immer noch erstaunlich frisch, in der Nase Cassis, Minze, Eukalyptus und Leder, dazu feine Süße, einfach ein sehr stimmiger, eleganter Wein, der in der Struktur an einen großen Bordeaux vom linken Ufer erinnerte – WT97. Ich will aber nicht verhehlen, dass ich in den letzten Jahren auch schon deutlich schlechtere Flaschen dieses Weines hatte. Flaschenglück wie an diesem Abend lässt sich durch Sorgfalt bei Erwerb eines Weines aus zuverlässigen Quellen und durch sorgfältige Lagerung weitgehend steuern Und gegen Totalausfälle wie wir ihn mit dem auf dem Bild vertretenen 1998 Lafleur hatten (ganz übler Kork) hilft eigentlich nur eine Lösung, von der ich auch viel zu selten Gebrauch mache. Entweder mit Coravin einen Minischluck aus der Flasche probieren, oder den Wein zuhause vorher dekantieren. Beides hilft natürlich nicht, wenn sich der Kork erst später entwickelt, was wir auch schon hatten.

Zwei großartige jüngere bzw. jünger wirkende Weine komplettierten unsere Probe. Eine prächtige Figur machte mit tief dunkler Farbe und traumhafter Frucht, Cassis und Schwarzkirsche, der schon gut trinkbare 2002 Ridge Monte Bello, dem aber sicher ein paar Jahre mehr im Keller nicht schaden – WT96+. In meiner eigenen OHK schlummert er noch.

Und fast perfekter Schlusspunkt der grandiose 1982 Gruaud Larose, ein ewiger Potentialsieger, der aus dieser perfekten Magnum hier jetzt endlich kurz vor der Perfektion stand – WT98+.

Und: nach der Probe ist vor der Probe. Da waren wir uns alle einig, unsere Magnum Best Bottle kommt jetzt wieder ganz fest in unseren Probenkalender.

Interessant vielleicht auch die Vorgeschichte: Eine Riesenprobe haben 2012 im Berens am Kai veranstaltet. Klar, der 12.12.12 um 12:12 bot sich förmlich an, um mit 12 Gleichgesinnten zu 12 geilen Gängen aus Holgers Küche 12 jeweils 12 Jahre alte Bordeaux zu trinken. Und weil uns das alles so gut gefallen hatte, wollten wir das 2013 wiederholen. Da bot sich natürlich der 11.12.13 um 14:15 an mit 16 Verrückten, die zu großem Menü ihre jeweilige Lieblingsmagnum trinken wollten. So war die Magnum Best Bottle geboren, die wir bis 2019 jedes Jahr im Dezember fortsetzten. Und dann kam Corona, was so vieles veränderte. Aber jetzt ist die Magnum Best Bottle wieder da. Und bleibt.