My Favorite Wines

My Favorite Wines

Eine grandiose Probe mit geschickt zusammengestellten Flights großer Weine war das, mit der ein Weinfreund seinen Runden Geburtstag feierte. Irgendwo haben solche Proben ja immer etwas von einer „Geburtstagsfeier für Große Jungs“ (und/oder Mädels). Und da gehört dann natürlich auch immer irgendein spielerisches Element dazu. Hier war es so, dass die Weine halbblind ins Glas kamen. Wir wussten, welche Weine im jeweiligen Flight in die Gläser kamen, aber nicht in welches. Und zu jedem Flight gab es ein Motto, aus dem sich dann eine zu beantwortende Frage ergab.

Begrüßt wurden wir als Apero mit einem grandiosen, animierenden Champagner, auf dessen Alter und Jahrgang ich blind nie getippt hätte. Aber dieser immer noch Frische zeigende, verschwenderische Champagner war ein 1973 Dom Perignon, gleich aus zwei Flaschen, die aus absolut perfekter Lagerung stammen musste. Mit brillanter, tiefgoldener Farbe, immer noch gutem Mousseux, feinen Trockenfrüchten, gebuttertem Brioche, gerösteten Nüssen und generöser, cremiger Textur, war das ein großartiger, perfekt gereifter Dom Perignon mit genialer Trinkigkeit – WT96.

Let´s Go East I

Hier wurde zum Eintrinken nicht geraten, sondern nur gestaunt. Im Weinkeller offerierte unser Gastgeber zu einem außerweltlichen Cevice vom Steinbutt zwei rare, chinesische Weine. Mein erster Himalaya Wein kam dort ins Glas. Dieser 2021 Célèbre Haut Plateaux de l´Himalaya von einem Weinberg in 2550m Höhe beeindruckte mit Frische und Eleganz, mit floraler Nase und feiner Steinfrucht, dazu mit einer wunderbaren, cremigen Textur – WT93. Auch nicht von schlechten Eltern war der frische, delikate 2006 Chateau Sungod Greatwall Traditional Method Sparkling Wine, der für die Olympischen Sommerspiele in Peking 2008 abgefüllt wurde – WT90.

Anything but Chardonnay?

In welchem Glas ist der Gantenbein Chardonnay, wurde in diesem Flight gefragt. Der 2016 Mizuiro der Domaine des Miroirs von Kenjjiro Kagami, ein Côtes de Jura, fiel raus. Leicht trübe Farbe, Misthaufen in der Nase, aber auch Zitrusfrüchte, reduktiv, kräftig mit deutlicher Tendenz Orangewein – WT94. Sicher hochklassig, aber den Stil muss man mögen. Sehr elegant, würzig mit prächtiger Fülle, feinstem Schmelz und sehr druckvoll der noch so jugendliche 2016 Gantenbein Chardonnay – WT97. Für einen Batard ausgesprochen schlank und präzise, druckvoll, sehr elegant und präzise der mineralische 2018 Batard-Montrachet von Vincent Girardin – WT96.

Take Care of the Elderly

Die Altersreihenfolge der drei großartigen Krug Champagner war unschwer zu erkennen. Sehr weinig, aber immer noch voller Leben war der güldene 1964 Krug Collection mit Nougat, Karamell, guter Säure, Tiefgang und irrer Länge – WT98. Kräftig, dicht mit grobperligem Mousseux und tiefer, goldener Farbe der 1988 Krug Collection, der sich in einer Art Übergangsstadium befand – WT96. Sehr jung und vibrierend mit enormem Potential der 2008 Krug Vintage – WT97+.

Spot the Burgundy

Und welches ist hier der Burgunder, war die Frage zu einem ziemlich verrückten Pinot Noir Flight. Klar fiel hier der viel zu junge, fantastische 2017 Gantenbein Pinot Noir mit seiner faszinierenden, typischen und klar zu erkennenden Aromatik sofort raus – WT96+. Blieb jetzt die sehr spannende Wahl zwischen einem 2003 La Tâche von der Domaine Romanée Conti und dem 2005 Spätburgunder Wildenstein „R“ aus der Magnum von Bernhard Huber. Diese beiden Weine lagen preislich um Lichtjahre auseinander, waren aber in Qualität und Aromatik sehr dicht beieinander. Die meisten von uns zogen den sehr feinen, sehr eleganten und balancierten Huber mit seiner betörenden Kirschfrucht, der seidigen Textur und der erdigen Mineralität vor – WT95. Der La Tâche von DRC aus diesem warmen Jahrgang war mit der etwas verbrannten Frucht weniger attraktiv, war aber sehr kräftig und dicht mit viel Substanz genügend Rückgrat für sehr lange Entwicklung – WT94+. In 10 Jahren könnte dieser Vergleich durchaus anders ausgehen.

White Horses forever

Atemberaubend der nächste Flight mit drei Weinen, die von der Farbe längst nicht so weit auseinander lagen, wie vom Alter. Konnte dieser 1910 Cheval Blanc aus einer absolut authentischen Händlerabfüllung wirklich 114 Jahre alt sein? Er hatte eine leicht staubige Nase, aber zeigte noch so viel Leben mit Resten rotbeeriger Frucht, erstaunlicher Balance und Eleganz, dazu feiner Süße und überraschend langem Abgang – WT95. Wenn unser Gastgeber nicht versichert hätte, dass diese Flasche die letzte aus einem 6er Lot aus absolut seriöser Herkunft war, hätte ich das nicht geglaubt. Cheval Blanc vom Allerfeinsten und absolute Perfektion war der 1959 Cheval Blanc. So balanciert und einfach in jeder Hinsicht komplett war der 1959 Cheval Blanc dem einmaligem Cheval Blanc Parfüm in der Nase, mit betörender Frucht, die immer noch deutliche Kraft in feinste Seide gewickelt, mit süchtig machender Süße und superber Länge, einfach ein unsterblicher Klassiker – WT100. Der einzigartige 1990 Cheval Blanc erinnert mich immer wieder an eine moderne Version des legendären 1947ers, so würzig, so kraftvoll und mit opulenter Fülle. Allerdings schien er hier auf sehr hohem Niveau leicht verschlossen, was sich in ein paar Jahren wieder geben dürfte – WT97+.

Mit 60 fängt das Leben an

Drei große 64er aus einem nicht ganz einfachen Jahrgang standen jetzt vor uns. In Bordeaux hatte massiver Regen zur Erntezeit einen möglichen Jahrhundertjahrgang weitgehend verhindert. Sehr überraschend war für mich der noch nie so gut getrunkene 1964 Angelus. Der hatte eine dichte Farbe mit wenig Alter, war insgesamt dicht und kräftig mit deutlicher Säure und einer leichten Strenge – WT93. Auch der 1964 Latour war meine bisher beste Flasche dieses Weines. Altersfrei die dunkle Farbe, enorm kräftig mit der typischen Walnussnote und schöner Bleistiftmineralität, dürfte noch eine lange Zukunft haben – WT96. Immer noch ziemlich jung wirkte der 1964 Vega Sicilia Unico mit der typischen, helleren Farbe eines Tempranillo. Er war sehr würzig, elegant und kräftig mit feinem, generösem Schmelz – WT96.

And YOUR Favourite 1980s Vintage is…

Was für ein genialer Flight. Es war nicht so schwierig, hier den atemberaubenden 1989 Haut Brion zum Lieblingswein zu küren, der so eine Art Wiedergeburt des eigenen 1961ers ist. Nach einer längeren, verschlossenen Phase, in der er trotzdem beeindruckte, erreicht dieser Wein jetzt wieder die einmalige Klasse der jugendlichen Fruchtphase. Ein schlichtweg atemberaubendes Kraftbündel mit der explosiven Aromatik dunkler Früchte, Tabak, Leder, Teer und Cigarbox, sehr mineralisch mit erstem, feinem Schmelz und kaum endender Länge – WT100. Meine eigenen Kisten dieses Superweins, den ich damals en primeur für unter €60 kaufen konnte, sind noch zu. Eile ist nicht geboten, denn dieser Wein hat sicher noch 30 Jahre vor sich. Der 1982 Mouton Rothschild war der dichteste und auch verschlossenste Wein des Flight mit schier unglaublichem Tiefgang, ein unglaublicher Wein, Mouton vom Allerfeinsten mit der klassischen Mouton Aromatik in konzentrierter Form, ein klarer Jahrhundertwein und perfekter Nachfolger des legendären 1945ers – WT100. Und was machte der arme 1988 La Mission Haut Brion in dieser Runde? Verdammt gut mithalten. Ein klarer Insidertipp ist dieser La Mission, der sich jetzt so langsam aus seinem massiven Tanningerüst schält und aus dieser Flasche hier schon erstaunlich offen wirkte. Sehr elegant wirkte er mit der typischen Cigarbox Aromatik, immer noch mit kräftiger, tanningeprägter Struktur und Langstrecken Potential – WT97+.

Let´s Go West

Und was ist hiervon der Harlan, hieß es im nächsten Flight. Da fiel schon mal der 1996 Quilceda Creek raus, ein feiner, eleganter Wein, reif mit schöner Frucht, der mit den beiden anderen nicht mithalten konnte – WT94. Der Wein mit der meisten Kraft, der präzisesten, betörenden Frucht, dem Tiefgang und der massiven Bordeaux-ähnlichen Struktur war natürlich klar erkennbar der 1999 Harlan – WT97. Aber die allergrößte Überraschung war einer meiner kalifornischen Lieblingsweine, der schon lange nicht mehr getrunkene 1992 Silver Oak Napa Valley. Ein absolutes Prachtstück war das, einfach super-sexy mit einer Traumnase, frische Schwarze Johannisbeere und Cassis, absolut betörend und immer noch so frisch – WT97.

Let´s Go East II

Mit drei großen, chinesischen Rotweinen ging es in diesem Flight weiter. Rar und teuer ist dieser 2014 Ao Yun. Er stammt von einem nahe der Stadt Shangri La auf den Ausläufern des Himalaya gelegen Weingutes, das sich im Besitz von LVMH befindet. Er zeigte kein Alter, gute Struktur und ein immer noch stabiles Tanningerüst. Doch mich störte diese sehr aufgesetzt wirkende Süße. Gibt es jetzt auch Weine mit Botox ? – WT88. Nicht so richtig klar kam ich auch mit dem noch sehr jungen 2019 Long Dai aus dem Qiu Shan Valley. Der hatte in der Nase neben guter Frucht auch etwas seltsame, gezehrte Noten. Am Gaumen war er jung, kräftig mit noch ziemlich bissigen Tanninen. Das Gut gehört den Domaines Barons de Rothschild (Lafite). Vielleich t war das hier nicht die beste Flasche. WT92(+?). Mein Favorit unter den drei Weinen war der sehr dichte, kräftige und würzige 2019 Shangri-La aus dem Yunnan Valley, einem gut gelungen Cabernet Sauvignon, der stilistisch Bordeaux ähnelte – WT95.

No Barrique – No Berlusconi

Der Rücksturz nach Europa führte im nächsten Flight nach Italien ins Piemont. Der 1969 Barolo der Cantina Mascarello, die erst ab 1982 den Namen Bartolo Mascarello trug, war gut gereift mit tertiärer Aromatik, sehr fein, elegant mit burgundischen Konturen und milder Süße – WT93.

Sehr viel kräftiger, dichter war der 1997 Barolo von Bartolo Mascarello mit klassischer, teeriger, ledriger Aromatik und feiner Kirschfrucht, bei dem aber ein leichter Stich in der Nase etwas irritierte, sicher sonst ein WT92 Wein oder auch höher. Absoluter Favorit in diesem Flight war für mich der sehr beeindruckende, noch unglaublich junge und fast altersfrei wirkende 1989 Barolo Sperss von Gaja. Ein Klasse Barolo in für die damalige Zeit modernerer Stilrichtung, sehr würzig, kräftig mit schöner Kirschfrucht, feinen Kräutern, Teer, Leder und etwas Lakritz in maskulinem Stil. Dürfte noch eine längere, gute Zukunft haben – WT96.

The Classy Unclassified

Leider hatten wir im letzten Rotweinflight etwas Flaschenpech mit dem sehr variablen 1990 Chateau Musar aus dem Libanon, den ich schon deutlich besser, aber auch viel schlechter getrunken habe. Hier zeigte sich neben feiner Burgundischer Eleganz statt Frucht leider Liebstöckel, schade.

Nicht so richtig begeistern konnte ich mich für den 1996 Grange des Pères aus dem Languedoc, dessen Kultstatus und die entsprechenden Preise mir sich nicht richtig erschließen, der war schon ziemlich reif – WT90. Absolute Klasse war der grandiose 2010 Columella von der Sadie Familie aus Südafrika, immer noch so jung, kräftig und nachhaltig. Schon sehr häufig getrunken und auch hier wieder aromatisch als großen Wein von der nördlichen Rhone empfunden - WT96.

Life is Sweet

Feiner Abschluss aus dem Geburtsjahr unserers Gastgebers, in dem kein Yquem produziert wurde, der rare 1964 „Y“, der trockene Wein von Chateau d´Yquem. Der zeigt in der Nase die komplexe Süße eines feinen Yquem, war aber am Gaumen trocken mit feiner Bitternote – WT93.

Eine wunderbare Probe im Kreise erfahrener Weinnasen war das, 10 schöne Flights, von unserem Gastgeber mit viel Verstand und Herzblut zusammengestellt. Dazu wurden wir noch auf höchstem Niveau von einer deutschen Kochlegende verwöhnt. Mehr geht nicht.