April 2018

Happy Birthday

In Vorbereitung

Das Paradies um die Ecke

Und wo trifft man sich an so einem Freitag vor einem langen Wochenende? Natürlich auf der Autobahn. Blos weg, wohin auch immer.
Wenn man in Düsseldorf lebt, hat man es näher. Wir sind nur über die Rheinbrücke zu Holger und Barbara ins Berens am Kai gefahren. Da gab es bei herrlichem Sonnenschein auf der Terrasse Frühlingsküche vom Feinsten, z. B. Mairitterlinge, Morcheln, Spargel, erste Erbsen und großartige, fleischige Tomaten aus Südfrankreich. Der liebe Holger hat es halt richtig drauf.
Mit drei wunderbaren Burgundern aus der Zeit, als diese Weine noch ohne Premox alterten, sind wir gestartet . Der 1993 Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Chaumées von Michel Colin-Deleger hatte eine reife Farbe, dezente Fülle, feinen, nussigen Schmelz und eine angenehme Herbe – WT89. Immer noch frisch, sehr würzig, mit guter, pikanter Frucht und Säuere, aber auch mit erstem, feinem Schmelz zeigte sich der 1989 Meursault 1er Cru von Louis Latour – WT91. Schlichtweg der Hammer war der einfache 1987 Puligny Montrachet in einer Händlerabfüllung von Denis Philibert. Ein animierender, großer, reifer Weißer Burgunder, noch so frisch mit guter Säure, aber auch mit nussiger Fülle und viel aromatischem Druck – WT94.

Spannend der Vergleich zwischen 2005 Volnay Santenots du Milieu von Mikuslski und 2005 Wildenstein R von Huber. Der kräftige, aber auch schlanke, finessige Volnay mit seiner wunderbaren, kirschigen Frucht lag erst klar vorne, aber der sehr elegante Wildenstein schlich sich quasi auf Samtpfoten an, zeigte immer mehr Tiefgang und Länge, und ging nach einiger Zeit auf die Überholspur. Beide Weine sicher auf WT93 Niveau.
Klarer Sieger dieses Nachmittags war der unglaubliche, sehr komplexe 1990 Brunello di Montalcino von Salvioni mit süßer, würziger Frucht, dessen atemberaubende, minzige, druckvolle Aromatik locker jede Old School California Probe gesprengt hätte – WT97. Der zeigte deutlich, dass große Brunellos 15-20 Jahre Reife brauchen, um alles zu zeigen 
Dicht, kräftig und irre komplex und lang als Abschluss der großartige 2005 Bonnes Mares von Lucien Le Moine, der trotz seiner Jugend schon unglaublich viel zeigte – WT96. Wie mag der blos in 20 Jahren sein?
War heute beim Holger irgendwie deutlich schöner als auf der Autobahn, denn das Ziel unserer Träume war bei herrlichem Sonnenschein gleich der Anfang.

Maiböller und Rohrkrepierer

Statt Tanz in den Mai hatten wir auf ein gepflegtes, feines „Trink in den Mai“ in kleiner Runde gesetzt. Noch kein Alter zeigte der 1985 Domaine de Chevalier Blanc, der viel Zeit und Luft zur Entwicklung brauchte. Kam sehr verhalten ins Glas und baute dann sehr schön aus mit feiner, weicher, mandeliger Aromatik – WT91. Da scheint das Beste noch bevor zu stehen. Schlichtweg atemberaubend der 1993 Riesling Clos St. Urbain Rangen de Thann von Zind-Humbrecht. Nur die brillante Cognacfarbe zeigte ein gewisses Alter. In der Nase und am Gaumen war das ein frisches, druckvolles Monument mit geradezu explosiver Aromatik. Getrocknete Aprikosen, Karamell, viel Minze und vor allem auch Eukalyptus, cremige Textur und gewaltige Länge, wie ein hypothetischer, weißer Martha´s Vineyard, dabei so unglaublich stimmig – WT97. Gut gereift und immer noch frisch zeigte sich der zu Anfang etwas verhaltene 1994 Meursault Genevrières von Boyer Martenot, der nicht mehr die Dramatik der Jugend hatte, sich aber sehr stimmig mit feiner Würze zeigte – WT92. Ungewöhnlich kräftig mit tiefdunkler Farbe und noch blutjung zeigte sich der 1996 Peter Michael Les Pavots reifer Brombeere, Cassis und auch viel Lakritz. Gewaltige, präzise Statur und auch ein deutliches Tanningerüst zeigten, dass bei diesem Wein die Musik noch lange spielt – WT96. Und dann leider der erste Rohrkepierer. Bei der tollen Farbe ohne Alter wäre der 1985 l´Eglise Clinet sicher ein Hit gewesen. So zeigte er sich als Mainiete. Sehr fein, elegant und auf dem Punkt zeigte sich 1989 Pape Clement, der mit der etwas verhaltenen, klassischen Pessac Aromatik wie eine Junior-Version des 89 Haut Brion wirkte – WT94. Und dann kam leider die zweite Mainiete. Der sehr kräftige, immer noch jung wirkende 1997 Vina d´Alceo vom Castello die Rampolla zeigte zur tiefen Farbe leider einen noch tieferen Kork. Da blieb nach inzwischen bewährtem Muster nur die Variante Zabaglione, bei der dieser Alceo wenigstens noch etwas von seiner intensiven Fruchtigkeit zeigen konnte. Wie gut, dass es noch eine Reserveflasche gab. Und als es um Mitternacht hieß „Der Mai ist gekommen, die Korken fliegen raus“, da kam noch ein vorzüglicher 1998 La Conseillante ins Glas. Den hatte nich noch nie so gut im Glas. Irre, was da plötzlich abging. Enorm kraftvoller Auftritt, Beerenfrüchte und Pflaume im dicken Bitterschokolade-Mantel, Minze, Mokka, feiner Schmelz, Länge und noch Potential für etliche Jahre – WT95. Ein echter 98er vom Rechten Ufer halt. Conseillante wirkt oft in seiner Jugend so frühreif, weich und zugänglich, dass man ihm nichts zutraut. Verdacht! Da muss ich wohl noch mal auf die Suche gehen.