Februar 2016
Das neue Menü
Fleissig wurde in der Küche des Berens am Kai an diesem Mittag gewerkelt und das neue Menü für den Februar vorgekocht. Dazu wurden reichlich bezahlbare Tropfen probiert, aus denen dann zu den jeweiligen Gängen die Weinbegleitung bestimmt wurde. Menü mit Weinbegleitung ist heute in und wird viel gewählt
Alle Welt rennt hinter Kellers Abtserde und GMAX her. Wir sind schon weiter. Einer von Kellers für mich derzeit besten ist dieser spektakuläre 2011 Hipping. So rassig und extrem mineralisch, geniale Struktur, präzise Zitrusfrucht, Roter Hang in Perfektion, baut unglaublich im Glas aus, unsere Bewertungen steigen und steigen – WT96. Die paar Jahre Lagerung haben diesem Wein verdammt gut getan. Das schien ein ereignisreicher Nachmittag/Abend zu werden, auch ohne Karnevals-Pappnase.
Was mit Hipping anfing wurde immer hipper. Auf gleichem Niveau wie der Hipping, wenn auch mit völlig anderer Stilistik, der reife 2000 Riesling Unendlich von FX Pichler, der mit seiner üppigen Fülle, dem reifen Steinobst und der würzigen Mineralität sehr kraftvoll, aber auch balanciert auftrat – WT96. Bevor es dann richtig rot los ging, leider erst mal eine bedauerliche Pleite. Die 2007 Behrens & Hitchcock Cuvée Lola hatte immer noch eine junge Farbe und eine tolle Statur, aber leider auch Kork. Schade, ich hatte mich so darauf gefreut, im Berens einen Behrens zu trinken. Schade, da geh ich jetzt wieder auf die Suche. Traumhaft balanciert und elegant danach der schmelzige 1995 Opus One, stilistisch ein großer Bordeaux mit süßer, kalifornischer Frucht – WT95. Immer noch voll da mit feiner, beeriger Frucht der minzige 1987 Mondavi Cabernet Sauvignon Reserve, einer dieser wunderbaren, klassischen Kalifornier aus den 80er Jahren – WT95. Besser als jedes Auto dann die beiden Maybachs aus 2005 und 2006. Das waren beides Kalifornier der moderneren Art mit satter Frucht und viel Dampf, die aber trotzdem erstaunlich elegant wirkten und mit ihrer Mischung aus Cassis, Graphit und Leder auch etwas von einem jungen Mouton hatten. Der 2005 Maybach Marterium war der frischere, betörendere, der 2006 Maybach Marterium der dichtere, kräftigere, beide locker auf WT96 und jede Suche wert. Hedonismus pur der mit seiner süßen Frucht sehr sexy wirkende, gefällige 2001 Caymus Special Select – WT94. Klar, der Caymus hatte nicht die Struktur und die Klasse der Maybachs, aber er war ein Spaßwein par Excellence auf durchaus hohem Niveau.
Schon fast zwanzig Jahre hatte ich den 1988 Philippi Elysium nicht mehr im Glas, der seitdem fröhlich in meinem Keller vor sich hin alterte. Aus dem damaligen Süßwein, der wohl in Richtung Sauternes gehen sollte, ist inzwischen ein einfach genialer „trockener“ Aprikosenlikör geworden, einfach faszinierend – WT94.
Nein, wir wollten und konnten einfach kein Ende finden. Kommt doch plötzlich der Holger mit dem 2012 Hipping GG von Keller um die Ecke. Das war der leicht fülligere, etwas kräftigere Zwilling des genialen 2011ers, dessen Klasse er durchaus mal erreichen kann – WT94+. Aus der Karte haben wir dann noch das großartige, immer noch so taufrische 2010 Scharzhofberger GG von Kesselstatt nachgelegt, ein sehr mineralischer Wein mit knackiger Säure, hohem Extrakt, präzisen Konturen und guter Zukunft – WT93.
Und ehe ich mich versah, hatte ich plötzlich wieder einen Rotwein im Glas, den großartigen 2005 Barolo Cascina Franco von Giacomo Conterno. Der wirkte voll da mit wunderbarer Fruchtsüße und mit dem Duft wunderbarer Rosen auf frisch geteerter Straße. Die weich wirkenden Tannine täuschten aber darüber weg, dass dieser Wein noch eine lange Zukunft hat, und das Beste vielleicht erst noch kommt – WT95.
Jetzt half nur noch die Reißleine, bevor aus diesem Traumnachmittag/Abend mit herrlichen Weinen und Holger Berens irre guter Küche noch eine unkalkulierbare, tiefe Nacht wurde. Also schnell Taxi bestellt und auf und weg.
Mein bisher bester Champagner?
Ja, da musste sofort ein Kleinkredit her, als wir diesen ultrararen 1988 Bollinger Champagner Vieilles Vignes Francaises auf Jörg Müllers Karte fanden. Der 96er war kürzlich in unserer großen 1996 Champagner Verkostung noch vor Clos du Mesnil und Clos d´Ambonnay mit WT99 mein Favorit gewesen. Aber dieser 88er hier hatte von allem noch etwas mehr. So kraftvoll, jugendlich und komplex, so ein irrer, aromatischer Druck am Gaumen. Brauchte Luft, Temperatur und große Gläser. Wenn das keine WT100 waren, dann gibt es die für Champagner nicht. Halleluja!
Weiter ging es mit einer 1989 Pichon Comtesse de Lalande, die sich von ihrer allerbesten Seite zeigte. Einfach Comtesse pur mit betörendem Schmelz, seidiger Eleganz und mit genügend Substanz und Rückgrat für lange Jahre – WT95. Auf gleichem Niveau mit feinem, süßem Schmelz der 1985 Taylor Vintage Port – WT95. Und wenn wir nicht ohnehin schon im Weinhimmel gewesen wären, dann hätte das jetzt diese mineralische, druckvolle und dabei doch so luftig-leichte 1997 Graacher Himmelreich Auslese von JJ Prüm geschafft – WT94.
Bernie kocht
Ein schöner Mittag/Nachmittag bei guten Freunden mit großer Küche und entsprechenden Weinen.
Spargel hatten wir noch keinen, aber ich war neugierig auf Klaus Peter Kellers ersten 15er. Der 2015 Grüne Silvaner von Klaus Peter Keller war frisch, fröhlich, erdig, ehrlich und furztrocken – WT85+. Wer kann, legt den noch 2 Jahre weg. Da kommt noch deutlich mehr.
Heftiger und kräftiger ging es dann im ersten Weißweinflight zugange. Der 2007 Kistler Chardonnay Les Noisetiers war immer noch frisch mit wenig spürbarem Holz, nussig, mineralisch, elegant und sehr stimmig, die iommer noch gute, balancierende Säure garantiert ein längeres Leben – WT95. Etwas üppiger, vanilliger, holzbetonter der 2012 Dumol Chardonnay Clare mit seiner exotischen Frucht, aber auch mit Finesse und Klasse – WT95.
Klar kann auch ein 1994 Petrus nicht so ganz das etwas schwierige, sperrige des Jahrgangs verleugnen. Aber mit dieser Sexyness von Petrus, dieser wunderbaren Frucht und dieser Länge entstand dann doch ein großer, immer noch so junger Wein, der noch über längere Zeit zulegen kann – WT95+.
Schlichtweg atemberaubend mal wieder dieser 1990 Beauséjour Duffau Lagarosse. Nicht gerade für große Weine bekannt, haben die auf diesem Chateau in 1990 einfach alles komplett richtig gemacht und dazu noch das Glück des Tüchtigen gehabt. Sehr konzentrierte Frucht, unglaubliche Dichte, hohe Mineralität, aber gleichzeitig eine enorme, messerscharfe Präzision. Zu Recht eine Bordeaux-Legende, die man einmal im Leben im Glas gehabt haben muss – WT100.
Minzig, ledrig, klassisch mit toller Struktur der 1997 Chateau Montelena, der wohl längst noch nicht alles zeigt, für das sonst so üppige Kalifornien-Jahr erstaunlich zurückhaltend – WT95+.
Der unbestrittene Wein des Abends war natürlich der 1989 La Mission Haut Brion, Pessac und La Mission in Perfektion, druckvoll und elegant zugleich, irre lang am Gamen – WT100. Doch der 1985 Solaia musste sich als so eine Art jüngerer Zwilling des legendären 85 Sassicaia mit perfekter Frucht und Struktur nicht dahinter verstecken, noch so jung, dieser traumhafte Wein – WT98. Gelungener Abschluss dann der dichte, sehr kräftige 2001 Dominus, der erst ganz am Anfang einer längeren Entwicklung steht und noch deutlich zulegen dürfte – WT96+.
Auf der Düne
Feiner Abschluss der Sylt-Tage ein schönes Dinner bei guten Freunden.
Schon sehr reif der 2005 Heppenheimer Steinkopf Spätlese trocken von der Domaine Bergstraße, der getrunken gehörte – WT86. Noch voll da der 1969 Chambolle Musigny von Doudet-Naudin mit feinem, burgundischem Schmelz – WT92. Erstaunlich kräftig mit beachtlichem Standvermögen zeigte sich der 1960 Chambolle Musigny 1er Cru von Louis Serrignon – WT92. Noch so jung war der großartige 1993 Latricières-Chambertin von Trapet, der mit burgundischer Pracht und Fülle verwöhnte – WT95. Große Überraschung als Abschluss der 1988 Maurizio Zanella von Ca’ del Bosco, den ich zuletzt 2004 begeisternd im Glas hatte. In den letzten 12 Jahren hat sich dieser Wein praktisch kaum verändert, zeigt immer noch ein intaktes Kirschrot ohne Alter, wirkt so feinduftig und elegant mit pikanter, roter Beerenfrucht und wirkt auch am Gaumen immer noch jung und absolut stimmig – WT94. 1988 entpuppt sich immer mehr als sehr langlebiges Italien-Jahr.
Im Steinheuer in Bad Neuenahr
Was für ein traumhafter Lunch bei Steinheuer in Bad Neuenahr in Deutschlands einzigem Dreisternelokal mit zwei Sternen. Schlichtweg göttlich unser großes Menü. "Problematisch" die sehr umfassende Weinkarte. Spontan fielen mir da wieder mindestens 30 Weine ein, die ich dringend im Glas brauchte. " Komm zu Potte" meinte die Gattin. Also erstmal einen 2007 Gantenbein Chardonnay bestellt. Gantis Chardonnays werden erst nach 5+ Jahren richtig gut, und der hier war ein burgundischer, finessiger Traum ohne Alter – WT95.. Das galt auch für den animalisch-kernigen und doch so burgundischen 1983 Hermitage La Chapelle von Jaboulet-Ainé, der sich wieder in großartiger Form zeigte – WT97. Erstaunlich wie schnell Gläser leer werden. Ganz vorsichtig noch mal am Schiefer gelutscht mit einer wunderbaren 2003 Zeltinger Sonnenuhr Auslese*** trocken von Mosel Zauberer Markus Molitor, die mit genialer Struktur und Frische überhaupt nichts von 2003 hatte – WT96. Dann noch mit toller Nougatnase eine sehr spannende, überhaupt nicht fette 1980er Marienthaler Spätburgunder Eiswein TBA von Meyer-Näkel – WT94. So etwas gibt es heute nicht mehr. Was für ein Mittag, der langsam Richtung Abend geht.
Der einzige alkoholfreie unserer Runde (es lebe die christliche Fastenzeit!) fährt uns jetzt zurück. Zuhause gibt es nachher nur Bütterchen. Aber passt da nicht auch großer Wein zu? Schaun wir mal.