Februar 2019
In meiner Lieblings-Traube
Schöppli sagen die Schweizer auch liebevoll zum Drü-Achteli, der halben Flasche. Und wenn so ein Schöppli gut gelagert ist und dazu noch zu einem so freundlichen Preis angeboten wird, wie bei meinem Freund Arno Sgier in der Traube in Trimbach, dann ist das der Himmel auf Erden. Noch so frisch, elegant und animierend, dieses 2004 Gantenbein Pinot Noir Schöppli in bester, burgundischer Stilistik – WT96. Da muss man im Burgund selbst schon ganz tief in die Tasche greifen, um ähnliche Qualität zu bekommen.
Letzteres gilt übrigens auch für die atemberaubend gute Küche der Traube. Wir haben das geniale, vielgängige Amouse Bouche Mittagsmenü genossen, mit dem der liebe Arno sich wieder selbst übertroffen hat. In Paris oder sonstwo, wo die die fühererbewaffneten, selbst ernannten Gourmet Experten hin pilgern, würde das wohl als Sensation gefeiert. Nicht aber hier in der Schweizer Diaspora noch hinter Olten. Hier kommen nur echte Genießer hin, freuen sich, auf höchstem Niveau verwöhnt, aber nicht enteignet zu werden, und toben sich dazu nach Herzenslust in der ebenfalls überaus gastfreundlichen 1000+ Weinkarte aus. Sollte man eigentlich nur den besten Freunden weitersagen.
Angefangen hatten wir mit einem 2010 Chevalier Montrachet von Marc Morey. Bei dem hatte mich erst die reife Farbe irritiert, auch der erste Schluck zeigte in Nase und Gaumen spürbare Reife. Dekantieren ließen wir den Wein trotzdem, und das war gut so. Baute enorm aus und zeigte schöne Fülle, wohldosierte Kraft und Länge, aber auch die Eleganz eines großen Chevaliers, so vielschichtig und komplex, dabei genau auf dem Punkt – WT96. Großes Kino auch der 2002 Chambertin von Pierre Damoy aus perfekt gelagerter Flasche. Wunderbare Beerenfrucht, die Pracht und Fülle eines großen Chambertin, aber auch gewaltige Struktur und Charakter mit enormem Tiefgang – WT96.
Noch nach dem Schöppli tranken wir mit unserem Freund Arno einen erfrischen 2017 Piesporter Goldtröpfchen Kabinett von Julian Haart, einen rassigen Kabinett wie aus dem Bilderbuch mit spielerischer Eleganz und feinem Süße-/Säurespiel – WT93.
Algarve Riesling Fest 2019
Tradition hat sie inzwischen, meine Probe gereifter, trockener Rieslinge im Februar im Vila Vita Parc an der Algarve. Hier dazu der englische Instagram Kurztext, wird demnächst durch längeren, deutschen Text ersetzt:
Algarve Riesling Fest 2019.
Great Portuguese cuisine met legendary German Rieslings last night at Vila Vita Parc.
The superstars of that tasting and at least close to perfection were 1999 Schlossberg von Breuer, 2002 Halenberg Spätlese trocken von Emrich-Schönleber, 2001 Kallstadter Saumagen Auslese trocken R von Koehler-Ruprecht und 2008 Hermannshöhle von Dönnhoff.
A fascinating outlook on „the next big thing“ gave the 2017 Nierstein Riesling from Keller.
Happy Valentins
Mit meinen beiden Traummädels (nein, keine Mutter oder Schwiegermutter dabei) bin ich am Valentinstag ins Rei das Praias gefahren, ein traumhaft in der vielleicht schönste Bucht der Algarve gelegenes Strandrestaurant mit hervorragender Küche.
Irre gut und war wieder das, was wir hier vorgesetzt bekamen, von Cataplanas bis Percebes, so frisch und perfekt. Dazu tranken wir erst einen sehr mineralischen, genialen 2004 Paul Bara Champagne, der mit seinem feinen Mousseux, der Zitrus und Pfirsichfrucht und der kalkigen Mineralität perfekt zur Meeresbrise passte – WT92. Sehr elegant und finessig in bester Burgunderart mit präziser Struktur und guter Mineralität der 2015 Coche von Niepoort, der über die Jahre noch zulegen dürfte – WT93+. Da durfte dann auch ein kräftiger 2012 Batuta von Niepoort mit verschwenderischer, dunkler Kirschfrucht und enormem Tiefgang nicht fehlen – WT94. Waren wir mit dem Auto da? No way. Deshalb ging als Absacker auch noch ein so wunderbar schmelziger, „liquid Toffee“ 2001 Taylors Quinta de Vargellas Port mit schöner Beerenfrucht – WT91. Ein zugänglicher, früh trinkbarer Single Quinta Vintage Port aus einem schwächeren Jahrgang, in dem es keinen klassischen Taylor Vintage Port gab.
Wie gut, dass das kein alkoholfreier Valentinstag war. Als Valensina hätte der nur halb soviel Spaß gemacht.
Frühsommer im Februar
Er gehört gefeiert, dieser oberaffengeile, perfekte Frühsommertag Ende Februar.
Auf der Terrasse(!) des Berens am Kai (danke, liebe Barbara, für soviel Flexibilität) genossen wir das geniale Berens-Verwöhnaroma und stießen auf diesen Supertag mit einem außerirdischen 2006 Honivogl von Hirtzberger an. Dieser Grüne Veltliner zeigte sich in erster Reife von seiner allerbesten Seite. Tiefes Golgelb, reife Marille, intensive Mineralität, pfeffrige Würze, so ein irrer Tiefgang und Länge mit cremiger Textur, entwickelt sich zum perfekten Probensprenger jeder großen Le Montrachet Probe und hat noch eine lange Zukunft - WT98. Auf hohem Niveau ging es weiter. Obwohl noch sehr jung, präsentierte sich der 2006 Chablis 1er Cru Montée de Tonnerre aus der raren Magnum von Raveneau in absolut bestechender Form. So balanciert, harmonisch und sehr elegant, aber auch druckvoll mit feinster Zitrusfrucht, intensiver Mineralität, laserscharfer Präzision und guter, balancierender Säure, einfach Finesse pur – WT96. Wir blieben beim Jahrgang und beim hohen Niveau mit einem traumhaften 2006 Gantenbein Chardonnay. Der zeigte wie zuletzt 2017 aus der Magnum auf der Farnsburg die Pracht und Fülle eines Montrachet und die Würze eines Meursaults, das alles so stimmig und elegant mit cremiger Textur – WT96. Und während man bei Burgundern Angst haben muss, dass irgendwann die Premox Seuche einsetzt, sind hier noch locker 10 und mehr Jahre Genuss in Aussicht. Vierter im Bunde war aus der umfassenden Berens-Karte eine Magnum 2006 Morillon Zieregg von Tement. Aus Tements Paradelage zeigte dieser sehr elegante Chardonnay, dass er sich hinter dem Sauvignon Blanc nicht verstecken muss. Überzeugte mit einer wunderbaren Frische, feiner Zitrusfrucht, frischen Kräutern, schöner Mineralität, wirkte dabei schlank und nussig, perfekt balanciert und hat sicher noch gute Zukunft – WT94.
So dürfte der Frühsommer gerne weitergehen.