Januar 2017

Im Schwarzen Adler

Und das Beste kommt zum Schluss. Auf der Rückfahrt aus dem Engadin haben wir traditionell wieder am Kaiserstuhl Station gemacht.

Ein Traumabend war das bei und mit Fritz Keller im Schwarzen Adler in Oberbergen. Hier zieht uns immer wieder nicht nur die große Weinkarte mit dem perfekten Weinservice von Melanie Wagner hin. Es ist auch die klassische Hochküche von Anibal Strubinger, der perfekte Service unter Maitre Hubert Pfingstag und die einmalige Atmosphäre dieses, im besten Sinne „Gasthauses“.

Großartiger Apero ein 1996 Blanc de Blancs Grand Cru Cuvée St. Vincent von Legras. Den hatte ich hier im letzten Jahr schon mal, allerdings frischer degorgiert. Diese, früher degorgierte Flasche zeigte deutlich, dass große Champagner Flaschenreife nicht nur gut wegstecken, sondern dabei auch an Komplexität gewinnen. Gefiel mir dieses Mal noch deutlich besser und trank sich einfach fantastisch – WT94.

Mit zwei Großen Gewächsen des eigenen Hauses zeigte uns Fritz Keller, welch gewaltige Fortschritte das Gut in den letzten Jahren gemacht hat. Mit Grauburgunder konnte man mich bisher nicht hinter dem Ofen her locken. Zuviel Mist wird mit dieser Rebsorte produziert. Aber dieses 2014 Schlossberg Grauburgunder GG zeigte, dass es auch deutlich anders geht. Absolut trocken (1,5g Restzucker) mit großartiger Struktur, salziger Mineralität, Eleganz, kühler Frucht und geradezu burgundischer Pracht und Fülle überzeugte dieses in jeder Hinsicht große Gewächs – WT92. Sehr spannend der 2013 Schlossburg Spätburgunder GG, der sich jetzt langsam öffnet, gewaltigen Tiefgang zeigte und eine große Zukunft haben dürfte – WT93+. Sollte ab 2020 auf hohem Niveau richtig Spaß machen.

Viele meiner Weinfreunde fahren regelmäßig in den Schwarzen Adler, um in der noch immer sehr umfassenden, gnädig kalkulierten Raritätenkarte zu baden, auch wenn die z.B. bei sehr gesuchten Jahrgängen wie 1982 schon arg gerupft ist. Dringend kann ich aber auch den Anfang der Karte empfehlen, wo die Weine des Schwarzen Adler in einer sehr großen Jahrgangstiefe stehen.

Und dann zeigte uns Sommelière Melanie Wagner mit zwei jeweils blind servierten Burgundern, dass sich im Burgund auch jenseits der Jahrgangsspitzen selbst in kleinen Jahren großartige Weine finden lassen. Reif kam der 1980 Chambertin von Armand Rousseau ins Glas, Waldboden nach einem Regenguss. Unglaublich, wie dieser Wein danach über Stunden im großen Burgunderglas ausbaute und zulegte. Immer mehr kamen wunderbare, rote Waldfrüchte, reife Erdbeeren und Himbeeren. Der Chambertin entwickelte eine traumhafte Eleganz und Finesse, dazu erste, feine Süße. In einer großen Blindprobe mit Mini-Degupfütze hätte dieser Wein keine Chance gehabt. Der wäre mit dem ersten Eindruck und wohl irgendwo WT88-89 abgestraft worden. Aber hier durfte er alles zeigen. Das wurde mit der Zeit Burgund, wie man sich einen reifen, großen Burgunder vorstellt – WT94.

In der Anmutung deutlich jünger mit traumhafter, frischer, präziser Frucht, mit guter Säure und so unglaublich viel Spannung der schlichtweg atemberaubende, geradezu rassige und noch so quicklebendige 1972 Romanée St. Vivant der inzwischen zu Romanée Conti gehörenden Domaine Marey-Monge – WT96.

Was ich mal wieder daraus gelernt habe? Vergesst für Burgund Jahrgangstabellen. Viel wichtiger sind Herkunft und Lagerung der Weine. Diese beiden Flaschen hier hatte irgendwann Fritz Kellers Vater Franz Keller direkt vom Erzeuger gekauft. Seitdem lagern sie unbewegt unter perfekten Bedingungen und wurden schlichtweg im Keller vergessen.

An der gemütlichen Bar des Hauses klang dieser schöne Abend mit einem sehr balancierten, feinen 2012 Saarburger Rausch Kabinett von Zilliken aus. In seiner Jugend war mir dieser Wein einen Touch zu süß, aber jetzt zeigte er sich sehr animierend mit feiner Schiefer-Mineralität und gutem Süße-/Säurespiel – WT91.

Dienstag

Was für ein Abend! Lieber Besuch aus Sylt, geniales Käsefondue aus Pontresina und große Weine aus meinem Keller.

Mit einer 2005 Ruppertsberger Hoheburg Magnum Faß #57 von Bürklin-Wolf legten wir los. Im Gegensatz zu vielen 2005ern ist der nicht aus dem Leim gegangen und zeigt bei aller würziger Fülle und Reife immer noch eine großartige Struktur gepaart mit guter Säure und intensiver Mineralität – WT95. Absolut grandios präsentierte sich danach aus dem Geburtsjahr von „Herrn Ben“ und unserer bezaubernden Gastgeberin aus perfekter Magnum der 1983 Sassicaia. Viele haben den längst abgeschrieben, obwohl er jetzt erst richtig kommt. Mit seiner noblen Art, der Eleganz und Finesse und der feinen Mineralität wurde dieser 83er seiner Rolle als Lafite Italiens voll gerecht, großer Stoff – WT96. Jede Suche wert. Immer noch blutjung der 2004 Gantenbein Pinot Noir, der von Jahr zu Jahr enorm zulegt und aus dieser so druckvollen Magnum hier mit burgundischer Pracht und Fülle einen ganz großen Auftritt hatte – WT96.

Irre, wie schnell sich aus allen drei Magnums unsere Gläser leerte. Da musste ich nachlegen, was mit einer perfekten Magnum 1983 Latour bestens gelang. Wer einen halbwegs reifen, großen Latour mit trüffeliger Fülle und der klassischen Walnußaromatik sucht, der ist hier richtig. Zeigt als modernere, jüngere Variante des 71ers schon unglaublich viel, aber noch längst nicht alles – WT96. Richtig jung wurde es dann mit einem 1996 Ridge Monte Bello, einem großen, unterschätztem Monte Bello mit enormer Substanz, der aber wohl erst in 10 Jahren voll aufblüht. Puristisch schöne, dunkle Frucht mit etwas Minze, so druckvoll am Gaumen, ein begeisterndes Potentialmonster mit großer Zukunft – WT95+.

Und dann waren da noch drei halbe Flaschen, die schnell die Runde machten. Mehr Burgund, vielleicht sogar Chablis als Kalifornien der erstaunlich schlanke, rassig-mineralische 2012 Rhys Horseshoe Vineyard Chardonnay mit feiner Zitrusfrucht, der gut als Pirat in eine Burgunderprobe passen würde – WT95. Das ist schon spannend und sehr erfreulich zu sehen, dass aus dem Land der dicken Wuchtbrummern jetzt vermehrt elegantere Weine kommen. der schlichtweg göttliche, weil reif und jung zugleich wirkende 1985 Graham Vintage Port mit verschwenderischer Rumtopffrucht und Süße, flüssiges Marzipan, aber auch Eleganz und Finesse – WT96. Großartiger, unsterblicher Süßwein als Abschluss von Diel eine 1967 Schloss Leyer Cabinet Pittermännchen Riesling Trockenbeeren-Auslese, einfach traumhafter Nektar, ein wunderbar balancierter Rosinen-Turbo mit irrer Komplexität und ewiger Länge – WT98. Wer in diesem Jahr seinen Geburtstag feiert und auf der Suche nach einem großen Wein aus seinem Geburtsjahr verzweifelt, dem kann ich nur dringend die edelsüßen Weine aus der Pfalz und von der Nahe empfehlen, die in 1967 besonders gut gelungen sind. Wer es nicht ganz so süß (und teuer) mag, der sollte zu einer Spät- oder Auslese greifen, die sich jetzt durchaus harmonisch trocken präsentieren könnte.

Ich habe schon schlechtere Dienstage erlebt.

Happy Saturday

Eigentlich wollten wir in eines der vielen, angesagten Düsseldorfer Restaurants, aber der liebe Bernd meinte, er hätte noch eine geile Fischsuppe, ein paar Nudeln mit Hummer und etwas Käse. Wer kann da nein sagen, zumal wir beide mit allen Weinkellern der Stadt gut mithalten können.
Ein schlichtweg oberaffengeiler Samstagnachmittag wurde das mit wunderbarer Küche und großen Weinen. Mit dem großartigen 2009 Halenberg GG von Schäfer-Fröhlich starteten wir in den Nachmittag. Ich bin ein großer Fan dieser Lage, von der es bei Schäfer-Fröhlich viel zu wenig gibt. Mit kühler Eleganz, superber, präziser Frucht, dezenter Extraktsüße und feiner, leicht salziger Mineralität bewegt der sich jetzt auf Felseneck-Niveau – WT95. Schlichtweg genial auch der sehr feine, burgundische 2014 Gantenbein Chardonnay mit betörender Frucht. So unglaublich stimmig und elegant mit wohl dosiertem Holz, das wohltuend im Hintergrund blieb. Ein Finessenmeister, der zulegen und eine sehr lange Zukunft haben dürfte – WT96.
Pure Sünde mit verschwenderischer Fülle der 1990 La Conseillante, feinste Schoko-Confiserie aus Pomerol. Reif und auf dem Punkt, aber das ist er schon länger – WT98. Ein klassischer Bordeaux aus Kalifornien mit viel Minze und Leder der großartige, immer noch so junge 1975 Mondavi Cabernet Sauvignon Reserve – WT95. Wie auch bei Heitz rückt bei Mondavi der 75er dem 74er immer näher auf den Pelz, zumal in beiden Fällen der 75er noch langlebiger sein dürfte.
Atemberaubend der 2009 Araujo Eisele Vineyard, der trotz dichter, dunkler, schmelziger, süßer kalifornischer Frucht die Araujo-typische Eleganz zeigte – WT97. Danach tat sich auf hohem Niveau der 2006 Masseto verdammt schwer, der trotz aller Klasse etwas verhaltener wirkte – WT96.
Abschluss dieses Nachmittags der erstaunlich schöne 2003 Cheval Blanc mit enorm druckvoller Aromatik. Ein großer, völlig unterschätzter Wein, der noch deutlich zulegen dürfte.
All diese Weine in kleiner Runde aus gut gefüllten Gläsern trinken zu dürfen, das hatte schon was.

Trüffel satt

Tradition hat es inzwischen, unser Trüffelessen im Januar. Meine Freunde und ich lieben Trüffel, insbesondere den schwarzen aus Perigord. Aber inzwischen haben die Preise für diese Delikatesse in der Gastronomie schwindelerregende Höhen erreicht. Mir gehen schlichtweg die Nackenhaare hoch, wenn da jemand mit weißem Handschuh und Briefwaage kommt.

Wir kaufen unsere Trüffel zu einem knackigen direkt von einem Importeur, der sie tagesfrisch für uns einfliegen lässt. Da darf dann die Menge ruhig auch größer sein. Einer aus unserer Mitte ist begnadeter Hobbykoch auf Sterneniveau. Der bereitet aus den Trüffeln ein großes Menü wir uns. Und damit das alles eine runde Sache ist, plündern wir unsere Keller und stellen zum Menü große Weine an.

Als Apero gab es diesmal eine 2007 Hermannshöhle GG von Dönnhoff. Die war für eine Hermannshöhle erstaunlich füllig und geradezu üppig. Der warme Jahrgang 2007 ließ grüßen. Aber da war auch gute, reife Säure und Frische – WT94. Den zweiten Apero, 2013 Riesling Unendlich von FX Pichler, wollte niemand austrinken. Der war einfach nur metallisch und unschön. Hoffentlich nur ein Flaschenproblem.

In Zweierflights haben wir uns danach zum Essen über die roten Pretiosen hergemacht. Explosiv die würzige Nase des 1999 Côte Blonde von Rostaing mit Nelken, Veilchen und Frühstücksspeck. Am Gaumen war dieser Wein bei aller Kraft und Länge eher burgundisch, so fein, elegant und stimmig, einfach perfekt – WT100. Sehr viel kräftiger und maskuliner der 1999 La Landonne von Guigal, der sich aber auch erstaunlich offen mit geradezu verschwenderischer, süßer Frucht präsentierte. Am Gaumen irrer Druck, reichlich Kraft und Fülle, dazu ein deutliches Tanningerüst, aber auch herrliche Süße – WT100.

Als großer Bordeaux mit kalifornischer Frucht zeigte sich der 1996 Dominus, dabei etwas fülliger als frühere Dominus-Versionen, könnte noch zulegen – WT96. Erstaunlich zugänglich zeigte sich der 1996 La Landonne von Guigal, der im Glas immer offener, speckiger, aber auch süßer wurde – WT97.

Einfach sexy der reif, weich und zugänglich wirkende 1989 La Turque von Guigal mit leicht exotischer Aromatik, der sich geradezu an den Gaumen schmuste – WT99. Ein Potentialmonster mit mächtigen Tanninen der 1996 Margaux mit präziser Frucht und Eleganz, bei dem die Eisenfaust aber noch ohne Samthandschuh agiert – WT96+.

So sieht das aus, wenn ein paar Verrückte in Perigord Trüffeln schwelgen bis der Arzt kommt und dazu für entsprechende Weinbegleitung ihre Keller plündern. Und wenn die dann auch noch unersättlich an die Reserveflaschen gehen, dann kommen noch mehr Highlights ins Glas. Ein Gigant mit genialer Struktur der 2000 Pavie, der sich als gewaltiges Konzentrat mit unglaublichem, aromatischem Druck und enormer Länge trotzdem recht stimmig und elegant präsentierte – WT100. Für mich ist dieser atemberaubende Pavie die Wiedergeburt des legendären 29ers. Pomerol von seiner schönsten Seite und Hedonismus pur danach der 2000 l´Evangile, ein schokoladig-schmelziger Traum – WT98.

Plan C war der Bringer

Plan A war eine Weinsause in kleinem Kreis in einem feinen Restaurant, dessen Wirt plötzlich mit Grippe danieder lag. Plan B wäre auch schön gewesen, aber die anderen Beteiligten plagte plötzlich die Lustlosigkeit, vielleicht eine Vorstufe einer mentalen Grippe.
Als griffen wir kurzentschlossen zu Plan C (der sich nachträglich als Plan AAA entpuppte). Also ab mit ein paar Raritäten ins Berens am Kai. Super gegessen, super getrunken, viel Spaß gehabt.
Pinot vom Feinsten der 2013 Le Grand von Jost & Ziereisen, der seinen Namen zu Recht trägt. Sehr gradlinig, präzise mit kalkiger Mineralität, „elegante Saftigkeit“, ein hochgradig spannender Wein mit guter Säure, sehr langem Abgang und sicher guter Zukunft – WT95+. Ein geiles Hammerteil der 2013 Devil Proof Malbec aus Kalifornien, 90 bei Parker, 97 bei uns. Einfach geile Frucht, dazu Schoko mit 100% Kakao, Kraft, Fülle, Länge, aber auch Eleganz. Der machte richtig an. Schier unglaublich der 1934 Grand Vin von Colcombet. Das war Burgund pur mit toller Frucht und Struktur und ging locker als 40-50 Jahre jünger durch – WT95. Geniale Pracht und Fülle der 1996 Chambertin von Trapet vor allem in der Nase, am Gaumen wirkte er etwas kompakt mit noch deutlichen Tanninen – WT94+. Nur der gerade erst erworbene 1976 Chapelle Chambertin von Damoy war wohl noch transportkrank und wollte nicht richtig mitspielen.
Mit größer werdendem Kreis haben wir dann noch die Rieslingbestände des Berens am Kai vernichtet, den genialen 2009 Batterieberg mit wunderbarer Frucht und Struktur (WT94), und den etwas fülligeren und üppigeren 2009 Ellergrub von Immich-Batterieberg (WT92), das rassig-mineralische 2010 Scharzhofberger GG von Kesselstatt mit der straffen 2010er Säure (WT93+).....
Demnächst machen wir gleich Plan AAA.