Januar 2019

Im Schwarzen Adler in Oberbergen

Those were the days.
Grosse, trockene Rieslinge macht Gantenbein heute in leider viel zu kleiner Menge. In ihrer Stilistik, ihrer Brillianz und Mineralität sind sie so etwas wie eine Schweizer Hermannshöhle.
Und die 2008 Gantenbein Riesling Spätlese aus früheren Zeiten, die dort im Schwarzen Adler in Oberbergen vor uns stand? Die war noch so frisch und stimmig mit rassiger Säure, eher dezenter ,gut eingebundener Süße und sehr guter Mineralität – WT94. Machte einfach einen Mörderspaß, diese „Schweizer Oberhäuser Brücke“. Einfach ein wunderbarer Apero an der gemütlichen Bar des Schwarzen Adler.

Am Tisch servierte uns Menanie Wagner dann blind einen überraschend frischen 1989 Fieuzal Blanc. Florae Nase mit pikanter, leicht exotischer Frucht und Melone, am Gaumen dezente Fülle mit gerösteten Mandeln, eine altersfreie, balancierte Schönheit – WT93. Danach folgten dann zwei absolute, rote Highlights aus der gewaltigen Adler-Karte. Bei der Jahrgangstiefe und den sehr freundlichen Preisen bietet es sich an, Trinkbarkeit vor vermeintliche Punkte zu stellen. So war zum Beispiel der noch viel zu junge 1996 Lafite Rothschild längst von hemmungslosen Punktejägern, die Trophäen über Genuss stellen, ausgetrunken worden. Kein Problem für uns, denn wir hätten uns ohnehin für einen der derzeit schönsten, trinkreifen Lafites entschieden. Einfach traumhaft schön war dieser 1985 Lafite Rothschild mit wunderbarer, saftiger Frucht, nobler, aristokratischer Struktur und feiner Bleistift-Mineralität, immer noch so frisch, dabei sehr elegant und balanciert, ein großer Lafite – WT97. Konnte man das noch steigern? Das glückliche Lächeln von Melanie Wagner, als sie unsere nächste Flasche öffnete, sagte uns, dass jetzt etwas Großes passieren würde. Aus den Tiefen des perfekten Kellers hatte sie für uns eine Flasche 1979 Romanée St. Vivant von DRC geholt, seinerzeit bei Freigabe gekauft und seitdem unbewegt. Zwei Stunden blieb dieser Pinot in der Karaffe, bevor wir dieses unbeschreibliche Weinerlebnis genießen durften. Was für eine Nase! Feinste Beerenfrucht, rote Feldrosen, das Unterholz nach einem warmen Sommerregen, Trüffel, Bleistift und vieles mehr. Seidige Eleganz und die generöse Süße eines gereiften Burgunders verwöhnten unsere Gaumen. Dieser Romanée St. Vivant war der Inbegriff von Eleganz, puristisch schön und so perfekt balanciert. Der geizige Weinbuchhalter in mir gibt WT98, der hemmungslos schwelgende Weinliebhaber kann sich nichts anderes als WT100 vorstellen.

Und natürlich haben wir ganz hervorragend gegessen. Große, eher klassische Küche, für die wir gerne meilenweit fahren.

Trüffel à Go Go

Mitte Januar war es wieder soweit. Gemeinsam hatten wir zu dritt ein halbes Kilo feinster Perigord Trüffel erstanden, aus denen uns der liebe Bernd, begnadeter Hobbykoch auf Sterneniveau, ein atemberaubend gutes Menü zauberte. Absoluter Höhepunkt natürlich wieder für jeden von uns ein ganzer Trüffel im Blätterteig.

Klar, dass dazu natürlich die Begleitmusik in Form edler Tropfen stimmen musste.

Als Apero servierte uns der Hausherr das Doosberg GG von Peter Jacob Kühn aus 2015 und 2016. Beides große Weine, noch sehr jung mit immensem Langstreckenpotential, sicher auf WT95 Niveau. Der 2015er erstaunlicherweise frischer wirkend mit mehr Säure und mehr Druck. Der 2016er feiner, eleganter und scheinbar reifer. Hätte ich gerne den Abend über weiter verkostet, aber da kam schon der erste Trüffelgang und dazu natürlich großes, rotes Kino.

Gibt es eine bessere Kombi als Schwarze Trüffel und LaLas von Guigal? Alle drei LalLas zeigten sich wieder in bestechender Form. Der 1989 La Mouline war wieder das berühmte Pfauenrad an Aromen mit allen Gewürzen des Orients, dazu eine leicht speckige Note und immer noch so frisch – WT100. 1989 La Turque war aus einer nie bewegten, perfekt gelagerten OHK ebenfalls wieder so frisch, so sexy und exotisch mit enormem Druck und gewaltiger Länge – WT100. Und auch 1990 La Mouline zeigte sich aus perfekter Lagerung in Bestform, so speckig, füllig und würzig mit enormer Kraft und Länge, macht es in dieser Form noch sehr lange – WT100.

Eigentlich müsste einem jeder Wein leid tun, der danach ins Glas kommt. Nicht aber dieser unglaubliche 1982 Mouton Rothschild, dieser perfekten Wiedergeburt des legendären 1945ers. Das ist Mouton und Bordeaux, wie es besser nicht geht. Mit der typischen Mouton-Aromatik, Cassis, Minze, einem Hauch Eukalyptus, Sattelleder und Bleistift, aber auch so konzentriert, so dicht und so kraftvoll, ein Weinmonument für noch 50 weitere Jahre – WT100. Auch der natürlich aus bester Lagerung. Schließlich saßen hier keine Anfänger am Tisch.

Weiter ging es mit einem sehr feinen 1989 Mouton Rothschild. Dieser, in seiner Jugend völlig unterschätze Wein hat sich hervorragend entwickelt, ein klassischer Mouton, immer noch mit verführerischer Röstaromatik und gutem Tanningerüst für lange Jahre – WT96. Und dann sollte noch ein Gigant folgen, der aber Mitleid mit uns hatte. Denn eigentlich hatten wir genug, waren satt und bettschwer. Dieser 1989 Barolo Riserva Falletto di Serralunga d´Alba von Giacosa hatte wohl durch einen nicht perfekt schließenden Korken Luft gezogen und war oxidiert. Eigentlich sehr schade, aber wohl besser so.

Im Antichi Sapori

Fantastischer Abend bei Franco und Toni im Antichi Sapori in Düsseldorf. Zu fantastischer, authentischer, sardischer Küche haben wir großartige Weine getrunken. Ein Gigant im Werden der 2011 Batard Montrachet von Lucien Le Moine. Der kam in einer großen, schweren Flasche, die leer noch mehr wiegt als volle Flaschen von anderen Gütern. Finde ich das gut? Nein. Wein ist kein Parfüm. Die Klasse gehört hier in die Flasche, nicht in die Verpackung. Ob wir diesen Wein zu früh getrunken haben und schon morgens hätten dekantieren sollen? Mit Zeit und Luft gewann dieser Batard enorm an Komplexität und Tiefe, nur mit der Finesse haperte es etwas. Vielleicht geschieht da ja noch ein Wunder – WT93+. Wie großer Chardonnay schmecken kann, erlebten wir dann im nächsten Glas. Der 2016 Unique Chardonnay von Donatsch mit seiner genialen Struktur, seiner burgundischen Eleganz, seiner fantastischen Aromatik und seiner mineralischen Präzision zeigte dem Batard deutlich die Rücklichter. Gegenüber dem letzten Jahr hat sich dieser Wein deutlich geöffnet und explodiert förmlich im Glas – WT96. Und warum der liebe Gott von „Gott in Frankreich“ längst in die Schweiz in die Bündner Herrschaft umgezogen ist, zeigten danach der göttliche 2007 Chardonnay von Christian Herrmann, der eigentlich auch „H“ heißen müsste. Weicher, reifer, cremiger Suchststoff pur ohne Alter war das – WT95. Der Chardonnay von Hermann trinkt sich auch jung schon verdammt gut, kann aber perfekt altern und dabei zulegen. Damit landeten wir beim sehr gut gelungenen 2015 Pinot Noir Unique von Donatsch mit großartiger Frucht, burgundischer Pracht und Fülle, wohldosierter Opulenz und exzellenter Struktur – WT95. Sicher ein Wein, der gut altern kann. Aber wenn er einen mit dieser offenen Frucht förmlich anspringt, dann ist Wiederstand zwecklos.
Sehr gut gefiel uns auch der 2012 Salzberg von Heinrich. Dieser in eher internationalem Stil gemachten Cuvée aus 50% Blaufränkisch und 60% Merlot haben die paar Jahre Lagerung sehr gut getan. Mit dunklem Rubinrot, dunkler Kirsche und Pflaume, sehr würzig und mit Kräutern und dunkler Schokolade zeigte sich der Salzberg voll trinkbar. Der Merlot gab ihm einen an Merlot erinnernden Charakter, die kräftigen, aber reifen Tannine garantieren gute Alterung – WT95. Der schlichtweg atemberaubende 1983 Hermitage la Chapelle von Jaboulet-Ainé war wohl trotz harter Konkurrenz der Wein des Abends. Animalisch-kernig, sehr würzig, kräftig, großer Kräutergarten, aber auch burgundische Pracht und Fülle mit feinem Schmelz, immer noch gutes Rückgrat für lange Jahre – WT97. Lucky me konnte davon kürzlich aus gutem Keller vom Erstbesitzer eine größere Anzahl kaufen. Auch nicht gerade von schlechten Eltern war der von Piat abgefüllte 1978 Beaune-Cent-Vignes von Mathouillet-Besancenot, perfekt gereift, aber immer noch mit guter Säure und feiner Süße – WT92.
Gewaltiger (fast) Schlusspunkt der 1990 Leoville las Cases. Der hat die frühe Opulenz des Jahrgangs abgelegt und präsentiert sich jetzt klassisch mit Schwarzer Johannisbeere, Zedernholz und der Walnuss von Latour mit präziser Struktur und Bleistift-Mineralität. Ein komplexer Wein mit gewaltiger Länge, der Premier Cru Qualität entwickelt und Latour auf den Fersen folgt – WT96+.
Fast deshalb, weil wir mit Franco und Toni, die ihr Lokal so perfekt persönlich führen, noch einen so umwerfend fruchtig frischen 2016 Vermentino von Capichera getrunken haben, gegen den all das, was sonst in Italien von großen Namen als Vermentino angeboten wird, wie aus dem Tetrapack schmeckt.
Sardinien ist schon eine großartige Insel. Wie schön, dass wir mit dem Antichi Sapori ein Stück davon in Düsseldorf haben.

Thank God it´s Friday

Ganz spontan sind wir an diesem Freitag im Berens am Kai gelandet, das erste, aber sicher nicht letzte Mal in diesem Jahr. Absolut göttlich wurden wir bekocht. Dazu kamen ein paar spannende Weine ins Glas. Und wenn das dann beim Holger Berens so richtig los geht, dann wird das ein genialer Nachmittag.
Einfach göttlich dieser perfekt (an)gereifte 2004 Morstein von Wittmann. Immer noch so frisch mit feiner Aprikose und Zitrusfrucht, guter Säure, großartiger Struktur, kalkiger Mineralität und cremiger Textur mit feinem Schmelz, einfach ein riesengroßer 2004er - WT97. Schade, dass den inzwischen auch diese ekelhaften „Spekulatiusse“ entdeckt haben. Aber die kriegen nicht nur hier und heute, sondern auch in Zukunft von mir keinen Schluck ab.

Comte Lafon macht fantastische Weine. Wenn da blos nicht diese verdammte Premox Seuche wäre, die mich gerade bei diesem Gut im letzten Jahr mehrfach geärgert hat. Um so glücklicher waren wir jetzt hier, als sich der 2005 Meursault Clos de la Barre von Comte Lafon blitzsauber und frisch mit glockenklarer Frucht zeigte. Einfach elegant und stimmig mit guter Mineralität, gerösteten Mandeln und wohl proportionierter Struktur, legte im Glas mit Luft immer mehr zu und könnte in dieser Form gut weiter altern – WT94.

2004 war anscheinend in Deutschland nicht nur ein gutes Riesling-Jahr. Der eigentlich als Risikoflasche mitgenommene 2004 Spätburgunder Klingenberger von Fürst zeigte sich von seiner allerbesten Seite. In der Aromatik klassischer, deutscher Spätburgunder, aber noch so frisch mit wunderbarer, pikanter Frucht, reifer Sauerkirsche und etwas weißem Pfeffer, am Gaumen elegant und samtig mit feinem Schmelz – WT94. Ein durchaus charmanter Kraftbolzen danach der etwas rustikale, enorm kräftige, dichte, tiefgründige und würzige 1993 Echezeaux von Moillard-Grivot – WT94. Anders, viel eleganter, frischer mit einfach traumhafter Frucht ein noch geradezu jugendlicher 1993 Corton mit guter Struktur und Fülle von Maison Louis Latour – WT94+. Das ist das Handelshaus von Louis Latour, ähnlich Maison Leroy. Und da müssen die in diesem Jahr etwas ganz vorzügliches eingekauft haben, ein echter Glücksfall, dieser Wein.

Perfekter Abschluss dann eine so elegante und immer noch so frische 1983 Pichon Comtesse de Lalande, die sich mit viel Charme und feinstem Schmelz für langjährige, perfekte Lagerung bedankte – WT95.