Januar 2020

Im Schwarzen Adler

Eines unserer Lieblingsziele ist der Schwarze Adler in Oberbergen. Hier stimmt auf sehr hohem Niveau einfach alles, Atmosphäre, Service, Küche und natürlich die Weinkarte. Letztere ist es natürlich, die Weinfreaks aus aller Welt in den Kaiserstuhl pilgern lässt. Natürlich haben diese gezielten Plünderungen ihre Spuren auf der Karte hinterlassen. Aber wer gezielt sucht, oder sich entsprechend von Melanie Wagner beraten lässt, der wird sicher fündig.

Große Überraschung war diesmal unser Apero, ein 2014 F. Keller Kaiserstuhl Grande Cuvée Brut Nature. Erst im November 2019 degorgiert wurde dieser reinsortige Chardonnay nach 52 Monaten Hefelager. Blutjung natürlich, furztrocken, sehr elegant und finessig mit allererstem, feinem Schmelz zeigt dieser große Schaumwein erst ansatzweise, was er drauf hat – WT93+. Eine große Überraschung war das. Ich bin gespannt, wie der sich in den nächsten 10+ Jahren entwickelt.

Großartig danach auch unser erster Weißwein, ein 2015 Meursault Luchets von Roulot. Der hat einige Jahre gebraucht und zeigte sich jetzt von seiner besten Seite. Trotz des wärmeren Jahres zeigt er die präzise Handschrift von Roulot, nur mit etwas mehr Fleisch, was ihm jetzt in erster Reife nicht schlecht steht. Diese „präzise, würzige Fülle“, so komplex mit enormem Tiefgang und gewaltiger Länge macht rechtzeitig dekantiert und aus großen Burgundergläsern enormen Trinkspaß – WT95.

Schlichtweg atemberaubend danach zu einem Trüffelgang (wir hatten uns voll in Melanies Hände gegeben) ein schlichtweg atemberaubender 1992 Grands Echezeaux von Mongeard-Mugneret. Ein traumhaft gereifter, sehr nachhaltiger Gaumenschmeichler mit roten und dunklen Früchten, Unterholz, Trüffeln, erdiger Mineralität und der Pracht und Fülle eines wirklich großen Burgunders – WT96. Das war DRC Qualität ohne den DRC Preis, und in Kombination zu unserem Gang einfach zum Niederknien.

Absoluter Superstar danach als Abschluss ein 1985 Margaux aus perfekter Flasche. Das war einfach 1985 Bordeaux, einer meiner Lieblingsjahrgänge, und Chateau Margaux in Perfektion. Das war einfach das Epitom der Eleganz, fantastische, feinduftige Nase mit wunderbarer Beerenfrucht, soviel Kraft, Frische und Länge, alles eingewickelt in feinste Seide. Das war wieder diese Eisenfaust im Samthandschuh, ein schlichtweg traumhafter Margaux, der an den großen 53er erinnert und noch eine lange Zukunft haben dürfte – WT97.

Sehr empfehlen kann ich aus der Karte auch die große Auswahl an Keller-Wein bis weit zurück in die 90er und davor. Und was Friedrich Keller Junior seit ein paar Jahren rot wie weiß in die Flasche bringt, ist große Klasse.

Supergau & Superstar

Traditionell machen wir im Januar unsere Trüffelsause, wo uns der liebe Bernd mit feinsten Perigord Trüffeln a go go in einem großen Menü verwöhnt. Und ebenso traditionell baden wir dazu ausgiebig in großen Weinen aus unseren Kellern.

Sehr fein, schlank und elegant unser Apero, ein 2013 Riesling Kellerberg von Pichler-Krutzler mit betörender Frucht, reifer Marille, der sehr harmonisch und balanciert wirkte. 13,5 % und halbtrocken stand auf dem Etikett, obwohl die Restsüße in diesem trocken wirkenden Wein nicht spürbar war – WT94. Für alle, die es nicht wissen, das 2006 gegründete Weingut Pichler-Krutzler steht für die FX Pichler Tochter Elisabeth und den Krutzler Sohn Erich.

Und dann ging es schon los mit Supergau & Superstar. Der Supergau war mein erster, korkiger LaLa überhaupt, ein 1985 La Mouline von Guigal aus einer perfekten, 1987 gekauften und nie bewegten Flasche, Horror! Da konnte selbst der Superstar, ein ebenfalls perfekter 1985 La Turque von Guigal aus gleicher Charge nur halbwegs versöhnen.

Dieser Erstlingsjahrgang La Turque zeigte sich allerdings wie vom anderen Stern. Noch so jugendlich, auch in der Farbe, dicht, exotisch mit explosiver Aromatik, im besten Sinne sexy mit feiner Süße und gewaltiger Länge. Das war aus einem Guss der erhoffte Superstar, klare WT100.

Überhaupt war das wohl nicht unser La Mouline-Tag. Der 1988 La Mouline von Guigal, den es später gab, hatte nichts von der typischen Aromatik dieses Weines mit dem Pfauenrad an Gewürzen. Eher Bordeaux in der Anmutung ging er auf allerdings sehr hohem Niveau als 1991 Dominus durch – WT97. Durchaus möglich, dass dieser Wein, den wir hier im Trüffeldinner schon in absoluter Perfektion erlebt haben, durch eine verschlossene Phase läuft.

Nicht unbedingt zu meinen Lieblingsjahren gehört 1994 mit außer in Kalifornien meist von harschen, bitteren Tanninen geprägten Rotweinen. Aber heute wurde ich eines besseren belehrt. Mit traumhaft dekadenter, einfach leckerer, süßer Frucht, dazu mit prächtiger Fülle und großartiger Struktur überzeugte der 1994 Penfolds Grange. Der war mit seiner typischen, verschwenderischen, aber nicht überladenen Aromatik blind leicht als Grange zu erkennen. Nur auf den Jahrgang wäre ich nicht gekommen. So wurden jetzt aus den WT94+, die ich 2013 diesem damals sehr dichten, komplexen Wein gegeben hatte, jetzt freudvolle WT97. Das Warten hat also gelohnt. Ähnlich dürfte es wohl mal dem 1994 Latour gehen, den ich nie wirklich leiden konnte. Auch hier kam dieser bisher stets unnahbare und meist mit WT88-90 bewertete Brocken mit einer seltsamen Mischung aus reifer Nase und unreif wirkenden, harschen Tanninen ins Glas. Ich habe ihn einfach stehen lassen. Und siehe da, nach 2 Stunden begann das Latour Wunder. Die klassische Latour-Walnussaromatik stellte sich ein, und auch am Gaumen wurde der Latour trotz deutlicher Tannine generöser und gefälliger. Das waren jetzt mal locker WT94+. Das „+“ steht für die Hoffnung, dass da noch mehr kommt, irgendwann in den nächsten 20 Jahren.

Fantastischer Abschluss der noch so blutjunge, über 5 Stunden vorher dekantierte 1990 Ermitage Le Pavillon von Chapoutier. Das war puristische Schwarzkirsche, pfeffrige Würze, irre Präzision, erdige Mineralität mit zusätzlich rein geriebenem Felsen und fantastische Länge – WT98+. Sicher in einer Liga mit dem 1990 Hermitage La Chapelle von Jaboulet-Ainé. Klar, auch der stammte aus perfekter Lagerung. Ich habe mir aus Spaß und mit zunehmender Verwunderung mal die Notizen dazu im Internet angeguckt. Ob Parker und Co Ihre Raritäten im örtlichen Supermarkt kaufen? Bei Parker steht (zuletzt 1997 verkostet, 100/100 und „fullymature“. Dahinter eine Notiz von Neal Martin aus 2011 mit 89/100 und „probably past ist peak“. Das passt zu den vielen, seltsamen Notizen auf Cellartracker. Was lernt man daraus? Solche Raritäten kauft man am besten dann, wenn sie auf den Markt kommen, und packt sie in einen guten Keller. Nachkaufen lohnt nur, wenn man die exakte Herkunft und Lagerung kennt.

Ich freue mich schon auf unser nächstes Trüffeldinner im nächsten Januar.

Der Käse Traum

Noch nie gehört hatte ich von dieser Krone in Sihlbruck, die uns gute Freunde empfohlen hatten. Aber unser Erstbesuch dort, dem viele weitere sicher folgen werden, hat mich positiv überrascht und überzeugt. In den heimeligen, holzvertäfelten Räumen wird eine rustikale, aber sehr hochwertige Regionalküche von sehr freundlichen Mädels serviert. Absolutes Highlight des Hauses ist aber ein großartiger Käsewagen, wie man ihn leider in der Gastronomie heute kaum noch findet. Der hier war mit gut 100 sehr speziellen, hochklassigen Sorten bestückt, alle in perfektem Reifezustand. Ein immenser Aufwand, der sich nur lohnt, wenn dem auch entsprechende Nachfrage gegenübersteht. Das dürfte hier bei diesem einmaligen Angebot kein Problem sein. Ich könnte mir auch gut vorstellen, hier mal eine Mahlzeit nur mit mehreren Gängen Käse zu verbringen. Die sehr charmante Dame mit unendlichen Kenntnissen aller Käse war auch tief im Thema Wein und empfahl uns als perfekten Käsebegleiter von der Mosel aus der Magnum die schmelzige 2017 Laurentiuslay Spätlese Für Träumer und Helden von Nick Köwerich mit feinem Süße-/Säurespiel – WT91. Passte wie Pott auf Deckel.

Zu unseren Gängen davor waren wir in der Bündner Herrschaft geblieben. Jung, präzise und furztrocken der 2014 Riesling von Christian Hermann – WT89. Schlank und etwas karg der 2008 Pinot Noir Schöpfiwingert von Fromm – WT89. Schöne Frucht und cremige Fülle zeigte 2020 der Schöpfiwingert Pinot Noir von Fromm, der uns deutlich besser gefiel – WT93.