Juli 2019

Monday Bouteille

So nennen meine Schweizer Freunde ihre regelmäßigen Best Bottles am Wochenanfang. Eigentlich beginnen da bei mir immer ein paar alkoholfreie Tage. Aber wenn mit Rainer Schönfeld viel zu seltener Besuch aus China da ist, darf man schon mal eine Ausnahme machen.

Mit einem frischen, lebhaften 2001 Meursault les Charmes von Rémi Jobard sind wir in den Abend gestartet. Der wurde erst für einen gut gereiften Riesling gehalten. Sehr würzig mit Zitrusfrucht, guter Säure, kalkiger Mineralität, nussig mit cremiger Textur und sehr guter Struktur, legte im Glas immer mehr zu und dürfte gut weiter altern – WT95.

Auch beim nachfolgenden 1991 Chambolle Musigny von Haegelen-Jayer landeten wir durch den kraftvollen Auftritt und die eher maskuline Art mit Bordeaux erst im falschen Gebiet. Bleistift-Mineralität, Zedernholz und Leder und eine eher dunkle, würzige Frucht deuteten darauf hin. Enorme Kraft und Länge, doch mit der Zeit entwickelte sich immer mehr Schmelz und auch die zu Anfang trockenen Tannine wurden weicher. Ein gut gelungener, klassischer Burgunder, der sich noch lange weiterentwickeln dürfte – WT95. Zeigte deutlich die Klasse des zu Anfang verkannten Burgund-Jahrgangs 1991, dessen Weine jetzt auf die Überholspur gehen.

Ich bin bekennender Dunn-Fan, auch und gerade weil diese Weine ewig bis zur vollen Trinkreife brauchen, dafür aber auch ewig altern. Dieser 1995 Dunn Howell Mountain, den ich jetzt zum zweiten Mal innerhalb von Wochen ins Glas bekam, war immer noch so blutjung, aber schon mit viel Genuss antrinkbar. Herrliche, sehr präzise, kühle Cassis-Frucht, Minze, Eukalyptus, am Gaumen ein großer Wein aus einem Guss mit enormem Druck, die Tannine immer noch stramm und die Säure hoch – WT96. Wird lange altern und sicher noch 2050 gut zu trinken sein.

Ein Gigant im Werden der 1990 Haut Brion, der sich hier so jung, so enorm kräftig und präzise zeigte. Was hier fast wie ein „White Label“ Haut Brion aussieht, war eine Flasche aus einem sehr guten Keller mit Wasserproblem. So bekam ich zu gutem Kurs eine Flasche mit ausgewaschenem Label, aber großartigem Inhalt. Traumhafte Frucht, so dicht und komplex mit teeriger Mineralität und gewaltiger Statur, sehr elegant, aber immer noch mit kräftigen Tanninen und großer Zukunft – WT97+. Etwas verschlossen im Moment und ohne die klassische Cigarbox Note, aber das wird sich ändern. 1989 und 1990 Haut Brion gegenüber zu stellen wird für etliche Dekaden Spaß machen.

Wacker hielt sich im anderen Glas der deutlich reifere 1995 Pichon Baron. Auch der kräftig und komplex mit schöner, rotbeeriger Frucht, altem Sattelleder, Tabak, Graphit und erdiger Mineralität. Mit reifen Tanninen war er weich mit wunderbarer Länge und generöser Fülle, einfach das, was man von einem gut gereiften Pauillac erwartet – WT96.

Als Abschluss gönnten wir uns noch von Molitor die 2005 Graacher Himmelreich Auslese*** feinherb (grüne Kapsel). Mit tiefer, goldener Farbe war das ein rassiges Extraktmonster mit explosiver Aromatik, über deren einzelne Facetten man Bücher schreiben könnte. Eher noch etwas polterig als elegant, harmonisch trocken mit spürbarer Botrytis, fordernd am Gaumen und sicher mit großer spannender Zukunft – W93+. Würde ich gerne in 5 Jahren wieder trinken und danach regelmäßig bis mindestens 2040.