Juni 2019

Petrus geht immer….

…aber viel zu selten. Aus meinen bescheidenen Beständen seinerzeit noch zu sehr akzeptablen Preisen subskribierter Petrus hatte ich Ostern eine Flasche als Sommerhighlight mit nach Sylt genommen. Die war jetzt dran, als wir uns mit Freunden bei und mit Pius zu einem schönen Weinplausch auf der Terrasse des Manne Pahl trafen.

Los ging es mit dem sehr raren, weißen Ornellaia, dem 2013 Ornellaia Toscana Bianco, einer Cuvée aus 70% Sauvignon Blanc und 30% Viognier. Sehr skeptisch bin ich an diesen verdammt teuren Wein (ca. € 250) rangegangen, den sehr gute Sauvignon Blancs gibt es auch schon für ein Zehntel. Erster, kritischer Eindruck war, dass hier ein guter, fruchtiger Sauvignon Blanc mit viel Holz zum Ornellaia gemacht wurde. Kräftig, nachhaltig, floral mit weißen Früchten und auch etwas Exotik und guter Säure, baute sehr schön im Glas aus und wurde mit der Zeit komplexer – WT91. Ein guter, solider Wein, bei dem man aber hauptsächlich für den Namen bezahlt. Interessant dazu die Literatur. Die reicht von 90 Punkten im Wine Spectator über 94 bei Parker und Galloni bis 97 bei James Suckling. Da frage ich mich dann schon, ob die z.B. noch nie einen Zieregg von Tement getrunken haben.

Weiter ging es mit einem 1989 Mouton Rothschild, bei dem der Korken wohl Luft gezogen hatte. Rostbraun, und so scmeckte dieses oxidierte Zeugs auch. Jammerschade, denn dieser Mouton hat sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt und zeigt sich aus guten Flaschen jetzt als ein klassischer Mouton mit Cassis, Minze, Leder und Bleistift, immer noch mit Röstaromen und guten Tanninen für lange Lagerung auf WT96 Niveau. Auch der nächste Wein, ein 1994 Mouton Rothschild, zeigte sich nicht gerade als Brüller. Rustikal, kräftig, wenig Charme, mit Minze zwar, aber auch mit Pferdestall statt Frucht und immer noch etwas sperrigen Tanninen – WT91. Ein typischer 94er halt, aber trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf, zumal ich von diesem Mouton schon bessere Flaschen getrunken habe.

Dann aber ging die Sonne auf. Dieser 1999 Petrus, den ich vor knapp 20 Jahren in der damals noch halbwegs bezahlbaren Subskription erwerben konnte, lag seit der Lieferung unberührt in meinem Keller. Immer noch so jugendlich und kräftig, aber auch generös mit traumhafter Aromatik, wie eine jüngere Version des großartigen 71ers. Reife, rote Beeren mit Schwarzem Perigord Trüffel in feinster, dunkler Schokolade, edle Textur, gute Mineralität, Tiefgang und schöne Länge. Wird von Jahr zu Jahr immer besser und die WT97 an diesem Abend müssen noch nicht das Ende der Fahnenstange bedeuten. Und dann kam aus Pius Beständen eine große Überraschung. Klar gibt es ein paar große 75er, vor allem aus Pomerol, allen voran 1975 Petrus. Aber gerade die Weine aus Medoc waren eher von sperrigen Tanninen und hoher Säure gezeichnet. Und da sollte jetzt dieser 1975 Mouton Rothschild gut sein? Er war es. Im zarten Alter von 44 Jahren hatte der doch tatsächlich beschlossen, sich zu öffnen. Erstaunlich schöne Cassis Frucht, dazu viel Minzfrische und die klassische Mouton Bleistift Mineralität, zeigte sich gut gereift, aber ohne Alterstöne mit schöner Fülle. Der war einfach verdammt gut zu trinken. Wir waren baff und begeistert zugleich. Da waren WT95 mehr als angemessen. Klar bin ich danach sofort auf die Suche gegangen und habe aus seriöser Quelle zugekauft.

Als Absacker verwöhnte Pius uns dann noch mit einem grandiosen, geradezu verrückten 2013 Gantenbein Pinot Noir. Ein Geschenk der Natur war dieser Wein, nicht für den Winzer, der durch starke Verrieselung bei der Blüte 70% Ernteverlust hatte. Aber ein Geschenk für diejenigen, die von den wenigen Flaschen etwas abbekamen. In die wenigen, übriggeblieben Trauben packten die Reben alles rein. Das Ergebnis war eine Art Essenz von Gantenbein, mächtig, kräftig, röstig, auch etwas wild und verrückt, und doch gleichzeitig so fein und elegant, ein am Gaumen kaum endender Pinot Traum mit noch gewaltiger Zukunft – WT97+. Eigentlich hatte sich dieser Wein ja etwas verschlossen. Aber Schweizer halten zusammen, und so zeigte dieser 2013 für Pius und uns alles, was er drauf hat.

Danke Pius für diesen wunderschönen Abend.