März 2023

Zeit müsste man habe. Da ich beruflich nach wie vor voll engagiert bin (einfach mal auf www.cmblu.com schauen, es lohnt), komme ich mit dem Schreiben kaum hinterher. Reichlich spannende Verkostungen warten noch auf entsprechende Dokumentation hier. Deshalb auf die Schnelle schon einmal ein feine Verkostungen aus dem aktuellen Monat rund um die Prowein:

Mit JM im Saittavini

Mineralisch, präzise und würzig starteten wir mit diesem grandiosen 2020 Chacra Chardonnay aus Patagonien in einen feinen Nachmittag im Saittavini – WT96. Mein lieber Freund Jörg Müller hatte gerade seinen 76. Geburtstag. Das war für mich Grund genug, ganz tief im Keller zu graben. Mit einer meiner letzten Flaschen 1947 Margaux Vandermeulen stießen wir auf seinen Geburtstag an. Dieser Margaux zeigte sich als perfekt gereifter, hoch eleganter, unsterblicher Traum, einfach Margaux in seiner schönsten Form, so unendlich elegant und trotz aller Kraft so fein und finessig, mit viel Schmelz, generöser Süße, so komplex mit fantastischer Länge – WT100. Absolut bestechend zeigte sich danach der 2015 Chacra Pinot Noir Trenta y Dos, perfekt gereift mit schöner Kirschfrucht, mit Kraft, Fülle und enormem Tiefgang – WT95.

In der Traube Trimbach

Sie gehört zu meinen Lieblingslokalen, diese Traube in Trimbach bei Olten, und das nicht nur für die Schweiz, sondern weltweit. Arno Sgier kocht hier groß auf, und mein Favorit ist das achtgängige Amuse Bouche Mittagsmenü. Natürlich zieht uns nicht nur die kreative, sehr hochwertige Küche hierhin. Es ist auch die mit 1000+ Positionen zu gastfreundliche Preisen bestens bestückte Weinkarte. Gestartet sind wir diesmal auf Arnos Empfehlung mit einem 2020 Thörnischer Ritsch Riesling Kabinett feinherb vom Weingut Hermann Ludes. Der war knackig frisch mit animierender Frucht und Säure, wirkte dabei harmonisch trocken – WT90. Geht Chablis auch klassisch ohne Holz? Na klar, wie der sehr schöne 2008 Chablis Grand Cru Les Clos von Louis Michel deutlich zeigte. Sehr rar und auch verdammt teuer ist der 2017 Les Rissieux von der Domaine de la Rochette aus Neuchâtel. Kultstatus genießen die Weine von Jacques Tatasciore. Und zumindest preislich befinden wir uns da in Burgund. Das ist besser als Gantenbein hieß es hier. Na ja. Ich fand diesen natürlich noch recht jung wirkenden Wein kräftig und konzentriert, würzig und präzise, aber auch etwas rustikal und verschlossen. Der braucht sicher noch ein paar Jahre braucht, um alles zu zeigen – WT93+. Wir machten weiter mit einem grandiosen 2002 Chambertin von Pierre Damoy. Auch der noch jung, aber mit prächtiger Frucht und Fülle, dabei sehr elegant und balanciert, dürfte gut altern und noch zulegen – WT95+. Blind stellte Arno Sgier noch ein Schöppli (halbe Flasche) dazu, in dem ich einen gereiften Gantenbein vermutete. Das war ein 2005 Gantenbein Pinot Noir, ein perfekt (an)gereifter Schmuse- Ganti mit herrlicher, süßer Frucht, cremiger Textur, seidiger Eleganz und burgundischer Pracht und Fülle – WT96.

Kleine Prowein Vorbereitung in der Dorfschänke

Erstaunlich reif mit kräftigem Goldgelb und sehr cremiger Textur war 2015 Maximin Herrenberg 1896 Alte Reben trocken von Carl Loewen, bei dem ich mir mehr Spannung erhofft hätte. Aus zu warmer Lagerung? – WT92. Gut gereift zeigte sich ein 1978 Nuits-Saint-Georges von M. Julien mit reifer, aber brillianter Farbe, feiner Kirsche, schöner, cremiger Fülle mit guter Säure und feinem Schmelz – WT92. Eine große Überraschung war danach eine von zwei absolut perfekten Flaschen 1978 Grand Puy Lacoste, die ich kürzlich erwerben konnte. Aus einer davon war das ein großer, klassischer Pauillac erstaunlicher Frische, schöner, roter Johannisbeere, Zedernholz und Bleistift Mineralität, eine wunderbar balancierte Kombination aus Kraft, Eleganz und Finesse – WT95. Und mit einem ebenfalls noch so jungen, großartigen 1983 La Fleur Petrus aus perfekter Flasche konnte ich ein glückliches Lächeln auf das Gesicht von Dorfschänke-Wirt Thomas Demske zaubern, dessen Geburtsjahr 1983 ist. Tief, die dunkle Farbe, pflaumige Frucht im Bitterschokolade Mantel, so elegant, aber auch druckvoll mit toller Länge. Einfach ein kompletter Merlot, der in diesem Jahrgang mindestens auf dem Niveau von Petrus selbst ist, wenn nicht sogar darüber – WT95. Grandioser Abschluss unserer kleinen Verkostung war ein fantastischer 2016 Berg Schlossberg von Georg Breuer. Der war so jugendlich und frisch, so präzise mit sehr guter Säure und Mineralität, noch geradezu traubig mit schlappen 11,5% Alkohol. Ein rassiges Meisterwerk mit langer Zukunft – WT96.

Grosse deutsche Rieslinge für unsere französichen Freunde

Im Passion du Vin bei Michael Krieg durfte an einem Prowein Abend ich einer französischen Delegation mit viel Erfolg die Qualität trockener, deutscher Rieslinge beibringen. Das 2015 Felseneck GG von Schäfer-Fröhlich, lange etwas verschlossen, zeigte sich in Bestform, sehr frisch, sehr präzise, sehr mineralisch mit wunderbarer Frucht – WT96. Perfekt gereift und jünger wirkend mit kräftigem, aber brilliantem Goldgelb das Kalkofen GC von Bürklin Wolf, das mit großartiger Struktur, Kraft, Fülle, kalkiger Mineralität und feinem Schmelz burgundische Anklänge zeigte. Mit guter Säure war dieser Wein aus einer perfekten Holzkiste immer noch so frisch – WT97. Großartige zeigte sich auch der sehr stimmige 2017 Idig GG von Christmann in allererster Reife mit druckvoller Aromatik, dezenter, barocker Pfälzer Fülle und großartiger Struktur, könnte noch weiter zulegen – WT95+. Atemberaubend und der Star dieser kleinen Verkostung mit einfach geiler, saftiger, cremiger Frucht, aber auch sehr, sehr guter Struktur der 2015 Hubacker GG von Keller der sich derzeit einfach so offen, animierend und einfach sexy zeigt – WT97.Etwas vornehme Zurückhaltung legte im direkten Vergleich der 2016 Morstein GG von Wittmann an den Tag, präzise, noch ziemlich tough mit kalkiger Mineralität und sicher großer Zukunft – WT95+. Spannend, rassig, zupackend, mineralisch und mit viel Potential der im Vergleich zu den anderen Weinen eher sehr schlank wirkende 2015 Dhroner Hofberg GD von Steinmetz – WT95. Quasi außer Konkurrenz tranken wir hinterher noch ohne unsere französischen Gäste eine geniale 2015 Hermannshöhle GG von Dönnhoff, die sich zwar jugendlich, aber einfach bestechend schön mit unerhörter Brillanz, den „liquid rocks“ und dieser traumhaften 2015er Frucht zeigte – WT97+.

Gibt es nichts Vernünftiges aus 1988?

In kleiner Runde trafen wir uns am Prowein Sonntag im Landhaus Mönchenwerth. Perfekter Start war der geniale 2016 Erdener Prälat Alte Reben Reserve von Dr. Loosen, noch so blutjung, aber trotzdem schon so animierende mit präziser Frucht und fantastischer, schon ins Aristokratische gehender Struktur – WT97. 1990 gilt nicht unbedingt als großes Burgunderjahr. Aber ich finde immer wieder große Weine, so an diesem Abend den 1990 Echezeaux Grand Cru von Mongeard-Mugneret. Der zeigte sich sehr fein, sehr elegant, schöner Mokka, so perfekt balanciert mit etwas Karamell, baut enorm aus, wurde kraftvoller und zeigt immer mehr feine Frucht mit mediterranen Kräutern, großartige Länge - WT96. Schlichtweg atemberaubend danach der immer noch so junge 1990 Beausejour Duffau-Lagarosse mit brillianter, tiefer Farbe, mit konzentrierter Frucht, unglaublicher Dichte, intensiver Mineralität und messerscharfer Präzision und mit großartiger Zukunft - WT100. Roman hatte mir gesagt, dass es aus 1988, dem Geburtsjahr seiner Lebensgefährtin kaum etwas vernünftiges zu trinken gäbe. Das konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen. Also kam jetzt ein 1988 Mouton Rothschild ins Glas. Der zeigte sich wieder als die Kraft und die Herrlichkeit mit der typischen Mouton Aromatik, mit Cassis, Minze, Eukalyptus, Sattelleder und Bleistift, dabei so druckvoll, immer noch mit junger Röstaromatik und einfach Mouton-sexy. Mit seiner großartigen Struktur und seinem stabilen Tanningerüst wird er sich noch länger weiterentwickeln und unter die großen Moutons des letzten Jahrhunderts einreihen – WT97+. Überraschend schön dann ein 1978 Lafite Rothschild mit betörender Eleganz und Finesse, feiner mentholiger Frische, immer noch guter Frucht, rote Johannisbeere, Zedernholz, Unterholz und schöner Länge. Der scheint aus gut gelagerten Flaschen wie erst kürzlich auch ein 1978 Latour noch zuzulegen – WT95+. Da muss ich jetzt unbedingt mal wieder einen meiner 1978 Margaux aufmachen. Ob der einen ähnlichen Effekt zeigt? Auf einen kürzlich viel zu früh verstorbenen Freund haben wir dann noch mit einem 1949 Pichon Baron in einer Bordelaiser Händlerabfüllung von Gratadour angestoßen. Das war ein fantastischer, immer noch so kraftvoller Wein, dem man das Alter nicht anmerkte. Er hatte eine tiefe, fast altersfreie Farbe, schöne, dunkle Frucht, gute Säure, eine sehr gute Struktur, war mineralisch mit enormem Tiefgang und zeigte überraschende Frische. Im Glas baute er sehr schön aus und entwickelte eine beachtliche Länge – WT96. Durch Zufall hatte ich am gleichen Tag vormittags den hervorragenden 2020 Pichon Baron probiert. Der war nicht so fleischig wie der 2019er, zeigte aber eine großartige Struktur und dürfte sehr gut altern (WT96+). Aber ob der sich in 70 Jahren so gut zeigt wie der fantastische 49er? Absolut betörend und hoch elegant als Abschluss ein 1985 Palmer. Das ist und bleibt aus gut gelagerten Flaschen ein perfekt gereifter Palmer mit geradezu burgundischer Pracht und Fülle, mit samtigem Schmelz, einfach ein eleganter, süchtig machender Traum - WT95.

Big Fun aus Big Bottles

Wunderbarer Lunch bei guten Freunden, der sich bis in den Abend erstreckte. Zu einem göttlichen Menü – die Hausherrin kochte auf sehr hohem Niveau – wurden wir mit großen Weinen aus großen Flaschen verwöhnt. Den Start machte ein erstaunlich guter 2010 Sancerre de Ladoucette Grande Cuvée von Comte Lafon aus Magnums. Ein großartiger, immer noch so frischer Wein, den ich blind eher nach Burgund als an die Loir gesteckt hätte. Chablis kam mir in den Sinn. Kristallklare, präzise Frucht, Zitrus, Apfel, dazu feine Kräuter, kombiniert mit Feuerstein Mineralität machte das zu einem animierenden Etränk, bei dem sich die vollen Gläser in Rekordtempo leerten. Weit weg von normalem Sancerre zeigte diese gut gereifte, aber altersfreie Grande Cuvée eine erstaunliche Komplexität. Da waren locker WT93 fällig. Ich liebe 2006 Masseto, den vielleicht besten Masseto zum jetzt trinken. Hier wurden wir jetzt mit diesem göttlichen Wein aus der Doppelmagnum verwöhnt. Dieser opulente, einzigartige Masseto mit seiner getrüffelten Kirschfrucht zeigte gewaltige Komplexität und Länge. Das war die Kraft und die Herrlichkeit mit viel italienischer Grandezza. Perfektion WT100 ohne Frage. Zum Dessert war dann eine 2017 Scharzhofberger Spätlese von Egon Müller aus der Magnum angesagt. Wie schön, dass es stattdessen eine Doppelmagnum war. Das war ganz großes Riesling Kino, so frisch, verführerisch und animierend mit einem Pfauenrad an Früchten und Aromen, feinen Kräutern, salziger Schiefer Mineralität und einem fantastischen Süße-/Säurespiel. Harmonisch fast trocken wirkend mit enormer Spannung und cremiger Textur war das ein Meisterstück, gemacht für jahrzehntelange Weiterentwicklung – WT95+. Als Absacker kam dann noch ein 2000 Stag´s Leap Cask 23 ins Glas. Der war reif, weich und schmelzig mit süßer Brombeere, dunkler Schokolade und für den Jahrgang guter Struktur – WT93.

Feiner Lunch im Landhaus Mönchenwerth

Restaurantchef Sascha Bürgel überraschte uns als Apero mit einem 2012 Graacher Himmelreich GG von Dr. Loosen. Ob die noch was war? Aber so etwas von! Nur zu Anfang machten wir lange Gesichter, denn da war in der Nase wenig los. Erni Loosen klärte uns per Whats App auf: selbst die 10 Jahre alten GGs brauchen noch viel Luft, am besten dekantiere. Also rein in den Dekanter, etwas gewartet und dann ging die Post ab. Sehr frisch zeigte sich dieses Himmelreich mit pikanter Frucht, sehr balanciert und mineralisch mit schöner Länge – WT94. Viel Luft brauchte auch der kräftige, kernige, druckvolle 2004 Jaspis Alte Reben Pinot Noir von Ziereisen. Dunkle Farbe mit ersten Brauntönen, reife, konzentrierte dunkle Kirschen von alten Bäumen, Waldboden, erdige Mineralität, immer noch gute Tanninstruktur, baute mit Luft enorm aus und zeigte noch so viel Potential – WT94+. Eher belanglos danach ein 1985 Pommard von Laplanche, gereift mit erster Süße, aber dem fehlte einfach die Spannung – WT87. Da sah es bei einem 2014 Pinot Noir Unique von Donatsch schon ganz anders aus. Der hatte richtig Dampf, war sehr kräftig, füllig, mit toller, dunkler Waldfrucht, viel Spannung, guter Säure und immer noch kräftigen Tanninen – WT94+. Atemberaubend dann der 1999 Tenuta di Trinoro, meine leider letzte und bisher beste Flasche. Das war ein hedonistisch würziger Traum mit superreifer, geiler Frucht, mit Minze, Eukalyptus und viel Macchia, dabei noch so frisch und noch lange nicht am Ende – WT98. Absolut genial auch dieser 1996 Dunn Howell Mountain, bei dem wir uns als eingefleischte Dunn Fans fragten, wo bei aller Präzision und Druck diese cremige Fülle und diese schöne, geile Süße herkamen – WT96. Auf gleichem Level mit traumhafter, präziser, Frucht, Scharze Johanniosbeere, aber etwas straffer der 1995 Togni Cabernet Sauvignon. 1998 bei einer Togni Verkostung hatte ich zum 95er notiert: konzentrierter Powerstoff, der wohl erst weit im nächsten Jahrhundert richtig aufblüht. Richtig so! – WT96. Aufgeblüht ist inzwischen auch der lange tanning verschlossene 1996 Palmer, jetzt immer noch jugendlich frisch mit traumhafter Frucht, dem typischen Charme und der Eleganz, nur im Abgang kam er mit den beiden Kaliforniern (noch) nicht mit - WT95. Perfekter Abschluss dann eine betörende 1989 Pichon Comtesse de Lalande. Mit ihrer hedonistischen Schwarzen Johannisbeere, ihrer seidigen Eleganz, dem sprichwörtlichen Comtesse Charme und der klassischen Pauillac Struktur mit der Bleistift Mineralität erinnerte mich diese Comtesse an den legendären 82er. Mit der immer noch guten Tanninstruktur macht es diese Comtesse hier noch locker 10+ Jahre – WT97. Schade nur, dass meine Bestände bald zu Ende gehen.

Fotos, Fotos, Fotos? Fast alle Weine finden sich in meinen täglichen(!) Instagram Posts nicht nur abgelichet, sondern auch mit englischer Beschreibung für meine vielen internationalen Freunde. Einfach regelmäßig in Instagram auf @Wineterminator gehen, es lohnt.