September 2018

Wunderbare WeinMomente im September. Hier sind schon mal die Fotos. Und der erste, umfassende Bericht zum Regensonntag.

Die anderen Texte liefere ich stückweit nach. Wo vorhanden, habe ich vorab die englische Kurztexte von Instagram eingefügt.

Pizza & Wine

What a great afternoon at one if my favorite hangouts, the just renamed nine0five (ex 485) wine and pizza place in Düsseldorf, whose extensive winelist rivals that of those legendary American Steak Houses.

We started with a fresh Gosset 15 Ans Champagne that with it’s expansive aromatics reminded a bit of Krug - WT93. This was followed by a sensational 2015 Bienenberg Chardonnay GG, that with it’s precise structure and it’s chalky minerality would be a dead ringer for many White Burgundies - WT95. Than came a still quite powerful old school Pomerol, the 1970 Latour-à-Pomerol with plummy fruit, dark chocolate, tobacco and truffles - WT94. Pure fun in the glass was the smooth, seductive Swiss 2008 H Pinot Noir from Hermann - WT92. Masculine, powerful and with great future was the fine, still so young 2013 Gevrey Chambertin Villes Vignes from Dugat-PY - WT92+. Absolutely superb in a great, refined Burgundian style the 2009 Blaufränkisch Neckenmarkt Alte Reben from Moric with it’s puristic fruit - WT95.

Thanks @christoph.suhre for this fantastic afternoon.

Kleine Pavie Vertikale

Eigentlich sollte das hier auf der Terrasse des Passion du Vin eine Art End of Summer Season Tasting werden. Bei ungewöhnlich hochsommerlichen Temperaturen, denen dann noch eine Tropische Nacht folgte, schwelgten wir in großartigen Pavies.

Mit einem 1990 Pavie ging es los. Das war zwar ein reifer, schön zu trinkender Wein, aber für das große Jahr eher eine Enttäuschung. Tiefes Dunkelrotbraun, etwas Cassis in der Nase, Zedernholz, Leder, dunkler Tabak, am Gaumen immer noch kräftig, etwas rustikal, mit guter Länge – WT92. Dem folgte mit 1998 Pavie der erste Superstar aus der Zeit, nachdem Gerard Perse 1997 dieses Chateau gekauft und quasi wach geküsst hatte. Was für ein Kracher mit saftiger, animierender, üppiger Frucht, kraftvoller Auftritt am Gaumen mit gewaltiger Länge, großartige Struktur und intaktes Tanningerüst für lange Jahre – WT96. 2000 Pavie machte schlichtweg sprachlos. Was für ein Gigant mit genialer Nase und gewaltigem, aromatischem Druck, so unglaublich kräftig und lang, und doch erstaunlich elegant und gut proportioniert. Erinnerte an die legendären Pavies aus 1928 und 1929 und dürfte noch mehrere Dekaden altern – WT100. Die echte Klasse eines großen Weines zeigt sich aber in vermeintlich kleineren Jahren. 2001 Pavie zeigte eine enorme Kraft und Fülle und überzeugte mit wunderbarer, minziger, dunkler Frucht und sehr guter Struktur – WT96. Überragend auch wieder der in seiner Jugend von sovielen Schreiberlingen kritisierte 2003 Pavie, der aromatisch dem 2000er stark ähnelt, mit diesem hier fast auf Augenhöhe war und mit seiner großartigen Struktur und dem enormen Rückgrat gut altern dürfte – WT98. Der immer noch so jugendliche 2008 Pavie wirkte etwas kompakt, entwickelte sich aber sehr schön im Glas mit großartiger, nicht überladener Frucht, mit guter Struktur und ebensolcher Mineralität. Dürfte sich im Laufe des nächsten Jahrzehnts voll öffnen und hat eine gute, lange Zukunft – WT95+.

Regensonntag

Was macht man an so einem stürmisch-regnerischen, kühlen Sonntag? Ganz einfach, man macht das Beste draus. Und das haben wir mit superber Küche und wunderbaren Weinen getan. Bernd und ich hatten beide unsere Keller geplündert.

Los ging es mit einem 2004 Morstein GG von Wittmann aus einem meiner Lieblings-Rieslingjahre. Dem merkte man mit seiner Frische und seiner guten Säure die 14 Jahre Alter nicht an, im Gegenteil. Ich habe diesen Wein in früheren Jahren schon ab und an mal trinken dürfen. Er hat deutlich zugelegt. Brilliantes Goldgelb, feine Zitrsfrucht, Kraft und wohldosierte Fülle, kalkige Mineralität, cremige Textur, präzise Struktur, blieb lange am Gaumen – WT95. Probleme hatte ich zu Anfang mit 2006 Hubacker GG von Keller, der mit tiefer Farbe und freifer, süßer Fülle ganz anders wirkte, als noch vor zwei Monaten in der großen Hubacker-Vertikale. Legte aber mit guter, balancierender Säure im Glas zu – WT94. Ein Gigant im Werden der 2006 Riesling Unendlich von FX Pichler, reife Marille mit Extraktsüße, gewaltige Statur, Präzision, aber auch enorme Kraft und Länge, zeigt sich jetzt aus sehr gutem Jahrgang in allerserster Trinkreife, wird aber sicher noch ein weiteres Jahrzehnt lang zulegen – WT96+.

Sehr rar und hochklassig sind die Uniques vom Weingut Donatsch in Malans, wo der junge Martin Donatsch kräftig Gas gibt. Die nur in kleinen Mengen erzeugten Uniques sind die „Best of the Best“ Selektion des Hauses. Ein burgundischer, sehr eleganter Traum war der 2016 Chardonnay Unique von Donatsch,verspielte Frucht, dezent nussig, feine Mineralität, schon sehr gut trinkbar, locker auf WT95 Niveau, aber mit deutlichem Entwicklungspotential. Thomas Donatsch, Seniorchef des Hauses, hatte seinerzeit als erster in der Bündner Herrschaft Chardonnay angepflanzt. Aber da hatte dann der Schweizer Amtsschimmel, der sich vom deutschen kaum entscheidet, gewiehert und gefordert, dass diese Reben wieder rausgerissen werden müssen. Gut, dass Thomas Donatsch mindestens so stur war, wie die Beamten. So erreichte er, dass es stattdessen eine Geldstrafe gab. Heute müsste man ihn dafür mit Medaillen umhängen, und die Beamten von damals sollte man zur Strafe mit der Luftmatraze die Schaffhausener Rheinfälle runterschicken. Chardonnay ist in der Bündner Herrschaft heute nicht nur heimisch, sondern ähnlich wie der Pinot Noir ein Aushängeschild, dass sich hinter dem Burgund nicht mehr verstecken muss. Auch der 2015 Pinot Noir Unique von Donatsch zeigte sich, obwohl noch sehr jugendlich, mit wunderbarer, rotbeeriger Frucht und feiner, minziger Kräuternote von seiner besten Seite. Samtig, cremig, aber auch mit viel Druck am Gaumen, dabei sehr balanciert, hat sicher 20 Jahre Zukunft – WT95.

Sehr fein und elegant kam der 1992 Richebourg von DRC ins Glas, wirkte dabei zunächst fast etwas schüchtern. Im Glas baute er mit der Zeit enorm aus, wurde deutlich druckvoller, blieb aber auf der eleganten, finessigen Seite mit dezenter Würze. Vielleicht haben wir ihm nicht genug Zeit und Raum gegeben. Vor drei Jahren hatte ich diesen Wein im Schwarzen Adler in Oberbergen. Da verbrachte er gut 2 Stunden in einer großen Karaffe und tobte sich danach im großen Riedel-Burgunderpokal aus, wo er mächtig aufdrehte und nach weiterer Zeit eine erste, verführerische Süße zeigte, alles locker auf WT96 Niveau mit Potential für mehr. Da haben wir hier wohl mit kurz dekantieren in kleiner Karaffe und zügig trinken aus dem ja nicht gerade großvolumigen Gabriel Glas einen Anfängerfehler gemacht. WT94 sind ja auch ok, aber dieser Wein kann deutlich mehr.

Hedonismus pur dann der 2001 Pingus von Peter Sissek aus Ribera del Duero. Opulent mit expansiver, süßer Frucht, geradezu explosive Aromatik, frische Kräuter, etwas Bitterschokolade, gute Mineralität, enorm kräftig und komplex, aber auch mit sehr guter Struktur und intaktem Tanningerüst für gute Alterung – WT97. Kann mit anderen Ikonen wie Petrus oder Masseto sicher gut mithalten, leider auch im Preis.

Aus „jüngsten Einkäufen“ stammte diese Flasche 1974 Cabernet Sauvignon Private Reserve Georges de Latour von Beaulieu in optisch hervorragendem Zustand. Klar war dieser Wein absolut reif. Aber so einfeiner Schmelz, süße Kirschfrucht, viel Minze und auch Eukalyptus, Finesse pur, entwickelte sich sehr schön im Glas – WT94.

Lafleur, dieser Old School Bordeaux aus Pomerol ist mit seiner kräftigen, kernigen Art sicher nicht Everybody´s Darling. Dieser 1998 Lafleur, der jetzt ins Glas kam, ist dazu eine Art Achterbahnwein. Nachdem er sich nach 20 Jahren endlich öffnete, habe ich ihn 2009 in Proben mit begeisterten WT100 bewertet. Nur um mich in den Jahren danach zu wundern, dass dieser Lafleur wieder zu ging. Jetzt und hier schien er trotz immer noch massiver Tannine wieder mehr zeigen zu wollen. Trotz klassisch maskuliner Stilistik wunderbare Süße mit viel Käutern und Lakritz, sehr komplex mit viel Tiefgang und Länge – WT96+. Nur ein Zwischenhoch? Ich werde jetzt alle 2 Jahre eine weitere Flasche öffnen. Irgendwann, vielleicht erst in 10 oder sogar 20 Jahren, zeigt dieser Lafleur Petrus und Cheval Blanc, die in 1998 ebenfalls ausgezeichnet sind, wo es lang geht.

Nicht warten muss man bei 1990 Hermitage la Chapelle von Jaboulet-Ainé, dem wohl legitimen Nachfolger des legendären 61ers. Hier kommen die Schöne und das Biest in einer Person ins Glas. Immer noch so jung mit tiefer, tintiger Farbe, süße Cassis Frucht, sehr würzig, Schwarzer Pfeffer, rauchig, fleischig, ein dickes Steak vom Holzkohlengrill, frische Kräuter, Bitterschokolade, Lakritz und mehr, ein echtes Aromenwunder. Am Gaumen ist er offen und zupackend mit deutlichen Tanninen zugleich, dabei unglaublich lang, klare WT100, mit denen ich diesen Wein sicher über 30mal aus unterschiedlichen Flaschengrößen im Glas hatte. Wird sich über Jahrzehnte weiterentwickeln und ist nach wie vor jede Suche wert.

Schöner Abschluss dieses Nachmittages und ein echter Sonntagswein die 2000 Pichon Comtesse de Lalande. Auch mit diesem Wein habe ich mich oft schwer getan, aber jetzt ist das endlich Comtesse pur. Seidige Eleganz mit einem Schuss Hedonismus, einfach stimmig und mit jedem Schluck Lust auf den nächsten machend. Wunderbare, dunkle Frucht und Cassis, Leder, Zedernholz, Trüffed und etwas Tabak, alles so stimmig und balanciert, dazu mit immer noch präsenten Tanninen für eine längere Entwicklung, könnte durchaus weiter zulegen – WT96.

Von mir aus kann der Herbst so weiter gehen.

Lieber Kalifornier als Strohwitwer

Was macht man, wenn man Strohwitwer ist, aber keine Lust darauf hat, alleine zuhause vor der Glotze zu sitzen? Man sucht Gleichgesinnte und trifft sich spätsommerlich auf der Terrasse des Berens am Kai mit feinen Kaliforniern. So geschehen an diesem Abend.

Den Anfang machte eine wunderbare Flasche 1985 Silver Oak Napa Valley Cabernet Sauvignon, die mich im Keller angelacht hatte. Was für eine altersfreie Schönheit, einfach sexy mit dieser traumhaften, süßen, aber immer noch so frischen, minzigen, rotbeerigen Frucht, seidige Textur, ein richtiger Gaumenschmeichler. Mit der immer noch guten Struktur und dem verführerischen Charme erinnerte mich dieser Wein an die 1985 Pichon Comtesse – WT95. Alte Silver Oak aus guter Lagerung sind immer für eine Überraschung gut.

Sehr fein und elegant im Stil eines gut gereiften Medocs mit Tertiäraromen und schöner Minze der 1976 Stag´s Leap SLV – WT92. 1978 war ein großes Kalifornien-Jahr, und trotzdem haute mich der nächste Wein von den Socken, dieser 1978 Mill Creek Vineyards Cabernet Sauvignon aus Sonoma County. Animalische, kräuterige, kernige Nase, straffe Textur, zupackend, gewaltiger, aromatischer Druck mit immer mehr Eukalyptus, ging auchals großer Bordeaux durch und zeigte kein Alter – WT95. Hatte ich noch nie gehört, den Namen dieses erst kürzlich für kleines Geld erworbenen Auktionsschnäppchens, aber werde ich mit Sicherheit nicht mehr vergessen. Fast auf gleichem Niveau danach aus der halben Flasche ein ebenfalls noch so jung wirkender, kräftiger 1978 Mondavi Cabernet Sauvgnon, der sich hinter dem Reserve Wein des Hauses nicht verstecken muss – WT94.

Spannend danach ebenfalls aus halben Flaschen der Vergleich von zwei Monte Bello Riesen. Der 1991 Ridge Monte Bello, eigentlich eine Art unsterblicher Gigant, zeigte sich aus dieser, erst kürzlich erworbenen Halben schon erstaunlich reif mit etwas Waldboden, blieb aber komplex und druckvoll mit enormer Länge – WT95. Einfach genial der 1994 Ridge Monte Bello, kalifornische Lebensfreude und so frische, fantastische, kalifornische Frucht, sehr minzig, mit der Struktur eines großen Pauillacs, so druckvoll mit läppischen 12,5 % Alkohol. Hat selbst in der Halben noch grandiose Zukunft – WT96.

Und dann kam der Sprung von den Halben gleich zu den Magnums, ebenfalls perfekt gereift, die der gute Burkhard frisch aus den USA mitgebracht hatte. Robert Mondavi hatte sich 1966 von seinem Bruder und dem väterlichen Weingut Charles Krug getrennt. Und man merkte den Weinen der damaligen Zeit deutlich an, dass er der Welt zeigen wollte, dass er der mit Abstand beste Mondavi war. Beide Magnums waren in bestechend gutem Zustand und immer noch so frisch. Der immer noch so frische 1969 Mondavi Cabernet Sauvignon mit dunkler, minziger Frucht und nur 12% Alkohol war dicht, komplex mit enormem Tiefgang und Länge, ein balancierter Traum für sicher noch eine Dekade – WT94. Und der enorm kräftige 1970 Cabernet Sauvignon Unfiltered setzte da noch mal deutlich eins drauf mit superber Frucht und Struktur. Würde wohl die meisten 70er Bordeaux Proben als der „bessere Bordeaux“ sprengen – WT96.