Cellar Devils mit Jeff Leve

Tradition hat es inzwischen, diese Cellar Devils Best Bottle mit unserem amerikanischen Freund Jeff Leve, der auf dem Rückflug von den Bordeaux Primeur Verkostungen wieder seinen obligatorischen Zwischenstopp in Düsseldorf einlegte.

Bei herrlichem Frühlingswetter starteten wir auf der Terrasse des Berens am Kai als Apero mit einem uns unbekannten Jahrgangschampagner, der mit seiner Qualität in Erstaunen versetzte. Dieser 1970 Hamm Champagner Brut war noch so frisch und vibrierend, immer noch mit Mousseux, mit Brioche, Trockenfrüchten, guter Mineralität und Säure. Hatte wunderbaren Trinkfluss und machte einfach enormen Spaß - WT95.

Sehr frisch, erstaunlich schlank und balanciert der 2016 Carneros Chardonnay von Aubert, nussig, mineralisch, mit burgundischem Charme und einem Hauch Vanille – WT94.

Überragend für einen 101 Jahre alten Wein der 1918 Paveil de Luze aus Margaux. Reif natürlich, aber mit voll intakter Struktur und soviel Schmelz, feine Rosinen, Trockenfrüchte, Minze und durch die gute Säure auch noch Frische ausstrahlend – WT96. So fit wäre ich mit 101 auch gerne noch.

Spannend auch der 1941 Figeac aus einem sehr schwierigen Kriegsjahr. Kräftig und etwas rustikal, Tabak, Cigarbox, dunkles Toffee und gute Säure – WT93.

Als legendär gelten die alten Louis M. Martini Weine aus Kalifornien. Und trotzdem war dieser 1957 Louis M. Martini California Mountain Cabernet Sauvignon Private Reserve eine große Überraschung. Ein hedonistischer, altersfreier Wein mit fantastischer, immer noch so frischer Frucht, mit der Walnuss-Aromatik eines großen Latour, minzig, Trüffel, feiner Schmelz, großartige Struktur, aber auch so balanciert und mit Potential für noch etliche Jahre – WT97. Geerntet wurde dieser Cabernet übrigens oben in den Mayacamas Mountains.

Enttäuschend leider der dankenswerterweise von Jeff gestellte 1950 Gaffelière Naudes in einer Händlerabfüllung. Man merkte, dass das wohl mal ein großer Wein war, denn am Gaumen war da noch viel Kraft und enormer Druck und Länge, aber eben auch deutliche Reifetöne und oxidative Noten – WT87. Aber das war wohl ein reines Flaschenproblem, denn eigentlich brilliert dieser Cheval Blanc für Schlaue aus 1950 noch.

Sehr schön im nächsten Flight auch der 1959 Beauséjour mit guter Frucht und Struktur, Frische, Mineralität und Länge – WT94. Aber der wurde in den Schatten gestellt von dem schlicht atemberaubenden 1959 Petit Clos Figeac in einer Bremer Bachmann-Abfüllung, der am Tisch als perfekter 59er La Mission durchging. Ein grandioser, altersfreier Wein mit einer unglaublichen, druckvollen Aromatik, bei dem einfach alles stimmte – WT99. Erinnerte in der Art an 1990 Beausejour Duffau Lagarosse, wo in diesem Jahr auf einem Chateau, das sonst niemand auf der Uhr hatte, ein Jahrhundertwein entstand, weil man einfach alles richtig gemacht hatte. Den Petit Clos Figeac, von dem ich vorher noch nie gehört hatte, erwarb ich vor gut 10 Jahren für kleines Geld aus einem privaten Keller. Erwartet habe ich nicht viel, bekommen einfach alles. Das macht das Thema ältere Weine so spannend. Hier gerät man immer mal wieder an Trouvaillen, die heute schlichtweg unbezahlbar wären. Allerdings gehört dazu auch Mut zum Risiko und die Bereitschaft, sich durch viel Mist durchzutrinken.

Mit zwei weiteren, spannenden 59ern ging es weiter, deren Qualität allerdings bekannt ist. 1959 Figeac ist in der deutschen R&U Abfüllung immer eine Bank, so auch an diesem Abend. Dieser Wein wurde am 14.2.1969 zur berühmten Bremer Schaffermahlzeit gereicht und erhielt dafür dieses spezielle Etikett. Ein echter Gigant, dieser Figeac mit dichter Farbe, traumhafter Frucht, enorm dicht und kräftig am Gaumen, aber auch sehr balanciert mit gewaltiger Länge, hat in dieser Form sicher noch ein paar Jahrzehnte vor sich – WT97+.

Immer noch sehr jung der enorm kräftige, kernige 1959 La Tour Haut Brion, auch der in einer R&U Abfüllung, ätherisch frisch und minzig, auch mit Eukalyptus, am Gaumen Kraft und enorme Fülle, sehr lang, dürfte sehr langlebig sein – WT96.

Beim nächsten Flight hieß es dann am Tisch, wir kämen jetzt zu den jüngeren Weinen. Weit gefehlt. Aber das, was da wieder aus dem großen Jahrgang 1959 ins Glas kam, war wieder absolute Klasse. Der 1959 Latour-a-Pomerol in einer Bordelaiser Händlerabfüllung von Robert Madesclaire war einfach außerweltlich gut und hedonistich, die Kraft und die Herrlichkeit, mit cremiger Fülle einfach sexy, aber auch mit sehr gutem Rückgrat für längere Alterung, muss sich hinter dem legendären 61er nicht verstecken – WT99. Eile ist auch nicht angesagt beim 1959 Ducru Beaucaillou in einer französischen Schröder&Schyler Abfüllung. So elegant und balanciert, altersfrei mit nobler Ausstrahlung und exzellenter Struktur – WT97.

Der 1967 Inglenook Napa Valley Cabernet Sauvignon wirkte zu Anfang wie Merlot pur, so dicht, jung und schokoladig, einfach geiles Zeug mit feiner, himbeeriger Frucht. Baute eorm im Glas aus, wurde immer minziger und Cabernet-typischer mit enormer Kraft und Länge – WT97. Speckig, würzig mit feiner Kräuternote der sehr kraftvolle, dichte 1978 Côte Rotie von Jean Paul Clement – WT94.

Darauf wäre wirklich niemand gekommen. Einmal darauf, dass sich jemand tatsächlich traut, zu einer hochklassigen Best Bottle tatsächlich einen 1984 Mouton Rothschild aus diesem Schrottjahr mitzubringen. Zum anderen hätte wohl niemand geglaubt, dass der dann auch noch richtig gut ist. Aber das war er. Die seinerzeit massiven Tannine und die hohe Säure haben diesen, damals enttäuschenden Wein nicht nur über die Zeit gerettet. Irgendwo hatte sich dann auch noch Frucht versteckt, die jetzt zum Vorschein kam. Immer noch kräftig mit feiner, dunkler Frucht, Minze, Tabak und altem Sattelleder. Da werden wohl auch 2034 frisch gebackene 50jährige noch Spaß dran haben – WT91. Unglaublich! Klar konnte er mit dem überragenden 1990 Angelus im anderen Glas nicht mit. Der war immer noch so jung und frisch, allein schon von der Farbe. Wunderbare, süße, dunkle Frucht, so minzig, druckvoll und kräftig und lang am Gaumen, Trinkspaß auf sehr hohem Niveau und Potential für sicher noch zwanzig Jahre – WT97.

Und dann kam als Solitär der wohl seltenste Monte Bello überhaupt ins Glas. 1974 machte man bei Ridge aus der ersten, klitzekleinen Ernte des neuen Monte Bello Merlot Weinbergs, in 2600 Fuß Höhee auf dem Monte Bello Ridge gelegen, einen Blend mit 49% Cabernet. Und eine dieser ultrararen, wenigen Flaschen stand jetzt vor uns. Dieser 1974 Ridge California Merlot Monte Bello war einfach ein Traum. Immer noch so jung und lebendig, sehr stimmig und balanciert, kombinierte sehr schön die generöse Fülle des Merlot mit der Kraft und Struktur des Cabernet, und das in einem solch legendären Kalifornien-Jahrgang – WT97. Ein einmaliges Erlebnis.

Rätsel gibt immer noch dieser 1998 Leoville Barton auf. Wars es das schon oder kommt da noch etwas? Ein klassischer Old School Bordeaux mit dunkler Frucht, Zedernholz und stabilen Tanninen, der einfach (noch) nicht richtig singen will – WT92. Sehr stimmig zeigte sich dagegen der 1985 Leoville las Cases mit immer noch frischer, rotbeeriger Frucht, Eleganz, wohldosierter Kraft und Länge, ein St. Julien Klassiker mit sicher noch längerer Zukunft – WT95.

Und nachdem uns Holger Berens passend zur Probe mit einem grandiosen Menü verwöhnt hatte, erfrischte er unsere Gaumen zum Abschluss noch mit einem derzeit sehr angesagten jugendlichen Wein. Der 2017 Niedermenninger im Kleinschock Kabinett vom Hofgut Falkenstein war frisch, saftig, präzise und efrischend mit spielerischer Eleganz – WT91.

Und weil das alles so schön war, trafen wir uns am nächsten Tag noch mit Jeff zu einem feinen Wein-Lunch auf der Terrasse des Landhaus Mönchenwerth.